Potsdam - der Lustgarten

  • Hallo zusammen,

    diese Aussage des Oberbürgermeister Jakobs (SPD) muss man sich mal reinziehen, Zitat Märkische: "So zerpflückte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) den kürzlich vorgelegten Neubau-Alternativvorschlag der Lustgarten-Architekten Dietz-Joppien: Diese hätten den Entwurf von „Winkens aufgeklappt und an den Bahndamm geklatscht. Das ist eine Verarschung“. Das berühre die „Frage des geistigen Eigentums von Herrn Winkens“, sagte Jakobs, der eine weitere Vertagung der Debatte um den Neubau ablehnte: „Wir brauchen nicht nur Gartendenkmäler, sondern wir brauchen eine Infrastruktur zur Belebung der Stadt. Die Firma Weiße Flotte hat lange genug gewartet.“ " Weil jemand Anderes an anderer Position ein architektonisch vollkommen anderes Gebäude vorstellt, ist das eine an den Bahndamm geklatschte Kopie der Winkens-Winkelmauer? Bitte Gott, möge er Hirn auf den Oberbürgermeister regnen lassen...

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

  • Leider sind es heutzutage oft die "Stadtväter/Innen" die den Städten am nachhaltigsten Schaden zufügen, durch vollkommen unpassende, den Genius Loci nicht gerechtwerdende Architektur im Gehorsam einer vermeintlichen Modernität und Urbanität. Gibt es denn keinen anderen Anlegeplatz für die Weiße Flotte als gerade diesen sensiblen Bereich? Ist Herr Jakobs Potsdamer oder wieder mal ein zugezogener Salär-Empfänger wie heute so viele Bürgermeister? Was wäre denn Potsdam ohne seine Gartendenkmäler? Sorry, aber eine mäßig interessante Provinzstadt, mehr nicht. Gerade das sensible Zusammenspiel zwischen Natur, Gartenbaukunst und Architektur hat doch erst das Kunstwerk Potsdam ermöglicht. Schlimm genug, dass der Mercure-Klotz erhalten bleibt, jetzt wird auch noch das Bodendenkmal Lustgarten durch ein Glasklötzchen bereichert und eine Rekonstruktion der ursprünglichen Anlage für weitere Jahrzehnte unmöglich gemacht. M.E wäre jedoch gerade diese ein vordringliches Vorhaben in Potsdam. Erst damit können Alter Markt und Schloss wieder ihr volles Potential entfalten.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Euer OB scheint ja Jurist und Architekturkritiker zugleich zu sein...

    Irgendwie komme ich bei dieser unendlichen Geschichte nicht mehr mit und muss deshalb einige Fragen aufwerfen.

    1. Wo hat die Weisse Flotte ihren bisherigen Anleger?
    2. Warum braucht die Weisse Flotte neue Verwaltungsräume
    3. Wer soll die in den Neubau integrierte Gaststätte betreiben?

    Wir in Dresden haben ja eine etwas größere und viel schönere Flotte. :thumbup: Diese kommt allerdings mit einem kleinen unauffälligen und gleichzeitig sehr eleganten Kassenhäuschen am Terrassenufer aus. Gegessen wird dann übrigens auf dem Schiff. Meinem Kenntnisstand nach fährt die Sächsische Dampfschiffahrt damit nicht ganz schlecht.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Ich finde mittlerweile, dass man mittlerweile pragmatisch an die Sache herangehen müsste.

    Zunächst ein kleiner historischer Abriss:

    Der Lustgarten um 1700:
    Lustgarten_Potsdam_1700.jpg
    Bei Wikipedia veröffentlicht von Benutzer "Carl August" unter der Lizenz "Creative Commons Namensnennung Deutschland 3.0"

    Etwa Mitte des 18. Jahrhunderts nach einem Stich von Schleuen:
    plschliwxnt.jpg

    Die Gesamtansicht von Süden nach Andreas Hummel, ARSTEMPANO - etwa um 1850:
    http://www.arstempano.de/typo3temp/pics/8e1ea11c6d.jpg

    Zwischenzeitlich waren die zum Schloss gelegenen Teile des Lustgartens ein planierter und staubiger Paradeplatz geworden.
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…ten_Potsdam.jpg
    http://static2.akpool.de/images/cards/39/393267.jpg

    Nun der heutige Zustand nach der Gestaltung von Dietz/Joppien:
    http://www.dietz-joppien.de/wp-content/uploads/1_6-R-01.jpg

    Eine Grafik von Mitteschön durch ARSTEMPANO, von den PNN nicht zutreffend mit "im Zustand von 1713" bezeichnet. Zu sehen ist die Winkelbebauung im Kontext des heutigen Neptunbassins.
    http://static.pnn.de/fm/61/thumbnai…jpg.5420176.jpg

    Nun ist das Gebiet/das Umfeld des historische Lustgartens durch Eisenbahnlinie, Breite Straße/Friedrich-Ebert-Straße, die gewaltige Lange Brücke sowie nicht zuletzt durch das Hotel Mercure wohl unwiederbringlich verändert worden. Da beißt die Maus keinen Faden ab, dass dies mittelfristig auch nicht zu ändern ist; wahrscheinlicher ist eher, dass noch diese Entlastungsstraße hinzukommt.

    Wenn also die Weiße Flotte nunmehr noch weitere Teile der Havelseite durch das Fahrgastabfertigungs- und Gastronomiegebäude in Beschlag nehmen sollte, könnte man darüber nachdenken:
    1. das Neptunbassin nach Westen zu verschieben,
    2. den Bereich Havelufer mitsamt Mercure und Flottenpalast gestalterisch und räumlich vom Lustgarten abzutrennen,
    3. den Lustgarten hinsichtlich der Symmetrie neu auf den Marstall auszurichten.

    Sicher nicht das Gelbe vom Ei und auch ein erheblicher Eingriff, aber so könnte man zumindest für einen Teilbereich eine harmonische und gestalterisch verträgliche Lösung erreichen.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Hallo zusmmen,

    Weil etwas unbefriedigend ist, kann man den Zustand weiter verschlechtern, anstatt auf einen befriedigenden Zustand hin zu arbeiten? Daher erübrigt sich für mich Palantirs "Kompromissvorschlag". Dieser wäre nur Feuer für jene, die jegliche Wiederannäherung an die historische Potsdamer Mitte verhindern wollen. Mit der Argumentation brauchen wir uns zukünftig über keine Rekonstruktion mehr unterhalten. Dann kann man nur noch jeglichen Satus Quo als gegeben akzeptieren oder verschlimmern. Aber Rekonstruktionen brauchen dann nicht mehr eingefordert werden.

    Zu Bilderbuchs Fragen:


    1. Wo hat die Weisse Flotte ihren bisherigen Anleger?
    2. Warum braucht die Weisse Flotte neue Verwaltungsräume
    3. Wer soll die in den Neubau integrierte Gaststätte betreiben?

    1. Die Weiße Flotte war bis ca.1960 auf der gegenüber liegenden Havelseite, am Bahnhof mit Gebäude und Kais beheimatet. Zu DDR-Zeiten wurden dann auf der Lustgartenseite auch noch Anlege Kais errichtet. Da zu diesem Zeitpunkt bereits das Interhotel (heute Mercure) errichtet war und die Ticketschalter im Sockelbereich dieses Gebäudes untergebracht wurden, wurde die Lustgartenseite zur Hauptseite der Weißen Flotte. Wegen der Verlegung auf diese Seite musste dann auch in den späten 70er Jahren die Spitze der Freundschaftsinsel abgebaggert werden, damit die anlegenden Schiffe dort wenden konnten. Das Wilhelmsdenkmal auf der Spitze der Freundschaftsinsel war ja bereits mit den Neubau der Langen Brücke in den 50ern verschwunden.
    In den 80ern wurden dann auch noch hinter dem Bahndamm, Am Hinzenberg Kais und Anlegestellen gebaut, die ebenfalls von der Weißen Flotte genutzt wurden. In DDR-Zeiten waren mit dieser Infrastruktur (2 Ticket-Schalter im Sockelbereich des Interhotels und Anlegestellen am Lustgarten + Hinzenberg und auf der gegenüber liegenden Havelseite an der Neuen Fahrt) Fahrgastzahlen von 1.000.000 Passagieren im Jahr erreicht worden. Heute hat die Weiße Flotte gerade 300.000 Fahrgäste und braucht dafür natürlich neue Ticketschalter (die mit dem letzten "Kompromiss-" Vorschlag doch im Sockelbereich des Mercure bleiben sollen), ein Groß-Restaurant, Ballsaal, Lagerfläche, Büros und das sonst noch da alles reingepresst werden soll, in diese Winkelmauer...

    2. Das weiß die Weiße Flotte nur selbst. Am gestrigen Abend der Potsdamer Demokraten wurde berichtet, dass die Eigentümer der Weißen Flotte bereits jetzt einen sehr großen Bürobereich besitzen, in diesem jedoch nur nach Anmeldung antreffbar sind. Im gesamten heutigen Bereich der Weißen Flotte am Mercure sollen gerade 3 Mitarbeiter für die Weiße Flotte arbeiten. Der Rest ist Gastronomie. Und da wären wir auch schon beim Punkt...

    3. Betrieben wird die Gastronomie (das heutige Palmzelt und zukünftige Großrestaurant) von der Weißen Flotte Gastronomie GmbH, die nicht dasselbe Unternehmen ist, wie die Weiße Flotte Schifffahrt. Hinter beiden Unternehmen stehen natürlich die gleichen Personen... Wie lange dieser Gastronomiebetrieb dann wirklich das Gebäude betreiben wird, dass weiß dann nur ein Herr Lehmann.


    Wir in Dresden haben ja eine etwas größere und viel schönere Flotte. :thumbup: Diese kommt allerdings mit einem kleinen unauffälligen und gleichzeitig sehr eleganten Kassenhäuschen am Terrassenufer aus. Gegessen wird dann übrigens auf dem Schiff. Meinem Kenntnisstand nach fährt die Sächsische Dampfschiffahrt damit nicht ganz schlecht.

    Ja, dieses Argument mit dem Ticketschalter der Dresdener Weißen Flotte haben wir auch im Bauausschuss, Hauptausschuss und SSV vorgebracht. Im Bauausschuss behauptete doch dann der Baubeigeordnete Klipp, dass auch die dortige Weiße Flotte bereits über Land-Gastronomie nachdenkt. Vielleicht war das ja auch als Warnung an die Dresdener gedacht, dass dort nicht ebenfalls eine Winkelmauer am Terrassenufer entsteht. Wir Potsdamer sind also nur das schlechte Beispiel, das es gilt, anderswo zu verhindern...

    [Edit] Nachwehen in der Märkischen, Zitat: "Weiße Flotte spaltet CDU in Potsdam".
    Und die PNN schreibt, Zitat: "Sowohl die Stadtverwaltung als auch das Architekturbüro Dietz-Joppien erklärten am Donnerstag gegenüber den PNN, sie sähen noch Chancen für eine einvernehmliche Lösung." Damit wird auch die Urheberrechtsklage als letzter Rettungsanker des Lustgartens fraglich. Wenn nun Dietz Joppin, statt Winkens, ein wie auch immer gearteten Würfelhusten baut, dann werden die sich sicherlich einig... Und weiter unten heißt es, Zitat: "Kritik an der Entscheidung kam auch von der FDP. Die Stadtverwaltung habe im Vorfeld der Entscheidung Druck aufgebaut, nachdem sie über mehrere Jahre hinweg „wenig Engagement gezeigt“ habe, monierte Björn Teuteberg". Jaaaa, das ist einfach. Druck auf die FDP vom Oberbürgermeister der SPD. Wie soll doch gleich der Druck einer Partei auf eine Andere aussehen? Herr Teuteberg braucht sich garnicht zu monieren. Wären seine 3 Abgeordneten rechtzeitig erschienen, hätte die erste Abstimmung: Verschiebung der Entscheidung über den Neubau bis zur nächsten SVV im März nicht 16 zu 17 sondern 19 zu 17 gestanden und wäre damit durch gegangen. Und dann hätten wir nun nicht den Salat. Der Herr Teuteberg soll mal besser seine Abgeordneten zur Pünktlichkeit erziehen. Oder war das etwa sehr geschickt eingefädelt und bewusst gesteuert?

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

    5 Mal editiert, zuletzt von Luftpost (1. Februar 2013 um 15:21)

  • Hallo,

    als Ergänzung zum Thema noch der Link zu dem Bild von uns in der MAZ:

    http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/bilder/pop…garten_kuke.JPG

    Im Moment sind wir noch dabei die große Kaskade umzusetzen und weiteres Bildmaterial auszurendern. Finanziert wurden die Arbeiten dankenswerter Weise von Mitteschön. Wir dürfen dann ab nächster Woche auch das Bildmaterial bei Arstempano bringen.

    Es gibt eine ganze Menge Planunterlagen zu dieser ersten großen Anlage französischen Stils in Deutschland. Vermutlich geht man nicht fehl, wenn man davon ausgeht, das 80% und mehr umgesetzt waren. Leider wurden die Broderiepaterre vor dem Scloß durch den Soldatenkönig über den Haufen geworfen und zum Exerzierplatz umfunktioniert. Die Orangerie wurde unter ihm zum Marstall. Der Rest verfiel dann bis 1740 weitgehend. Friedrich II. legte dann die Heckenquartiere neu an und sorgte für die Neptungruppe im Bassin sowie weitere Figuren im gesamten Lustgarten. Da gibt es im WEB noch folgenden feinen Plan:

    http://www.perspectivia.net/content/publik…ld/abb.-23/view

    Die Heckenquartiere wurden dann ebenso wie das Wasserbecken im 19. Jh. im "englischen Sinne" überformt. Da der König sehr fortschrittsgläubig war, kam die Eisenbahn unmittelbar an das Südende, womit an einer Seite der Anlage der Bezug zum Wasser weg war. Tja - und die neueste Entwicklung ist in den anderen Artikeln sehr gut beschrieben - traurig, traurig! Nun dürfte an der letzten verbliebenen Seite der Bezug zum Wasser noch pfutsch sein und eine Fertigstellung der Neptungruppe ein Wunschtraum bleiben.

    Der Lustgarten in Potsdam - ein genialer Start um 1700, kurzes auflackern um 1750 und nun geht wohl langsam das Licht aus!

    traurige Grüße

    Andreas

  • Hallo Herzog,

    momentan nur eine extrem motivierte Bürgerschaft, die auf der Straße "abstimmen" müsste. Eher unwahrscheinlich. Oder die Architekten Dietz Joppin mit einer Urheberrechtsklage. Aber da scheinen Stadt und Architekturbüro momentan nicht sonderlich interessiert, wie es aus der Presse zu vernehmen war. Oder wieder durch die Bürger, die einfach nicht mehr ins Palmenzelt gehen und auch nicht das Angebot der Weißen Flotte wahr nehmen würden. Aber auch das wäre kontra-produktiv. Man stelle sich vor, die gehen insolvent, würden verkauft und im Gewerbegebiet Lustgarten hält im ehemaligen Restaurant, Ballsaal, Ticketverkauf, Lager und Büros nun ein Casino einzug. Oder ein Freudenhaus. Passend zum Grundstücksnamen...

    Hallo Arstempano,

    könnt Ihr bitte auch einige Ansichten der Blickachsen vom Stadtschloss zum Neptunbecken und besonders vom Becken zum Stadtschloss und zur Havel und vom inneren Lustgarten -aus Menschen-Perspektive- rendern? Die Vogelperspektiven, die uns schon weltweit Architekten liefern, zeigen die Sicht der Vögel. Nicht die Sicht von Menschen. Aus der Sicht von Vögeln sind Detais an Gebäuden belanglos. Daher werden heute auch alle Details weg gelassen und es bleiben nur noch die simplen, geometrischen Grundfiguren übrig, die uns als "Gebäude" verkauft werden.

    [Edit] In der PNN wurde eine Umfrage veröffentlicht, Zitrat: "Die Stadtverordneten haben am Mittwoch dem Entwurf für einen Neubau der Weißen Flotte am Neptunbassin zugestimmt, finden Sie diese Entscheidung richtig?" Rechter Bereich, relativ weit unten...


    Viele Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

    Einmal editiert, zuletzt von Luftpost (1. Februar 2013 um 16:10)

  • Hallo zusammen,

    ein schön zusammen gefasster Artikel in der PNN. Bitte im rechten Rand auch weiter abstimmen, Zitat: "Die Stadtverordneten haben am Mittwoch dem Entwurf für einen Neubau der Weißen Flotte am Neptunbassin zugestimmt, finden Sie diese Entscheidung richtig?"

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

  • Hallo Luftpost, habe natürlich auch gleich dort in unserem Sinne abgestimmt, auch wenn es wohl die Entscheidungsträger nicht von ihrem Vorhaben abbringen wird.

    PS: besondere Dank auch für deine neuen Ergänzungen zu diesem offtopic- Thema. Sehr interessant!

  • Hallo zusammen,

    der Baubeigeordnete Klipp (Grüne) erweist sich immer mehr als Kampfparolenschwinger der Linken. Zitat aus der Märkischen: "Mit ihrer „dämlichen Veröffentlichung“ – gemeint ist ihr Gastbeitrag in der MAZ vom vergangenen Montag – hätten sich Dietz-Joppien „einen Bärendienst erwiesen“, so Klipp." und weiter "Klipp: „Wir wollen den Wiederaufbau der Mitte – und zwar mit den Potsdamern und für sie und nicht auf Grundlage historischer Kupferstiche aus dem 18. Jahrhundert, auf denen kein Mensch zu sehen ist.“ Für den Seitenhieb auf die Wiederaufbau-Dogmatiker der Initiative „Mitteschön“ gab es Szenenapplaus von den etwa 20 Anwesenden des Politfrühschoppens." Und auch rechtliche Probleme bei der Erteilung einer Baugenehmigung für diesen Neubau in einem Denkmalschutzgebiet mit zu erwartenden Bodendenkmalen sieht dieser Klipp nicht: "Als „geringste aller Hausaufgaben“ bezeichnete der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne) das Erteilen der Baugenehmigung für den vom Schifffahrtsunternehmen Weiße Flotte dringend benötigten Neubau."

    Was für ein kompetenter Baubeigeordneter. Und welch diplomatische Höhen er doch erklimmt, indem man dem Gesprächspartner gleich mal Dämlichkeit unterstellt...

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

  • Hallo zusammen,

    so kurz die Meldung ist, so unglaublich ist sie. Kulka sagt in der PNN, Zitat "Das ist ein Unding ... Die Bezüge zwischen Schloss und Neptunbecken im Lustgarten müssten deutlich sein und nicht durch den geplanten Bau der Weißen Flotte konterkariert werden. Das müsse sich Potsdam bewusst machen."

    Hat der Mann endlich begriffen, dass Moderne nichts anderes kann, als Konterkarieren? Oder sieht der hier nur mal sein eigenes Werk konterkariert?

    [Edit] Das Architekturbüro Dietz Joppien prüft weiterhin ein gerichtliches Vorgehen gegen diesen Bau. Sicherlich ist die diplomatische Äußerung des Baubeigeordneten Klipp, dass die Architekten Dietz Joppien mit, Zitat: "Ihre Stellungnahme in einem MAZ-Gastbeitrag gegen den städtischen Entwurf sei „dämlich“ gewesen" seinen, sehr zielführend. Am Ende des Artikels in der Märkischen ein Interview mit den Potsdamer Demokraten mit dem Hinweis, dass eine Bürgerinitiative gegen diesen Bau in Gründung ist.

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

    Einmal editiert, zuletzt von Luftpost (5. Februar 2013 um 10:50)

  • Oder sieht der hier nur mal sein eigenes Werk konterkariert?

    Genau das ist nämlich der springende Punkt!
    Architekten geht es in erster Linie immer darum, sich mit ihren Werken irgendwo zu verewigen. Übrigens eine zutiefst menschliche Eigenschaft.
    Das geht natürlich nur schwer, indem man etwas nachbaut, was eigentlich ein anderer entworfen hat. Niemand wird in 100 Jahren das Schloss mit einem Kulka in Verbindung bringen, sondern immer nur mit Knobelsdorff. Daher die Ablehung von Rekonstruktionen.

    In diesem Fall hat sich Kulka aber nuneinmal auf eine Rekonstruktion eingelassen und sieht nun "seinen" Ruhm in Gefahr, indem jemand anderes in seinem Konzept herumpfuscht.

    Eine äußerst interessante Entwicklung!

  • Das Problem mit dem Verewigen ist heute, dass den Architekten verewigen anscheinend nur noch gelingt, wenn sie einen möglichst kontrastierenden oder exaltierten Entwurf verwirklichen. An einen Niemeyer wird man sich deshalb in 100 Jahren noch erinnern, weil seine Entwürfe eben nicht kompatibel mit allen anderen sind. Gebaute Skulpturen eben. In der Vergangenheit haben sich abertausende Architekten im Stil ihrer Zeit "verewigt" obwohl ihre Namen inzwischen meist in Vergessenheit geraten sind. Außer den Großen, die wirklich genuines schufen, sind alle anderen weitgehend in Vergessenheit geraten, ihre Bauten aber prägen nach wie vor ganze Städte. Man denke beispielsweise an das historistische Wiesbaden. Wer weiß schon wer die ganze Pracht gebaut hat? Eitelkeit ist eben auch eine zutiefst menschliche Eigenschaft, deshalb möchte ein Kulka natürlich nicht vergessen werden und baut weiterhin seine Solitäre.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Hallo,

    Wie schon Ende letzter Woche angekündigt, haben wir auf Arstempano eine Vielzahl von virtuellen Grafiken des Lustgartens um 1713 hochladen können. In diesem Strang nur dies eine Bild des von der Potsdamer Initiative Mitteschön maßgeblich finanzierten Modells.

    Mit einer organisatorischen Frage bin ich allerdings jetzt etwas überfordert – es gibt ja noch den Strang zum Lustgarten, wo ich noch mal auf einige geschichtliche Hintergründe und die Ziele unserer weiteren Arbeit hingewiesen habe. Es ist ja nun nicht Sinn und Zweck in jeweils 2 Strängen parallel zu posten. Wie soll ich es handhaben? Eher mich hier in diesem Strang ausbreiten und im Themenstrang nur kurz den Hinweis, dass es in diesem Strang was neues gibt? Oder hier nur ein kurzer Hinweis, das es im Strang Stadtschloss, Lustgarten etc. was Neues von uns gibt? Bin für jeden Tipp dankbar!

    Gruß,

    Andreas

  • Ich würde alles in Euren Thread rein packen, was von Euch ist. Und nur den Link im jeweiligen Themen-Thread einfügen. Man kann ja Links nicht nur zum Tread, sondern zum jeweiligen Text legen (hierher wäre das die 139).

    Grüße aus der Hauptstadt der kleienn DDR
    Luftpost

  • Jetzt doch noch mal die Frage, weil ich immer noch nicht ganz im Bilde bin. Sollte der Flottenstützpunkt dort gebaut werden, wird aber doch wohl das Neptunbassin trotzdem weiter komplettiert? Es bleibt ja am Standort. Aber die Kolonnaden müssen dann ja wohl verschwinden. Werden die dann an eine andere Stelle versetzt?

  • Hoffentlich kommen die Kollonaden an den Ort wo sie hingehören...ans Schloss aber das sehe ich noch nicht so ganz...In Potsdam hat man nicht begriffen welche Bedeutung der Lustgarten in Bezug auf das Schloss und das ganze Areal hat, man sollte sich dort einen Ruck geben, und das gesamte Areal Lustgarten Breite Strasse pp wiederherstellen inklusive der Obelisken.Der reichtum den sich die Stadt damit zurückgibt wäre unermesslich

  • Hallo Heimdall,

    das sind gleich drei Fragen auf einmal. Das geht nun wirklich nicht...


    Jetzt doch noch mal die Frage, ... Sollte der Flottenstützpunkt dort gebaut werden, wird aber doch wohl das Neptunbassin trotzdem weiter komplettiert? Es bleibt ja am Standort. Aber die Kolonnaden müssen dann ja wohl verschwinden. Werden die dann an eine andere Stelle versetzt?

    Nein, die Spender des Neptunbeckens haben bereits ihren Rückzug angekündigt, sollte der Neubau verwirklicht werden. Momentan soll bereits zweckgebunden das Geld für einen weiteren Triton und Teile der Rekonstruktion der Umfassungsmauer zugesagt sein. Auch diese Spender haben ihren Rückzug der Spende bekräftigt, sollte dieses Projekt der Weißen Flotte verwirklicht werden.

    Weiterhin muss dafür die Ringerkolonnade abgebaut und irgendwo (nur wo?) eingelagert werden. Die Kosten für den Abbau werden der Weißen Flotte vom Kaufpreis durch die Stadt Potsdam erlassen! Die Einlagerung und spätere Verwendung ist finanziell ungeklärt und nicht Bestandteil jeglicher Veränderungsanträge im Bauausschuss, Hauptausschuss oder der SSV gewesen. Da die Stadt Potsdam kein Geld hat will ich mir gar nicht ausmalen, was mit den dann irgendwo gelagerten Ringerkolonnaden passiert.

    Und da es sich um den letzten originalen Rest des Stadtschlosses handelt und damit ein wenig mehr Originalität in Potsdam flöten geht, kann man sich auch erklären, warum die Linke so sehr für diesen Neubau der Weißen Flotte, gerade an dieser Stelle, ist.

    Ach übrigens, an der Original-Position, an der die Ringerkolonnaden standen, nämlich als Verbindung zwischen Marstall und Stadtschloss, können sie auch nicht zurückkehren, da dort 2010 die Straßenbahn hin verlegt wurde. Nicht dass die früher (bis ca. 1960) über den Alten Markt gefahren ist und da hätte auch wieder langfahren können, nein die musste auch nach dem Straßenbahnbrückenzusatzneubau der Langen Brücke vor dem Stadtschloss lang geführt werden, dann zwischen Stadtschloss und Marstall durchfahren um nachfolgend in die Friedrich Ebert Straße (ehemals Hohewegstraße) einzubiegen. Und damit auch noch diese Friedrich Ebert Straße verbreitern, da die Straßenbahngleise auf den Grundstücken der historischen Gebäude liegen, auch somit die originale Achteckenkreuzung disproportionierten und die Leitfassade der Kommandantur um mehrere Meter (9?) vom originalen Standtort verschieben (das wurde übrigens als Grund immer wieder aufgeführt, warum man doch die Kommandantur nicht wieder errichten kann, darf, soll)...

    Zurück zu den Kolonnaden. Der Verein zur Rekonstruktion des Neptunbeckens hat die Ringerkolonaden untersuchen lassen. Diese sind stark baufällig. Einige der Säulen scheinen im unteren Bereich stark beschädigt zu sein, da diese mit ringsum angebrachten und verbundenen Holzbalken vor einem auseinanderbrechen (?) geschützt werden. Das Abbauen der Ringerkolonaden wird, durch den baufälligen Zustand, sicherlich zu weiteren und auch starken Beschädigungen führen... Ein Wiederaufbau ist gänzlich offen und mit den genannten Gründen in Frage zu stellen.

    Und zum Becken selbst: dieses wurde zur Buga so nur provisorisch frei gelegt. Die Abmaße des Neptunbeckens waren ursprünglich viel größer. Die eigentlichen Umfassungsmauern schlummern noch im Boden und sollen mit der oben angesprochenen Spende frei gelegt werden. Mit einem Neubau der Weißen Flotte wird der aktuelle Zustand auf ewig zementiert, eine originalgetreue Wiederherstellung auf die ursprünglichen Abmaße wären dann -an zwei der vier Seiten- nicht mehr möglich. Und eine in's Leere, bzw. in ein Gebäude laufende Umfassungsmauer wird wohl an den restlichen beiden Seiten nicht errichtet werden...

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

    Einmal editiert, zuletzt von Luftpost (8. Februar 2013 um 12:44)