Bremen - der Westen und das Hafengebiet

  • Es folgt ein relativ kurzer Fotospaziergang durch Teile des Bremer Westens inkl. der Hafengebiete. Besonders die innenstadtnahen Hafen- und Wohngebiete im Westen der Stadt sind die am schwersten von den Bomben des 2. Weltkriegs getroffen worden; hier stand – ähnlich großen Bereichen des Hamburger Ostens - wirklich fast nichts mehr.

    Die sich weiter westlich anschließenden großenteils erhaltenen, wenn auch schwer nachkriegszerstörten Stadtteile Walle und Gröpelingen habe ich diesmal aus Zeitgründen ausgeklammert; da auch sie letztlich nur Wiederholungen der bereits hinlänglich gezeigten typischen Bremer Wohnbebauung darstellen – nur in wesentlich schlechterem Renovierungszustand als das bisher gezeigte – werde ich wahrscheinlich auch ganz darauf verzichten, sie vorzustellen.

    Ein besonderes Augenmerk möchte ich auf die durchaus signifikanten Teile der erhaltenen spätgründerzeitlichen Hafenbebauung richten.

    Zunächst ein typischer Blick in Utbremen. Kleine, einfache 50er-Jahre-Reihenhausarchitektur als Reprise auf die Tradition des Bremer Hauses im Vordergrund, im Hintergrund Bunker, Etagenwohnungen, der Fernsehturm, kurz, typische westdeutsche Wiederaufbaurealität...

    Aber auch hier gibt es kleine Überraschungen. Als gefühlt einzige kriegsüberlebende Altbauten im Umkreis von 500 m plötzlich diese beiden Bremer Häuser in der Zwinglistraße.
    Es ist wirklich zum Heulen, was alles in diesem Bereich verlorengegangen ist, v.a. weil es eben die kleineren, einfacheren Bremer Häuser für die Hafen- und Werftarbeiter sind, die so verschwunden sind. Zunächst ein Blick in die Straße mit der freudlosen Umgebung:

    Die beiden sehr schmucken Häuser selbst:

    Ich habe Utbremen nun verlassen und befinde mich nun am Kopf des Holz- und Fabrikenhafens, dessen Nordufer fast in seiner gesamten Vorkriegsbebauung überlebt hat und einige Juwelen für Freunde der Industriearchitektur des frühen 20. Jahrhunderts zu bieten hat. Die allermeisten der Gebäude werden auch weiterhin industriell genutzt.

    Hier ein Blick auf die ehemalige Feuerwache 5, mittlerweile aufgrund der genialen, nach Westen ausgerichteten Lage am Ende des Hafenbeckens schickes Restaurant mit beliebter Außenterrasse, sehr gut und behutsam (auch von innen) renoviert.

    Von der Terrasse aus ein Blick auf die Bebauung des Nordufers des Hafenbeckens, man sieht die großen Getreide- und Mehlspeicher/Silos zweier konkurrierender Mühlenbetriebe, aber eben zeitgenössisch schick verpackt:

    z.B. in Anlehnung an amerikanische Art-Déco-Wolkenkratzer mit Blattgoldschriftzug der Rolandmühle (1925, damals höchster Fabrikneubau Europas):

    Etwas weiter nach Westen kommen wir nun in den Bereich der Kaffee/Kakaoverarbeitungsanlagen von Kaba und Kaffee HAG (Besitzer: Ludwig Roselius, Erfinder des entkoffeinierten Kaffees und Mäzen/Initiator der Böttcherstraße).

    Er hatte 1906 einen Weg zur großmaßstäblichen Entkoffeinierung gefunden und patentieren lassen und beauftragte noch im selben Jahr den Bremer Reformarchitekten Hugo Wagner mit dem Bau einer Entkoffeinierungsanlage: Die Bauten wurden –erstmals in diesem Maßstab- komplett in Eisenbetonskelettbauweise errichtet, damals ein unerhörter Vorgang, sogar Walter Gropius kam, um sich ein Bild zu machen. Noch vor den Fagus-Werken in Alfeld sind diese erst kürzlich unter Denkmalschutz gestellten Anlagen also ein extrem frühes Beispiel für die Architekturmoderne, über ihren ästhetischen Wert kann natürlich trefflich gestritten werden.

    Auch große Teile der originalen Inneneinrichtung (u.a. eines Marmorsaal genannten, für Empfänge genutzten Raumes), sind erhalten. Dieser muss sehr interessant sein, leider kann man ihn nur auf speziellen Führungen sehen.

    Nebenan noch diese eher klassisch-spätgründerzeitlich daherkommenden Produktionsanlagen für Kaba, den Plantagentrunk:

    Am Ausgang des Holz- und Fabrikenhafens wurde schließlich direkt vor dem 1. Weltkrieg ein Getreidespeicher monumentalen Ausmaßes erstellt, nach seiner Erweiterung in den 20er Jahren (links im Bild) galt dieses Gebäude mit seinen 75.000 t Lagerkapazität bis in die 50er Jahre als größtes Speichergebäude Europas:

    Bilder folgen

    Diese sogenannte Getreideverkehrsanlage war immer wieder Gegenstand von Spekulationen über Neunutzungen. Aufgrund der enormen Ausmaße des Gebäudes und seiner relativ ungünstigen Lage weitab der Innenstadt hat sich noch keiner so richtig getraut, zumal das Gebäude noch als Speicher genutzt wird. Der Investitionsaufwand wäre wahrscheinlich (für Bremen) einfach zu groß.

    Zu guter Letzt soll hier noch der am 1998 (!) zugeschütteten Überseehafen stehende, über 400 m lange Speicher XI gezeigt werden, der ebenfalls lange Abrisskandidat war und erst Anfang dieses Jahrtausends durch das Engagement Klaus Hübotters und der nachfolgenden extrem behutsamen und gelungenen Sanierung gerettet wurde. Heute ist er Sitz der Bremer Hochschule für Künste, des Hafenmuseums und von Restaurants.

    Detail eines "Segments". Alle Fenster, auch die Holzdielenböden etc. wurden erhalten, der Bau strahlt eine gelungen patinierte Würde aus, ist aber (von innen) tippi-toppi saniert:

    Noch viel gelungener freilich wäre seine Wirkung, wenn er nicht fast direkt an die scheußlichen, erst 2002 erbauten, ganz in Alu gehaltenen Großmarkthallen angrenzen würde - es ist bis in die höheren Etagen des Bremer Bauressorts kein Geheimnis mehr, dass die Zuschüttung des Hafenbeckens und die Ansiedlung des permanent LKW-Verkehrs generierenden Großmarktes ein kapitaler, die weitere Entwicklung der nun Überseestadt genannten Hafengebiete behindernder Fehler war.

    Trotzdem schön, dass hier mittlerweile fast die gesamte erhaltene Hafenaltbausubstanz wertgeschätzt wird und renoviert/neugenutzt wurde - abgesehen davon, dass sich die renovierten Altbauten auch hier deutlich einfacher vermarkten lassen, als die etwas dünne Neubauarchitektur z.B. am Europahafen. Dies schließt auch viele Gebäude aus den 50er Jahren ein, die ich bei Gelegenheit noch zeigen werde.

    Ich hoffe wie immer, es hat gefallen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Heinzer (26. November 2017 um 22:39) aus folgendem Grund: Auch hier ein Großteil der Bilder wiederhergestellt, Rest der Galerie wird folgen

  • Moin Heinzer,
    danke für die stets interessanten Bilder und Erläuterungen aus Bremen.

    In diesem Artikel aus dem Jahr 2008 ist zu lesen:
    "Der britische Eigentümer will durch den Berliner Projektentwickler „Sirius Facilities" den Gebäudekomplex aus Kaffee-HAG- und Kaba-Fabrik (ehemals Geraer Ölmühle), einem klassischen Sichtziegel-Industriebau der Gründerzeit – in einen lebendigen, hochwertigen „Businesspark“ umnutzen."
    Wie steht es denn damit?

    Zum Marmorsaal habe ich folgende Seiten entdeckt:
    Lloyd Caffee aus Bremen (wenn man die Bilder über die URL aufruft, kann man sie größer betrachten)
    EDIT: Mittlerweile gibt's eine eigene Seite: Marmorsaal Bremen
    Urbex – An der Marmorbar | Jonas Ginter

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (12. Mai 2015 um 09:33)

  • Moin Palantir,

    danke für die (auch mir neuen) Links, sehr schön, das Ganze! Die Sirius Facilities scheint ein Faible für ungenutzte Industriearchitektur in IIB-Lagen zu haben, sie ist hier in Bremen auch noch in Woltmershausen in und um ein sehr schönes Gaswerk aus der Gründerzeit tätig.

    So richtig zu rocken scheint das Vermietungsgeschäft auf dem ehemaligen Kaffee-HAG-Gelände noch nicht, was aber auch an seiner Lage liegt: direkt vor der Tür rangieren Gabelstapler Container, die ÖPNV-Erschließung und Gesamtlage ist für Bremer Verhältnisse recht dezentral, um nicht zu sagen suboptimal, und so richtig investiert (also in Vorleistung getreten) sind die Jungs von Sirius auch noch nicht.

    Zumindest der Marmorsaal wird zunehmend für Veranstaltungen aller Art genutzt und war zuletzt beim Weserfährtag Anfang Mai zu besichtigen, was ich aber nicht geschafft habe.

    Auch das ehemalige Kaba-Werk wird von Sirius mietfrei für unten verlinktes Zwischennutzungsprojekt der Kunsthochschule zur Verfügung gestellt:

    Zwischennutzung Kaffee-HAG

    Ich denke, dass die Existenz dieser Perlen erstmal überhaupt im Bewusstsein der Bremer und potentieller Büromieter ankommen muss, was vielleicht auch noch einige Jahre dauern könnte, nach dem Motto "Gut Ding will Weile haben". Ein Glück jedenfalls, das das Ganze jetzt erstmal unter Denkmalschutz steht.

  • Vielen Dank für die Bilder. Traurig, diese beiden Gründerzeithäuser, die in Utbremen einsam in der Gegend herumstehen.

    Zum Thema HAG-Gelände bin ich relativ gut informiert. Dort ist die Firma Sirius ja um 2008 mit großem Elan angetreten, passiert ist allerdings nicht gewaltig viel. Ein bisschen hier und etwas Optik da, das wirkte komplett planlos, vor allem wurde bei dem großen Gebäude zur Straße hin die Fassade aufgepeppt. Seit ca. zwei Jahren passiert dort nicht mehr viel, von so etwas wie einem Industriepark kann keine Rede sein, der größte Teil des Areals steht sicher noch leer. In diesem Marmorsaal war ich vor der Sanierung mal drin, ein (pardon my french) total geiler großer Raum mit vermutlich tonnenschweren Tischen und einer riesigen Bar, natürlich auch aus Marmor. Ich konnte mir absolut vorstellen, wie die Industriellen in den 50ern und 60ern dort zigarrerauchend die Kuh haben fliegen lassen. Nach einer Sanierung war ich aber leider nicht mehr da.

  • Wieder ein sehr interessanter Einblick, vielen Dank dafür. In der Entkoffeinierungsanlage von Kaffee HAG hatte ich mich - auch wenn ich überzeugter Tee-Trinker bin - mal vor ein paar Jahren reingeschlichen, weil mich das Gebäude interessierte; allerdings war alles noch sehr baufällig. Ich denke ich werde mir den Marmorsaal endlich mal bei einer Führung anschauen, klingt interessant.

    Den Wink im Viertel-Thread habe ich übrigens nicht übersehen, würde Dir aber gerne den Vortritt lassen, weil ich glaube, dass Du das besser bewerkstelligen wirst. :)

  • Ich habe mich an diesem schönen Donnerstag zum ersten Mal seit langer Zeit tief in die westlichen Stadtteile Bremens gewagt und Euch ein paar Fotos mitgebracht. Ähnlich wie in der Neustadt - nur mit der Unterbrechung durch die Verkehrsanlagen und des komplett vom Wiederaufbau geprägten Utbremens - findet sich westlich anschließenden Stadtteil Walle eine behutsame Aufwertungswelle statt. Die Häuser werden teurer und im Zuge der Eigentümerwechsel zumindest manchmal auch ganz gut renoviert.

    Ich möchte im sogenannten Generalsviertel anfangen, hier heißen die Straßen nach Generälen v.a. der preußischen Kriege (Derfflinger, Keith, Zieten). Diese Gegend war früher eine des einfachen Angestellten- und Beamtenstandes. Leider ist der eigentlich sehr nette, heimelige Charakter des Viertels im Zuge der hinlänglich dokumentierten Fehlsanierungen inkl. Aufstockungen, Entstuckungen, Verfliesungen und Horizontalisierungen ziemlich verloren gegangen.

    Ein paar Impressionen:


    besonders brutal - nicht vergessen, kein einziges kriegszerstörtes Haus:

    Auch in der Umgebung gibt es noch durchaus rettbare Straßenzüge, die erwähnte Aufwertung läuft aber sehr träge und langsam, im Prinzip größtenteils im Rahmen von Eigentümerwechseln:

    Typische Straßenszene in der Vegesacker Straße, so etwas wie der Hauptmeile des Viertels:

    gesäumt von den typischen Schulgebäuden aus der Zeit kurz vor dem ersten Weltkrieg:

    oder hier:

  • Jenseits des Waller Rings folgt etwas überraschend nochmal ein ganz interessantes Quartier, zwar mit den üblichen Problemen des Bremer Westens, aber doch auch ganz ansprechenden Ecken - bevor es jenseits des Waller Parks dann nach Gröpelingen geht, einem Stadtteil, der von der Sozialstruktur mit den bekannten deutschen "Problemkiezen" in Neukölln, Duisburg-Marxloh oder der Dortmunder Nordstadt zu vergleichen ist, doch dazu später.

    Zunächst mal ein typisches kleines Dreier-Ensemble (linkes und rechtes Haus sahen wohl mal gleich aus und spiegelten sich im mittleren Haus), bei dem das rechte Haus sehr ordentlich renoviert wurde, was anscheinend zu beginnenden Reaktionen bei den Nachbarn geführt hat, immerhin die Fenster sind tlw. erneuert, wenngleich die vorgeklebte Teerpappe wohl hoffentlich ihrem Ende entgegensieht - auf solche Dominoeffekte muss man wohl hoffen, dass eine gelungene Sanierung in einer Straße Nachahmer zum Handeln animiert:

    Diese Ecke mit nach ostfriesischen Inseln benannten Straßen ist ingesamt recht gefällig und war/ist wohl so etwas wie die "Reiche-Leute-Gegend" im Stadtteil gewesen:

    Aber auch auf der anderen Seite der Vegesacker Straße, hier nun aber wieder ganz dezidiert eine Kleine-Leute-Gegend, finden sich noch überraschend ansprechende Straßenzüge:

    Hierbei handelt es sich um einen Neubau (geschätzt früher Nullerjahre (?)), der ein großes Seniorenwohnheim in der Straße Lange Reihe beherbergt:

    Die kleine Waller Kirche, der Turm aus dem Jahr 1658 ist nach dem Krieg rekonstruiert worden, das Kirchenschiff wurde jedoch modern wiederaufgebaut:

    Und das imposante Waller Gymnasium, ein typischer Bau aus der Zwischenkriegszeit - ich mag sowas ja sehr:


    Das war es aus Walle, wie immer frappierend, wie wichtig der vorherrschende Renovierungsstand der Häuser ist - Straßen, in denen nur wenige Brutalsanierungen das Ensemble stören, haben aus meiner Sicht ganz gute Chancen, im Zuge von Eigentümerwechseln eine weitere Aufwertung zu erlangen, während Straßen, in denen kaum noch ein Haus erkennbar ein Altbau ist, wohl auf immer -zumindest ästhetisch- verloren sind. Denn in diesen Straßen ist der Druck zur Rückgängigmachung von Fehlsanierungen deutlich geringer, hier werden bei Eigentümerwechseln meist lediglich ein WDVS auf die ohnehin verhunzte Fassade gepatscht und vielleicht noch die Fenster ausgetauscht.

    Aus meiner Sicht eine große Aufgabe der Bremer Bauverwaltung, wie man mit vertretbaren Mitteln eine Welle von qualitativ ansprechenden Sanierungen in diesen Bezirken anstoßen könnte, die dann im Idealfall in einen selbsttragenden Aufschwung münden würde.

  • Das Finale: Gröpelingen

    Ein bis weit in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts von den Zehntausenden Hafen-, Werft- und Hüttenarbeitern der großen Industriehafenareale bds. der Weser in Bremen bewohnter Stadtteil mit sehr starker gewerkschaftlicher Tradition und einem erheblichen Stolz. Da die Mieten niedrig waren, zogen auch viele der zunächst als Gastarbeiter bezeichneten Arbeitsmigranten in diesen Stadtteil. Ziemlich zeitgleich begann dann der langsame Niedergang der Industrie und der Häfen, die in einen zunächst noch subventionsbedingt etwas gebremsten, aber doch unaufhaltsamen Arbeitsplatzverlust mündete.

    Im Zuge der Containerisierung konnten die Bremer Häfen schon sehr schnell nicht mehr mithalten (ironischerweise obwohl die ersten Container in Deutschland in Bremen entladen wurden!), zu gering war die Wassertiefe, parallel starben die Werften und auch die Stahlwerke, einst Arbeitgeber für über 10.000 Menschen, bauten im Zuge mehrerer Eigentümerwechsel und Stahlkrisen ständig Arbeitsplätze ab, wenngleich sie immernoch mehrere tausend Menschen beschäftigen.

    Im Zuge der zunehmenden Arbeitslosigkeit setzte bei denen, die es sich leisten konnten, ab den 70er Jahren ein im angelsächsischen Sprachraum als "white flight" bezeichneter Prozess ein (also massenhafte Wegzüge der weißen Arbeitsplatzinhaber und ihren Familien), der die sozioökonomische Schieflage des Stadtteils immer weiter verschärfte, da Gröpelingen neben den Problemen der autochtonen Arbeiterbevölkerung wie Arbeitslosig- und Perspektivlosigkeit nun auch noch die geballten Integrationsprobleme immer neuer Migrationsbewegungen schultern musste, die letzten beiden Wellen bestanden aus Wirtschaftflüchtlingen aus dem Balkanraum und zuletzt die Massenflucht aus dem Nahen und Mittleren Osten. Und wie in der ganzen Welt üblich, verschlägt es die Neuankömmlinge eben in die Stadtteile mit niedrigen Mieten und einem hohen Anteil an Landsleuten, das ist auch in Gröpelingen so.

    So, nun aber los: Wie überall wurde eingangs des letzten Jahrhunderts mit verschiedenen Möglichkeiten experimentiert, der Wohnungsnot Herr zu werden, es hatte die Zeit der Genossenschaften begonnen, die hier am Eingang in den Stadtteil diese als "Gewerkschaftsblock" bezeichnete Siedlung bauen ließen:

    Auch der Breitenbachhof aus der Zeit unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg ist ein Zeuge dieser v.a. in Wien zur Hochform auflaufenden Bauform (hier mal ein Bild in den Innenhof, die Bremer Variante, wie könnte es anders sein, immer niedriger, gedrungener, "bremischer" eben als ihre Pendants in anderen Städten):

    Parallel gab es aber in Bremen immer auch eine Gegenbewegung, die sich gegen Großsiedlungen und für sogenannte Kleinhäuser oder Gartengangshäuser stark machte, Zeugen dieser Bewegung gibt es unzählige im gesamten Stadtgebiet, die Häuser hatten teilweise Wohnflächen von unter 50 qm. Hier mal der Feierabendweg von ca. 1911-12 (unter Denkmalschutz):

    oder etwas weniger glamourös, dafür wesentlich verbreiteter, dieses Beispiel eines Gartengangs, auch schön verhunzt, die Fassaden:

    Auch bekannt ist Gröpelingen für seine im Heimatstil errichteten Siedlungen aus der Nazizeit wie hier an der Bromberger Straße, wenngleich v.a. die fehlenden oder innenliegenden ("in Aspik") Fenstergliederungen den eigentlich ganz ordentlichen Gesamteindruck doch erheblich schmälern:

    Der Großteil Gröpelingens wird aber von der hinreichend gezeigten Bebauung mit Bremer Häusern, die hier oft in einem erbärmlichen Zustand sind, dominiert.

    Das sieht dann so aus:

    oder so:


    Das gesamte Potpourri der schrecklichen Vorbauten, Entstuckungen, Zerstörungen der Fassadengliederung hier noch mal geballt im Bild:

    Hier mal das Zentrum des Stadtteils an der Gröpelinger Heerstraße mit der typischen, höheren Bebauung an Geschäftsstraßen:

    Zumindest lebendig geht es zu, das muss man sagen. Sehr volle Straßen, viele Kinder, viele Sprachen, was los ist dort definitiv.

    Typische Szenen nördlich der Gröpelinger Heerstraße, wo es nochmal ärmlicher wird (im Hintergrund dann auch nochmal einer der wenigen Grüße aus den Siebzigern):

    Hier liegt auch das Humannviertel, eine vor einiger Zeit privatisierte mehrere Straßen umfassende Reihenhaussiedlung aus der Zwischenkriegszeit, die nun mit öffentlichen Mitteln wieder in den Ursprungszustand zurückversetzt werden soll. Der momentane Zustand ist erbärmlich:

    Hier mal ein Beispiel dafür, was den Planern wohl vorschwebt: Wiederherstellung der Fenstergliederungen und kleinen Stuckelemente, ne passende Haustür und ein Vorgarten - dann wirkt das Haus gleich dreimal so nett, trotz der fragwürdigen Farbwahl:

    Aber auch so etwas ist natürlich Gröpelingen:


    wiewohl doch überraschend wenige dieser "Großwohnsiedlungen" im Bremer Westen realisiert wurden, viel höher als das gezeigte Beispiel (das 1:1 so auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stehen könnte, soviel zur Hochnäsigkeit gegenüber der ostdeutschen Platte) wird es nicht.

    Und ganz zum Schluss, ich kann nicht anders, nochmal ein Beispiel dafür, was alles zerstört wurde. Und wie immer die Erinnerung daran, dass die rechten drei Häuser KEINE Nachkriegsbauten sind, sondern erst in den 30 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg so "renoviert" wurden, wie sie heute eben aussehen. Elend und hässlich nämlich:

    So, ich hoffe es hat trotz der alles andere als spektakulären Architektur gefallen. So sieht es im Bremer Westen aus, einem klassischen Problemkiez. An einem schönen Frühsommertag alles noch erträglich, aber es gibt viele Probleme hier, mehr als die Hälfte der Kinder wächst mit Hartz IV auf, viele Familien (auch und gerade deutsche übrigens) sind in zweiter Generation transferabhängig und schaffen es nicht ihren Kindern im Winter adäquate Klamotten anzuziehen oder ihnen ein Pausenbrot zu schmieren. Dazu viel Gewalt, Schlägereien, Alkohol, auch im öffentlichen Raum.

    A long way up for Gröpelingen, aber ich drücke die Daumen. Ein erster Schritt wäre neben Bildung etc. sicherlich auch eine bauliche Aufwertung in den Bereichen mit erhaltener Altbausubstanz. Was so ein kleines, durchdachtes und gut gemachtes Fassadensanierungsprogramm wohl alles an Investitionen nach sich ziehen könnte....

  • Ein paar Schnappschüsse aus dem nicht oder nur wenig kriegszerstörten Teil Walles, zunächst eine der vielen wirklich bescheidenen Arbeiterhausstraßen, die Dietrichstraße:

    Es war (und ist) eine der Eigenheiten Bremens, dass auch in der "Arbeiterklasse" ein hoher Wohneigetumsanteil herrschte. Die verschiedenen Ausprägungen des Bremer Hauses machten dies möglich. In diesen wirklich kleinen Häusern wohnten oft 6 köpfige Familien, im "Garten", meist nur ein 20 qm großer Hinterhof wurden noch Hühner gehalten - leider waren gerade diese sehr einfachen gründerzeitlichen Wohnhäuser brutalen Entstellungen und Umbauten "a la mode" ausgesetzt nach dem Krieg.

    Am Ende der Dietrichstraße öffnet sich der Blick auf die Hauptachse Walles, der Waller Heerstraße mit für Bremen atypisch großen Wohn- und Geschäftshäusern:

    Dies waren immer nur Inseln, umgeben von Häusern mit nur ein oder zwei Geschossen. Eine neue Gestaltungssatzung schreibt nun immerhin vor, dass Neubauten mindestens 3 Stockwerke haben müssen, so dass das Straßenbild insgesamt etwas urbaner werden dürfte:

    Die beiden rechten Häuser sind Neubauten, die runtergekommene Nachkriegsprovisorien oder runtergekommene ein- und zweistöckige Altbauten ersetzt haben.

    Gegenüber wurde auf einer Industriebrache ca. zur Jahrtausendwende ein Einkaufszentrum gebaut:

    Wenn man die 1999! schreienden Farben mal durch geschmackvollere Kompositionen ersetzen würde, ist das Gebäude trotz seiner Größe zumindest nicht vollkommen daneben mMn.

  • leider waren gerade diese sehr einfachen gründerzeitlichen Wohnhäuser brutalen Entstellungen und Umbauten "a la mode" ausgesetzt nach dem Krieg

    In der Tat. Da müsste dringend ein Verschönerungsverein her, der den Eigentümern die Möglichkeiten zu einer besseren Gestaltung zeigt, z.B. Wiederherstellung von Bossierungen.

    Eine neue Gestaltungssatzung schreibt nun immerhin vor, dass Neubauten mindestens 3 Stockwerke haben müssen

    Ulkig, dass dort so etwas vorgeschrieben werden muss. Normalerweise muss man Investoren hinsichtlich der Geschosshöhen zügeln, damit sie nicht die Fläche maximal ausnutzen.


    Wenn man die 1999! schreienden Farben mal durch geschmackvollere Kompositionen ersetzen würde, ist das Gebäude trotz seiner Größe zumindest nicht vollkommen daneben mMn.

    Erstens finde ich die Farben überhaupt nicht schreiend, sondern pastellen und eigentlich gut komponiert. Und zweitens gefällt mir das Einkaufszentrum durch seine Gestaltung zwischen später Postmoderne und Art déco- Anspielung sogar richtig gut. Zumindest ein angenehmes Gebäude, das auch die Straßenflucht gut ausfüllt.

  • In den Nebenstraßen das alte Bremer Elend von unpassenden, entstellenden Renovierungen:

    Man muss sich einfach vor Augen führen, dass alle vier hier abgebildeten Häuser den Krieg wie das zweite Haus von links überstanden hatten. Die Nachbarn glaubten dann aber anscheinend, nur ein "modernes" Bremer Haus ist ein gutes Bremer Haus. An diesen Häusern wurde wirklich alles zerstört, die beiden typischen EG-Fenster neben der Haustür zu einem breiten Fenster "horizontalisiert", zusätzlich die elenden Rolladenkästen, die Verfliesung, die (hier zumindest noch in Holz ausgeführte) neue Haustür. Es macht mich immer noch fassungslos, wie jemand denken konnte, dass das dem Haus guttun würde.

    Die Straßen hier haben eigentlich eine gute Bausubstanz, je nach Erbauungsjahr eben entweder im Jugendstil:

    oder in einer Art spätem Historismus:

    In der Vegesacker Straße herrscht eine Art reduzierter Reformstil vor:

    Auch bei diesem Stil ist die Gestaltung/Gliederung der Fenster angesichts der sonst bereits sehr reduzierten Fassadengestaltung enorm wichtig:

    Die Fenster "im Stil des Hauses" heben dieses recht einfache Mietshaus aus der Zeit um 1910 bereits sehr positiv von seinen Nachbarn mit ihren Plastikrahmen und Rolladenkästen ab. Auch der alte Vorgartenzaun macht viel aus, zerstört wird der sonst gute Eindruck allerdings durch den zum Waschbetonparadies degradierten "Vorgarten".

    Wie so oft sind auch die öffentlichen Bauten beeindruckend gut und solide gebaut:

    Zwei Schulgebäude aus der Zeit unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg an der Vegesacker Straße.

  • Wenn man die 1999! schreienden Farben mal durch geschmackvollere Kompositionen ersetzen würde, ist das Gebäude trotz seiner Größe zumindest nicht vollkommen daneben mMn.

    Erstens finde ich die Farben überhaupt nicht schreiend, sondern pastellen und eigentlich gut komponiert. Und zweitens gefällt mir das Einkaufszentrum durch seine Gestaltung zwischen später Postmoderne und Art déco- Anspielung sogar richtig gut. Zumindest ein angenehmes Gebäude, das auch die Straßenflucht gut ausfüllt.

    Mmmh. Der Bau zeigt kein bisschen einen Art déco. Er könnte kaum weiter weg sein von Art déco. Kasten aneinandergereiht, alles recht Modern bis hin zu den kreisrunden Fenstern, dann diese Dächer. Diese Farben. Nein. Heinzer meint nach 1999 schreiend. Und ja das tut das Gebäude mit allem, den Fenstern, dem Dach und den Farben, so wurde typisch in den 90ern gebaut, das erkenne ich, ob es deswegen reicht ein stilvoller Bau zu sein? Erhaltenswert wäre es für mich nicht.

  • ^Nun ist eine Diskussion über dieses Geschäftsgebäude eigentlich ein bisschen übertrieben.

    Aber ich will dennoch erläutern, was ich mit meiner (zugegebenermaßen sehr freien) Assoziation meinte. Natürlich ist das ein Bau der ausgehenden Postmoderne. Aber, die Postmoderne spielte ja mit Elementen der Baugeschichte. Somit können postmoderne Gebäude Zitate der Gotik, der Renaissance oder eben auch des Art déco aufweisen. In diesem Fall kam ich auf die Assoziation durch das dem Art déco innewohnende dekorative Spiel mit geometrischen Elementen. Der Bremer Bau spielt mit dem Kreis- und Halbkreismotiv. Zudem zeigt er in dem blauen Risalit das Motiv der durchgängig vertikalen Linien, das schon im Jugendstil (dem floralen Vetter des Art déco) auftritt, später auch im Modernismus.

    Klar, das ist meine sehr freie Interpretation. Allerdings weist das Gebäude schon unverkennbar gewisse klassische Gliederungselemente auf, so in den Risaliten und in der Bossierung des Sockelgeschosses, das sich auch hinsichtlich der Raumhöhen von den darüber liegenden Geschossen absetzt.

    Natürlich ist das kein Architekturmeisterwerk, aber ich gebe zu bedenken, das heute an dieser Stelle nichts besseres entstünde, wenn dieser Bau abgerissen würde. Hier ein jüngeres Beispiel aus Dessau, wie heute eine solche Situation gefüllt werden könnte: https://images.app.goo.gl/4MiDdqk92ESZfAYw5

    Angesichts solcher greller Alternativen können die Bremer doch an dieser Stelle ziemlich zufrieden sein.

  • Ich stehe da eher so zwischen Euch beiden, würde den Bau jetzt auch nicht übermäßig feiern - umgekehrt gehen Einkaufszentren, gerade solche aus der Zeit der Erbauung, auch wirklich deutlich schlimmer. Die Höhengliederung ist interessant, die Gestaltung der Treppenhäuser abwechslungsreich und sehr wohl entweder postmodern oder Art déco-inspiriert, eigentlich atypisch für die Erbauungszeit um die Jahrtausendwende. Die blauen Fenster und diese 90er-Pastelltöne hingegen finde ich wiederum nicht so gelungen wie Heimdall (ist aber einfach eine Modefrage - kann sein, dass ich das in 10 Jahren wieder "pfiffig" fände). Das Gebäude würde aus meiner Sicht mit hellgrauen Fenstern und einer -gerne in zwei oder drei verschiedenen Tönen- beige/erdigen Fassadenfarbe nochmal besser wirken.

    Bzgl. eines Verschönerungsvereins Heimdall: Ja, so etwas wäre wirklich sinnvoll. Allerdings weiß ich nicht, wie gut das ankäme, die Stadt versucht es in verschiedenen Bereichen mit direkten Zuschüssen für Wiederherstellung der alten Fassaden inklusive Wiederbestuckung (z.B. in Huckelriede/Teil der Neustadt im Rahmen von Sanierungsprogrammen/Stadtumbau West) oder in Form von Erhaltungs- oder Gestaltungssatzungen, die bei Sanierungen eine an das Original angelehnte Fassadengestaltung nötig macht. Ein solches Vorhaben ist gerade erst vor wenigen Jahren am massiven Widerstand der Hausbesitzer im Gröpelinger Humannviertel gescheitert:

    Siedlungsschätze Gröpelingen

    Man kann der Stadt wirklich kein Desinteresse vorwerfen, aber der Prozess ist langwierig und durch die kleinteilige Eigentümerstruktur sehr zäh, zumal viele dieser Häuser (man beachte Wohnflächen, die in der Dietrichstraße kaum über 60-70qm liegen werden) auch weiterhin von Menschen bewohnt werden, die eher knapp bei Kasse sein dürften und wenig Geld für derartige Rückgängigmachungen überhaben dürften. Trotzdem muss man es weiterhin versuchen.

    Das ist ja eigentlich mein großes Thema, und der ursprüngliche Grund gewesen, mich hier anzumelden. Bremen könnte in seinen Wohnvierteln wirklich mit recht bescheidenen Mitteln sehr viel schöner werden, da wirklich und trotz der Zerstörungen überraschend viel Vorkriegsbausubstanz überlebt hat - aber es ist und bleibt ein sehr mühseliger Prozess, an dem sich wohl weitere Generationen abarbeiten werden - wie vor mir Carsten H. Meyer mit seinem sehr guten Buch "Mehr als nur Fassaden" von 1997. Mittlerweile wohnt er wohl in Berlin.

    Carsten H. Meyer - Mehr als nur Fassaden - Bremer Hausschicksale

  • Ist doch interessant sich auch mit solchen Gebäuden auseinander zu setzen und zu diskutieren :)

    Jetzt sehe ich es auch ein wenig an diesem einen Treppenhaus, aber wenn man vom Hauptland des Art déco Frankreich, her den Stil ableitet ist es eine ungebräuchliche Gestaltung. Aber da ich mich im Postmodernen null auskenne ist gut denkbar, dass dies hier das Motiv verfolgte und eine Art Internationalismus darstellen sollte.

    Ich finde die Argumentation, dass es heute schlimmer neu gebaut würde halt ein bisschen ein Totschlagargument, womit man jedes Gebäude heute erhalten müsste. Hier gefällt mir vor allem nicht die Aura eines chinesischen Fabrikgebäudes mit dieser Dachlandschaft und der Fenstergestaltung und -anordnung. Ich habe jetzt auf die schnelle nicht etwas noch Ähnlicheres gefunden, es gibt es auf jeden Fall sehr ähnliches, aber ich glaube das hier transportiert meine Assoziation: http://cdn.cnn.com/cnnnext/dam/as…ng-shanghai.jpg

    Noch ist das Gebäude hier ja gut in Schuss, aber lasst es jetzt mal ähnlich verwahrlosen.

    War aber jetzt interessant für mich da ein wenig in die Gestaltung und was ihr so meint einzutauchen und mich auch ein wenig mehr begeistern zu lassen. Übrigens, was mich dazu auch gereizt hat: Wenn ihr Art déco sehen wollt, hat Heinzer in dem gleichen Post ein Beispiel gezeigt. https://www.stadtbild-deutschland.org/forum/wcf/inde…autoscaled-jpg/

  • Beim schönen Wetter heute nochmal eine kleine Runde durch Walle, als erstes das schon vor Corona mehr oder minder sterbende kleine Rotlichtviertel an der Nordstraße, welches zu den Hochzeiten des Hafens bis in die 70er Jahre richtig florierte und seitdem ganz langsam im Niedergang ist. Typisch wieder diese einstöckigen Nachkriegsprovisorien oder ehemaligen Erdgeschosse, die es in Bremen noch überraschend viel gibt:

    Auch das ist Bremen, direkt um die Ecke typische Waller Idylle:

    Ein paar fehlrenovierte Bremer Häuser dürfen nicht fehlen:

    Ein paar sehr ordentliche Schulgebäude:

    Stilmix mit nachempfundenen Waller Wasserturm:

    Etwa ab der Elisabethstraße und im gesamten Gebiet stadteinwärts blieb wirklich fast nichts mehr stehen, hier das stadtauswärts "letzte" Haus auf der rechten Seite des Steffenswegs:

    In diesem Bereich wurde weitgehend auf dem alten Straßengrundriss wiederaufgebaut, so dass die Straßen zumindest noch recht wohnlich daherkommen:

    Geht noch weiter....

  • Weiter auf dem Steffensweg stadteinwärts gelaufen, steht rechterhand nochmal ein kriegsüberlebendes Haus:

    nur echt mit Plastikfenstern. Sonst sieht das hier so aus:

    Seitenstraßen:

    Hier stand wirklich nichts mehr. In diesem Bereich auch erstmals Loslösung von der alten Stadtstruktur mit Zeilenbauten:

    und zwei sich direkt gegenüberstehenden Kirchen, eine katholisch:

    und eine evangelisch:

    V.a. evangelische Kirche hat einen gewissen klassischen Chic, wie er für die frühe Wiederaufbauphase üblich war, das Gemeindezentrum:

    Daneben aber ein sehr typischer Wiederaufbauklassiker, diese einstöckigen Ladenzeilen. Ich kenne die auch aus dem Hamburger Osten, und sie liefen auch dort schon in den 80er Jahren eher mäßig:

    Nochmal ein extrem verhunztes Haus, das den Krieg überlebt hat, in diesem Bereich aber wirklich das Einzige im Umkreis von locker 500 m, das hier war wirklich "Ground Zero" des Bremer Westens:

    Die hier begangenen Bereiche befinden sich auf diesem Luftbild rechts im Hintergrund:

    Bremen%2C_Royal_Air_Force_Bomber_Command%2C_1942-1945_CL3259.jpg


    Quelle:

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…1945_CL3259.jpg

    Ich hoffe, es hat gefallen. Auch der Wiederaufbau hat in Teilen seinen seltsamen, knorrigen Charme, wenn man mit etwas gutem Willen unterwegs ist. Ich glaube, dass ich mit den meisten Wiederaufbauleistungen bis ca. 1955 gut leben könnte. Leider stammt die Mehrzahl der großflächigen Wiederaufbaugebiete eher aus der Zeit danach. Kann aber auch ein Stockholm-Syndrom sein ;).

  • Noch eine kleine Geschichte aus dem völlig ausgelöschten alten Utbremen. Ich habe mal das obige Luftbild aus dem Bremer Westen nach dem Zweiten Weltkrieg genommen, und geschaut, was von den Gebäude(hülsen) noch steht. Ich bin auf ganze 4 Gebäude gekommen, davon eines der Bunker.

    Bitte nicht zu 100% ernstnehmen, es können (und werden) sich auf dem Bild noch weitere Häuser befinden, die noch heute stehen, v.a. in Richtung des sehr unscharfen Horizonts und Richtung Altstadt im Hintergrund. Trotzdem hier mal die 4 von mir identifizierten Gebäude, zunächst markiert im obigen Luftbild:

    Gleich vorne links im Bild steht die ausgebrannte Ruine der heutigen "Grundschule an der Melanchtonstraße":

    Es muss sich um dasselbe Gebäude handeln, denn Geschosshöhen und die l-förmige Gebäudeform bestehen noch heute. Es sieht auf dem Luftbild so aus, als habe das Gebäude eine Art "Prachtgiebel" zur Melanchtonstraße gehabt, von dem ist heute nichts mehr zu sehen, auch sonst ist das Gebäude (äußerlich) zu 100% von jeglichen Hinweisen seiner gründerzeitlichen Herkunft befreit. Es könnte auch ein Bürogebäude aus den 50ern mit atypischen Geschosshöhen sein.

    Als nächstes das Haus an der Ecke Wichernstraße/Wartburgstraße rechts unten an der Ecke des Luftbildes:

    Es steht noch heute, anscheinend etwas vereinfacht wiederaufgebaut und beherbergt ein beliebtes Café:

    In der Umgebung gibt es viel sehr, sehr frühen Wiederaufbau, diese Häuser zum Beispiel sind mit gemahlenem und zu Steinen geklebten/gepressten Schutt aus abgetragenen Trümmerhäusern gebaut, das weiß ich, weil ich in einem der Häuser schonmal drin war und die Bewohner eine der Wände freigelegt haben:

    Als 3. der Hochbunker, natürlich:

    Weitgehend unkaputtbar, die Dinger. Mittlerweile werden sie relativ häufig in Wohnraum umgewandelt, selten auch abgerissen.

    Umgebung typisch Bremer Nachkriegswesten:

    Und als letztes, das kleine gelb umkreiste Nichts im Hintergrund (näherungsweise):

    Original ein Bremer Haus hat im echten alten Utbremen bis heute überdauert, aufgestockt und auch sonst ziemlich verhunzt - es steht in der Nansenstraße. Man kann nur spekulieren, warum es noch steht. Zum einen wird es natürlich Glück gehabt haben müssen während des Angriffs im August 1944. Und dann? Ein widerspenstiger Hausbesitzer, der hier die großen Pläne durchkreuzte und einen Wiederaufbau auf altem Grundriss erzwang?

    Typische Straßenszene in diesem sonst vollkommen veränderten Bereich Utbremens:

  • Ich war neulich in einer Gegend von Findorff unterwegs, in der ich noch nie war. Besonders die Thielenstraße fiel mir auf, weil Sie noch sehr geschlossen wirkt. Ich lade mal ein paar Handyfotos hoch.

    Überrascht war ich von der Verlängerung der Thielenstraße, der Borgfeldstraße, die ganz bewusst mit dem Altbremerhaus-Stil bricht. Der Stil ist zwar sehr schlicht gehalten, sagt mir aber irgendwie zu: