Bahnhöfe und Bahnsteighallen

  • Zitat von "Booni"

    @ Seraph Eleison:
    Meine Kommilitonen aus Ennepetal & Umgebung meinten, Hagen wäre eine der schäbigsten Städte Deutschlands und total heruntergekommen... war selber noch nicht da... aber die Innenstadt muss wohl wirklich nicht mehr viel bieten. Dafür halt Hohenhof etc.


    Ja, ja, ja... das hört man dauernd. Seit 40 Jahren ist das die verbreitete Meinung und die ist so festgefahren, dass man nur wenig dagegen tun kann. Für das Hagen von 10 oder 15 Jahren mag diese Beschreibung auch noch zutreffen, aber wenn man heute durch die Innenstadt, also von Hauptbahnhof einmal quer durch bis zum CineStar, geht, dann kann man diese Meinung mit gutem Gewissen nicht mehr vertreten. Aber frag' Deine Kommilitonen doch bitte mal, wann und wo sie das letzte mal in Hagen waren. Wahrscheinlich haben die meisten die Stadt seit Jahren nicht gesehen. Aber wer gibt schon seine schönen alten Vorurteile auf. Köln z.B. wird ja sogar im Fernsehen immer als "schwule Metropole" bezeichnet und die Mehrzahl der Bewohner ist sicher heterosexuell und findet dieses Vorurteil sich nicht gerade toll...
    Echt, ich könnte mich aufregen. Die sollen mal Gründe oder Beispiele nennen.

  • Eine neue Bahnsteighalle ist so gut wie fertiggestellt:
    http://www.flickr.com/photo_zoom.gne?id=229594376&size=m\r
    http://www.flickr.com/photo_zoom.gne?id ... 376&size=m

    Das Foto zeigt den Blick auf den reinen Fußgängerbereich. Die Halle für die Züge ist in mehrere Bögen aufgeteilt und sieht auf den ersten Blick aus wie eine aus der Gründerzeit. In der Decke wurde sogar mit Holz gearbeitet! Einziger sichtbarer Unterschied zu einer Halle aus der Gründerzeit: Die Metallteile sind nicht mehr vernietet, sondern verschweißt.

    Hatte leider keinen Fotoapparat dabei, war auf der Durchfahrt...

  • Aachen Hbf; Impressionen:


    Empfangsgebäude, fast im Stil einer Kaiserpfalz


    Empfangshalle; neoroman. Säulenkapitell


    Bahnsteighallen 1


    Bahnsteihallen 2 (ein bisschen verschwommen)


    Interessanter Beleuchtungskörper, für mich sah er neu aus, aber auf alt gemacht.


    SNCB-Zug in Aachen Hbf (mit ihm fuhr ich weiter nach Verviers (B))


    Verviers Gare Central, Empfangsgebäude

    Für weniger Ideologie!

  • Braunschweig

    Alter Bahnhof erbaut 1843/45:
    Hier fuhr die erste deutsche Staatseisenbahn auf der Strecke von Braunschweig nach Wolfenbüttel. Er ist damit der älteste Sackbahnhof Deutschlands.

    Danach wurde das Gebäude durch die Braunschweigische Staatsbank genutzt und heute durch die Nord/LB. Davor fließt die Oker.

    Der jetzige Bahnhof sieht leider so aus und steht unter Denkmalschutz(erbaut 1960):

    Quellen/Fotos: wikipedia.de

    Ricarda Huch:
    Wer rückwärts sieht, gibt sich verloren, wer lebt und leben will, muß vorwärts sehen...

  • Den Braunschweiger Hbf. finde ich gar nicht so schlecht. Er vertritt mit Stil die 1950er-Jahre. Ausschlaggebend wird sein, welches Gebäude davor an seiner Stelle stand und wie die bauliche Umgebung ist. Kann man beides vernachlässigen, geht der Denkmalschutz für diesen Bau voll in Ordnung.

  • Zitat von "spacecowboy"

    Den Braunschweiger Hbf. finde ich gar nicht so schlecht. Er vertritt mit Stil die 1950er-Jahre. Ausschlaggebend wird sein, welches Gebäude davor an seiner Stelle stand und wie die bauliche Umgebung ist. Kann man beides vernachlässigen, geht der Denkmalschutz für diesen Bau voll in Ordnung.

    An der Stelle befand sich früher der Ostbahnhof mit Haltestelle.
    Über die Umgebung sollten besser nicht gesprochen werden. Die empfängt den Tourist nicht wirklich mit schöner Architektur. Hier ein paar Eindrücke vom drumherum:

    Bilder: wikipedia.de, newsclick.de

    Ricarda Huch:
    Wer rückwärts sieht, gibt sich verloren, wer lebt und leben will, muß vorwärts sehen...

  • Was ich bei dem Bahnhofsthema am derzeit gravierendsten finde, ist der eklatante Verfall zahlreicher Gebäude - vor allem auf dem Land.

    Eigentlich sollte sich Deutschland doch von der Schiene aus, mit der viele Touristen das Land bereisen, von der Schokoladenseite zeigen. Weit gefehlt. Oft sieht man beim Blick aus dem Zugabteil riesige Brachflächen, Bauschutthalden, verfallene Bahnschuppen, Graffitis usw. Daneben Gewerbehallen, Baumärkte usw. Eine erschreckende Öde.

    Schade ist dabei, daß die Bahn viele kleine, reizvolle Gebäude offenbar in voller Absicht verfallen läßt. Zahlreiche historistische Backsteingebäude sind dringend in Gefahr.

    Zum Beispiel bin ich unlängst zwischen Fürth und Nürnberg gefahren und habe einen alten Bahnschuppen aus dunklem Naturstein und ein größeres Gebäude direkt an den Gleisen gesehen, bei denen Dach und Fenster vollkommen defekt waren. Andernorts würden diese Bauten unter Denkmalschutz stehen. (Vielleicht kann ja mal jemand Fotos machen und einstellen)
    Vor Jahren war ich mal in Vlotho. Der dortige Alte Bahnhof glich einem Abrisshaus in den Bronx - eine gespenstische Kulisse.

    Beispiele für verfallende Bahngebäude sieht man mal hier (einfach mal durch die Ortschaften klicken):
    http://www.gleis4.de/html/volkmarsen_.html

    Die Bahn will wohl 1800 Gebäude verkaufen:
    http://www.focus.de/finanzen/news/…_nid_44799.html

    Warum kann dieses Kulturgut so extrem verfallen? Warum funktioniert das alles mit dem Verkauf nicht schneller? Zu hohe Geldforderungen von Seiten der Bahn AG? Oder gibt es zu wenig Nutzungsfantasie?

    Einmal editiert, zuletzt von Heimdall (6. März 2011 um 15:22)

  • Ich sehe den Verkauf und die Umnutzung von Bahnhöfen generell nicht als so verwerflich. Für mich als Bahnfreund fände ich es sogar ganz reizvoll ein solches Gebäude mir herzurichten. Ich kenne auch sehr viele Beispiele, wo das gut funktioniert. Warum der Verkauf durch die Bahn bei vielen Objekten so schleppend vorangeht, wundert mich auch etwas. Hier in Essen z.B. ist am Rande der City an einem stillgelegtem Industriegleis ein 2-stöckiges Gebäude leerstehend und ungenutzt. Ein Freund hat mal nachgefragt, was die Bahn dafür haben möchte: dieses Gebäude steht nicht zum Verkauf, kam als Antwort.

  • "Zum Beispiel bin ich unlängst zwischen Fürth und Nürnberg gefahren..."

    Mit der S-Bahn? Irgendwie finde ich diese Strecke faszinierend und werde sicher auch mal dabei aus dem Fenster fotografieren.

    Diese wilde Mischung aus Industriebrachen (AEG), angegammelten Gründerzeitbauten, leeren überwucherten Flächen, wilden Parkplätzen und sogar einigen Plattenbauten würde man in Bayern eigentlich nicht erwarten. Dazwischen dann immer wieder kleine gutbürgerliche Inseln... kam mir fast vor, als wäre ich nach Ost-Berlin gebeamt worden.

  • Zitat von "silesianospostato"


    Mit der S-Bahn? Irgendwie finde ich diese Strecke faszinierend und werde sicher auch mal dabei aus dem Fenster fotografieren.

    Diese wilde Mischung aus Industriebrachen (AEG), angegammelten Gründerzeitbauten, leeren überwucherten Flächen, wilden Parkplätzen und sogar einigen Plattenbauten würde man in Bayern eigentlich nicht erwarten. Dazwischen dann immer wieder kleine gutbürgerliche Inseln... kam mir fast vor, als wäre ich nach Ost-Berlin gebeamt worden.

    Um es nochmals deutlich zu machen:
    1. Es handelt sich um die ICE-Trasse.
    2. Es ging hier nicht um eine explizite Beschreibung der Strecke Nürnberg-Fürth, sondern eine allgemeine Schilderung von vorstädtischen Bahnstrecken.
    3. Die Strecke Nürnberg-Fürth wurde wegen zweier völlig verfallener und andernorts sicherlich unter Denkmalschutz stehender Gebäude erwähnt.

  • Das könnte das eine gewesen sein:

    Fürth, Karolinenstraße 91
    Lokschuppen, Satteldachbau mit Rundbogenöffnungen, um 1860; malerischer Wohn- bzw. Werkstättenanbau, 1911; zugehörig Geräteschuppen, 1911.

    Der Lokschuppen ist für die lokale Eisenbahngeschichte aus diversen Gründen von höchster Bedeutung. Leider ist er TOTAL verfallen.

    Das andere Gebäude könnte das Restgebäude des abgebrannten Museums-Lokschuppens sein. Das steht nicht unter Denkmalschutz und wird wohl demnächst mit abgerissen, wenn der Containerbahnhof an den Hafen zieht.

  • 1. Mit seiner Inbetriebnahme im Jahr 1842 gilt er als der älteste erhaltene Kopfbahnhof Europas: Der Bayerische Bahnhof in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]. 1839 eröffnete die erste deutsche Ferneisenbahn zwischen [lexicon='Leipzig'][/lexicon] und Dresden

    2. Ein beeindruckendes Gebäude, den sich vielleicht manche Stadt als normalen Bahnhof wünschen würde: Der historische Postbahnhof von 1913. Das Industriedenkmal steht heute leer. Die achtbogige Halle des als Kopfbahnhof ausgestalteten Objekts überspannte 26 Gleise und 16 Bahnsteige. In ihr fanden bis zu 90 Bahnpostwagen Platz, was sie zur größten Bahnpostanlage ihrer Zeit machte.

    3. Dürfte allgemein bekannt sein: Der Leipziger Hauptbahnhof. Er wurde am 4. Dezember 1915, nach 13 Jahren Bauzeit für die gesamte Anlage, eingeweiht und ist mit einer Grundfläche von 83.640 m² der flächenmäßig größte Kopfbahnhof Europas. Für dessen Bau mussten einst fünf alte Bahnhöfe weichen.


    PS: Bin erst neu hier. Wenn ich wüßte wie man Bilder einfügen kann, hätte ich gern welche mitgeliefert.

    :D

    PUBLICO CONSILIO PUBLICAE SALUTI

  • Unter Testbereich und Hilfebereich findest Du zahlreiche Hinweise zum Bilder einstellen, Markkleeberger.

    Beim APH-Treffen in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] vor ein paar Jahren war der Bayerische Bahnhof ein Programmpunkt auf unseren Wanderungen durch verschiedene Teile der Stadt.

    Herzlich willkommen im Forum! :)

  • Auf arte läuft zur Zeit eine schöne Serie über europäische Monumentalbahnhöfe. Portraitiert werden Mailand, London, Budapest, Antwerpen und natürlich Paris. Deutschland hat ja leider nichts mehr in diesen Dimensionen.

    Zitat von arte.tv

    Bahnhofskathedralen
    Europas Reise-Paläste

    Vorne Schloss, in der Mitte Kathedrale, hinten Tor zur weiten Welt – die Bahnhöfe des 19. Jahrhunderts. Prunkvolle Monumente für die Dampfmaschine als Ausdruck des damaligen Zukunfts- und Erfindergeistes. Die Kollektion erzählt nostalgische Geschichten von fünf europäischen Bahnhöfen.

    https://www.arte.tv/de/videos/RC-016972/bahnhofskathedralen/

    Die Restauratorin, die ziemlich am Anfang in dem Film über den Mailänder Bahnhof (der ja auch noch zu Zeiten des Faschismus gebaut worden ist) zu Wort kommt, hat einige interessante Sätze gesagt (die allerdings wohl durch die Übersetzung etwas holprig geworden sind):

    Zitat von Restauratorin

    Als ich die sala reale das erste mal betrat, hat mich ihr monumentaler Anblick besonders beeindruckt und dass sie noch genauso erhalten war, wie zur Zeit ihrer Entstehung. [...]
    Ein Aspekt meiner Arbeit, der mich besonders erfüllt, ist, verloren geglaubte Objekte und Gemälde wieder zu entdecken, die nur unter Teppichen, Übermalungen oder Kellern versteckt lagen. Während unserer Restaurierungen fanden wir viele Symbole, die auf die damaligen Auftraggeber verwiesen. [...]
    Wir haben alles so belassen wie vorgefunden, weil es historische Zeugnisse sind. Ich weiß nicht, ob Italiener einen anderen Umgang mit Vergangenheit besitzen als die übrigen Europäer. Ich glaube jedoch, dass im Laufe der Zeit die Kulturwissenschaft [bei den übrigen Europäern] überwiegt. Bei vielen Restauratoren steht dieser historische Gedanke an erster Stelle. Damit übergibt er die Aspekte des Ärgers, der Rache und der Müdigkeit, die mit der Akzeptanz der eigenen Vergangenheit einhergehen.

  • Nun, die zwei kamen mir schon auch in den Sinn, Leipzig ist zwar groß und hat auch eine hohe architektonische Qualität, aber es ist halt kein klassischer gründerzeitlicher Bahnhof. Frankfurt dagegen zwar schon, aber der kommt mir etwas zu klein im Vergleich zu den vorgestellten Bahnhöfen vor. Wahrscheinlich ist er auch - im europäischen Kontext - zu unbekannt.

  • Nun, die zwei kamen mir schon auch in den Sinn, Leipzig ist zwar groß und hat auch eine hohe architektonische Qualität, aber es ist halt kein klassischer gründerzeitlicher Bahnhof. Frankfurt dagegen zwar schon, aber der kommt mir etwas zu klein im Vergleich zu den vorgestellten Bahnhöfen vor. Wahrscheinlich ist er auch - im europäischen Kontext - zu unbekannt.


    St. Pancras hat 15 Gleise, Gare de Lyon 23 Gleise (der Gare du Nord hätte 31!) Mailand 24 und der Westbahnhof Budapest ist wirklich recht klein, in der Halle selbst sind nur 4 (!) Gleise, das Gebäude ist auch nicht riesig. Mit den Außengleisen vielleicht 8 Gleise.

    Leipzig hat heute noch 23 (es waren mal 25 oder 26) und ist von der Grundfläche her der größe in Europa, Frankfurt hat 25 Gleise in der Halle (und nochmal 8 Tiefgleise). Nur München (der Bahnhof ist ja architektonisch außer Konkurrenz) hat mehr Gleise.

    Leipzig ist in der Tat schon ein sehr moderner Bahnhof. Sonst könnten wir ja auch noch Stuttgart (RIP) ins Rennen werfen können. Mailand ist zwar auch keine klassische Gründerzeit mehr, aber schon noch oppulenter als Leipzig.

    Was aber stimmt, dass die typischen Beaux-Art-Gründerzeitgroßbahnhöfe in Deutschland zu großen Teilen nicht gut gepflegt und sehr unsensibel modernisiert wurden, bei weitem nicht nur in Folge von Kriegszerstörung. Dadurch sind sie oft nicht mehr ganz so sehenswert (und photogen) wie manch außerdeutsches Pendent. In Leipzig sind zumindest noch die sehr schönen Wartesäle erhalten und abgesehen von dem Einkaufszentrum mit seinen Aufzugsbauten ist die Modernisierung recht behutsam erfolgt:

    https://c1.staticflickr.com/3/2868/3279383…cba66a5e8_b.jpg