• Wurde diese "Perle" hier eigentlich schon präsentiert:

    http://www.german-architects.com/de/projekte/38…hule/9/featured


    Zur Erklärung: Das Grundstück liegt an der Ostseite der Stadt, unmittelbar an der ehemaligen Stadtmauer, die leider um 1850 bis auf minimale Reste beseitigt wurde. Bis zum Bau des Elbe-Lübeck-Kanals um 1900 reichte die Wakenitz bis auf wenige Meter an die Stadtmauer heran. Seit dem Bau des Kanals, dessen Wasserspiegel über 3m niedriger ist als der der Wakenitz, liegt zwischen ehemaliger Mauer noch ein ganzer Straßenblock, die Kanalstraße und ein breiter Uferstreifen, auf dem sich Parkplätze befinden.
    Der Bereich zwischen Kanalstraße und Mauer ist zum größten Teil mit Gewerbe- und Wohnbauten aus der Nachkriegszeit bebaut, so dass dadurch der ehemalige östliche Altstadtrand verdeckt und unkenntlich gemacht wird. Die ideale Lösung wäre aus städtebaulicher Sícht eine komplette Beräumung dieses Streifens und das Anlegen einer Grünanlage. Als postiver Nebeneffekt entstünde für die Altstadtbewohner ein grüner Naherholungsraum, der in der Altstadt fehlt. Aber so weit denkt man in Lübeck leider nicht.

    Nun zu diesem Projekt: Das Grundstück war eine der wenigen freien Grünflächen in diesem Bereich. Die Anlage der Grünfläche wurde seinerzeit sogar mit öffentlichen Zuschüssen gefördert. Es gab gegen diesen Bau große Proteste - insbesondere der Bewohner der kleinen Altstadthäuschen an der Mauer, denen man den Klotz, der teilweise höher ist als die alten Häuschen selbst, vorsetzte. Diese wurden aber - wie immer, wenn in Lübeck ein (Prestige-)Bauprojekt durchgedrückt werden soll - ignoriert. Dass der Bau viel zu hoch und völlig falsch platziert ist, brauche ich wohl nicht zu betonen. Aber der Text unter dem von "Ravensberger" geposteten Link schießt mal wieder den Vogel ab. Es handelt sich wie immer um die typische "Leute-Verdummung". Entweder versucht der Architekt hier wieder dreist mit irgendwelchen erfundenen, scheinbar fachlich angehauchten Argumenten, seinen Entwurf zu rechtfertigen, oder er hat wirklich keine Ahnung. Wahrscheinlich beides.

    Richtig ist:
    1. Auf fast der ganzen Ostseite gibt es bis auf ein paar Meter ganz am südlichen Ende der Straße "Wakenitzmauer" leider keine historische Stadtmauer mehr. Es wurde (im 19. Jhd.?) - zugegeben teilweise mit historischen Steinen - eine viel niedrigere und schmalere Mauer als Abgrenzung der Straße "Wakenmitzmauer" gebaut. Also kann auch keine Stadtmauer zum Welterbe gehören.
    2. Auf der Ostseite der Stadt hat nur ein Stadttor existiert: Das Hüxtertor am Übergang von der Hüxstraße zum Hüxterdamm. Diese Stelle liegt aber ca. 400m weiter südlich. D.h. an der Stelle des Neubaus gab es im Gegensatz zur Behauptung des Architekten kein "Stadttor". Wozu auch - man hätte nach 3 Schritten ja sofort im Wasser gestanden.
    Was es sehr wohl gab, waren einige kleine Durchlässe durch die Stadtmauer, damit die Leute ans Wasser konnten - wie z.B. die Rosenpforte. Diese waren - wie der Name schon vermuten lässt - aber nicht zu vergleichen mit den vier großen Stadttoren oder dem Neubauklotz, um den es hier geht.
    3. Die Steine sollen die Optik der historischen Mauer nachbilden: Zumindest auf den Fotos sind diese dafür viel zu hell. Ich meine aber, dass sie in der Realität etwas dunkler sind.

    Fazit: Das Gebäude ist ja an sich nicht schlecht, aber an dieser Stelle völlig falsch platziert. In jedem Neubaugebiet hätte es sich als Kindertagesstätte aber prima gemacht, nur leider sind wir hier in der Altstadt!

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    2 Mal editiert, zuletzt von frank1204 (4. Mai 2013 um 00:38)

  • Eine der wenigen Grünflächen am Altstadtrand zubauen - welch eine Schnapsidee!


    Ja, und etwas weiter südlich wurde erst vor ein paar Jahren dieses Grundstück neu bebaut:
    Kanalstraße 72
    Man kann bei Google Maps noch die Baugrube sehen. Es fanden Ausgrabungen statt, bei denen die historischen Uferbefestigungen, sowie mittelalterliche Holzwasserleitungen zur Wasserentnahme aus der Wakenitz freigelegt wurden. Alles bei Google Maps gut zu sehen. Und es wurde natürlich dann alles weggebaggert - für einen Aldi-Markt!!! Dabei wäre hier eine Grünfläche das einzig richtige gewesen. Man kann es nicht fassen.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Interessante Entwicklung - vielleicht wegen der Orgel-Reko in Hamburg?

    Zuerst aus Wikipedia:

    Zitat

    Bis 1942 gab es im Westwerk des Domes eine große Orgel, die auf ein Instrument zurückging, das in den Jahren 1696 bis 1699 von Arp Schnitger erbaut worden war. Das dreimanualige Instrument war mit 45 Registern erbaut worden. Es handelte sich dabei um das größte Werk Schnitgers in Schleswig-Holstein. Die Bauleitung hatte sein Meistergeselle Hans Hantelmann inne; der Lübecker Bildschnitzer Johann Jakob Budde schuf den Prospekt mit aufwändigem Dekor, bekrönenden und seitlichen Figuren und ausladendem Schnitzwerk. Wegen der konzeptionellen Ähnlichkeiten mit der Hamburger Jacobi-Orgel wird vermutet, dass für die Domorgel ein Hamburger Aufriss verwendet wurde.[15] Abgenommen wurde die Orgel durch Dietrich Buxtehude und den Domorganisten Johann Jacob Nordtmann. Händel und Mattheson spielten 1703 auf der neuen Orgel, im Jahr 1705 wahrscheinlich auch Johann Sebastian Bach.[16]
    In den Jahren 1892 und 1893 ersetzte die Firma E.F. Walcker das Orgelwerk, behielt aber den historischen Prospekt bei. Schnitgers Spieltisch wurde in diesem Zuge ausgebaut und kam ins St. Annen-Museum und entging auf diese Weise der Zerstörung der Orgel im Jahr 1942.
    2002 fand gemeinsam mit der Musikhochschule Lübeck ein Symposion statt, das die Frage der Rekonstruktion der Arp-Schnitger-Orgel von 1699 zum Gegenstand hatte. Als Resultat galt solch eine Rekonstruktion zwar als technisch machbar, wurde aber vor allem aus denkmalpflegerischen Gründen abgelehnt. Die sich anschließende Diskussion wurde jahrelang kontrovers geführt. Zunächst überwogen Vertreter, die einen Orgelneubau befürworteten, der sich am Klangbild und der Gestaltung der Schnitger-Orgel orientieren, sich aber formal eigenständig und als additive Baumaßnahme des 21. Jahrhunderts präsentierten sollte.
    Im Jahr 2012 entschied sich der Kirchengemeinderat für einen prämierten Entwurf, der eine weitgehende Rekonstruktion vorsieht. Der 1942 zerstörte Prospekts wurde mithilfe des Göteborg Organ Art Center anhand alter Fotografien und Mensurangaben im Jahr 2000 in der schwedischen Örgryte New Church kopiert

    Und aus dem EPD:

    Quelle: http://www.epd.de/landesdienst/l…-orgel-bekommen

    Eine richtige Reko ist sie aber nicht, dennoch viel besser als erwartet:

    http://www.competitionline.com/de/beitraege/58469

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

    Einmal editiert, zuletzt von Däne (17. August 2013 um 19:49)

  • "Keine Subsemitonien"
    Das Preisgericht verwendet wieder einmal als notwendig erachtete Schlagwörter, mit denen es sich in die Diskussion einzubringen verpflichtet fühlt und gibt doch einmal mehr kund, daß es sich mit der Geschichte der originalen Schnitger-Orgel, die de facto von seinem Gesellen Hans Hantelmann gebaut wurde, überhaupt nicht beschäftigt hat. Die Orgel hatte im Original keine Subsemitonien, ihr Tastenumfang belief sich auf CDEFGA-c3, die Manualverteilung war: 1. Manual= Rückpositiv, 2. Manual= Werck, 3. Manual= Brustwerk.
    Es ist ein beschämendes Unterfangen, wenn man vom Verzicht auf Subsemitonien spricht und dabei vergißt, daß der originale Spieltisch mit dem erwähnten Umfang CDEFGA-c3 bis heute erhalten im St.-Annen-Museum steht (ich hatte auch schon die Finger drauf). Es wäre auch durchaus empfehlenswert gewesen, hätte man sich mehr mit dem erhaltenen Holzprincipal aus dem Brustwerk und den beiden Metall-Innenpfeifen beschäftigt, die im St. Annen-Museum noch vorhanden sind.
    Die Geschichtsklitterung, daß die Lübecker Schnitger-Orgel bis 1942 zu den bedeutendsten Barockorgeln Nordeuropas gehört haben soll, ist sehr bedeuerlich, da das originale Werk schon 1893 einem Neubau durch Walcker zum Opfer fiel und außer dem Gehäuse im Dom selbst vom Werk nichts mehr verblieben war; währenddessen der Spieltisch und zwei Registerleisten sowie zwei Metall-Innenpfeifen und der Holzprincipal des Brustwerks erhalten blieben.
    Es ist bedauerlich, daß hier von Sachverhalten gesprochen wird, die an sich überhaupt nicht diskutiert werden müßten - die Begründung, das Gehäuse aufgrund des Verzichts von Subsemitonien "stauchen" zu können, ist fadenscheinig. Die originalen Tastenumfänge sind bekannt; die Gehäusemaße sind fotogrammetrisch ermittelt, sodaß die Maße der Manualwindladen sich hierdurch ergeben.
    Wie interessant übrigens, daß unser hier sicher nicht ganz unbekannter Herr Sack sich einmal mehr bemüßigt fühlt, sich in Dinge einzumischen, von denen er niemals etwas verstehen werden wird.

  • Es ist erfreulich, daß dieses Projekt in traditioneller Form weiterverfolgt wird, was nach dem Symposion von 2002 nicht mehr zu erwarten war. Leider führt der viel zu große Respekt für die Nachkriegslösung an dieser Stelle zu einem erheblichen Kompromiß gegenüber der güldenen Regel bei Rekonstruktionen: "Com' era e dov' era".

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Vielleicht ist in Lübeck die Zeit noch nicht reif - umgekehrt stellt sich immer mehr die Frage, ob man für Lübeck überhaupt noch etwas erhoffen darf. Der Dom steht insoweit vor der gleichen Situation wie die Marienkirche, als beiden Westfenstern ein unglaublicher Nachkriegswiederaufbaufetischismus entgegengebracht wird, währenddessen ein Blick in verschiedene Bücher einfach zeigt, daß in beiden Kirchen niemals diese kahlen Westwände vorgesehen waren. Besonders bei der Marienkirche wird dies offenbar; nach dem Brand 1508 wurde die Lücke alsbald mit der einstmals weltberühmten Großen Marienorgel geschlossen, von deren Gehäuse im übrigen noch Aufmaße existieren, erstaunlich detailgetreue Fotos, die Mensuren der Prospektprincipale, der Organistenerker und ebenfalls zwei Registerleisten. Eine Reko dieser Orgel nach dem Vorbild von Hamburg Katharinen, in die etwa zwei Dutzend nordeuropäische Orgeln hineingeflossen sind, sowie nach dem Vorbild Friedrich Stellwagens in Marien Stralsund wäre mit dem gleichen Aufwand realisierbar wie in Hamburg. An gleicher Stelle müßte der Totentanz stehen, der im übrigen ja auch eine Kopie von 1701 war; aber von was müßte man nicht noch alles sprechen...

  • Zwar nicht in der Altstadt, aber trotzdem sehr schlechte Nachrichten aus Lübeck: Das Sellschopp-Haus wird abgerissen:

    http://www.hl-live.de/aktuell/textstart.php?id=91532

    Es handelt sich um einen sehr ungewöhnlich in der Art einer Ritterburg gestalteten Gewerbebau mit zwei turmartigen Gebäudeteilen an der Moislinger Allee.
    Das Gebäude wurde 1906 zunächst für eine Brauerei errichtet, durchlebte dann aber verschiedenen Nutzungen - zuletzt war jahrzehntelang ein Reifenhändler Hauptnutzer.

    Anfang der 2000er wurden Grundstück und Gebäude an Lidl verkauft, um dort einen Supermarkt - den es inzwischen an jeder Straßenecke gibt - zu errichten! Das muss man sich mal vorstellen - ein intaktes und in Nutzung befindliches historisches Gebäude für einen Supermarkt abreißen zu wollen!!! Das ist umso unvorstellbarer, wenn man weiß, dass direkt nebenan ein riesiges freies Grundstück existiert, auf dem zuvor ein vor längerer Zeit abgerissenes Hochhaus aus den 70ern stand. Warum konnte Lidl nicht dort bauen?

    Jedenfalls nahm das Unheil seinen Lauf. Das Sellschopp-Haus wurde entmietet. Dies dauerte aber deutlich länger als geplant. In der Zwischenzeit lief die Baugenehmigung für den Supermarkt ab, die durch die Stadt dann nicht mehr verlängert wurde, da man sich umentschieden hatte und nun keinen Supermarkt mehr wollte, um ein nahes Einkaufszentrum zu stärken. Das aber nun leerstehende Haus fiel seit 2006 zunehmend dem Vandalismus anheim - man konnte fast täglich neue Schäden beobachten - es brannte dort sogar.

    Inzwischen will Lidl das Grundstück wieder loswerden - es steht dort seit längerem ein Verkaufsschild "Grundstück zu verkaufen". Kein Wort von dem Gebäude. Offenbar verspricht man sich von einem leeren Grundstück endlich einen Verkaufserfolg. Die Baugenehmigung lief zwar ab, aber die Abrissgenehmigung offenbar nicht, so dass Lidl nun vollendete Tatsachen schafft. Ich habe vor einiger Zeit bei der Stadt darum gebeten, das Gebäude als einzigartiges Industriedenkmal und einziges stadtbildprägendes Gebäude in der Gegend unter Denkmalschutz zu stellen. Aber man sagte mir nur, dass man "ohne Nutzung nichts machen könne".
    D.h. wenn das Gebäude garnicht erst sinnlos entmietet worden wäre, wäre es nicht soweit gekommen. :kopfwand:

    Für mich ist das wirklich schlimm. Ich bin in der Umgebung aufgewachsen und wohne immer noch in der Nähe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der so vertraute Anblick nun bald Geschichte ist - und das aus einem nichtigen Grund. Man hätte in das Gebäude wunderbare neue (Loft-)Wohnungen einbauen können. Was für eine vertane Chance. Ich war heute nochmal kurz da - kein schöner Anblick. :crying:

    Fotos von 2007, als der Vandalismus noch nicht so weit fortgeschritten war, gibt es hier:
    http://www.28dayslater.co.uk/forums/europea…07-05-07-a.html

    Ich habe vor einigen Jahren zu Dokumentationszwecken auch noch eigene Außenaufnahmen gemacht, da der Abriss schon länger im Raum stand. Wenn Interesse besteht, kann ich die raussuchen und hier einstellen.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Hier noch ein Bericht mit Video von HL-Live zuum aktuellen Brand im Langen Lohberg:
    http://www.hl-live.de/aktuell/textstart.php?id=101300


    Foto verlinkt von http://www.bild.de

    Sehr ärgerlich ist, dass es hier ausgerechnet ein wunderbar gepflegtes und restauriertes Haus mit klassizistischer Fassade getroffen hat. Nicht, dass ich denen das wünschen würden, aber bei den beiden entstuckten und teilweise mit Eternit-Platten verkleideten beiden rechten Nachbarn wäre das nicht so schade gewesen - die sind ohnehin vollkommen verhunzt. Ich stand gerade vorhin vor dem Haus, habe aber leider kein Foto gemacht. Es sieht von der Straße aus nicht so schlimm aus wie es sich im Artikel anhört. Durch die offenen Fenster konnte man sehen, dass im 1. OG noch die Möbel stehen und man im obersten Geschoss keinen offenen Himmel sieht. Es kann natürlich sein, dass es weiter hinten schlimmer aussieht.

    Es brennt in letzter Zeit leider hin und wieder mal in der Altstadt. Vor kurzem ging ein schönes Ganghaus in der Schlumacherstraße in Flammen auf:

    Foto verlinkt von http://www.ln-online.de
    LN-Artikel mit Bildergalerie

    Und letztes Jahr ein großes Giebelhaus Haus mit einfacher Barockfassade in der Glockengießerstraße:


    Fotos verlinkt von http://www.ln-online.de
    LN-Artikel mit Video und Fotogalerie

    Zum Glück blieben die beiden Nachbarhäuser verschont. Hier war es besonders ärgerlich, dass der Brand wohl durch den geistesgestörten Bewohner der Dachgeschosswohnung selbst gelegt wurde und die Feuerwehr den ersten kleineren Brand nicht richtig gelöscht hatte. Das Feuer brach erneut aus und vernichtete dann fast das ganze Haus. Die Fassade war einsturzgefährdet, konnte aber abgestützt und gerettet werden. Ich bin dort vorhin gerade vorbeigegangen: Das Haus ist inzwischen zum Glück vollständig wiederhergestellt - vom Brand nichts mehr zu sehen.

    Wenn man die Bilder so sieht, kommt einen fast der Krieg wieder in den Sinn. Mir blutet jedes Mal das Herz... :sad::crying:

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Hallo, ich bin ganz neu hier im Forum und dieses ist hier aus Lübeck mein erster Beitrag.

    Seit einiger Zeit beschäftigen mich die derzeit entstehenden Neubauten auf der freien Fläche an der Stettiner Straße im Hansering-Viertel im Stadtteil St. Lorenz-Süd. In der sog. "Papageiensiedlung" wurden vor einigen Jahren die Blöcke aus den 1950er-Jahren abgerissen:

    http://www.hier-luebeck.de/lubeck-lupe/ab…ttiner-strasse/

    Und von der TRAVE-Wohnungsbaugesellschaft und den Stadtplanern und Architekten Mai/Ellinghaus werden nun die folgenden Wohnblöche gebaut:


    http://www.mai-arch.de/stettiner.html

    Die Blocks finde ich von der L-Form her an sich nicht schlecht - was mich jedoch sehr stört, ist, dass sie allesamt ein Flachdach haben. :kopfschuetteln:
    Von meiner Kindheit und Jugendzeit her kenne ich das Hansering-Viertel sehr gut, denn meine Oma hatte nur zwei Straßen weiter gewohnt und ich hatte sie oft besucht, daher mochte ich den Stadtbezirk ganz besonders - ich mag ihn noch immer... Ich finde einfach, dass in diese Wohngegend Ziegeldächer gehören, denn fast alle Mehrfamilienhäuser haben dort Sattel- bzw. Walmdächer, auch wenn sie natürlich schon "ein paar Jährchen" älter sind.

    Wenn man den Architekten-Entwurf so betrachtet, könnte man meinen, die Planung einer Dachkonstruktion sei vergessen worden... Mir scheint's, als wenn geneigte Ziegeldächer heutzutage aus der Mode gekommen sind. Eigentlich schade... Mit leicht geneigten Satteldächern würden die Blocks sicher viel besser aussehen und anheimelnder wirken. So wie sie jetzt sind, wirken sie auf mich einfach nur kalt und unpersönlich. Dabei macht die ausgerägte Dachlandschaft aus Ziegeldächern in rot, anthrazitblau etc. gerade in dem Stadtteil irgendwie den besonderen 50er-Jahre-Charme aus; die Häuser am und um den Hanseplatz ganz in der Nähe sind, glaube ich, sogar noch älter, vermutlich aus den 1920er und 30er-Jahren und sie haben eine besondere Ausstrahlung. Dort gibt es auch Klinker-Altbauten mit flachen Dächern - diese gefallen mir jedoch sehr gut.

    Hier eine Webseite vom Hanseplatz mit einer anschaulichen Fotoserie; (auf dem Spielplatz war ich schon als Kind! :) )

    https://www.yelp.de/biz_photos/spi…U5EJZuB5VokpREw

    Der Platz befindet sich in der Nähe der Stettiner Straße, nur einige Häuserblocks entfernt.

    Welche Meinung hast Du/habt Ihr zu den entstehenden Neubauten?

    Hier noch einmal zum Vergleich ein JPG-Bild von der anderen Seite der Stettiner Straße mit den sanierten 50er Jahre-Blocks:

    http://billionhomeseurope.s3.amazonaws.com/germany/schles…4509141074.jpeg


    Liebe Grüße von Charming Villa

  • Erstmal herzlich Willkommen im Forum :)
    Meine ehrliche Meinung:
    Ein Kasten geht, ein anderer kommt. Wobei mir die 50er Jahre Bauten etwas besser gefallen. Das größte Problem der Moderne sind die Flachdächer und die monotonen Fassaden. Somit wird die Aufenthaltsqualität erheblich reduziert.
    So wird das nichts mit dem Schönen Bauen ...
    huh:)

  • Hallo, ich bin ganz neu hier im Forum und dieses ist hier aus Lübeck mein erster Beitrag.

    Auch von mir ein herzliches Willkommen hier.

    Ein Kasten geht, ein anderer kommt.

    Sehe ich auch so. Ich bin auch auf der Ecke aufgewachsen und wohne immer noch in der Nähe, so dass ich häufig dort vorbeikomme. Ich muss leider sagen, dass mir diese 50er-Jahre-Blocks noch nie gefallen haben - Satteldach hin oder her. Sie wirk(t)en einfach billig und ärmlich - und es gibt ja noch eine ganze Menge davon. Prinzipiell habe ich den Abriss daher leidenschaftslos gesehen.

    Die kommenden Neubauten dort waren ja nicht anders zu erwarten: Investorenarchitektur, die auf Gewinnmaximierung zielt. Dort ist architektonische Gestaltung zweitranging. Wirkliche Dächer werden zu Gunsten von Staffelgeschossen aufgegeben, um die Nutzfläche unter Umgehung von Dachschrägen zu erhöhen und umlaufende Dachterrassen zu haben. Immerhin wird es erstmal sauber und neu aussehen.


    Viel schlimmer finde ich dagegen, was um die Ecke an der Märkischen Straße passiert ist. Hier wurde ein architektonisch wirklich wichtiger Straßenzug aus dem Jahr 1930 zerstört. Die Reihe war wegen der Giebelgestaltung und des gewölbten Tonnendachs wirklich erhaltenswert. Die Häuser wurden verkommen lassen, dann für unsanierbar erklärt und letztlich vor bereits mehreren Jahren unter Protesten abgerissen.

    Hier ein Foto, kurz vor dem Abriss:


    Foto: Jean Pierre Hintze, verlinkt von panoramio.com

    Lediglich die zu sehenden beiden hinteren, hell gestrichenen Häuser, etwa 20% der ganzen Reihe, überlebten die Barbarei.
    Und was ist das Ende vom Lied: Es sollte schnell neu gebaut werden, aber seit geschätzten 5-6 Jahren ist nichts passiert und die Fläche verwildert.


    Was eigentlich kommen soll(te), ist das hier:
    http://www.ppp-architekten.de/index.php?n1ID=3&n2ID=35&iid=674

    Quelle: ppp-architekten.de (rechts die beiden stehengelassenen Häuser)

    Der Entwurf lehnt sich Immerhin an die historische Bebauung an und nimmt dessen Proportionen auf. Sogar das gewölbte Dach soll wiederkommen. Das aber auch erst nach Einschreiten des Gestaltungsbeirats, nachdem im ersten Entwurf das obligatorische Staffelgeschoss geplant war. Aber wie gesagt - bisher ist dort außer dem schnellen Abriss nichts passiert. :kopfwand:

    Hier übrigens noch ein Blick auf beide Grundstücke bei Google Maps (rechts unten die Stettiner Straße, links oben die Märkische Straße mit den beiden Rest-Häusern in der Kurve):
    https://www.google.de/maps/@53.85134…t/data=!3m1!1e3

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Aber wie gesagt - bisher ist dort außer dem schnellen Abriss nichts passiert.

    Vielleicht besser so. Eventuell ändern sich die Zeiten und es kommt zu einer traditioneller orientierten Neubebauung mit Giebeln.

  • Vielleicht besser so. Eventuell ändern sich die Zeiten und es kommt zu einer traditioneller orientierten Neubebauung mit Giebeln.

    Genau diesen Gedanken wie Heimdall habe ich auch. Vielleicht ist es wirklich besser, auf dem Grundstück passiert erstmal noch nichts, als wenn dieses Eckige, Kastige im Frontbereich gebaut wird. Mir wären die traditionellen Giebel auch lieber. Die abgerissenen Häuser aus den 1930ern hatten mir von der Architektur her auch sehr gut gefallen, es war ein Jammer, dass man sie jahrelang hat verkommen lassen und letztendlich abgerissen hat. :( Aber dass die Neubauten immer noch nicht begonnen haben, ist schon interessant... Somit besteht ja ein Funken Hoffnung, dass dort evtl. doch im traditionellem Stil gebaut wird eines Tages.

  • Hier kommt noch ein Bericht über eine kommende bauliche Entwicklung in Lübeck-St. Lorenz.

    In der unmittelbaren Nähe des Lübecker Hauptbahnhofs ist in der Straße "Beim Retteich" ein Hotel-Neubau geplant. Auf dem Gelände, wo das Hotel entstehen soll, befindet sich derzeit noch eine Haltestelle für Reisebusse an einer Böschung mit Baumbestand.

    Hier der Bericht aus dem Lübecker "Wochenspiegel" von vor 14 Tagen:

    http://www.wochenspiegel-online.de/index.php/2016…tel-am-bahnhof/

    Natürlich super-modern kastig im 1950/1960er-Jahre-Retro-Stil, viel Glas etc., somit nicht wirklich eine Augenweide...


    Was ich dabei ganz besonders ärgerlich finde, ist die Tatsache, dass es schräg hinter dem denkmalgeschützten Lübecker "Handelshof", in dem sich nach einem umfassenden Umbau seit 2009 ein Hotel befindet, gebaut werden soll. Der Handelshof ist ein Klinker-Expressionist mit neugotischen Elementen aus dem Jahr 1924 und somit, wie das "Chilehaus" in Hamburg, architektonisch sehr wertvoll.


    Auf dem visionären Bild im Wochenspiegel-Artikel kann man am rechten Rand die Süd-Seitenwand des Handelshofs erkennen:

    http://www.ln-online.de/Lokales/Luebec…el-mausert-sich


    Hier ein Google-Bild, wie das Handelshof-Hotel (der Name lautet mittlerweile nicht mehr "Treff-Hotel", sondern "H4-Hotel") mit Abendbeleuchtung aussieht:

    Hinter den weißen Flaggen bei der Südwand würde man dann, wenn man in die Straße "Beim Retteich" schaut, das neue Hotel, was m. E. stilistisch so gar nicht zum Handelshof passt, sehen... :huh:?(:S :kotz:

    Die Straße Beim Retteich sieht momentan noch so aus, (hab leider kein größeres und besseres Bild bei Google gefunden) :

    http://www.hier-luebeck.de/images/topics/Retteich-Bank.jpg

    Eine kleine Hoffnung, dass das neue Hotel nicht gebaut werden kann, besteht allerdings. Und zwar wegen der abschüssigen Böschung, wo jetzt noch Bäume und Büsche stehen, zwischen dem Bürgersteig mit der Reisebus-Haltestelle und dem Parkplatz des H4-Hotels, der sich direkt hinter dem Handelshof befindet. Durch die Unebenheit des Geländes wird das wohl mit dem Bauen schwierig...


    Zum Abschluss noch ein Bild von der Rückseite des Handelshof-Hotels mit einem Teil des Parkplatzes, dahinter sieht man die Südfenster der Gleishalle des Hauptbahnhofs:

  • Vor knapp einem Jahr war aus einer über 145 Jahre alten Fabrikhalle in Lübeck ein Event- und Kulturzentrum entstanden. Das im Stadtteil St. Lorenz Nord stehende Industriegebäude stand über 20 Jahre leer und gammelte vor sich hin, bis das Ehepaar Thilo und Katrin Gollan von der Firma Gollan es entdeckte und es für die neue Idee saniert hatte. Die Umsetzung mit den Events und Veranstaltungen ist so gut angelaufen, dass man nun über eine Fußgängerbrücke über die Trave zum neuen Zentrum nachdenkt. Denn die Halle liegt im Hafengebiet gegenüber der nördlichen Altstadtinsel.

    Hier ein aktueller Kurz-Artikel dazu aus LN-Online:

    http://www.ln-online.de/Lokales/Luebec…enkoppel-schoen

    Hier dazu ein Artikel mit einer Bildergalerie zum Durchklicken von NDR.de vom September letzten Jahres:

    http://www.ndr.de/kultur/Neues-K…zentrum102.html


    Und zuguterletzt noch ein, wie ich finde, wirklich enorm beeindruckendes YouTube-Kurzvideo:

    Externer Inhalt www.youtube.com
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    Ich finde, es ist ein so schönes Beispiel dafür, was Firmenunternehmer, die ein großes Herz :love: für alte, leer stehende Gebäude haben, aus so einem Industriedenkmal Großartiges machen können! :rolleyes: