Denkmalpflege und Denkmalschutz in Deutschland

  • Ich schrieb von zusätzlichen Ausgaben für das Denkmal. Erbschaftssteuer und Sanierungskosten hat ein Eigentümer natürlich auch für einen Neubau zu tragen. Nichts anderes habe ich geschrieben. Dass ich Erbschaftssteuer für bereits mehrfach besteuerte Immobilien für reine staatliche Abzocke halte, habe ich bislang nicht mal erwähnt, denn darum geht es ja in dieser Diskussion nicht. Wobei, das sei auch erwähnt, bei Denkmalimmobilien manchmal Erlasse möglich sind.

    Es geht darum, dass einer ein Haus erbt, und dann nicht die kaputten Fenster einfach austauschen kann. Dass er nicht das marode Treppengeländer austauschen kann (nicht mal passend austauschen) darf, sondern die Substanz aufwändig erhalten muss. Dass er nicht Dachziegel, sondern Schieferplatten verwenden muss. Usw.

    Meine These ist, dass wenn Denkmalschutz gesellschaftlich gewünscht ist, dann eben die Gesellschaft auch die Kosten dafür zu einem großen Teil übernehmen sollte. Sonst droht in Zukunft Unheil.

    Aber ich sehe, von Deiner Seite aus scheint keine Bereitschaft dafür zu bestehen. Dieser Maximalismus wird dann eben - gerade angesichts einer bevorstehenden langsamen Verarmung der Privathaushalte in Deutschland (die Inflation zieht jetzt ganz langsam an) - zu einem Mehr an Verfall, Austragungen aus Denkmallisten und schließlich genehmigten Abrissen führen. Meine Prophezeihung. Jedem so, wie er es bestellt hat.

  • Ich verstehe dich schon, aber die Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung wird eine andere sein:

    Wenn ich mit meinen Steuermitteln Denkmäler aufwändig erhalten muss, dann soll man doch bitte noch mal streng darüber nachdenken, was wirklich ein Denkmal sein muss. Und dein Beispiel von dem Treppengeländer im von Oma geerbten Haus wird dann halt einfach von der Auflagenliste gestrichen, denn das Geländer bekommt Otto-Normalbürger ja ohnehin nie zu sehen, da Privathaus. Warum soll ich mit meinen Steuergeldern die Stuckdecken derer mitfinanzieren, die da in ihren tollen Altbauten wohnen? Oder eine Holztreppe, die ich nie sehe? Von dem Geld kann man besser neue Straßen, Schulen, Kitas bauen.

    Es geht darum, dass einer ein Haus erbt, und dann nicht die kaputten Fenster einfach austauschen kann. Dass er nicht das marode Treppengeländer austauschen kann (nicht mal passend austauschen) darf, sondern die Substanz aufwändig erhalten muss. Dass er nicht Dachziegel, sondern Schieferplatten verwenden muss. Usw.

    Wenn er es sich nicht leisten kann, das Denkmalgerecht zu sanieren, dann sollte es Wege geben, dass er es quasi gegen ein Haus tauschen kann, bei dem er diese Auflagen nicht hat. Manche Leute erben ja auch alte Autos, Gemälde oder soetwas, woran sie kein Erhaltungs- oder Besitzinteresse haben. Dann wirds verkauft. Warum soll das bei einem Denkmal anders sein?

    Aber im Grunde ist es das Problem, dass der der Denkmalschutz, wie wir ihn in Deutschland betreiben, sehr ambivalent ist. Zu einen ist es ausartender Substanzfetischismus von einigen verkopften Denkmalschützern, wodurch dieses berühme Beispiel "darf man keinen Nagel in die Wand hauen" herrührt, und zum anderen soll Denkmalschutz expliziert nicht dazu dienen, "nur Schönes" zu erhalten oder aktive Stadtbildentwicklung zu fördern. Es geht oft leider tatsächlich nur um das Sammeln von Steinen und Holzlatten.

  • Die Erbschaftsteuer dürfet bei dem erwähnten Beispiel des alten von der Oma an den Enkel vererbten Hauses mit einem Sanierungsstau von Jahrzehnten kein Problem sein.

    Die Freibeträge sind hier 400.000 Euro bzw. 200.000 Euro, wenn die Eltern des Enkel noch leben. Die Steuersätze sind hier von 7% beginnend. Das alte unsanierte Fachwerkhaus dürfte kaum einen Verkehrswert von 200.000 Euro haben.

    Anders mag das sein, wenn ein Gründerzeitmiethaus in Frankfurt Nordend vererbt wird. Bei einem von Oma an Enkel vererbten Haus mit einem Wert von 1,5 Millionen Euro fällt Erbschaftsteuer in Höhe von 151.950 Euro.

  • "Andreas", anders herum. Wenn die Eltern des Enkel noch leben, sind es 400.000, bei toten Eltern 200.000. (Siehe hier) Solche Beträge sind im Rhein-Main-Gebiet derzeit rasch erreicht. Auch beim alten Fachwerkhaus. Es war aber auch nur ein Beispiel. Nehmen den Neffen des kinderlosen Onkels. Dann liegt der Freibetrag nur bei 20.000 Euro. Allerdings gibt es bei Denkmalstatus gewissen Erlass-Möglichkeiten. Wie gesagt, nur ein Beispiel.

    Wenn ich mit meinen Steuermitteln Denkmäler aufwändig erhalten muss, dann soll man doch bitte noch mal streng darüber nachdenken, was wirklich ein Denkmal sein muss. Und dein Beispiel von dem Treppengeländer im von Oma geerbten Haus wird dann halt einfach von der Auflagenliste gestrichen, denn das Geländer bekommt Otto-Normalbürger ja ohnehin nie zu sehen, da Privathaus. Warum soll ich mit meinen Steuergeldern die Stuckdecken derer mitfinanzieren, die da in ihren tollen Altbauten wohnen? Oder eine Holztreppe, die ich nie sehe? Von dem Geld kann man besser neue Straßen, Schulen, Kitas bauen.

    So funktioniert Denkmalschutz aber derzeit nicht. Hier zum Beispiel ein Haus in Offenbach, dass insgesamt nicht als denkmalwürdig eingestuft wurde. Die Salons mit Stuckdecke im Inneren stehen aber unter Denkmalschutz.

    Zitat:

    Zitat

    Zwar genießt den Schutz nicht das Haus insgesamt. Die beiden Salons aber müssen erhalten bleiben, was immer mit dem Übrigen geschehen mag. Schutzwürdig erscheinen die beiden Räume vor allem wegen ihrer schmückenden Stuckdecken aus der Goldner-Zeit.

    (https://www.offenbach.de/kultur-und-tou…ldenes-haus.php)

  • Wenn die Eltern des Enkel noch leben, sind es 400.000, bei toten Eltern 200.000. (

    Nein, genau anders herum (macht auch Sinn , weil die Eltern des Enkels ja auch Freibeträge nach deren Eltern ,die die Großeltern des Enkels sind haben.


    In der Tat sind die Freibeträge im Rhein-Main-Gebiet schnell erreicht. Aber es geht bei Deinem Beispiel ja um das alte, ewig nicht sanierte, denkmalgeschützte Einfamilienhaus.

    Den Standpunkt Erbschaftssteuer sollte bei nahen Verwandten gar nicht anfallen, halte ich auch für richtig.

    Deiner Argumentation, dass bei denkmalgeschützten Immobilien der denkmalbedingte Mehraufwand vom Steuerzahler, sei es durch Subventionen oder Steuererleichterungen, getragen oder zumindest mitfinanziert werden soll, stimme ich auch vollumfänglich zu. Es besteht ein öffentliches Interesse am Erhalt der Baudenkmäler. Dies gilt auch dann, wenn die denkmalgerecht sanierten Innenräume der "Steuerzahler" nie oder selten zu Gesicht bekommt. Das der Eigentümer dann in den Genuss der Nutzung kommt, ist aus meiner Sicht in Ordnung. erstens hat er sich für die Sanierung entschieden und auch den damit verbundenen Ärger, was zu belohnen ist und darüber hinaus ist auch nur ein genutztes Baudenkmal mittelfristig zu erhalten.

  • Im Prinzip beteiligt sich der Staat heute schon in anderen Bereichen sehr intensiv in der privaten Immobilienwirtschaft, indem er unverzinste Kredite gibt und Sonderabschreibungen. Ob er das für eine neue Heizung macht oder ein schönes Denkmalgeländer ist da ja eigentlich egal. So muss der Steuerzahler auch nicht übermäßig stark belastet werden und doch erreicht man, was staatlich/gesellschaftlich gewünscht ist.

  • So funktioniert Denkmalschutz aber derzeit nicht. Hier zum Beispiel ein Haus in Offenbach, dass insgesamt nicht als denkmalwürdig eingestuft wurde. Die Salons mit Stuckdecke im Inneren stehen aber unter Denkmalschutz.

    Das ist regional wohl sehr unterschiedlich. Denkmalrecht ist Landesrecht, und wird durch die Kommunen mit Leben gefüllt. In Nürnberg ist man davon abgekommen, einzelne Bauteile wie Gartenzäune oder Stuckdecken unter Denkmalschutz zu stellen. Das sagte mir der Leiter des Denkmalamtes persönlich. Weswegen? Keine Ahnung, aber man kann es sich denken. So muss nun ein Bauwerk, das auf Denkmaleigenschaft geprüft wird, deutlich mehr Substanz mitbringen um es auf die Liste zu schaffen, da ein einzelnes Element nicht mehr denkmalfähig ist. Regelmäßig wird das nicht erfüllt, und dann muss man sich halt auch nicht mehr um die Details, die dazu auch oft noch unzugänglich sein könnten, kümmern.

  • "Andreas", anders herum. Wenn die Eltern des Enkel noch leben, sind es 400.000, bei toten Eltern 200.000. (Siehe hier) Solche Beträge sind im Rhein-Main-Gebiet derzeit rasch erreicht. Auch beim alten Fachwerkhaus. Es war aber auch nur ein Beispiel. Nehmen den Neffen des kinderlosen Onkels. Dann liegt der Freibetrag nur bei 20.000 Euro.

    Das eigentliche Problem liegt doch in der Gleichbehandlung von flüssigem und gebundenen ererbtem Vermögen. Gerecht wäre es, letzteres erst nach Wiederveräußerung zu besteuern, um eine mögliche erzwungene Verschuldung des Erben zu vermeiden und damit den Sinn des Vererbens auf den Kopf zu stellen.

  • Das eigentliche Problem liegt doch in der Gleichbehandlung von flüssigem und gebundenen ererbtem Vermögen. Gerecht wäre es, letzteres erst nach Wiederveräußerung zu besteuern, um eine mögliche erzwungene Verschuldung des Erben zu vermeiden und damit den Sinn des Vererbens auf den Kopf zu stellen.

    Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen! Genau diese Ungleichbehandlung war es in Österreich, dass eine (benachteiligte) Erbin in Straßburg dagegen klagte, weil in unserer Verfassung steht, dass Gleiches nicht ungleich behandelt werden darf! Ergebnis war, dass der Klägerin Recht gegeben wurde. Die österreichische Regierung hat als direkte Folge die Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschafft und wir Ösis freuen uns seitdem, dass bereits versteuertes Vermögen nunmehr zum Vermögensaufbau unentgeltlich endlich an zb die eigenen Kinder weitergegeben werden kann! Zum Beispiel zur Sanierung der eigenen, denkmalgeschützten Liegenschaft! Finde ich gut.

  • Interessante Randnotiz aus dem letzten Jahr.

    Zitat

    Unerheblich sei, dass die zwischen 1996 und 1999 errichteten Gehry-Bauten noch der Gegenwartsepoche zuzurechnen seien. Der Begriff des „Denkmals“ setze laut Gericht nicht voraus, dass das Objekt aus einer abgeschlossenen historischen Epoche stammen müsse. Die Denkmaleigenschaft sei nicht von einem Mindestalter abhängig [Herv. Anm. des Verf.] . Damit könnten auch jüngere, ja sogar zeitgenössische Objekte Denkmäler sein.

    https://rp-online.de/nrw/staedte/du…tz_aid-62415365

  • Absolute Katastrophe. Wohin das führt, wenn man Entscheidungen in Sachen Denkmalschutz weiter nach unten delegiert, sieht man in Bayern. Früher eines der strengsten Gesetze überhaupt, vorbildhaft (womöglich auch für NRW) und in den letzten 15/20 Jahren systematisch ausgehöhlt. Da ruft dann der Bürgermeister seinen Spezl im Landratsamt an (Stadtrat hat vorher sowieso schon zugestimmt) und so schnell schaut man nicht, so schnell ist plötzlich die "Wirtschaftlichkeit" bei einer Sanierung nicht mehr gegeben und das Haus kann fallen. Dazu kommt eine immer geringere Förderung und immer weniger Personal in den Denkmalbehörden.

  • Es läge dann eigentlich an den Bürgern, solche Leute abzuwählen und solche offenkundige Vetternwirtschaft zu unterbinden. Schließlich könnten sie ja auch einen Kandidaten wählen, der sich für den Erhalt und die Pflege des historischen Ortsbildes und der regionalen Traditionen einsetzt. Theoretisch könnten sie sogar für einen Kandidat stimmen, der für deutlich schärfere Auflagen plädiert. Aber vermutlich versagt auch hier der Wähler als Kontrollgremium und Souverän.

  • Es läge dann eigentlich an den Bürgern, solche Leute abzuwählen und solche offenkundige Vetternwirtschaft zu unterbinden. Schließlich könnten sie ja auch einen Kandidaten wählen, der sich für den Erhalt und die Pflege des historischen Ortsbildes und der regionalen Traditionen einsetzt. Theoretisch könnten sie sogar für einen Kandidat stimmen, der für deutlich schärfere Auflagen plädiert. Aber vermutlich versagt auch hier der Wähler als Kontrollgremium und Souverän.

    Natürlich versagt er, denn die Lokalpresse wird schon dafür sorgen, dass sich das Framing der "Schrottimmobilie" durchsetzt und der Neubau als wichtiges Herzstück der "Revitalisierung" einer Gemeinde verkauft wird. Wie soll da ein Wähler zu einer souveränen Entscheidung auf sachlich-neutraler Basis kommen?

    (oft genug beobachtet)

  • Zur Zeit läuft eine Diskussion um den Verbleib der Panzer am sowjetischen Ehrenmal. Vergleicht man damit die Situation an der Garnisonkirche, wo die Waffendarstellung abgelehnt wird, scheint sich der bekannte Satz zu bestätigen: "Ein Gewehr ist eine gute Sache, wenn es für eine gute Sache ist". Der Krieg in der Ukraine zwingt zum Nachdenken.

  • Im Grunde brauchts da mal eine Instagram- oder Twitter-Seite, die nur dieses Framing aufs Korn nimmt. Die zeigt, welch wunderbaren Bauten die tumbe Lokalpresse als "Schrott", "Schandfleck", "Ruine" und Co. betitelt und betitelt hat, und was daraus noch wunderbares werden kann.

    Zur allgemeinen Bewusstseinsbildung ist das sicher eine gute Idee. Konkret, also bei anstehenden Abrissen, wird sie aber erst einmal wenig verändern. Denn wenn z.B. in Kulmbach ein Abriss geplant ist, werden die dortigen Bürger und Kommunalpolitiker vermutlich nicht erst nach dieser Seite googlen, um sich vorab dadurch zum Widerstand inspirieren zu lassen. Möglichenfalls werden sie die betreffende Twitter-Seite gar nicht kennen. Also, ich will damit sagen, dass eine solche Seite womöglich Einzelne erreicht und deren Bewusstsein schärft. Das hat aber nur sehr langfristige Auswirkungen.