• Damit ich das richtig verstehe: Der Sieger eines Architektur-Wettbewerbs kann also letzten Endes Phantastereien einreichen, diese dann munter revidieren und letzten Endes so verfahren, wie es ihm beliebt? Und das ist rechtens? Oder auch nur, um ein fast vergessenes Wort zu bemühen: anständig? Na ja, den Knochen will man dann halt nicht wieder hergeben.

    Also, da würde ich als Zweitplatzierter aber meine rechtlichen Mittel ausschöpfen. Was Recht ist, soll Recht bleiben, wo kommen wir da sonst hin?

    P.S. Zumindest war dies mal so in unserem schönen Land. Aber vieles ändert sich. Dies wohl auch. Zumindest muss man sich um Architekt Riemann wohl keine Sorgen machen, der ja besagter Zweitplatzierter ist, wie der Rückblick mir verrät. Der scheint ja halb Lübeck zu bauen.

    Einmal editiert, zuletzt von Bauherr (25. September 2019 um 15:53)

  • Da ich zurzeit täglich am Ellerbrook zu tun habe (ich grabe seit Mai im Bereich des künftigen zweiten Bauabschnitts der "Altstadthöfe" an der Ecke Fischergrube / Ellerbrook), habe ich gestern nach Feierabend mal eine kurze Runde um den Block gemacht, um die Situation an der Böttcherstraße und am Ellerbrook im Bereich der Neuapostolischen Kirche zu zeigen (ich hoffe, ich greife Frank damit nicht vor).


    Abb. 1: Zuerst ein Blick von der Ecke Bierspünderstraße / Ellerbrook auf die um etwa fünf Meter hinter der Straßenflucht zurückversetzte Kirche, die Anfang der Sechziger gebaut wurde und für sich genommen gar kein schlechter Bau ist (auf der Website der Kirchengemeinde gibt's auch ein paar Innenansichten: https://luebeck.nak-nordost.de/).


    Abb. 2: Schön gestalteter, aber leider völlig ahistorischer Vorgarten vor der Kirche.


    Abb. 3: Blick nach Norden in Richtung Fischergrube auf die Nachkriegsneubauten an der Ecke Fischergrube / Ellerbrook und Fischergrube / Große Kiesau. Rechts die fünf erhaltenen Kleinhäuser am Ellerbrook. Die Reihe setzte sich bis zur Kriegszerstörung nach Norden in Richtung Fischergrube und nach Süden in Richtung Beckergrube fort, auf der gegenüberliegenden Straßenseite sah es ähnlich aus. Nach dem Krieg wurde der Ellerbrook übrigens auf die doppelte Breite erweitert, ursprünglich war er ähnlich schmal wie die Große Kiesau im Hintergrund ...


    Abb. 4: ... und die Blocksquerstraße im Hintergrund jenseits der Beckergrube (leider gerade von dem "Einsatzfahrzeug" des Bereichs Stadtgrün verdeckt, der die Platanen am von Frank bereits erwähnten Spielplatz beschneidet. Links sieht man die zu hohen Neubauten des ersten Abschnitts der "Altstadthöfe", die sich direkt an die erhaltenen Kleinhäuser anschließen. Immerhin versucht der Komplex durch verschieden gestaltete Fassadenmaterialien an die ehemalige Kleinteiligkeit der Bebauung anzuknüpfen.


    Abb. 5: Blick in den Ellerbrook von der Fischergrube. Links "meine" Ausgrabung, dahinter die erhaltenen Kleinhäuser, rechts das Nachkriegseckhaus zur Fischergrube, der Vorgarten der Neuapostolischen Kirche und die Begrünung vor dem Spielplatz.


    Abb. 6: Blick von der Böttcherstraße in die Bierspünderstraße. Ganz links das historistische Eckhaus zur Fischergrube, daneben ein ähnlich altes Haus in der Böttcherstraße und dann die Bombenlücke mit Parkplatz und Kirche, die wieder geschlossen werden soll.


    Abb. 7: Der Blick in die Gegenrichtung zeigt ebenfalls einen Parkplatz und den Renaissancegiebel des im 19. Jahrhundert aufgestockten Hauses Böttcherstraße 17 samt der Ansätze des kriegszerstörten Nachbarhauses. Auch dieser Parkplatz soll verschwinden und die Blockrandbebauung wiederhergestellt werden.


    Abb. 8: Noch ein Blick auf die Ostseite der Böttcherstraße, die wieder geschlossen werden soll.


    Abb. 9: Und ein Blick von der Fischergrube in die Böttcherstraße. Rechts sanierte Kleinhäuser ähnlich denen, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite zerstört wurden, hinten die letzte verbliebene "Schmuddelecke" der Altstadt, da zwischen dem weißen und dem backsteinsichtigen Haus dahinter die Clemensstraße einbiegt, die bis Anfang der 2000er als Bordellstraße (inklusive Sichtschutz ähnlich der Herbertstraße in Hamburg) fungierte. Der erwähnte weiße Bau steht an der Stelle der 1899 abgerissenen Clemenskirche.


    Abb. 10: Zum Abschluss noch ein Blick auf die erwähnte Ausgrabung. Viel berichten darf ich ohne Rücksprache mit dem Bereich Archäologie nicht, nur, dass wir hier auf der letzten größeren Bombenlücke der Altstadt graben. Bis 1942 standen hier drei Giebelhäuser zur Fischergrube (Nr. 61, 63 und 65/67) und vier Kleinhäuser zum Ellerbrook (Nr. 1, 3, 5 und 7).

  • Da ich zurzeit täglich am Ellerbrook zu tun habe (ich grabe seit Mai im Bereich des künftigen zweiten Bauabschnitts der "Altstadthöfe" an der Ecke Fischergrube / Ellerbrook), habe ich gestern nach Feierabend mal eine kurze Runde um den Block gemacht, um die Situation an der Böttcherstraße und am Ellerbrook im Bereich der Neuapostolischen Kirche zu zeigen (ich hoffe, ich greife Frank damit nicht vor).

    Nein, überhaupt nicht. Bilder und Texte sind hervorragend - ich hätte es nicht besser hinbekommen oder anders geschrieben, vielen Dank dafür! :thumbup: Dann spare ich mir sogar die Zeit - ich war noch nicht zum Fotografieren gekommen, habe damit also auch keine unnötige Arbeit gehabt. Außerdem habe ich hier ja nicht das Berichtsmonopol, es kann natürlich jeder posten wie er möchte.

    Interessant, dass Du an den Ausgrabungen an der Ecke Fischergrube/Ellerbrook mitarbeitest. Ich hatte vor einiger Zeit schon gesehen, dass es da - nach 10 Jahren Stillstand nun doch loszugehen scheint. Ich hoffe ich immer noch, dass der geplante ziemlich modernistische Entwurf inzwischen noch einmal in Richtung der in den letzten Jahren im Gründungsviertel gewonnen Erkenntnisse (wie baut man angepasst modern in der Lübecker Altstadt) überarbeitet wurde, befürchte aber, dass der bisherige Entwurf letztendlich kommen wird. Zumindest Satteldächer statt der Staffelgeschosse müssten es allerdings schon rein baurechtlich eigentlich sein (Stichwort "Gestaltungssatzung")!

    Dazu auch nochmal der Verweis auf meinen Artikel vom 12.11.2017 zu dem Thema.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Man sieht es immer wieder: Dort, wo noch viel "da ist", wird Neubebauung allen Unkenrufen zum Trotz häufig deutlich stadtbildverträglicher. In Städten oder Innenstadtbereichen, die ohnehin vom Nachkriegsmodernismus entstellt wurden, wird für gewöhnlich weiter verschlimmbessert. Der teufel k...t also immer auf den größten Haufen ;).

    Lübeck kann sich glücklich schätzen, auch wenn weniger als erwünscht rekonstruiert wird und man durchaus legitime Kritik an der Gestaltung einzelner Fassaden im Gründerviertel üben kann, ist dort in den letzten Jahren wirklich viel zum Positiven passiert, das Gründerviertel, dieser Hotelneubau und nun der Abriss des Karstadts? Von so etwas können viele Städte nur träumen!

    Ich hoffe ja immer auf die Strahlkraft solcher Maßnahmen, auf dass etwas vom hanseatischen Glanze Lübecks auf die verhunzte Bremer "Alt"stadt abfärben möge... bin aber im Moment skeptischer denn je.

    Sehr interessanter Gedanke, Heinzer!

    Das ist nicht nur in Bremen so, sondern ich sehe die gleiche Entwicklung auch in anderen stark zerstörten Städten. Rekonstruktionen/ stadtbildverträgliche Bauten werden eher an vorhandene Altbau-Fragmente/Fassadenreste angedockt, wie man z.B. bei der „Neuen Altstadt“ in Frankfurt/Main sehen kann,die ich vor kurzem besuchen durfte. Diese befindet sich in Sichtbeziehung zu der in den 80er Jahren rekonstruierten Römerberg-Ostzeile, die wiederum in Sichtbeziehung zum historischen“Römer“ liegt. Ähnlich verhält es auch bei dem rekonstruierten Palais Thurn und Taxis in Sichtweite der alten Hauptwache (ebenfalls Frankfurt).

    Von daher erhoffe ich jedenfalls für Hamburg auch am ehesten (inspieriert durch die erfolgreichen Projekte in Lübeck oder Frankfurt) weitere Rekonstruktionen bzw. altstadtgerechte architektonische Lösungen in der Umgebung des rekonstruierten Stadthaus-Komplexes samt der gerade in Renovierung befindlichen Görtz-Palais-Fassade am Neuen Wall.

  • Habe gerade eine unerfreuliche Beobachtung an dem ohnehin schon unerfreulichen Projekt des Figurentheatermuseums am Kolk gemacht, die ich hier nicht unerwähnt lassen möchte.

    Der Umbau ist seit einiger Zeit im Gange. Was ich jetzt sehen musste, lässt mir aber die Zornesröte ins Gesicht steigen:

    Wie auf dem aktuellen Foto (von mir von gestern) zu sehen ist, wurden an dem schmalen historischen Seitenanbau des gotischen Hauses Kolk 14 sämtliche alten Fenster ausgebaut und die Fassadenöffnungen vermauert (hinter dem Gerüst zu sehen). Das EG mit Kalksandstein, die OGs mit roten Ziegeln. Was soll das??? Auf den Visualierungen sind hier immer Fenster dargestellt gewesen. Ich hoffe, dass die Vermauerung nur temporär für die Bauphase sein wird - vielleicht zur Stabilisierung der Fassade während des Abrisses des direkt angrenzenden Nachbarhauses? Wenn das jedoch endgültig sein sollte, hätte man uns mal wieder für dumm verkauft. Und was sagt die Denkmalpflege dazu? Na, mal abwarten wie sich die Sache weiter entwickelt...

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Und immerhin noch eine positive Meldung:

    Ich konzentriere mich zwar mit meiner Berichterstattung aus Lübeck meist auf die Altstadt, aber wenn es in unmittelbarer Nähe etwas erwähnenswertes gibt, zeige ich das hier auch.

    So wurde in den letzten Jahren das länger leerstehende ehemalige Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Lübeck in der Moislinger Allee nahe des Lindenplatzes und der Wallanlagen umgebaut. Einst ein grässlicher Waschbetonalptraum aus den 70ern, hat es sich nun zu einem ganz ansehnlichen Gebäude mit klassischen Gestaltungselementen gewandelt und steht kurz vor der Fertigstellung. Von dem alten Baukörper blieben nur die Betonstützen, der Keller und Geschossdecken. Der Rest wurde komplett neu aufgebaut.
    Bis vor kurzem hieß es noch, hier entstünden "Mikro-Appartements". Eben las ich ganz aktuell, dass es nun doch ein Hotel wird.

    Bild vom Vorzustand (habe leider kein eigenes)

    Aktuelle Bilder von mir von gestern:


    Die Gestaltung mit Sockelgeschoss, Spiegelfeldern, Lisenen, Risaliten und Gesimsen hebt sich sehr wohltuend vom ansonsten allgegenwärtigen Modernismus ab. Hat fast etwas "schlossartiges". Lediglich die Lochbleche vor den Fenstern finde ich sehr störend. Optisch werden die Fenster so vom angenehmen Hoch- zum Querformat degradiert. Mir wird sich ohnehin nie erschließen, warum Architekten erst bodentiefe Fenster planen und dann einen großen Teil davon wieder mit solchen Gitterplatten verschließen. Wenn es wenigstens Milchglasscheiben wären. Dann hätte man auch gleich Brüstungen bauen können.
    Aber abgesehen davon eine ganz erhebliche Verbesserung des Straßenbildes in unmittelbarer Nähe zur Altstadt.

    Weitere Links zu dem Projekt:
    https://www.garbers-partner.de/projekte/trave-campus.html
    https://www.luebeck-places.de/news/aktuelles…nger-allee.html

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • In Planung:

    Eine neue, große Orgel für die Marienkirche und die Rekonstruktion der mittelalterlichen Orgel über der Totentanzkapelle:

    https://www.nordkirche.de/nachrichten/na…kirche-geplant/

    Finanziert durch Spenden und Zuschüsse der Bundesregierung (Totentanzkapelle).

    Und wenn dann im Dom die Schnitger - Orgel rekonstruiert wird / ist, hat Lübeck den Namen 'Stadt der Orgeln' weithin verdient:

    https://www.dom-zu-luebeck.de/musik/orgeln/v…tger/index.html


  • Wann sind Rekonstruktionen sinnvoll, wann unsinnig?

    von Roland Eberlein

    Der Versuch, eine Orgel aus früheren Zeiten zu rekonstruieren, wurde zum ersten Mal 1921 in Freiburg i.Br.
    unternommen. Von da ab bis zur Gegenwart hat es unzählige weitere Rekonstruktionsversuche gegeben. In
    den meisten Fällen ging es darum, eine in Teilen erhaltene historische Orgel auf den vermuteten oder belegten
    ursprünglichen Zustand zurückzuführen.
    Die Ausgangslage war dabei sehr unterschiedlich: In einigen wenigen Fällen war die Orgel nahezu komplett
    in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten, so daß z.B. nur einige Pfeifen oder die Balganlage zu rekonstruieren
    war und alles übrige restauriert werden konnte. Solche Fälle wie z.B. die Baumeister-Orgel der ehemaligen

    Klosterkirche Maihingen von 1737 sind jedoch leider selten. Viel häufiger wurden historische Orgeln im
    Laufe der Zeit mehr oder weniger stark verändert, so daß ein mehr oder weniger großer Teil der Orgel re -
    konstruiert werden mußte, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Dies trifft auf die große
    Mehrheit der heute noch existierenden historischen Orgeln zu.

    PDF :

    http://www.google.de/url?sa=t&rct=j…17-dVnIOCRBoLGu

  • Schaut mal hier.Das ist eine sehr Interessante Doku über Sanierungen in der Lübecker Altstadt.Es geht unter anderem um den Neubau im Kolk und um eine Sanierung im Jakobi Quartier.

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    Lübeck, mein Lübeck, an der Waterkant
    Königin der Hanse, Perle am Ostseestrand.

  • Sanierung der Rathausarkaden

    Mal eine positive Meldung: Die längst überfällige Sanierung der Arkaden unter dem Langen Haus und der Renaissancelaube des Lübecker Rathauses ist inzwischen weit fortgeschritten. Ich habe heute ein paar Fotos davon gemacht:


    Abb.1: Arkaden unter dem Langen Haus. Die Gewölbe werden - wie links zu sehen ist - hell gestrichen (mir etwas zu weiß, aber ich will nicht meckern) und der Boden wird neu bzw. überhaupt gepflastert. Dabei wird sogar die ehemals unter dem breiten Joch hindurchführende historische Durchfahrt in Verlängerung der Hüxstraße von der Breiten Straße auf den Markt wieder angedeutet, wenn auch lediglich ebenerdig. Die schwarzen Kantsteine sind m.E. noch historsich.


    Abb. 2: Neue Pflasterung im Bereich der alten Durchfahrt


    Abb.3: Neu gestrichenes Gewölbe und neue Pflasterung in den Arkaden unter dem Langen Haus. Die Pflasterung besteht offenbar aus hellen Granitsteinen und -platten.


    Abb.4: Dem Zentrum des Weltkulturerbes unwürdiger Vorzustand bis 2019: Die gedunkelte alte Farbe rieselt vom Gewölbe, und der Boden ist eine einzige schäbige Asphalt-Flickschusterei.


    Abb.5: Die neue Pflasterung unter der Renaissancelaube am spätromanisch-gotischen Rathaus-Hauptbau. Die Gewölbefarbe finde ich hier deutlich angenehmer/wärmer. Vielleicht ist die auf den ersten Bildern zu sehende weiße Farbe unter dem Langen Haus ja auch nur eine Grundierung?


    Abb.6: Pflasterung unter den Renaissance-Arkaden im Detail - mit Desinfektionsanleitung :wink:.

    Alle Fotos von mir

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  • Possehl-Neubau in der Kupferschmiedestraße

    Und noch eine positive Meldung aus Lübeck: Der Büroneubau der Firma Possehl in der Kupferschmiedestraße ist fast fertiggstellt.

    Die Kupferschmiedestraße ist eine kleine Querstraße in der nordwestlichen Altstadt zwischen Becker- und Fischergrube, verlaufend in Nord-Süd-Richtung. Die Ostseite der Straße fiel leider komplett dem Bombenhagel von 1942 zum Opfer und wurde mit von der historischen Bauflucht deutlich zurückgesetztem und belanglosem Nachkriegs-Müll bebaut. Auf der Westseite erhielt sich in der nördlichen Hälfte die historische Bebauung; die südliche Hälfte der Westseite gehört zum Possehl-Komplex.

    Die Firma Possehl hat ihren Sitz in Lübeck an der Beckergrube Ecke Kupferschmiedestraße. Das alte Hauptgebäude ist ein neugotischer Bau von 1909 (laut Jahreszahl an der Fassade). An diesen schloss in der Kupferschmiedestraße eine niedrige Bürobebauung - wohl aus ähnlicher Zeit wie der Hauptbau - an. Die alte Bebauung erlitt Kriegsschäden und verlor u.a. ihr Dach. Durch das undichte Nachkriegsflachdach wurde der Bau mit der Zeit so geschädigt, dass eine Sanierung wohl nicht mehr möglich bzw. rentabel war und das Gebäuder seit langem leerstand. Eine Schönheit war dieser Bürobau nicht, daher trauere ich ihm trotz seines Alters nicht nach.

    Zu sehen ist der Altbau während der Abrissarbeiten in diesem LN-Artikel:
    https://www.ln-online.de/Lokales/Luebec…wird-abgerissen

    Der bereits fehlende/abgerissene Bereich rechts auf dem Artikelfoto sah so aus:

    Abb.1: Ehemaliger Possehl-Bürokomplex in der Kupferschmiedestraße, nördlicher Teil (August 2009). Es handelte sich bei dem oberen Teil sogar nur um eine Blindmauer, hinter der sich gar kein Gebäude befand. Man wollte damit die optische Lücke im Straßenverlauf schließen. Einfach nur schrecklich.

    Und jetzt zur Neubebauung:

    Abb.2: Links der neugotische Possehl-Hauptbau, dahinter der neue Bürobau, entworfen vom Lübecker Büro Heske Hochgürtel Lohse (HHL). In meinen Augen ist das ein ganz hervorragender Neubau, der die historischen Parzellen zwar nicht exakt aufgreift, aber immerhin andeutet. Offenbar hat man inzwischen verstanden, wie in der Altstadt gebaut werden sollte! Sogar Gesimse scheinen nicht mehr tabu zu sein. Lediglich an der Materialität kann man noch arbeiten. Hätte man den klassizistisch anmutenden Bau verputzt und den einzelnen Fassadenabschnitten verschiedene Farben verpasst, wäre es perfekt und von der historischen Bebauung auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden gewesen. Und, naja, die drei Gauben sind etwas "krass". Aber ich will mich nicht zu sehr beschweren - der Bau gefällt mir dennoch außerordentlich gut und ist an dieser Stelle ein schönes Stück Stadtreparatur. Gerne mehr davon, z.B. direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite!

    Weitere Ansichten:

    Abb.3: Die linke Seite des Neubaus mit dem neugotischen Eckbau an der Beckergrube


    Abb. 4: Und die rechte Seite mit dem Anschluss an die historische Restbebauung. Gerade diesen Anschluss finde ich durch die Einzelfassaden und den niedrigeren Zwischenbau sehr gelungen!


    Abb.5: Noch einmal der Übergang zur historischen Bebauung


    Abb.6: Noch einmal der südliche Teil mit alter Gaslaterne


    Abb.7: Der gesamte Komplex Richtung Süden


    Abb.8: Links ist die zurückgesetzte Nachkriegsbebauung zu erkennen. Hinter der Kreuzung mit der Beckergrube liegt die Straße Fünfhausen, die vor dem Krieg ebenfalls eine schmale Gasse war. Wiederum dahinter die Straße Schüsselbuden und die mächtigen Türme von St. Marien, über allem thronend.


    Abb.9: Noch einmal eine ähnliche Ansicht mit einem größeren Teil der historischen Bebauung. Der Neubau fügt sich auch aus dieser Richtung sehr gut ein! Gut gefällt mir auch das stark profilierte obere Abschlussgesims. Offenbar aus Beton, aber sei´s drum.


    Abb.10: Zum Schluss die Kupferschmiedestraße in der Gesamtansicht. Das linke Eckhaus an der Fischergrube, stammt wie die ganze linke Straßenseite aus der Nachkriegszeit. Ich hoffe, dass diese Seite auch irgendwann in naher Zukunft rehabilitiert werden wird.

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  • (...) Lediglich an der Materialität kann man noch arbeiten. Hätte man den klassizistisch anmutenden Bau verputzt und den einzelnen Fassadenabschnitten verschiedene Farben verpasst, wäre es perfekt und von der historischen Bebauung auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden gewesen. (...)

    Genau das war auch mein Gedanke. Durch die gleichförmige Fassadengestaltung/Farbe, wirkt die gesamte Gebäudefront auf einigen Bildern recht kulissenhaft. Aber trotzdem ein schönes Projekt.

  • Die gleichförmige Gestaltung soll sicher sichtbar machen, dass es sich um einen zusammengehörigen Komplex handelt. Ich finde hier ist dennoch ein sehr guter Kompromiss zwischen moderner Büronutzung und historischer Anmutung gelungen.


    Übrigens hier noch eine Zugabe, ein "Beifang": Mir ist heute vor Ort aufgefallen, dass das Haus Kupferschmiedestraße 10 sehr schöne neue "historische" Fenster im EG bekommen hat:

    Abb.1: Kupferschmiedestraße 10, EG. Ich hoffe nicht, dass die Fenster falsch ausgemessen wurden, sondern dass man hier die historische Fenstergröße rekonstruiert hat. Auch solche eher kleinen, aber nicht unerheblichen "Rekos" tragen zur deutlichen Verbesserung des Stadtbildes bei. Sehr schön und weiter so! :applaus:

    Abb.2: Kupferschmiedestraße 10, aktuelle Ansicht der kompletten Fassade. Da hier auch Farbproben zu sehen sind, vermute ich, dass die ganze Fassade saniert werden soll. Hoffentlich ersetzt man die schrecklichen Plastikfenster (?) in den OGs auch noch durch so schöne wie im EG!


    Abb.3: Zum Vergleich: Kupferschmiedestraße 10 im Vorzustand (August 2009)

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  • Danke für die Bilder, Frank. Die Possehl-Neubauten an der Kupferschmiedestraße sehen tatsächlich ziemlich gut aus, auch wenn ich ebenfalls finde, dass eine etwas variierende Farbgestaltung der einzelnen Fassadenabschnitte dem Bau besser gestanden hätte. Vor allem finde ich den Kontrast zwischen dem durchgehend hellgrau verputzten Erdgeschoss und den backsteinsichtigen Obergeschossen etwas zu stark.

    Der rechte Bauteil des Vorgängerbaus mit der Blindmauer im Obergeschoss war im Kern übrigens noch ein Vorkriegsbau. Das kann man auf diesem Foto aus der Zeit um 1945 gut sehen: https://www.bildindex.de/document/obj20…medium=fm932180 Dort ist mittig am linken Bildrand das Hauptgebäude von Possehl zu erkennen, das als einziges in der Ecke die Kriegszerstörung einigermaßen unbeschadet überstanden hat (wobei es glaube ich vor dem Krieg noch einen zweiten Giebel in Richtung Beckergrube hatte). Der Anbau an der Kupferschmiedestraße (rechts davon) hat bereits sein Flachdach und wiederum rechts davon ist die erhaltene Erdgeschosswand des anschließenden Gebäudes zu sehen.

    Das erwähne ich auch nur deshalb, weil wir letztes Jahr, während wir auf der Grabung Fischergrube / Ellerbrook am Gange waren, nebenbei auch die Abbrucharbeiten an der Kupferschmiedestraße beobachtet haben. Und da trat bei den Baggersondagen ein größtenteils erhaltenen Fußboden aus Jugendstilfliesen von Villeroy & Boch zutage, die wir soweit wie möglich auch geborgen haben.

    24047-kupferschmiedestr-altbau-jpg

    Das dürfte auch die unterschiedliche Farbigkeit der Backsteine (Erdgeschoss Vorkriegszeit, Obergeschoss jünger) auf dem Foto von Frank erklären.

    Dass sich bei Kupferschmiedestraße 10 etwas tut, ist ebenfalls sehr erfreulich. Die Plastikbefensterung hat mich schon lange gestört. Ich habe übrigens erst jetzt festgestellt, dass es sich dabei um ein Traufenhaus handelt. Ich hatte gedacht, das wäre eines von wahrscheinlich hunderten von ehemaligen Giebelhäusern, die im 19. Jahrhundert klassizistisch umgebaut und bei denen der Giebel einfach nur abgewalmt wurde.

  • Gerade diesen Anschluss finde ich durch die Einzelfassaden und den niedrigeren Zwischenbau sehr gelungen!

    Der Anschluss ist gelungen, keine Frage. Zu bemängeln ist aber die öde Beibehaltung der Fensterhöhe über die gesamte Länge.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das dürfte auch die unterschiedliche Farbigkeit der Backsteine (Erdgeschoss Vorkriegszeit, Obergeschoss jünger) auf dem Foto von Frank erklären.

    Ich kann mich noch daran erinnern wie die Kulissenwand über dem EG aufgemauert wurde. Es muss kurz vor meinem Foto von 2009 gewesen sein, erkennbar an den noch ganz neu aussehenden Steinen. Es war ja sicher gut gemeint, aber ausgesehen hat es nach Fabrikhinterhof. Naja, zum Glück ist das ja jetzt Geschichte.

    Werden die Betonelemente noch gestrichen? Übrigens ein wirklich ein toller Neubau und nochmal vielen Dank für deine Bilder.

    Ich habe zu dem Bauvorhaben leider keine weiteren Infos, glaube aber nicht, dass sich da noch etwas ändert. Schließlich ist das Gerüst ja auch schon weg.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)