• Es scheint hinter den Kulissen leider nach wie vor ein unsägliches Hickhack zu geben, wie man genau vorgehen soll.

    Gerade am 24.10.2018 stand zu dem Thema ein Artikel in den Lübecker Nachrichten.

    Da ist zu lesen, dass es laut Eigentümer keinen neuen Stand gibt. Im nächsten Absatz steht dann andererseits, dass man sich laut BIRL wohl inzwischen darauf geeinigt hat, die noch stehenden Reste zu erhalten. Merkwürdige Einigung, wenn jeder etwas anderes sagt...
    Weiterhin ist auch diesmal wieder nichts konkretes zu erfahren - weder zum Aussehen des wiederaufgebauten Hauses noch zu irgendeinem Zeitplan. Ich befürchte auch, dass der nahende Winter weitere Schäden verursachen wird. Einfach schlimm, dass man nach mittlerweile eineinhalb Jahren seit dem Brand offensichtlich immer noch nicht signifikant weitergekommen ist und wohl auch noch nicht einmal die bestehenden Reste dokumentiert hat. :kopfschuetteln:

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Aktuelle Grundrisse des Lübecker Rathauses gesucht

    Mir sei bitte die folgende Frage erlaubt: Verfügt hier jemand über Grundrisse des Rathauses (alle Etagen), welche den Bauzustand nach Einrichtung des Bürgerschaftssaals und des großen Treppenhauses zeigen. Es geht mir also um Pläne ,anhand derer man Innenansichten des Rathauses korrekt zuordnen kann. Auch Grundrisse von Kanzleiflügel, Langem Haus und Kriegsstubenbau wären hilfreich.

  • Lieber Pagentorn,

    ich kann mit einem Grundriss des Erdgeschosses nach dem neugotischen Umbau (um 1890) dienen. Vom Obergeschoss habe ich leider nur den alten Grundriss von 1800. Habe jetzt einige Zeit in meinen Büchern und im Internet gesucht, aber vom Obergeschoss leider keinen aktuellen Grundriss gefunden. Falls Sie also am EG-Grundriss interessiert sind, könnte ich Ihnen den einscannen und mailen. Da ich nicht weiß, ob er noch dem Urheberrecht unterliegt (das betreffende Buch ist von 1974), möchte ich ihn hier lieber nicht einstellen.

    Gerne bin ich auch bei der Lagebestimmung Ihrer Bilder behilflich, soweit möglich.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Figurentheater und -Museum am Kolk - überarbeiteter Entwurf

    In der Sitzung des Gestaltungsbeirats am 21. Februar wurde der überarbeitete Entwurf für das Figurentheater/Museum durch Architekt Konermann vorgestellt. Leider bin ich nicht eher dazu gekommen, diesen ausführlichen Bericht zu schreiben, aber ich wollte das auch nicht unter den Tisch fallen lassen, dazu ist es dann doch zu wichtig.
    Das Architekturbüro Konermann/Siegmund hatte ja Ende 2017 den Wettbewerb gewonnen, ich berichtete seinerzeit in diesem Beitrag.

    Zur Erinnerung hier trotzdem noch einmal kurz der unter den vier Teilnehmern gekürte Siegerentwurf:

    Konermann_Siegmund-Kolk.jpeg
    Abb.1: Ansicht Kolk 14-20 (von rechts), Erstentwurf Wettbewerb, Konermann Siegmund

    Konermann_Siegmund-Kl-Petersgrube.jpeg
    Abb.2: Ansicht Kleine Petersgrube, Erstentwurf Wettbewerb, Konermann Siegmund

    Herr Konermann erklärte zum überarbeiteten Entwurf in entwaffnender Ehrlichkeit zunächst, dass er die Ansicht vom höhergelegenen Kirchhof bei der Erstellung des Wettbewerbsentwurfs leider überhaupt nicht auf der Rechnung gehabt habe und dass er zugeben müsse, dass der Entwurf zu niedrig ausgefallen sei und so vom Kirchhof aus ein Loch in der Randbebauung entstünde. Genau das hatte ich in meinem Beitrag auch als einen der Hauptkritikpunkte angeführt. Ich frage mich nur, warum mir als Laien das sofort auffällt, aber einem in Lübeck ansäßigen Architekten nicht.

    Als zweiten Punkt, der ihn zur jetzigen Überarbeitung bewegte, führte er an, dass er zunächst dachte, dass seine Rundbogenfassade etwas tolles neues sei, er aber nach dem Verriss durch einen "bekannten Lübecker Architekturkritiker" erkannt habe, dass es so etwas in Lübeck wohl doch schon einmal gab. Die Anspielung bezog sich auf diesen Artikel.

    Zudem waren erhebliche Umplanungen nötig, da die Denkmalpflege seine diversen und großzügig geplanten Durchbrüche durch die historischen Brandmauern zwischen den Häusern nicht genehmigte. Da fässt man sich doch an den Kopf. Wie kann man als Fachmann so etwas planen? Es ist doch allgemein bekannt, dass insbesondere die Brandmauern zum Welterbe gehören und als älteste aufrecht stehende Teile der Altstadt, da sie auch bei Hausneubauten nie abgerissen werden konnten, besonders geschützt sind! Es ist nicht zu fassen. :kopfschuetteln:


    Danach zeigte er den neuen Entwurf, über den auch ich hier berichte:

    figurentheater-0132jg9.jpg
    Abb.3: Die zum Projekt gehörenden historischen Häuser. Noch nicht eingefärbt ist das erst kürzlich für das Projekt angekaufte oberste Haus in der Pagönnienstraße; das ist das kleine mit dem hellen Dach links neben dem obersten eingefärbten Haus Kolk 14. Rechts oben St. Petri mit höherliegendem Kirchhof, links oben der schreckliche Bau von Karstadt Sport aus den 1960ern, das die südöstliche Holstenstraße, den vorderen Kolk und die nördliche Seite der Pagönnienstraße zerstört. Das große weiße Haus Kolk 18 in der Mitte soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden.


    Nun zur Vorstellung des Entwurfs von Norden nach Süden:

    figurentheater-05dekxs.jpg
    Abb.4: Ansicht Pagönnienstraße. In der Bildmitte der Ersatzbau (soll wohl ein Treppenhaus zur Erschließung enthalten) für das o.g. kürzlich angekaufte Haus. Damit könnte ich trotz der destruktiven Befensterung noch ganz gut leben, es kommt aber - wie gleich folgt - noch viel schlimmer. Links die enge Gasse "Kolk" mit der Backsteinmauer zum ca. 10m höher liegenden Petrikirchhof.


    figurentheater-08aikf8.jpg
    Abb.5: Hier kommt das neue "Prachtstück" Kolk 18 (Bildmitte): Ein völlig neuer Entwurf. Zum Kolk hin eine ungegliederte, monotone, geschlossene und abweisende Backsteinwand, hinter der der Bühnensaal des Figurentheaters mit 100 Zuschauerplätzen steckt. Sockel und Giebel durch rundbogige Öffnungen weit aufgerissen. Im Keller ein hoher Ausstellungsraum des Museums im Dachgeschoss die Probenbühne des Theaters. Einfach nur schlimm.
    Immerhin auch etwas sehr positives: Im Gegensatz zum Wettbewerbsentwurf soll nun offensichtlich beim Haus Kolk 14 (rechts) die historischen EG-Gliederung mit dem gotischen Portal und den beiden großen Dornsenfenstern wiederhergestellt werden, was sehr begrüßenswert ist. Vielleicht kann man die "toten" Glastüren noch durch etwas passenderes, strukturiertes geschlosseneres ersetzen.


    figurentheater-09tijkp.jpg
    Abb.6: Die neue Ansicht vom Kirchhof aus. Immerhin hat der neue Entwurf nun eine brauchbare Höhe. Der alte lugte nur ganz knapp über die Mauer. Vom Kirchhof aus soll man bei den Theaterproben zuschauen können. Wie toll! :kopfschuetteln:
    Rechts die Hand des Schöpfers.


    figurentheater-07x2kgb.jpg
    Abb.7: Ansicht Kleine Petersgrube Nordseite. Auch hier wird´s leider nicht viel besser. Im Mittelteil immerhin eine Fassadengliederung, aber im EG eine noch größere Öffnung und oben eine unpassende, weil zu flache Dachneigung. Dadurch wirkt der Baukörper sehr unproportioniert und der Höhenversprung zu den historischen Kleinhäusern zu heftig.
    Auf diesem Bild ebenfalls zu sehen ist der seit neuestem geplante Tunnel unterhalb der Kleinen Petersgrube, der die beiden Teils des Komplexes verbinden soll. Auch der bereitet mir Bauchschmerzen. Ich frage mich, wie das überhaupt möglich ist, öffentliches Gelände - zumal in einem Bodendenkmal - zu unterbauen, wenn man weiß, wie schwer es schon ist auch nur ein winziges Glasfaserkabel unter einer öffentlichen Straße hindurch in einem Vorort genehmigt zu bekommen - fast unmöglich.

    Die Fassaden der Neubauten sollen übrigens komplett mit Abbruchsteinen verkleidet werden, so dass zusammen mit den Altbauten ein Bild wie aus einem Guss entsteht. Ich frage mich allerdings, wo man so viel historisches Mauerwerk abreißen will, um derart viele Steine zu bekommen? ?( Hört sich gar nicht gut an.


    figurentheater-02n8kvz.jpg
    Abb.8: Ansicht Kleine Petersgrube Südseite. Das Haus Kolk 20 soll vollständig entkernt und mit einem Haus- in Haus-Prinzip neu aufgebaut werden. Das äußere Erscheinungsbild soll sich nicht groß ändern. Hoffentlich wird das neue Dach dann in alter Optik mit S-Pfannen gedeckt und nicht modern mit flachen Schindeln. Unschön auf dieser Visualisierung, dass die kleinteilig gegliederten Fenster offenbar durch deutlich großformatigere Teilungen ersetzt werden sollen. Hoffentlich besinnt man sich da noch eines besseren.


    figurentheater-048ok4x.jpg
    Abb.9: Schnitt durch den Komplex von Westen gesehen. Auch die Rückseite des Neubaus ist komplett geschlossen. Wie aufregend! :kopfschuetteln:


    figurentheater-10k8k7t.jpg
    Abb.10: Hier noch die Ansicht aus Richtung Großer Petersgrube. Das Foto ist mir leider ziemlich unscharf geraten.
    Die geschlossene Backsteinwand des Neubaus wurde als sehr gut korrespondierend mit der gegenüberliegenden hohen Kirchhofmauer hervorgehoben. Ich dagegen sage voraus, das zwei sich in nur ca. 4m Abstand gegenüberstehende relativ dunkle 10-15m hohe geschlossene Ziegelwände schlicht erdrückend wirken werden. Der jetzige hell verputzte Altbau dagegen sorgt trotz seiner Größe für Aufhellung und Auflockerung. Ich bin also hier auch mit der Materialwahl überhaupt nicht glücklich.

    Der Beirat warf ein, dass die Straße ja derart schmal sein, dass man die Ansicht wie auf dem obigen Bild in der Realität gar nicht sehen könnte. Zudem springe der Neubau etwas zurück und sei aus Richtung Holstenstraße ja überhaupt nicht zu sehen.
    Da fragt man sich: Was ist das für ein Entwurf, bei dem man sich freut, dass er aus verschiedenen Richtungen gar nicht zu sehen ist? :kopfschuetteln:

    Die geschlossene ungestaltete Giebelwand, für die man m.E. nach nicht Architektur studiert haben muss, fand man offensichtlich gut, eine Frage aus dem Publikum nach zumindest irgendeiner Gestaltung - und sei es nur durch unterschiedlich eingetiefte Steine - wurde abgewürgt, aber an den großen runden Öffnungen im EG störte man sich gewaltig. Der Beirat forderte, dass das Gebäude geerdet werden müsse, ein geschlossenerer Sockel müsse her. Tja, am besten da auch noch einfach alles zumauern, dass passt´s schon. :kopfschuetteln:


    20190224_1418091kkhc.jpg
    Abb.11: Hier übrigens die aktuelle Ansicht aus der gleichen Perspektive wie in der Visualisierung in Abb.10. Wie man sieht, lag der Beirat falsch. Natürlich wird man den Neubau von hier komplett sehen können. Sehr schade um das jetzige, sich perfekt einfügende Haus. Was hätte man da in Zeiten der Wohnraumnot für schöne Wohnungen einbauen können!


    Zum Schluss noch ein paar weiter Fotos vom jetzigen Zustand, damit sich jeder selbst ein vergleichendes Bild machen kann:

    20190224_1422591rj0q.jpg
    Abb.12: Ecke Kolk/Pagönnienstraße. Das kleine Haus rechts wird abgerissen und durch den auf Abb.4 zu sehenden Neubau ersetzt. Ist zwar keine wirklich historische, aber sehr passende historisierende Fassade. Mit schönen geteilten Fenstern hätte man da etwas sehr passables draus machen können. Wie man sieht, wird der Neubau Kolk 18 von hier aus tatsächlich nicht zu sehen sein. Das jetzige große helle Haus, ist ebenfalls nicht zu erblicken, da es leicht zurückspringt.


    20190224_14222354kid.jpg
    Abb.13: Kolk 14-20 etwas näher. Rechts das EG von Kolk 14. Hier soll laut Visualisierung erfreulicherweise die entstellende Umbausituation rückgängig gemacht und das gotische Portal wiederhergestellt werden. Geringe Reste davon sind rechts über dem jetzigen Eingang noch zu erkennen.


    20190224_14212193knx.jpg
    Abb.14: Kolk 20/Ecke Kleine Petersgrube wird komplett entkernt, enthält aber wohl auch so gut wie keine historische Bausubstanz mehr. Sogar Vordergiebel ist übrigens und erstaunlicherweise ein Neubau (sogar eine Reko?) aus den 1980er Jahren. Laut Visualisierung sollen die schönen historisierenden Fenster an der Kleinen Petersgrube durch grobe moderne ersetzt werden. Bitte nicht!!!


    Abschließend bleiben die Fragen:
    Wozu überhaupt ein Wettbewerb, wenn danach irgendein ganz anderer Entwurf gebaut wird? Oder anders ausgedrückt: Warum wählt man einen Siegerentwurf aus, lässt ihn dann aber so stark überarbeiten, dass er mit dem ausgewählten absolut nichts mehr gemein hat? Warum darf der Architekt des Siegerentwurfs einfach irgendetwas anderes bauen, anstatt dass dann der zweitplatzierte (der übrigens im Bestand bauen wollte) zum Zuge kommt? Ist das zulässig? Sollte man den Wettbewerb nicht als Farce bezeichnen?

    Warum muss man ausgerechnet hier einen so erheblichen Eingriff vornehmen? Die beiden Blöcke zwischen Pagönnienstraße und Großer Petersgrube gehören zu den letzten fast komplett historischen der Altstadt. Muss man nun unbedingt auch noch hier einen Keil in Form eines modernen Klotzes hineintreiben? Was sagt die UNESCO dazu? Immerhin sind wir hier direkt im Welterbe-Kerngebiet.

    Und nicht zuletzt: Wieso finanziert die Possehlstiftung, die in ihrer Satzung als allerersten Punkt im Stiftungszweck angibt:

    Zitat

    $2, Absatz 1, Punkt a:
    das schöne Bild und die öffentlichen Anlagen der Stadt zu erhalten, insbesondere das Erscheinungsbild der Hansestadt Lübeck als Weltkulturerbe

    immer wieder mit teilweise zweistelligen Millionenbeträgen, mit denen man andernorts wirklich erheblich zur Verschönerung der Altstadt beitragen könnte, solche modernen, in meinen Augen dem Satzungzweck zuwiderlaufenden Verunstaltungen in der Altstadt (Kunsthalle St. Annen, Europäisches Hansemuseum, Figurentheatermuseum)?


    Alle Visualisierungen Konermann Siegmund Architekten, von mir fotografiert, alle Fotos von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (19. Juni 2023 um 21:14) aus folgendem Grund: 2 Bilder wiederhergestellt

  • Vielen Dank frank1204, für diesen ausführlichen Beitrag.

    (...) Warum wählt man einen Siegerentwurf aus, lässt ihn dann aber so stark überarbeiten, dass er mit dem ausgewählten absolut nichts mehr gemein hat? (...)

    Genau diese Frage habe ich mir auch gestellt.

    Vielleicht sollten wir demnächst auch immer einen Architekten in die Wettbewerbe schicken, der einen total modernen und kontrastreichen Entwurf abliefert. Bei der späteren Überarbeitung kann er dann, ganz nach Belieben, auch völlig klassisch umgestaltet werden. - Denn gewonnen ist gewonnen! Zumindest kommt das hier tatsächlich so rüber.

    Da fand ich den Entwurf VOR der Überarbeitung noch besser. Hätte halt nur etwas höher sein müssen. Jetzt ist er wirklich plump. Die Wiederherstellung des gotischen Portals, ist dagegen echt erfreulich.

  • Adlersaal

    Im Obergeschoß des Kanzlei-Gebäudes des Rathauses gibt es einen Saal, dessen Gewölbe - nach meinen Informationen in den 1930er Jahren - mit fast allen im Laufe der Jahrhunderte vom Hohen Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert Verwendung gefunden habenden Variationen des Reichsadlers bemalt wurden. Kann mir Jemand etwas über den Künstler und den Anlaß der Ausmalung sagen ? Ich hoffe natürlich auf die Expertise von frank1204...

    Könnte es sein, daß die Ausmalung im Zusammenhang mit dem drohenden Verlust der 'Reichsunmittelbarkeit' und dem Aufgehen der Stadt in Preußen in Verbindung steht, einem politischer Vorgang, der ja später im sog. 'Tor der Hoffnung' im Stadtteil St. Gertrud seinen baulichen Niederschlag finden sollte ?

  • Im Buch "Bau- und Kunstdenkmäler Lübeck, Band I, Teil 2 - Rathaus und öffentliche Gebäude", findet sich auf Seite 299 folgende Information:

    Zitat

    Im Obergeschoß [des Kanzleigebäudes (Anm. von mir)] sind nur noch zwei Räume aus der Zeit des Neubaus von 1614 erhalten: der früher einen Teil des Archivs (…) bildende gewölbte Saal und die ehemalige Große Kommissionsstube.

    Der ehemalige Archivsaal (…) ist der einzige überwölbte Raum des Obergeschosses. (…)

    Die Wände und die Gewölbe des Saales haben 1938/39 einen einheitlichen weißen Anstrich erhalten, auf dem in den Gewölbekappen der Reichsadler in seinen historischen Abwandlungen nach dem Entwurf von Asmus Jessen gemalt ist.


    Wikipedia weiß ergänzend dazu:

    Zitat

    In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Kanzleigebäude renoviert. Dabei entstand der von Asmus Jessen gestaltete Klinker-Fußboden sowie 1939 die Ausmalung eines Saals im Obergeschoss mit Adlermotiven (Adlersaal) durch Peter Thienhaus.


    Ob die Adler-Ausmalung im Zusammenhang mit dem Verlust der durch Kaiser Friedrich II 1226 eigentlich auf ewig garantierten Reichsfreiheit durch das Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 zu sehen ist, vermag ich leider nicht zu sagen. Es ist aber eine interessante Frage.


    Einen bebilderten Beitrag mit Fotos zum Kanzleigebäude - u.a. auch vom Adlersaal - hatte ich übrigens vor einiger Zeit im Strang "Lübeck - Galerie" erstellt.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Lieber frank1204,

    wie immer konnte man sich auch diesmal auf Ihre profunden Kenntnisse verlassen !

    Rote Ohren bekam ich allerdings, als ich die Fundstelle zu Asmus Jessen las, denn natürlich ist der Band, in dem diese enthalten ist, auch in meinem Bücherregal vorhanden. Ich hätte somit nur einmal dieses schöne Erzeugnis aus dem Hause Schmidt-Römhild zur Hand nehmen müssen und Sie nicht inkommodieren zu brauchen ! Peinlich, peinlich -gerade auch für den Sohn eines Katharineers...

  • Die Einstellung des Investors, den Neubau behutsam in die Altstadt einpassen zu wollen und die Nutzung danach zu richten, hört sich überaus positiv an! Wenn es tatsächlich gelingt, diese 60er-Jahre Bausünde durch eine Bebauung zu ersetzen, die sich an historische Kubatur und Baufluchten annähert - insbesondere auch an den einst schmalen Gassen Kolk und Pagönnienstraße, kann das ein sehr schönes Stück Stadtreparatur werden - zumal in Sichtweite des Lübecker Wahrzeichens, dem Holstentor.

    Allerdings: Das Grundstück liegt nicht im Gründungsviertel. Es wäre daher schön, wenn ein Moderator diesen und den vorigen Beitrag in den Strang "Lübeck" verschieben könnte.

    Moderationshinweis: Erledigt [Centralbahnhof]

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  • Hier übrigens ein Bild des vornehmen Jugendstil-Vorgängerbaus des Architekten Otto Engler, der 1907 die mittelalterliche Bebauung Holstenstraße 25-33 ersetzte. Dieses "Holstenhaus" überstand den Krieg und wurde erst 1965 für den jetzigen schlimmen Kasten abgerissen - verstehe das wer will... :kopfschuetteln:
    Vielleicht ein Reko-Kandidat? :D

    Quelle: Wikipedia, dort als "vermutlich gemeinfrei" eingestuft.

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  • Herrlich! Für mich ist Karstadt Sport die schlimmste Bausünde der Lübecker Altstadt.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Entwicklung "Karstadt Sport"

    In der Gestaltungsbeiratssitzung am 19.9.2019 wurde eine erste Studie zur Neubebauung des Karstadt-Sport-Grundstücks zwischen Holstenstraße, Kolk und Pagönnienstraße vorgestellt. Um es vorwegzunehmen: Eine sehr erfreuliche Entwicklung in Richtung Stadtreparatur!

    Der Investor, die Procom Invest GmbH aus Hamburg wartete mit der Einstellung auf, dass ihm hier die behutsame Stadtreparatur das wichtigste sei. Man wolle daher bei der Neubebauung Bezug nehmen auf die noch vorhandene umgebende historische Bebauung, sowie sich an den historischen Stadtgrundriss annähern und die aufgeweiteten Gassen Kolk und Pagönnienstraße wieder soweit möglich zurückbauen. Die Nutzung stehe noch nicht fest, dabei wolle man sich nach dem richten, was in der zu beschließenden Neubau-Kubatur möglich sein wird. Eine Einstellung, die man von einem normalerweise auf Gewinnmaximierung bedachten Investoren nicht kennt, und die mir daher zunächst suspekt bzw. unglaubwürdig vorkam. Die dann von den Architekten Peter+Paschen vorgestellte hervorragende Studie räumte mein Vorurteil dann aber gänzlich aus.

    Hier einige der Folien aus der Sitzung:


    Abb.1: Studie Karstadt Sport (Peter + Paschen GmbH), Ansicht Holstenstraße



    Abb.2: Studie Karstadt Sport (Peter + Paschen GmbH), Ansicht Kolk. Links ein Teil des Komplexes des Figurentheatermuseums, das in Kürze um- bzw. neugebaut wird - das ganz linke Haus wird abgerissen und durch einen monolithischen Theaterbau ersetzt - ich berichtete weiter oben. Ganz rechts im Anschnitt ist das berühmte Holstentor zu sehen.



    Abb.3: Studie Karstadt Sport (Peter + Paschen GmbH), Ansicht Pagönnienstraße. Rechts im Anschnitt die mächtige backsteinerne Stützmauer vor der Petrikirche, ganz links die Häuser an der Obertrave.



    Abb.4: Studie Karstadt Sport (Peter + Paschen GmbH), Schrägansichten. Links von Südost, rechts von Nordwest. Die Neubebauung passt sich sehr gut in die historische Struktur ein.



    Abb.5: Studie Karstadt Sport (Peter + Paschen GmbH), Draufsicht.

    Es gibt aber auch bei dieser hervorragenden Planung ein paar Kritikpunkte: Der momentane Grundstückszuschnitt (leider etwas schlecht zu erkennen an der rot gestrichelten Linie) lässt eine vollständige Stadtreparatur leider nicht zu: Zum gründerzeitlichen Nachbarhaus an der Holstenstraße klafft eine wohl knapp 2m breite Lücke. Wann und warum dieser Streifen dem Nachbargrundstück zugeschlagen wurde, ist mir unbekannt - es kann erst nach 1965 gewesen sein. Es wäre schön, wenn man diesen Streifen noch zusätzlich wieder erwerben könnte, um den Neubau direkt an das Nachbarhaus anschließen zu können und die unschöne ahistorische und zugige Lücke im Blockrand zu beseitigen. Falls hier irgendwelche Wegerechte existieren sollten, könnte man ja im EG einen Durchgang schaffen. Allerdings glaube ich das nicht, da die Lücke seit jeher mit einem hohen, dichten Zaun verschlossen ist - ich habe da noch nie jemanden durchgehen sehen.
    Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass - dem momentanen Grundstückszuschnitt geschuldet - die Krümmung der Straße Kolk nicht wieder aufgenommen werden kann. Und nicht zuletzt bleibt im unteren Bereich der Pagönnienstraße eine Lücke zur Erschließung des Neubaukomplexes. Aber das ist jetzt "Jammern auf hohem Niveau".

    Weitere Informationen: An der Höhe der Neubauten orientierte man sich jeweils an der noch vorhandenen historischen Bebauung an den Ecken. Dem Beirat ist das aber insbesondere in der Pagönnienstraße zu hoch, da die Eckgebäude höher als die Häuser in der Mitte sind. zudem sollte die Bebauung in Kolk und Pagönnienstraße wie die gegenüberliegenden historischen Häuser traufständig sein. So viele Giebel hätten hier keine Begründung. Und auch an der Holstenstraße wäre ein länglicher traufständiger Riegel, wie das vormalige Jugendstil-Kaufhaus evtl. besser...

    Frau Prof. Barz-Malfatti regte noch an, an der Ecke Kolk/Pagönnienstraße doch einen kleinen Platz entstehen zu lassen. Dem kann ich überhaupt nicht zustimmen. Die Straßen sind da - wie oben beschrieben - ohnehin schon zu breit. Durch eine zusätzliche Aufweitung wird die geplante Stadtreparatur unterlaufen. Die mittelalterliche Stadt bestand nun einmal aus einem Gegensatz von vielen engen Gassen und nur einigen wenigen freien Plätzen. Kleine Plätze an jeder Ecke, die die Blockkanten/-ecken auflösen, helfen da nun wirklich nicht weiter.

    Alles in allem aber eine sehr gute Sache, besonders, wenn man den jetzigen katastrophalen Zustand des Bereichs kennt. Ich poste gleich einen weiteren Beitrag mit Fotos dazu, da man ja nicht mehr als 10 an einen anhängen kann. Ich bin sehr gespannt, wie es hier weitergeht.


    Alle Fotos von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (24. September 2019 um 10:50)

  • "Karstadt-Sport" momentane Situation

    Abb.1: "Karstadt sports", Ansicht Holstenstraße. Der Investor möchte das offene EG zum Glück wieder schließen und damit die historische Bauflucht wiederherstellen.



    Abb.2: Die beschriebene sinnlose ahistorische und zugige Lücke, die laut Studie leider bleibt, weil der Streifen nicht mehr zum Grundstück gehört. Ich hoffe, dass sich hier noch eine bessere Lösung findet.



    Abb.3: An der Holstenstraße ein wildes Sammelsurium aus gotischer Kirche, Baulücke. Jugendstil und 60-Jahre-Bausünde. Es wäre schön, wenn auch die links zu sehende Bombenlücke endlich mal geschlossen werden könnte. Dabei darf man dann gerne das im EG zu sehende noch vorhanden Jugendstilornament des zerstörten Hauses erhalten! Ehrlich gesagt ist es mir unerklärlich, wie man ein Grundstück in 1a-Lage über viele Jahrzehnte hinweg fast unbebaut lassen kann. Genau gegenüber, an der Ecke zur Lederstraße gibt es noch so einen Fall.



    Abb.4: Blick von der Holstenstraße in die Gasse "Kolk". Rechts Karstadt Sport. Der Neubau wird wohl/hoffentlich bis an die im Pflaster zu sehende Linie heranrücken. Hinten die Häuser des Figurentheatermuseums. Die Straße ist dort wegen des beginnenden Umbaus bereits abgesperrt.



    Abb.5: Blick durch den Kolk von der Ecke Pagönnienstraße in Richtung Holstenstraße. Rechts die mächtige Stützmauer des einige Meter höher gelegenen Pertikirchhofs. Links Karstadt Sport, ganz hinten ist noch der Neubau Alfstraße 27 im Gründungsviertel zu sehen.



    Abb.6: Blick vom Kolk in die Pagönnienstraße in Richtung Obertrave. Links noch die historische Bebauung, rechts Karstadt Sport mit einer Hinterhofsituation der übelsten Sorte - und das mitten im historischen Weltkulturerbe. Auch hier wird die Neubebauung wohl bis zu der Linie im Pflaster heranrücken. Zu der historischen Straßenflucht wird da dann aber immer noch ein guter Meter fehlen.



    Abb.7: Blick auf die Rückseite von Karstadt Sport von der Pagönnienstraße aus gesehen. Wie @Däne schrieb, ist das wohl tatsächlich die schlimmste noch existierende Bausünde in der Lübecker Altstadt. Wer wollte da widersprechen?


    Abb.8: Ähnlicher Blick mit St. Petri und historischer Südseite der Pagönnienstraße

    Alle Fotos von mir vom 19.9.2019

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Man sieht es immer wieder: Dort, wo noch viel "da ist", wird Neubebauung allen Unkenrufen zum Trotz häufig deutlich stadtbildverträglicher. In Städten oder Innenstadtbereichen, die ohnehin vom Nachkriegsmodernismus entstellt wurden, wird für gewöhnlich weiter verschlimmbessert. Der teufel k...t also immer auf den größten Haufen ;).

    Lübeck kann sich glücklich schätzen, auch wenn weniger als erwünscht rekonstruiert wird und man durchaus legitime Kritik an der Gestaltung einzelner Fassaden im Gründerviertel üben kann, ist dort in den letzten Jahren wirklich viel zum Positiven passiert, das Gründerviertel, dieser Hotelneubau und nun der Abriss des Karstadts? Von so etwas können viele Städte nur träumen!

    Ich hoffe ja immer auf die Strahlkraft solcher Maßnahmen, auf dass etwas vom hanseatischen Glanze Lübecks auf die verhunzte Bremer "Alt"stadt abfärben möge... bin aber im Moment skeptischer denn je.

    Einmal editiert, zuletzt von Heinzer (24. September 2019 um 17:20) aus folgendem Grund: Wer nicht weiß, dass das das, das das erste Wort im Relativsatz ist, mit ß/ss geschrieben wird, dem ist nicht zu helfen.

  • Neuapostolische Kirche, Böttcherstraße/Bierspünderstraße/Ellerbrook

    Man sieht es immer wieder: Dort, wo noch viel "da ist", wird Neubebauung allen Unkenrufen zum Trotz häufig deutlich stadtbildverträglicher. In Städten oder Innenstadtbereichen, die ohnehin vom Nachkriegsmodernismus entstellt wurden, wird für gewöhnlich weiter verschlimmbessert.

    Oder kurz ausgedrückt: Ist die Stadt erst ruiniert, baut sich´s völlig ungeniert! Dass es aber auch positive Ausnahmen gibt, zeigen beispielsweise Frankfurt und Dresden ganz erfreulich. Wo nichts mehr war, gibt es nun mehr Rekos als anderswo.

    Lübeck kann sich glücklich schätzen, auch wenn weniger als erwünscht rekonstruiert wird und man durchaus legitime Kritik an der Gestaltung einzelner Fassaden im Gründerviertel üben kann, ist dort in den letzten Jahren wirklich viel zum Positiven passiert, das Gründerviertel, dieser Hotelneubau und nun der Abriss des Karstadts? Von so etwas können viele Städte nur träumen!

    Ja, momentan entsteht in Lübeck offenbar eine richtige Welle an Stadtreparaturen, was mich momentan sehr positiv stimmt. In der Gestaltungsbeiratssitzung am 19.9.2019 wurde nämlich noch ein weiteres geplantes Projekt, ähnlich wie das von Karstadt Sport, vorgestellt, das die momentan städtebaulich sehr unbefriedigende Situation an Böttcherstraße, Bierspünderstraße und der Straße Ellerbrook in der nordwestlichen Altstadt in der Nähe der Fischergrube heilen soll.

    Auch in diesem Bereich tobte der Bombenkrieg und riss große Lücken in die historische Blockbebauung. Betroffen waren neben den großen Häusern an der nahen Fischergrube vor allem auch die Kleinhäuser in der Böttcherstraße und dem Ellerbrook, sowie die Gangbebauung im Blockbinnenbereich.

    Nach dem Krieg kaufte die Neuapostolische Gemeinde große Teile des Baublocks und errichtete dort ihre Kirche. Leider wurde dabei der historische Stadtgrundriss komplett missachtet und die Kirche ziemlich willkürlich mitten auf das Grundstück "gepflanzt". Dadurch wurde ein Wiederherstellung der historischen Straßenverläufe verunmöglicht. Zudem wurde als Verbindung zwischen Böttcherstraße und Ellerbrook die neue Bierspünderstraße angelegt, die ihren Namen von einem vormals dort liegenden Wohngang erhielt. Diese eigentlich überflüssige Straße wird heute hauptsächlich zum Parken genutzt.

    Die Stadtreparatur wird nun möglich, weil die Neuapostolische Gemeinde den jetzigen Kirchenbau aufgeben und sich verkleinern möchte. Die Kirche ist für die schrumpfende Gemeinde zu groß geworden und zudem wohl stark sanierungsbedürftig. Man möchte auf dem Grundstück daher einen kleineren Kirchenbau und Wohnbebauung zwecks Mieteinnahmen errichten.

    So, nach dem ganzen Erläuterungen kommen natürlich auch Bilder. Da ich gerade keine eigenen Fotos zu Hand habe (ich reiche irgendwann mal welche nach), wird @Apollo wohl nichts dagegen haben, dass ich zwei aus seinen Berichten im Strang Lübeck (Galerie) verwende:



    Abb.1: Die Neuapostolische Kirche - im Vordergrund die zugeparkte Bierspünderstraße (Foto: Apollo).
    Diese Kirche ist eigentlich kein schlechter Bau, steht aber völlig verquer auf dem historischen Stadtgrundriss und soll nun weichen.



    Abb.2: Der Blick etwas weiter nach links gedreht: Die Reste der historischen, im Kern mittelalterlichen Bebauung an der Böttcherstraße - in diesem Teil sehr schön saniert. Rechts biegt die Bierspünderstraße ein. Im Hintergrund sieht man die Fischergrube. (Foto: Apollo)


    Die weiteren Bilder habe ich in der Sitzung des Gestaltungsbeirats aus dem Vortrag des Architekturbüros Riemann selbst fotografiert:


    Abb.3: Das betreffende Gebiet, Ansicht von oben. Unten die Beckergrube, oben die Fischergrube. Das Grundstück mit Kirche und Bierspünderstraße habe rot umrandet.


    Abb.4: Das Gebiet in Schrägansicht von Westen. Hier wird die Situation deutlicher: Die fehlende Bebauung an Böttcherstraße (unten) und Ellerbrook (oben) kann durch die alles blockierende Lage der Kirche und die Bierspünderstraße nicht wiederhergestellt werden. Das Gebiet wirkt wie eine städtebauliche Brache. Die rote Umrandung ist wieder von mir.


    Abb.5: Die Situation noch deutlicher im Katasterplan. Ein Problem ist noch der Garagenhof auf der Parzelle 35/7, für den die Zufahrt garantiert werden muss (wohl dann vom Ellerbrook aus am Spielplatz vorbei). Letzterer soll - als einer der wenigen in der Altstadt bestehen bleiben. Das ist für die Kinder natürlich schön, aus städtebaulicher Sicht aber ein großes Manko. Schöner wären eine durchgehende Bebauung am Ellerbrook und ein Spielplatz im Innenhof. Vielleicht findet sich da ja noch eine Lösung...



    Abb.6: Zum Vergleich der historische Katasterplan des Gebiets. Schwarz ist die noch erhaltene mittelalterliche Bausubstanz. Weiß die im Krieg zerstörte und die Bauten ab Ende des 19.Jhdts. Gelb ist der ehemalige Bierspündergang eingezeichnet, in Rot ehemalige wichtige Gebäude: Links die gotische Clemenskirche, die leider 1899 abgerissen wurde und rechts die Aktienbrauerei, von der mir kein Foto bekannt ist.



    Abb.7: Nun kommen wir zu den Studien des Architekturbüros Riemann. Es wurden mehrere Varianten gezeigt, die sich aber im wesentlichen in der Innenhofbebauung unterschieden. Links an der Böttcherstaße und im Binnenhof entsteht Wohnbebauung (z.T. kleine Einfamilienhäuser); rechts am Ellerbrook bleibt die kirchliche Nutzung. Das große Gebäude soll den Kirchensaal enthalten.



    Abb.8: Visualisierung der Planung. Es handelt sich hier nur um eine Studie und noch keine Architekturentwürfe.



    Abb.9: Abwicklung am Ellerbrook, in Root die Neubebauung. Oben die Ostseite, unten die Westseite der Straße. Unten links die drei großen, mittlerweile die ganze Straße überspannenden Platanen gehören zum Spielplatz.



    Abb.10: Abwicklung an der Böttcherstraße (oben West-, unten Ostseite). Diese Straße kann erfreulicherweise komplett wieder geschlossen werden. Oben an der Stelle dieses großen Solitärs stand einst die gotische Clemenskirche. ;(


    Meine Meinung: Eine weitere sehr erfreuliche Entwicklung in Sachen Stadtreparatur in der Lübecker Altstadt. Mir gefällt diese Studie sehr gut, und ich hoffe, dass sie annähernd so umgesetzt werden kann! :thumbup:
    Natürlich muss dann auch die Architektur stimmen, aber da mache ich mir bei Riemann keine großen Sorgen.


    Der Gestaltungbeirat hatte dann noch die folgenden Anmerkungen: Das Kirchengebäude sollte auffällig gestaltet und deutlich als solches zu erkennen sein. Meinetwegen. Dann kam aber noch der Wunsch auf, dieses Gebäude nicht längs, sondern quer zum Ellerbrook zu stellen, damit die lange Seite am bleibenden Spielplatz liegt und hier ein Platz entstehenden könne. Da war es wieder: Frau Barz-Malfatti scheint eine glühende Anhängerin solcher "Plätze" (siehe obigen Bericht zu Karstadt) zu sein. :kopfschuetteln:
    Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, warum man einerseits eine Stadtreparatur erreichen möchte, dann aber die ahistorischen "Brüche" wie den Spielplatz mit der falschen Stellung von Neubauten manifestieren will und damit eine zukünftige weitere Reparatur verhindert. Genau das ist ja mit der jetzt bestehenden Kirche auch passiert. Vielleicht bleibt der Spielplatz ja doch nicht ewig in dieser Form bestehen, und dann hat man ein Problem, wenn die Kirche "quersteht".

    Ich hoffe daher, dass sich Bauherr und Architekt hier nicht beirren lassen und an der bisherigen Planung festhalten.

    Quellen:
    Abb. 1+2: Apollo
    Abb. 3-10: Riemann Gesellschaft von Architekten, fotografiert von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Figurentheater und -museum am Kolk

    Um die Berichterstattung der Gestaltungsbeiratssitzung vom 19.9.2019 zu komplettieren, hier noch die finale Überarbeitung des Theaterbaus des Figurentheaters am Kolk.

    Die Architekten Konermann Siegmund haben noch einige (kleinere) Veränderungen vorgenommen. Da der vorliegende Entwurf mit ihrem Siegerentwurf des Wettbewerbs aber nichts mehr zu tun hat, haben sie den neuen Entwurf zwischenzeitlich sicherheitshalber noch einmal der Jury des Wettbewerbs vorgelegt. Diese war offensichtlich damit einverstanden. Für mich heißt das, sie hätte wohl auch diesen Entwurf als Sieger gekürt. Die erneute Vorlage bei der Jury mag ja ehrenhaft gemeint sein, aber wo gibt es denn sowas, dass man nachträglich einen anderen Entwurf in einen abgeschlossenen Wettbewerb einbringt? Das hinterlässt bei mir immer noch einen merkwürdigen Beigeschmack, insbesondere im Hinblick auf die "unterlegenen" Kollegen.

    Wie auch immer, auch der Beirat hatte jetzt auch nichts mehr zu kritisieren, und nun wird das "Ding" wohl so kommen:

    Abb.1: Schnitt durch den gesamten Komplex. Beim Theaterneubau (Bildmitte) haben die Architekten unten nun ein (offenbar hängendes) Gewölbe eingezogen. Ob der merkwürdige tote Raum darüber irgendwie genutzt wird/werden kann, wurde nicht erörtert. Erinnert mich irgendwie an die Kuppel des Berliner Schlosses.



    Abb.2: Ansicht Kleine Petersgrube: Durch das Gewölbe wird die Bogenöffnung im EG bzw. UG - wie vom Beirat letztes Mal gefordert - verkleinert und seitlich auf breitere "Füße" gestellt.



    Abb.3: Vergleich der Vorversion (links) mit der jetzigen endgültigen. Neben dem Bogen wurden noch folgende Details überarbeitet:
    - Unter- und Oberteil, sowie das Dach wurden durch schmale Gesimse voneinander unterteilt.
    - Die Anzahl der Fenster wurde von 4 auf 5 erhöht und alle geöffnet. Die Fenstersimse wurde wohl leider weggelassen.
    - Der Dachbereich erhält vorne und hinten Giebel.
    - An der Seite zum Kolk wurde ein Kranausleger angebracht



    Abb.4: Ansicht Kolk. An der Giebelseite zum Kolk wurde eine große Ladeluke eingeplant. Zusammen mit dem o.g. Kran sollen hier große Requisitenteile in den Bühnenbau gehoben werden können. Es ist m.M.n. fraglich, ob man in die extrem enge Gasse überhaupt mit so großen Fahrzeugen einfahren kann. Immerhin entsteht durch Kran und Luke zumindest ein wenig die Anmutung eines Speicherhauses. Sehr positiv ist nach wie vor die Rekonstruktion des gotischen Portals beim rechten Haus. Ich würde mir da aber dann auch eine angemessene Tür wünschen. Hoffentlich ist das kein Glas da in der Visualisierung.

    Sehr schade, dass das Dach nicht noch steiler gestaltet wurde. Wenn man es genau nimmt, ist das Haus so eigentlich auch gar nicht genehmigungsfähig. Die "Gestaltungssatzung für die Lübecker Innenstadt" - geltendes Baurecht - schreibt in §11 "Dachausbildung" für den strengeren Bereich A, in dem das Grundstück liegt, bei Häusern vom "Giebeltyp" (das ist hier ja wohl der Fall) eine Dachneigung von 45° bis 65° vor. Im Entwurf messe ich aber nicht mehr als 30°. Es wäre schön, wenn man hier noch einmal etwas ändern würde, um wenigstens das Baurecht einzuhalten. Das würde dem Bau - insbesondere auch in der Ansicht vom Kirchhof aus - nochmal gut tun.

    Quellen:
    Visualisierungen Konermann Siegmund Architekten, Fotos von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • @frank1204

    Vielen Dank für diese sehr umfangreiche und interessante Berichterstattung aus der wichtigsten Altstadt an der Ostsee (Petersburg lassen wir mal draußen). Es ist jetzt deutlich, dass die Richtung in Lübeck stimmt. Es wird Stadtreparatur in unseren Sinne betrieben! Sehr erfreulich. Wie ist diese Entwicklung zu erklären? Hätte man es doch nur etwas früher getan, wären das Haerder-Center und PC am Markt nie genehmigt. Schade. Der Neubau des Theaters geht in Ordnung.

    Mal was anderes: gibt es Neuigkeiten zu den Orgelneubauten der Marienkirche und des Domes? Und wäre die Zeit nicht reif für den Dachreiter der Petrikirche?

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Hallo Däne,

    warum das Bauen in der Lübecker Altstadt seit einiger Zeit in die richtige Richtung zu laufen scheint, ist wirklich eine gute Frage. Keine Ahnung, woran das liegt. Vielleicht nicht zuletzt an der Arbeit des Gestaltungsbeirates. Die Architekten und Investoren haben dadurch offenbar inzwischen verstanden, was geht und was nicht. Vielleicht haben auch die neue Bausenatorin und der neue Bürgermeister das ihrige beigetragen. Letzterer ist dazu aber wohl noch zu kurz im Amt. Und auch die Planungen und Vorgaben für die Neubauten im Gründungsviertel haben eventuell auf andere Vorhaben abgefärbt, könnte ich mir vorstellen.

    Zu den Orgeln habe ich leider keine Informationen.

    Ja, die Zeit ist sogar überreif für den für das Stadtbild so wichtigen Dachreiter der Petrikirche. Leider aber ist Pastor Schwarze, der die Rekonstruktion vor über 10 Jahren verhinderte, obwohl das Geld da war, immer noch im Amt. Ich befürchte, bevor er in Rente geht, wird sich da nichts tun. Aber die Hoffnung habe ich noch nicht ganz aufgegeben.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)