• Das mittelalterliche Kaisertor, gelegen zwischen Mühlenteich und Trave, wird für rund 2,5 Mio. € saniert und soll danach als Sitz der Denkmalpflege fungieren.


    Das Kaisertor wird saniert: Lübecks vergessenes Stadttor (Bezahlschranke)


    KaisertorHL02

    Kresspahl, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Das mittelalterliche Kaisertor

    Naja, mittelalterlich ist nur der untere Teil bis zur Wallkrone, erkennbar an der anderen Steinfarbe. Das von 1300 stammende Tor wurde - wohl wegen zu geringer Nutzung - bereits um 1500 zugemauert, beim Bau der Wallanlagen im 17. Jahrhundert zugeschüttet und der Turm bis auf einen Stumpf abgetragen. Beim Bau des Elbe-Lübeck-Kanals (1895-1900) wurde die dortige Bastion durchschnitten, das Tor freigelegt und wieder geöffnet. Zudem wurde zu der Zeit das heutige Gebäude der Seefahrtsschule auf den Turmstumpf gesetzt.

    Im LN-Artikel steht, dass eventuell die Denkmalpflege einziehen soll, was aber noch nicht sicher ist. Der Verbindungsbau zwischen den beiden auf dem Foto zu sehenden Häusern soll eventuell modern gestaltet werden, um eine Zutat des 21. Jahrhunderts hinzuzufügen - also der übliche Blödsinn. :kopfschuetteln:

    Hier noch die Seite des Projekts. Wenn die KWL die Finger im Spiel hat, bedeutet das meist nichts gutes. Die haben kein Gespür für alte Gebäude (die Forderung nach dem modernen Verbindungsgang stammt denn auch von deren Chef Gerdes), wohl aber für Rendite. :unsure:

    Edit: Passend dazu lese ich gerade im ärmlich gemachten Projekt-Flyer das übliche Geschwafel, das im Normalfall eine Verhunzung beschönigen soll :sad::

    Zitat

    "Das alte Gebäude-Ensemble bleibt erlebbar; die baulichen Additionen bieten hierzu einen ästhetisch reizvollen Kontrast."

    Ich weiß nicht, ob das Bild auf der oben verlinkten Projektseite schon den Entwurf darstellen soll oder ob da noch was anderes kommt, bzw. wie groß diese "baulichen Additionen" werden sollen.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Sanierung der Lübecker Synagoge abgeschlossen

    Nicht unerwähnt lassen möchte ich den vor ein paar Tagen erfolgten Abschluss der Sanierung der Lübecker Synagoge.

    Die Synagoge wurde von 1878-1880 im maurischen Stil erbaut und erhielt - sehr ungewöhnlich für die Altstadt - eine Kuppel. In der Pogromnacht 1938 wurde sie zwar auch in Trümmer gelegt, aber wie die meisten anderen nicht in Brand gesetzt. Soweit ich immer gehört habe, um das direkt angrenzende St.-Annen-Kloster nicht zu gefährden. Die Stadt übernahm das Gebäude anschließend und nutzte es als Turnhalle. Die Kuppel wurde abgerissen und die Fassade zwischen 1939 und1941 komplett in eine einfache Ziegelfassade verändert. Der Innenraum blieb größtenteils unverändert bestehen. Soweit ich mal gehört habe, blieb während der NS-Zeit sogar ein Glasfenster mit Davidstern unbemerkt erhalten. Ob das wirklich stimmt, weiß ich aber nicht.

    Als ab 2014 über die Sanierung diskutiert wurde, stand auch die Option im Raum, den ursprünglichen maurischen Zustand samt Kuppel zu rekonstruieren. Es wurde dann aber (leider) doch entschieden, die Fassade aus der NS-Zeit beizubehalten - also noch ein Kuriosum. Immerhin wurden die Fenster im Gebetsraum nach historischen Vorlagen erneuert.

    Es folgen ein paar Bilder:

    HL_Damals_-_Synagoge.jpg

    Synagoge Lübeck 1904 (rechts). Quelle: Wikipedia, dort als "gemeinfrei" gekennzeichnet

    HL_Damals_%E2%80%93_Synagoge_%E2%80%93_Innen.JPG

    Synagoge Lübeck, Innenraum 1905. Quelle: Wikipedia, dort als "gemeinfrei" gekennzeichnet

    SynagogeL%C3%BCbeck.jpg

    Synagoge Lübeck 2007 mit der Fassade von 1939. Quelle: Wikipedia, Nutzer MrsMyerDE - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,File:SynagogeLübeck.jpg

    Auf der Projektseite des ausführenden Architekturbüros Schröder-Berkentien finden sich weitere interessante Informationen zur Sanierung, sowie diverse aktuelle Bilder der Fassade und vor allem des schönen Inneren.

    Die einzige Änderung an der Fassade ist offenbar die Wiederherstellung der im maurischen Bau vorhanden gewesenen drei Eingänge. Die Türen wirken in meinen Augen zu massiv und zu dunkel, aber hier spielen wohl auch Sicherheitsaspekte eine Rolle.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Auf ihrer Homepage sprechen Schröder-Berkentien von einer Rekonstruktionen des Gebäudes Fischstr. 17. Das Gebäude ist doch keine Rekonstruktion?


    "Dabei war es bauleitplanerisch möglich, die Fassaden der auf den ehemaligen Parzellen neu entstehenden Häuser neu zu gestalten ... oder aber nach Befunden ... zu rekonstruieren; - sozusagen als Alternative zu einer modernen Fassade. Hierzu hatten wir uns entschlossen. - Warum das denn, bitte? Der Begriff „Rekonstruktion“ löst bei vielen Menschen einen berechtigten Schrecken aus: soll doch dort etwas neu errichtet werden, wo zuvor etwas vergangen ist.

    Dass wir uns doch dazu entschieden, hatte mehrere Gründe:

    • die Fassade Fischstr. 17 war bis zu ihrer Zerstörung einer der schönsten unter den klassizistischen Fassaden der Lübecker Altstadt (errichtet ca. 1800);
    • die durch den Wettbewerb vorgeschlagene und zur Errichtung vorgesehene Fassade überzeugte uns nicht; denn diese musste sich u.E. an der zerstörten Fassade von ca. 1800 messen lassen..."
  • In Lübeck wird ab dem 16. 8 das alte markante Gasometer von 1954 abgerissen. Es stand zwar unter Denkmalschutz, doch unser Bürgermeister und Denkmalexperte Lindenau hat prompt den Denkmalschutz aufgehoben und den Abriss ermöglicht, weil ein Erhalt zu teuer gewesen wäre.

    Ungeachtet der baulichen Qualität des Gebäudes ist dies eine erneute schockierende Untergrabung des Denkmalschutzes seitens Lindenau (Bekannt ist ja auch seine Erlaubnis zum Abriss einens mittelalterlichen Kellers).

    https://www.google.com/amp/s/m.ln-onl…wird-abgerissen

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Gasometer_(L%C3%BCbeck)

    Lübeck, mein Lübeck, an der Waterkant
    Königin der Hanse, Perle am Ostseestrand.

  • Das kann ja wohl langsam nicht mehr wahr sein mit dem Typen! Stimmt das tatsächlich?

    Ich wohne da in der Nähe und sehe den oberen Teil aus dem Fenster.

    P.S.: Der Wikipedia-Link funktioniert nicht.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Bedauerlicherweise stimmt es. Dem Wikipedia Artikel ist dieser Abschnitt zu entnehmen:

    "...Im August 2021 hob Bürgermeister Jan Lindenau in seiner Eigenschaft als Oberster Denkmalpfleger der Stadt den Denkmalschutz auf, da der weitere Erhalt des ungenutzten Gasometers, dessen Sanierung Kalkulationen zufolge einen zweistelligen Millionenbetrag erfordert hätte und dessen bloße Unterhaltung pro Jahr rund 100.000 Euro kostete, für die Stadtwerke nicht zumutbar seien. Der Abbruch begann am 16. August."

    Lübeck, mein Lübeck, an der Waterkant
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  • Immer wieder bemerkenswert, wie viel Altbausubstanz in Lübeck noch vorhanden ist. Trotzdem hat mir die Stadt bei meinem letzten Besuch vor einem Jahr nicht zugesagt. Sie wirkte auf mich teilweise altbacken und v.a. im innersten Kern (Sandstr., Klingenberg, Breite Str.) gibt es mMn zu viele Bausünden. Der Bodenbelag und das Straßenmobiliar haben mir auch nicht zugesagt. Vielleicht hatte ich aber auch nur einen schlechten Tag.

  • ^

    Man traut es sich kaum zu sagen, aber mir ging es auch so. Das Zentrum ist mit dem vieler anderer Großstädte in der BRD zu vergleichen. Der Charme einer mittelalterlichen Handelsmetropole ist leider nicht mehr spürbar.

    Zumindest im Zentrum. Die vielen Gassen mit alten Wohnhäusern sind aber sehr sehenswert und versprühen eine tolle Atmosphäre.

    Hier ist mal ein Beispiel zum Straßenmobiliar, das Sonicted ansprach.

    Lübeck

  • Die Einschätzung kann ich überhaupt nicht nachvollziehen! Zwar gibt es im Bereich des Marktplatzes und Klingenberg schlimme Bausünden, die Altstadt ist aber riesig und gehört zu den wertvollsten in ganz Europa! Tausende Altstadthäuser, idyllische Gänge, wunderschöne Kirchen, Kloster und Stadttore. Dazu die lage am Fluss.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Die Einschätzung kann ich überhaupt nicht nachvollziehen! Zwar gibt es im Bereich des Marktplatzes und Klingenberg schlimme Bausünden, die Altstadt ist aber riesig und gehört zu den wertvollsten in ganz Europa! Tausende Altstadthäuser, idyllische Gänge, wunderschöne Kirchen, Kloster und Stadttore. Dazu die lage am Fluss.

    Stimmt schon. Aber für Besucher ist die Stadt ein wenig langweilig, mir fehlten auch schicke Cafés o.ä.

    Die Lage am Fluss ist schön, v.a. an der Obertrave südlich des Holstentors.

    Nördlich fällt der Blick auf das Radisson Blu und die Kongresshalle. Beides nicht wirklich schön

  • ich finde Lübeck per se sicherlich viel besser als so vieles, was in Westdeutschland leider so nimmermehr vorhanden ist und ich finde, dass man noch wahnsinnig viel aus der Stadt zukünftig herausholen kann! Gut, wer die zum Teil perfekt sanierten und auch ansonsten auch so herausgeputzten Städte Ostdeutschlands kennt, der wird immer etwas erstaunt darüber sein, dass im Westen hier viel Nachholbedarf besteht. Zumindest mir geht es regelmäßig so.

    Was mich aber immens störte, waren die - wie im Westen leider üblich - hässlichen Plastikfenster ohne Sprossen oder Unterteilungen sowie die teils rücksichtslos gestalteten EG Geschäftsportale. Das gibt manchen Straßenzügen in HL leider so einen fahlen 50er bis 70er Jahre Mief. Aber das kann man nachträglich immer noch ändern und das wird vielleicht auch irgendwann einmal passieren, was wunderbar wäre! Auch manche lieblos überasphaltierten Straßenbeläge über das vermutlich noch vorhandene Kopfsteinpflaster finde ich grottig, aber das fällt mir nur so nebenbei ein.

    Aber es gibt auch wirklich absolut wunderbare Ecken! Es kann eigentlich nur besser werden und der Wiederaufbau im Gründerviertel geht in die richtige Richtung! Ich mag HL!

    Aber da Plastik ohnedies gaga und Sondermüll ist, wird das bei Fenstern vielleicht eh einmal verboten werden :biggrin:!!!

  • Das Kaisertor habe ich mich auch angeschaut. Die Gegend hat Potential. Jede andere Stadt würde sich so ein erhaltenes Objekt wohl wünschen.






    Dieses Haus mit seiner interessanten Geschichte viel mir auch auf. Leider scheint sich da nix zu bewegen.




  • Man darf nicht vergessen, dass Lübeck eine wirtschaftlich nach westdeutschen Großstadtmaßtäben schwache Stadt ist. Sozioökonomisch eher mit Ruhrstädten zu vergleichen, das wird durch die weitgehend unzerstörte Altstadt immer etwas zugeschüttet, aber wirtschaftlich steht Lübeck für eine westdeutsche Großstadt atypisch schlecht da, hohe, zementierte Arbeitslosigkeit und viele Leistungsempfänger, wenig wirtschaftliche Dynamik, die Pendeldistanz nach Hamburg auch eher Fluch als Segen.

    Das sieht man der Stadt eben leider auch an, Plastikfenster, unpassende Ladeneinbauten, 70er-Charme in der Gastronomie. Letztlich die alte Geschichte Westdeutschlands mit Ausnahme des Südens, nur fällt es hier noch mehr auf, weil nicht auch alles andere hässlich und runtergekommen ist.

  • ich finde Lübeck per se sicherlich viel besser als so vieles, was in Westdeutschland leider so nimmermehr vorhanden ist und ich finde,

    Lübeck hatte insofern Glück, dass 1942 "nur" rund 20 Prozent der Stadt restlos zerstört wurde. In dieser Karte lässt sich das ganz gut erkennen. Insgesamt bietet die Stadt heute in vielen Bereichen ein großartiges und vollständiges historisches Bild, auch wenn in den zerstörten Bereichen natürlich vieles Neue verdammt schrottig und rücksichtslos gebaut wurde. Dabei schreckte man z.B. nicht davor zurück ein monströses Parkhaus neben ein gotisches Giebelhaus zu stellen (Große Petersgrube):

  • Lübeck hatte insofern Glück, dass 1942 "nur" rund 20 Prozent der Stadt restlos zerstört wurde. In dieser Karte lässt sich das ganz gut erkennen.

    Na, die Karte kommt aber nur sehr ungefähr hin. Da hat jemand beim Erstellen nicht wirklich Ahnung gehabt. Grob stimmt es, aber schon auf Anhieb sehe ich im Detail sehr viele Fehler. Beispiele: Die Häuser auf der Südseite des Klingenberg sind als Totalverlust 1942 eingezeichnet, wurden aber erst in den 1960ern für das heute noch stehende hässliche Bürohochhaus abgerissen. Totalverluste sind auch an der Südseite der Dankwartsgrube eingezeichnet. Die steht aber noch heute wie vor 1942, außer dass im westlichen Bereich einige Häuser schon in den 1930ern abgerissen wurden. Ich sehe noch mehr Fehler, aber das würde jetzt zu weit führen. Generell stimmt die Richtung im Plan aber wie gesagt. Fast alles, was dort als "leichte Schäden" eingezeichnet ist, existiert noch. Die mitteleren Schäden sind auch etwas zu großzügig eingezeichnet, z.B. an der Obertrave und an der unteren Mengstraße. Davon existiert auch noch das meiste.

    Allerdings muss der Vollständigkeit halber erwähnt werden, dass auch nach dem Krieg noch bis in die 1990er (Königpassage) sehr viel historische Bausubstanz abgerissen wurde. Wohl noch einmal geschätzt 5-10% zusätzlich zu den ca. 25% Kriegsverlusten. Wiederaufgebaut wurden leider nur die Kirchen und nicht einmal eine handvoll Häuser. Mir fallen da nur das Buddenbrookhaus und die Löwenapotheke ein, obwohl noch sehr viel mehr erhaltbar gewesen wäre.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Letztendlich handelt die Diskussion auch ein bisschen uber Geschmack. Allen gefällt halt nicht alles.

    Mir persöhnlich fehlt eine zentrale lebendige Altstadtplatz. Koberg könnte es sein aber die Platz nutzt man wirklich nicht aus. Grosse Burgstrasse wäre auch schön als Fussgängerzone.

    In Norddeutschland gibt es mit Luneburg, Wismar, Stralsund und Stade schon einige schöne hanseatische Altstädten aber Lubecks Gassen und Gängen sind die grössten und schönsten ihre Art.

    Ubrigens Heinzer hat die Ökonomische Lage die Stadt angesprochen aber ich war neulich in Kaufbeuren und Landsberg im Suden - glaubt nicht dass dort die Altstadtumgang besser sei. Irgendwann lade ich die Fotos hoch.