Stuttgart - Historische Architektur (Galerie)

  • Wie realistisch ist denn eine Reko des Marktplatzes einzuschätzen? In Dresden, die Grundstücke gehören Sachsen, und Frankfurt, städtisch, war die Situation sicher einfacher. Die Häuser am Marktplatz sind doch bestimmt Privateigentum. Da wirds bestimmt, auch wenn sich eine Bewegung gründen sollte, nicht so einfach. Was könnte überhaupt rekonstruiert werden? Die scheußliche Rathausfassade steht doch bestimmt unter Denkmalschutz und da man ja auch, ach so modern ist, wird man die alte Fassade von Seiten der Stadt auch nicht wiederhaben wollen.
    Sind die alten Parzellen noch vorhanden?

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Ich halte eine solche Rekonstruktion für ausgeschlossen und erwarte eher, daß noch mehr historische Bausubstanz abgerissen wird. Einigermaßen schön finde ich in Stuttgart vor allem Teile der legendären Halbhöhenlage und mit Abstrichen noch Stuttgart-Süd (wobei auch hier immer wieder unpassende Neubauten vorhanden sind und die Gebäude teilweise auch in keinem guten Zustand sind).

    Stuttgart-West ist zwar eines der größten Altbaugebiete überhaupt, allerdings finde ich die Gründerzeitgebäude verglichen mit [lexicon='Leipzig'][/lexicon], Dresden oder Berlin doch recht schlicht... außerdem ist auch hier der Erhaltungszustand teilweise schlecht.

    Ich habe mal ein paar Galerien hochgeladen:

    Halbhöhenlage: hier
    Innenstadt rund um den Bahnhof: hier
    Unterwegs in Stuttgart-Süd: hier
    Und noch Fotos aus Stuttgart-West und Bad Cannstatt: hier

    Irgendwie finde ich dieses Foto aus Bad Cannstatt direkt am Neckar typisch:

    An die vorhandene historische Bausubstanz wird einfach ein häßliches neues Eckgebäude drangebaut, das ganze steht dann irgendwie im Nichts zwischen sehr großzügig dimensionierten Straßen, Brachflächen und Gewerbegebieten, ohne jeglichen Sinn für Ästhetik.

  • dieses Haus gefällt mir irgendwie:


    sehr klassisch und irgendwie auch sehr hochwertig in der Ausführung.
    Ist das eine Sanierung oder ein Neubau.

    Die Halbhöhenlage-Bilder erinnern mich an Dresden, auch was den Stil betrifft.
    Ich mag diese eher schlichte Gründerzeit, die auch gleichzeitig immer sehr solide ausgeführt ist.
    Stuttgart hat ja auch Würfelhäuser :smile: wahrscheinlich auch deswegen.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Bei dem Gebäude handelt es sich um den Neubau eines Ministeriums im Schloßgarten, für den noch die letzten verbliebenen (denkmalgeschützten) Gebäude abgerissen wurden (siehe auch diesen Artikel in der Stuttgarter Zeitung).

    Wieso die Bewohner des Stuttgart 21-Camps 100 Meter daneben dagegen nicht protestiert haben, weiß ich nicht, jedenfalls sieht das Gebäude im Original ziemlich scheußlich aus.

  • Am bemerkenswertesten ist jedoch, daß das Land als Eigentümer sich selbst über den Denkmalschutz hinwegsetzt... übrigens entnehme ich demselben Beitrag in der Stuttgarter Zeitung, daß in der Calwer Straße nur noch vier statt vorher neun Häuser denkmalgeschützt sind...

  • Mal wieder ein paar Bilder, zunächst ein Wohnhaus von 1894 in der Johannesstraße 19. Wenn ich mir in Stuttgart eines aussuchen dürfte, wäre es das. Ich finde dieses Haus einfach total schön:

    Der prächtige Erker:


    Ein paar Schritte weiter, in der Leuschnerstraße 51, findet sich dieses frisch sanierte Gebäude aus dem Jahr 1872, ebenfalls sehr schmuck:

    Detail:


    Ebenfalls im Westen, präsentiert sich dieses Wohnhaus von 1870 in der Reinsburgstraße 40 in tadellosem Zustand:

    Und in der Augustenstraße stehen viele schöne historische Gebäude, darunter dieses, Hausnummer 42 von 1872:

    In dubio pro reko

  • Die Alexanderstraße ist ein wahres Schatzkästchen des Historismus, beinahe komplett erhalten und ein Haus schöner als das andere:

    Nr. 117, erbaut 1907:

    Ecke Bopserstraße, erbaut 1904:

    Nr. 105, erbaut 1894:

    Eingangsbereich Haus Nr. 155:

    In dubio pro reko

  • Die Mozartstraße ist vollständig historisch bebaut. Hier findet man viele reich dekorierte Fassaden der Gründerzeit.

    Hausnummer 36, sogenanntes „Mozarthaus“ von 1905:

    Hausnummer 40, erbaut 1896:

    Mozartstraße 44 von 1897:

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  • Einfach wunderschön - Danke!

    Von mir aus hätte es diesen Bauhausirrweg nicht geben müssen...und das 20. Jahrhundert wird zukünftig vermutlich als das finsterste Jahrhundert der Weltgeschichte eingehen (Kommunismus, Nationalsozialismus, Bauhaus...). Das "Jahrhundert der Irrwege" eben. Die letzte Ideologie des 20. Jahrhunderts - die Bauhaus "Moderne"- hat es gerade noch ins 21. Jhdt. geschafft.

  • Einfach traumhaft. Durch so ein Viertel zu spazieren ist für die Seele wie ein Spaziergang im Wald. Wunderschöne Details wohin man blickt (sofern die gesamte Straßenlandschaft und die Fußwege das mitmachen). Heute ist man dem Menschen völlig entrückt und folgt unverstandenen Zielen und Vorbildern. Und dann entstehen solche Gebäude: http://www.th-nuernberg.de/seitenbaum/hoc…/9019/page.html

    (Ich frage mich schon seit ich als Schüler in der Straßenbahn durch die Straßen gefahren bin, worin der Fortschritt moderner Architektur liegt, abgesehen von der Innenausstattung.)

  • Erster Autotunnel der Welt

    Der 125 Meter lange Schwabtunnel, offiziell Schwabstraßentunnel genannt, wurde in den Jahren 1894 bis 1896 unter Stadtbaurat Carl Kölle erbaut. Der 10,50 Meter breite und 6,50 bis 8,50 Meter hohe Straßentunnel unterquert die Hasenbergsteige und verbindet die Schwabstraße im Stuttgarter Westen mit der Schickhardtstraße im Stuttgarter Süden. Der Schwabtunnel war bei seiner Eröffnung am 29. Juni 1896 der breiteste Tunnel Europas und nach dem Salzburger Sigmundstor der zweite innerstädtische Tunnel in Europa. Außerdem ist er der weltweit erste Tunnel, durch welchen jemals ein Automobil gefahren ist. Durch den Tunnel führen zwei Fahrstreifen (eine je Richtung), sowie rechts und links der beiden Fahrbahnen jeweils ein durch Betonplatten abgetrennter Gehweg.

    In der Zeit vom 4. Dezember 1902 bis zum 9. Mai 1972 wurde der Schwabtunnel außerdem auch von wechselnden Straßenbahnlinien durchfahren. 1972 wurde der Straßenbahnbetrieb durch den Schwabtunnel eingestellt, die Linie 8 wurde seinerzeit von der Buslinie 42 abgelöst (welche bis heute durch den Tunnel verkehrt). Damit war der Stuttgarter Schwabtunnel auch einer der ersten Straßenbahntunnel der Welt. An den Tunnelwänden erinnern bis heute die Aufhängungshaken der Straßenbahnoberleitung an diese Epoche.

    Der Schwabtunnel und die Schwabstraße sind nach dem berühmten Stuttgarter Pfarrer, Dichter, Publizisten und Herausgeber Gustav Schwab (1792–1850) benannt.

    In dubio pro reko

  • Prachtvolle Ansichten Volker !

    DAS hätte ich nun aber nicht vermutet, dass in Stuttgart eine solche Fülle wunderbarer Bauten des Historismus "überlebt" haben.

    Bei Visiten in der Stadt haben uns unsere ( einheimischen ) Begleiter offensichtlich viel Attraktives "vorenthalten". Das kann ja ggf. nachgeholt werden.
    Besonders beeindruckten bei der Durchsicht der Fotos :
    Villa Bohnenberger,
    Steuerkollegium,
    Karl-Eugen-Bau ( ehm. DB ),
    Vor allem jedoch beeindruckte mich das heutige "Haus der Wirtschaft".
    Dieses darf in seiner eleganten, direkt vornehmen Historismus - Architektur als ein besonders gelungenes, prägendes Bauwerk dieser Stilepoche angesehen werden. Alles an der Fassade ist stimmig und überzeugend. Zurückhaltenden Eckkuppeln runden das Ganze trefflich ab.
    Sicher gibt im Hause ein entsprechend prachtvolles Interieur ?

  • Das Haus der Wirtschaft ist auch mein absolutes Lieblingsgebäude des Historismus in Stuttgart. Das Interieur ist zwar nicht mehr so ausgestattet wie zu Vorkriegszeiten, aber ich finde es heute eigentlich genau richtig: Etwas schlichter und zurückgenommen, und dadurch nicht so überladen sondern von klassischer, klarer Erscheinung. Das ganze mit nicht allzu kontrastierenden modernen Ergänzungen.

    Schöne Fotos davon gibt es hier:

    http://www.frankockert.com/gallery/haus-der-wirtschaft/

    In dubio pro reko

  • Ich bedanke mich für die Innenaufnahmen, vom H. d. Wirtschaft.

    Erwartungsgemäß entsprechen diese dem prachtvollen Erscheinungsbild des Äußeren.
    Zeitgenössische Einbauten, wie etwa Handläufe stören den insgesamt noblen, etwas unterkühlten Raumeindruck nicht sonderlich.
    Gekoppelte Säulen in größter Fülle vermögen die Vestibüle bestens zu gliedern.
    Preiswert war DAS und die hochwertigen Inkrustationen des Fußbodens sicher nicht.

    Vielleicht aber gab es früher hie und da, in herausgehobenen Bereichen, Deckengemälde, Fresken oder ornamentale Plafonds ?

    Ich kann das nur vermuten, da mir der Grad der Zerstörung bzw. nachträgliche, zeitgenössische Reduktionen im Inneren unbekannt sind.
    Für den Historismus wären reiche Ausmalungen der Hallen, Vestibüle etc. wesenseigen.

  • Das Haus der Wirtschaft ist wunderbar, liegt aber so ziemlich vollständig in grausamer Nachbarschaft:

    http://www.metro-stuttgart.de/HausDerWirtschaft.html

    Früher war die nähere Umgebung des Baus von oben gesehen so:

    Ein paar Innenaufnahmen von früher sind hier zu finden.


    Der schwäbische Schwabtunnel gefällt mir auch sehr gut - im Historismus gab es halt die schönste Zweckarchitektur aller Zeiten.

    Danke für die Fotos, Volker.
    Fortsetzung ist erwünscht.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Danke Palantir für diese Fotos, besonders die traumhaften Sequenzen aus dem Inneren des ehm. Museums.

    Welch eine Pracht und Gediegenheit - ein Aufschrei des reichsten Historismus in unserer heute so grausam ernüchternden "Architektur" - Kisten - Welt.

    Schön, dass sich meine Vermutungen, was den Dekor im Inneren des ehm. Museums angeht, etwas bestätigt haben.
    Allerdings hatte ich es mir nicht gar so prunkvoll vorgestellt.

    Nachdem ich die heute eingestellten Fotos gesehen habe, war ich erst mal regelrecht "baff".
    Palastartiger Historismus, der in der Zentralhalle des Hauses sämtliche Register zieht :
    Dekorativ angeordnete Wandgemälde, Kandelaber, Skulpturen in überbordender Fülle . . .. Ja, das hat was. Es ist ALLES in höchstem Grade beeindruckend.

    Die greulichen, lieblosen Bauten der Umgebung ( besonders das scheußlich ochsenblutrot abgefärbte ) bedrängen, beschädigen das schöne Gebäude in nicht zulässiger Weise.

  • Ein besonderes architektonisches Kleinod ist das Alte Schauspielhaus, das 1909 im Jugendstil von Eitel & Steigleder erbaut wurde. In den 80er Jahren wurde das Gebäude umfassend saniert.

    In dubio pro reko