Denkmalpflege und Denkmalschutz in Deutschland

  • Denkmalpflege: Rekonstruktion ist ein "gesellschaftliches Problem"

    http://www.denkmalpflege-hessen.de/Download/Pressefahrt/A001.pdf

    Moderationshinweis (Zeno):
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    Bitte beim Zitieren nur einen kleinen Teil des Textes wiedergeben. Das gilt auch, wenn das Werk als "Kurzfassung" bezeichnet ist.

  • Zitat

    Denkmalschutz oder die zeitgemäße Nutzung alter Gebäude?


    Eine Fragestellung, die einen Widerspruch impliziert, der nicht zwangsläufig besteht.

    Die zeitgemäße Frage müsste vielmehr lauten, warum staatliche Denkmalpflege die modernistische Überfrachtung von Kulturdenkmalen gutheißt? Beispiel Kapuziner, Rottweil: http://www.stimme.de/storage/pic/dp…0-2448-1819.jpg


    Quelle: Rottweil: Am Stammtisch:Denkmalschutz um jeden Preis? - Rottweil - Schwarzwälder Bote

    Jeder, der sich die Fähigkeit erhält Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.
    http://www.archicultura.ch

    Einmal editiert, zuletzt von zeitlos (19. März 2012 um 16:48)

  • Zitat

    Nach einer verletzungsbedingten Zwangspause ist Prof. Michael Goer wieder auf dem besten Weg zur Genesung, deshalb kann der am 21. März ausgefallene Kulturstammtisch jetzt nachgeholt werden. Neuer Termin ist Donnerstag, 26. April, ab 20 Uhr im Refektorium des Kapuziners.

    Zitat

    Prof. Goer ist schon seit über 30 Jahren im Denkmalschutz aktiv, seit 2007 als stellvertretender Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege und kann aus seiner Erfahrung viele Aspekte und Fragen zum Denkmalschutz abdecken. Fragen, die besonders auch in Rottweil immer wieder aufschlagen, etwa wenn es um die Abwägung zwischen Denkmalschutz oder der zeitgemäßen und komfortablen Nutzung alter Gebäude geht.

    Wie viele Eingriffe verträgt eine schützenswerte historische Bausubstanz? Soll ein Stadtbild, ein „schöner Schein“, um jeden Preis erhalten werden, so dass Neubauten aussehen, als stammten sie aus der Vergangenheit? Oder können in einer Stadt wie Rottweil original Altes und erkennbar Neues friedlich nebeneinander existieren, sich vielleicht sogar ästhetisch ergänzen?

    „kulturottweil“, der Dachverband der Kulturvereine Rottweils, will einen konstruktiven Beitrag zu diesem wichtigen Thema leisten, um so auch Traditionalisten, Pragmatiker und Modernisierer mit machbaren Lösungen zu konfrontieren. Prof. Goer wird nach seinem Vortag auch für eine Diskussion zur Verfügung stehen. Der Eintritt ist frei.

    Quelle: Denkmalschutz um jeden Preis? / Kulturstammtisch im Kapuziner - Neue Rottweiler Zeitung Online. Nachrichten aus der Region Rottweil.

  • Der Landeskonservator Detlef Karg findet in der Rekonstruktion keine Perspektive:

    Zitat

    Die preußischen Könige haben sich stets die besten Architekten der Zeit gesucht, die diese Stadt fortentwickelt haben. Das fehlt mir. In Potsdam geschieht zu viel Rekonstruktion, entsteht zu wenig gute zeitgenössische Architektur. Selbst bei Lückenschließungen guckt man oft nur, was da früher stand und baut es dann nach.

    Ansonsten viele interessante Perspektiven zum Denkmalschutz.

  • Die Wochenserie des Bremer Nachrichtenmagazins "buten un binnen" hat sich in der letzten Woche mit Bahnhöfen beschäftigt. Es geht um die Empfangsgebäude, die von der Bahn in den letzten Jahrzehnten aufgegeben wurden und die tlw. abrissbedroht waren. Am Beispiel von 5 Bahnhöfen wird hier gezeigt, was man aus diesen Gebäuden alles machen kann, von Kultur über Gastronomie bis zu Wohnen:

    Diese 5 Bahnhöfe in Bremen und umzu wurden zu neuem Leben erweckt

  • Ein Video über den niemals endenden Streit, wie viel Auflagen gerade richtig sind. Scheint in Baden-Württemberg gerade auf die Tagesordnung der Politik sich zu platzieren:

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  • Zu wenig Auflagen und das Denkmal wird zerstört, zu viele Auflagen und die Leute werden von den Kosten erschlagen.

    Da kann nur der Mittelweg die Lösung sein.

    "Moderne Architektur heißt seit über 50 Jahren: Rechtwinklig, weiß, kahl, leer, gebaut von immer schwarzgekleideten Architekten."

    -Gerhard Kocher

  • Gut, Plastikfenster, synthetische Dämmstoffe oder grelle Farben, wie in dem Filmbeitrag angesprochen, können für Denkmale wohl keine Lösung sein. Vielleicht wäre ein gesellschaftliches Umdenken vonnöten. Bau- und Kulturdenkmale sind ein Wert für die Gemeinschaft, nicht nur den Eigentümer. Sie geben (nach außen) ein attraktives Stadtbild und bewahren (im Inneren) altes Wissen.

    Hierzulande wird vor allerei Sachen Steuergeld herausgeschmissen, warum also nicht übernimmt der Staat bei einem Baudenkmal die Mehrkosten im Vergleich zur Renovierung eines Neubaus? Plastikfenster einzubauen kostet den Betrag X, Holzfenster den Betrag X+Y. Also übernimmt der Staat auf Antrag Betrag Y. Außerdem gehören die Verfahren für Bauherren radikal beschleunigt. Das betrifft allerdings alle behördlichen Verfahren, die heute teils quälend langsam bearbeitet werden. Im Gegenzug müssen die Denkmal-Immobilien-Besitzer bei Inanspruchnahme der Hilfen verpflichtet werden, Ihre Immobilien ein paar Jahre lang an "Tagen des offenen Denkmals" für Führungen der Öffentlichkeit zu öffnen.

  • Außerdem gehören die Verfahren für Bauherren radikal beschleunigt. Das betrifft allerdings alle behördlichen Verfahren, die heute teils quälend langsam bearbeitet werden.

    Wie soll das gehen bei oft nötigen Begehungen, Abstimmung über viele Details, Verhandlungen, Kompromisse? Zum einen soll es unbürokratisch sein, zum anderen möchte man aber doch eine recht angepasste Ausführung vorgegeben haben. Das klingt für mich wie ein Widerspruch.

  • Hierzulande wird vor allerei Sachen Steuergeld herausgeschmissen, warum also nicht übernimmt der Staat bei einem Baudenkmal die Mehrkosten im Vergleich zur Renovierung eines Neubaus? Plastikfenster einzubauen kostet den Betrag X, Holzfenster den Betrag X+Y. Also übernimmt der Staat auf Antrag Betrag Y. Außerdem gehören die Verfahren für Bauherren radikal beschleunigt.

    In Nürnberg stößt die Stadt lieber Denkmäler ab, um nicht an den Sanierungskosten zu hängen zu bleiben. Beispiel: Das Pilatushaus.

    Und was die Beschleunigung von Verfahren angeht: Wenn schon die Verfahren beim "Bauen von der Stange" den Bauherren zu lange dauern, obwohl hier Rezepte per Copy-Paste vervielfältigt und wiederverwendet werden können, keine Voruntersuchungen an der Substanz notwendig sind etc. dann kann eine Beschleunigung am Denkmal eigentlich nichts gutes für das Denkmal bedeuten.

    Mir gehen oft eher andere Wege durch den Kopf: Denkmäler gehören in verantwortungsvolle Hände. Sie müssen also in den Besitz derer gelangen können, die sich dafür wirklich interessieren und den Mehraufwand enthusiastisch angehen. Durch Erbschaft oder sonstige Motive geraten ja Denkmäler oft die Hände von Leuten, die mit der Denkmaleigenschaft nichts anfangen können sondern nur maximalen Gewinn aus der Situation machen wollen. Zur Not durch Verwahrlosung und Niederbrennen bis zur Unrettbarkeit. Ein Denkmal sollte also nur derjenige erwerben oder erben dürfen, der erklärt das er alle Vorkehrungen zu dessen Erhalt und Pflege rechtzeitig übernimmt oder einem Dritten (z.B. der öffentlichen Hand) die Ersatzvornahme durch Abtreten des Besitzes mit Entschädigung abgilt.

  • In Nürnberg stößt die Stadt lieber Denkmäler ab, um nicht an den Sanierungskosten zu hängen zu bleiben. (...) Ein Denkmal sollte also nur derjenige erwerben oder erben dürfen, der erklärt das er alle Vorkehrungen zu dessen Erhalt und Pflege rechtzeitig übernimmt oder einem Dritten (z.B. der öffentlichen Hand) die Ersatzvornahme durch Abtreten des Besitzes mit Entschädigung abgilt.

    Soll der Erbe den Besitz abtreten und noch eine Entschädigung an die öffentliche Hand zahlen? Dann wird er das Erbe gar nicht antreten und das Gebäude fällt ohne Entschädigung an die öffentliche Hand. Ob das dann im Sinne des Verstorbenen ist, ist eine andere Sache, denn es ist faktisch eine Enteignung seiner Nachkommen.

    Oder soll die öffentliche Hand eine Entschädigung zahlen? Wenn es so gemeint ist, dass die öffentliche Hand eine Entschädigung zahlt, wird sie sich bedanken. Denn sie drückt sich ja bereits heute, wie oben erwähnt, um Sanierungskosten. Dann hat sie (wie in Variante 1) die ungeliebte Immobilie an der Backe und darf dem Erben noch zusätzlich Geld als Entschädigung zahlen.

    Sorry, das geht nicht. Die Erben sollten vielmehr - so mein obiger Vorschlag - finanziell von der öffentlichen Hand unterstützt werden. Das käme auch die öffentliche Hand günstiger, denn sie müsse ja nicht die kompletten Sanierungskosten, sondern nur den Mehrpreis der Denkmalsanierung tragen. Und viele Erben sind schließlich bereits heute durch Erbschaftssteuer, Grundsteuererhöhungen und Co. gebeutelt. Geeignete Käufer für Sanierungsimmobilien zu finden, ist auch nicht immer einfach. Die Finanzlage der meisten Bürger dürfte in Zukunft nicht besser werden. Wenn da der Staat nicht mit Hilfen gegensteuert, drohen Verwahrlosungen von Denkmal-Immobilien im großen Stil.

    Andernfalls läuft das System Gefahr, dass massenhaft Denkmale abgerissen werden. Die öffentliche Hand will die ihr auf von "Nothor" beschriebene Weise zugefallenen Gebäude nicht, Käufer schrecken zurück (von löblichen Initiativen wie den Altstadtfreunden Nürnberg abgesehen), somit werden die Kommunen Druck auf die Denkmalbehörden ausüben, den Schutzstatus aufzuheben bzw. Abrissen zuzustimmen, um die städtischen Finanzen zu entlasten.

    Anders sieht es bei Käufern aus. Da könnte man in den Kaufvertrag Klauseln einbauen, die zu einer denkmalgerechten Sanierung innerhalb einer bestimmten Frist verpflichten.

  • Aber genau das ist ja das Problem.

    Die "Öffentliche Hand", das sind einerseits die Kommunen mit eigenem Immobilienbestand - einige haben Wohnungen dabei, andere Kommunen reduzieren ihren Immobilienbestand auf das allernötigste und treten lieber als Mieter am Markt auf. Und andererseits sind es die Denkmalschutzbehörden, die wiederum allen "Opfern" teils als unzumutbar empfundene Auflagen machen, aber quasi nichts dafür zu zahlen. Und "Opfer", das sind die "Glücklichen", die eine Immobilie besitzen, die mit dem Makel behaftet ist, in der Denkmalliste verzeichnet zu sein. Und ich rede erstmal nur von denjenigen die sich ärgern, denn die anderen wie die Nürnberger Altstadtfreunde, die würden womöglich auch ohne jegliche staatliche Unterstützung ein Haus erhalten.

    Dass die Lösung sein soll, diesen Besitzern mehr Geld für die Erhaltung der Denkmäler zu geben, liegt zwar nahe, erscheint mir aber unrealistisch. Die Realität lässt eher befürchten, dass man die Auflagen lockert, auch um Denkmäler energetisch aufzurüsten (ist grade Trend), auf Kosten des Denkmalwertes und seiner Ästhetik. Ebenso vermute ich, dass es auch von Seiten des Staates Anstrengungen geben könnte, die Liste der Denkmäler nicht weiter anwachsen zu lassen oder wieder welche zu streichen, weil es die meisten Hausbesitzern (=Opfer) ohnehin ablehnen (Bevormundung) und die Fördertöpfe zu klein sind.

    Daher überlege ich mir schon seit Jahren, dass man einen Modus finden müsste, das die Denkmäler auch in geeignete Hände gibt. Ein Denkmal ist nunmal etwas anderes als eine Renditekiste und gehört daher auch in Hände derjenigen, die sich über Renditeüberlegungen hinaus darin engagieren wollen. Beispiel: Hätten die Altstadtfreunde das Haus zum Savoyischen Kreuz erworben würden wir heute sicherlich alle ganz genau wissen, was damit passieren wird. Vermutlich ist es nun aber im Besitz von jemandem, der eigentlich nichts damit anfangen kann/wird und womöglich nur damit spekuliert.

    Ein guter Bekannter von mir sucht schon seit Jahren ein denkmalgeschütztes Haus zum Kauf zum Selbstbewohnen. Bei entsprechenden Angeboten geht er regelmäßig leer aus, zu spät, zu niedriges Gebot. Und andere, die ein Objekt kaufen in dem Bewusstsein, dass es ein Denkmal ist, streiten sich dann mit den Behörden und Vereinen herum, weil sie die Auflagen ablehnen und man ja eigentlich etwas modernes, zeitgemäßeres daraus machen müsse.

    Im Grunde funktioniert der Immobilienmarkt hier nicht, Denkmäler müssten auf einem gesonderten Markt gehandelt werden. Und unabhängig davon steht m.E. viel zu viel nicht unter Denkmalschutz. Das hat aber sicherlich auch mit den zu kleinen Fördertöpfen dafür zu tun. Ich befürchte, dass der Zeitgeist demnächst gewaltige Summen für energetische Sanierung bereitstellen wird mit gleichzeitiger Herabsetzung der Auflagen für Denkmäler. Davon steht soweit ich weiß ja auch einiges in der Streichliste des UBA.

  • Ich glaube, wir reden von zwei völlig unterschiedlichen Eigentümer-Typen, denen eine solche Immobilie zufällt.

    Typ 1: Du redest von Immobilien-Spekulanten (wie offenbar im Fall des Sayoischen Kreuz in Nürnberg), die sich solche Häuser aus Rendite-Gründen kaufen, um dann abzureißen oder nach ein paar Jahren weiter zu verkaufen. Diesen Leuten einen Riegel vorzuschieben, bin ich ganz Deiner Meinung. Ich habe dies mit der Idee von Klauseln zur Sanierungsverpflichtung in Kaufverträgen angesprochen.

    Typ 2: Ich spreche von Erben. Also z.B. eine Oma, die ihrem Enkel ihr Haus vermacht hat. Der Enkel, ein kleiner Arbeiter oder Angestellter, wird nun mit einer Immobilie konfrontiert, die er womöglich gar nicht verkaufen will (an Typ 1), sondern halten möchte. Womöglich aus sentimentalen Gründen, weil er dort die Kindheit verbrachte, oder weil er selbst dort wohnen möchte. Nun wird er nicht nur u.a. mit Erbschaftssteuer und einem Gebäude mit mindestens 30-jährigem Sanierungsstau belastet, sondern auch mit teuren Denkmalschutzauflagen, die er sich eigentlich gar nicht leisten kann, ohne in Privatinsolvenz gehen zu müssen. Und diesen Leuten muss der Staat massiv helfen, ihre Immobilien denkmalgerecht zu erhalten, da auch ein gemeinschaftliches Interesse an diesem Erhalt besteht. Meine Meinung.

  • Zu Typ 2: Diesen Typen dürfte es garnicht so oft geben. Denn auch wenn derjenige ein Nicht-Denkmal erbt, wird Erbschaftssteuer fällig, das ist also kein Problem des Denkmalschutzes. Und Denkmalauflagen greifen doch nur dann, wenn man Hand anlegen will. Wenn man alles so lassen will wie es ist hat man kein Problem. Wenn es Sanierungsstau gibt, dann muss man eben genau das tun was man sich leisten kann. Aber auch das ist bei einem Nicht-Denkmal das gleiche. Zwar sind hier die Handlungsfreiheiten höher, aber Sanierungskosten hat man hier auch. Und wie gesagt, wenn man sich nun darüber ärgert, dass man Mehrkosten hat weil es ein Denkmal ist, und nicht deshalb, weil man es stilecht und denkmalgerecht machen will, dann ist man eben kein Denkmaltyp. Bitte suche dir eine andere Immobilie!

    Ich persönlich habe irgendwie keinerlei Mitleid mit Erben, die von Oma ein Denkmal erben und daraus ein hypermodernes Ufo machen wollen und sich ärgern, dass sie das nicht dürfen. Man darf auch an ein Auto nicht alles dran schrauben was man will.