• Beide Zitate haben für mich sogar etwas miteinander zu tun. Diese "Space"-Allüren vieler junger bzw. "junggebliebener" Architekten hat etwas mit fortdauernder Infantilität zu tun. Man ist mit der Comic- und Trash-Science-Fiction-Kultur aufgewachsen. Hat in der Jugend Heftchen gelesen und B-Movies geschaut. Von klassischer Bildung indes ist nicht mehr viel übrig. Man ist also ein Kind der amerikanischen Unterhaltungskultur. Und deren Produkte findet man irgendwie immer noch lustig, teils aus nostalgischen Motiven, teils aus Belustigung über den in der Vorgängergeneration produzierten Filmtrash. So verbinden sich infantiler Jux und U-kulturelle Prägung durch Kreation solcher architektonischer Produkte.

    hahahaha, genial!!!! Habe es selten so gut auf den Punkt gebracht gesehen! :applaus:cclap:)

    Infantilität und Amerikanisierung hab ich diesen Leuten auch schon oft vorgeworfen, und dass der Dresdner Postplatz inzwischen wie eine Persiflage auf "Star Trek" aussieht. Aber die Ursprünge auf Comic-strips und die gesamte westliche (un-)Kultur zu beziehen, darauf kam ich in dieser Weise noch nicht. Kompliment, Heimdall !

    In Wahrheit sind auch m.E. nicht diejenigen "nostalgisch", die auf eine Reformierung der Architektur drängen, sondern diejenigen die sich offenbar nach ihrer Kindheit in den 60ern zurücksehnen und Angst vor der eigenen Kultur haben, sich daher in die infantile Trash-Cultur der Marvel-Comics etc. flüchten. Volle Zustimmung. :daumenoben::blumen:

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Leider scheint sich die Stadt immer mehr zu einer Spielwiese für egozentrische Architekten zu entwickeln, denen das Stadtbild völlig wurscht ist:

    http://www.gat.st/en/news/und-ha…neue-kommodhaus

    Zitat:

    Frische, auch provozierende Akzente zu setzen, ist eine Aufgabe der Architektur. Auch und besonders im dichten historischen Geflecht der Grazer Altstadt.

    Will wohl heißen: Der Grazer Altstadt steht in den kommenden Jahren noch einiges bevor!

  • Also:
    vorher: http://www.gat.st/sites/default/…nd_20111005.jpg
    nachher: http://www.gat.st/sites/default/…0111005_png.png

    Es ist unübersehbar, wie das Stadtbild und die Gefühle der in der Stadt lebenden Menschen mit Füßen getreten werden. Offenbar haben es sich einige zur Aufgabe gemacht, das "dichte historische Geflecht" der Altstadt nun restlos zu zerstören, bis nur noch solch wichtigtuerische Betonungetüme rumstehen, deren Ansammlung man nicht mehr als lebenswerten Lebensraum wahrnehmen kann. Die Architekten spielen ihre Spielchen, aber leider nicht im Sandkasten, sondern in der Realität. Schöne neue Welt. Die Bindung der Menschen an ihre Heimat soll ja ohnehin zerstört werden, da kommt so ein Monsterbau gerade recht...

  • Wirklich gruselig dieser Vorgang. Man ersetzt ein gemütliches historisches Gebäude, um einem selbstverliebten hässlichen Klotz Platz zu geben, der einer Krebswucherung ähnelt. Das als "hochwertige zeitgenössischer Architektur" zu bezeichnen ist in diesem Zusammenhang nur noch ein Witz. Es geht den piefigen Stadtoberen doch ganz offensichtlich nur darum, sich im Lichte eines vermeintlichen "Stararchitekten" zu sonnen - einach nur peinlich. :kopfwand: Die Verantwortlichen gehören durch Bürgerprotest und bei den nächsten Gemeindewahlen zur Rechenschaft gezogen. Für das Stadtplanungsamt und die Stadtbaudirektion ist offenbar Bürgermeister Siegfried Nagl von der ÖVP zuständig.

  • Das Alte Gewächshaus von 1889 im Botanischen Garten der Universität Graz wird nach Jahren des Verfalls saniert, wobei die Anbauten aus den 40er Jahren abgerissen werden.

    Zitat

    In den 1940er-Jahren wurden fünf niedrigere Gewächshäuser angebaut, die jetzt abgerissen werden. Zeitgleich mit den Abbrucharbeiten, die mit dem Bundesdenkmalamt akkordiert sind, startet auch die Planungsphase für die Sanierung. Die Bauarbeiten sollen dann 2019 beginnen und im darauffolgenden Jahr abgeschlossen werden.

    Für die Zeit danach hat das Institut für Biologie ein Konzept erstellt. Das Gewächshaus soll demnach als Anzuchthaus für Alpin- und Kalthauspflanzen genutzt werden. Zudem werden Experimentalbereiche und Forschungsplätze für die Wissenschaft geschaffen. Und als universitäre Veranstaltungsstätte soll das Bauwerk künftig auch dienen.


    Altes Gewächshaus wird jetzt saniert


    Graz Schubertstrasse Glashaus me 024 [CC BY-SA 3.0 at (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/at/deed.en) or CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], by E.mil.mil (Own work), from Wikimedia Common

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Während Deutschland die Pflicht zum Solardach diskutiert und die Bewahrung der Dachlandschaften im Sinne von Denkmal- oder Stadtbildpflege erstaunlich wenig bis keine Beachtung erfährt (entsprechend sehen die deutschen Dachlandschaften auch aus), erhalten diese insbesondere und bekanntermaßen in alten Schweizer Stadt- und Ortskerne glücklicherweise umso mehr Aufmerksamkeit. Bern als große Schweizer Stadt dürfte auf Grund seiner Geschlossenheit nicht zuletzt dieser Qualität wegen noch einigen Interessierten bekannt sein. Auch das österreichische Graz pflegt offenbar seine historische Dachlandschaft in eindrucksvoller Weise wie dieser Bericht zeigt: https://tvthek.orf.at/profile/Steier…hv7_OwIqRvAtnc4

  • Na ja... bei 17.30 sieht man auch schön das alles andere als Altstadt-mäßige Kastner und Öhler-Gebäude. Natürlich ist Graz so etwas wie ein nationales Denkmalschutz-Vorzeigeprojekt. Nachdem man, was die Dachlandschaft betrifft in Wien völlig versagt hat bzw dem Investorendruck nachgegeben und in Salzburg auch nichts zuwege gebracht hat, versucht man halt in Graz sein Ansehen zu retten...

    Auch in D wird es Städte geben, die ihre Dachlandschaft retten, zB Bamberg. Und auch in gewissen zerstörten Städten scheint man Wert auf die Dachlandschaft zu legen. Ich denke, dass Solardächer eher ein Problem für die relativ selten gewordenen schönen Dorfbilder sein werden.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Bamberg ist bei Betrachtung seiner Dachlandschaft ja augenscheinlich kein geeignetes Beispiel deutscher Städte in dieser Hinsicht. Dort überwiegt jenes monotone Ziegelrot neu eingedeckter Dächer die Luftbilder des historischen Zentrums, was eben nicht die charakteristische Lebendigkeit des Beispiels aus Graz oder die Vielzahl von mir genannter Schweizer Städte erfreulicherweise aufweist.

    Vielleicht findest Du zur Ehrenrettung deutscher Städte geeignetere Beispiele.

    Übrigens, selbst die klassischen Ensembles und deutschen Vorzeigebeispiele Rothenburg sowie Dinkelsbühl können diesbezüglich nicht punkten. Es ist offensichtlich schon so, dass in Deutschland diesem wichtigen Aspekt für die Stadtbildthematik kein oder zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es ist zwar bedauerlich, aber daher auch nicht überraschend, dass selbst in einem deutschen Stadtbildforum den Dachlandschaften vergleichsweise wenig Interesse entgegen gebracht wird. Auf das Versagen deutscher Denkmalschutzbehörden zu diesem Punkt möchte hier gar nicht eingehen.

    Ich hatte für Österreich auch nicht mit einem besonderen Einsatz für die Dachlandschaften gerechnet und stelle ihn auch nicht als solches heraus. Du nennst ja Wien und Salzburg. Umso positiver überraschte mich dann doch Graz angesichts des Berichts, da dort auf diesen wichtigen Aspekt ersichtlich (noch) Rücksicht genommen wird.

  • War grad in Graz zwei Tage.

    Erschreckende Eindrücke, eine verlorene Stadt. Dazu allenthalben eine Vertrottelung, die vor nichts haltmacht.

    Unfassbares relatives junges Beispiel ist die Verschandelung des Domes:

    Lichtinstallationen:

    https://www.xal.com/de/projekte/pu…ept-grazer-dom/

    Deuterovatikanische Kultsteine:

    https://graz-dom.graz-seckau.at/pfarre/6112/do…tarambokathedra


    Nach Renovierung - Grazer Dom erstrahlt im Weihnachtsglanz | krone.at

    Natürlich hat der Denkmalschutz den durchgeknallten linken steirischen Pfaffen freie Hand gelassen...

    Dieses Bild ist eine Beschönigung, die Raumzerstörung ist viel schlimmer.

    Grauenvolle Installationen machen auch vor dem wunderbaren Mausoleum nicht halt:

    https://esc.mur.at/de/projekt/birth-robots


    Die brutalen Lichtstrahler am Hauptplatz gibt es wohl schon länger, sie sind mir aber erst jetzt aufgefallen:

    hauptplatz-nacht.jpeg


    Auch sonst gäbe es aus Graz nur negative Eindrücke zu berichten, was aber über reine Architektur hinausgeht.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Vorbildlich: Die Initiative "SOKO Altstadt" hat erhaltenswerte Bauten in einem Schutz-Kataster erfasst. Eine Reihe wertvoller Bauten, deren Bestand nicht gesichert ist, sind in der Kategorie denkmalwürdig aufgelistet: https://www.grazerbe.at/Grazerbe

    Herausragend ist auch eine Initiative, die alle gründerzeitlichen Vorgärten erfasst: https://www.naturschutzbundsteiermark.at/Vorg%C3%A4rten_in_Graz.html  Dazu gibt es auch eine Studie: https://issuu.com/stadtgraz/docs/vorgarten_studie

    ...

  • Das ist sicher ein entstuckter Gründerzeitler, allein schon der grossen Raumhöhen wegen. Aber der Gestalter der heutigen Fassadenoptik muss wirklich nicht bei vollen Sinnen gewesen sein, als ihm dieser "Wurf" einfiel. Auf den Grundputz kam dann dieser grobe Deckputz, von welchen diese Fugen ausgespart blieben.

  • Wie man so etwas wie den Krankenhausneubau in einer Welterbe-geschützten Altstadt zulassen kann bleibt mir ein Rätsel. Nun ziert dieser Bau die Ansicht zur Lendkirche hin.


    Zitat

    Der Entwurf orientiert sich am Motiv eines Klosters mit Garten und macht die vorhandenen Freiräume dadurch auch wiedererlebbar. Es entsteht ein klar definiertes Gesamtkonzept mit Innenhof, Gebäudebestand und Neubauteilen, die sich in die kleinteilige Blockstruktur integrieren. Mit der Maßnahme gingen auch „Abbrüche strukturell und gestalterisch fragwürdiger Elemente“ einher, wie es die Architekten beschreiben.

    Heilende Wirkung - Krankenhaus in Graz von Dietger Wissounig Architekten

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Ach, in Graz sind ganz andere Sachen möglich... außerdem ist das nicht die eigentliche Altstadt. Bis du schon in Trans-Murien gewesen? dann wüsstest du, dass solche Fragen dort schon völlig egal geworden sind.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Bis du schon in Trans-Murien gewesen?

    Ich habe bei meinem Steiermark-Urlaub gleich am Lendplatz ein Hotel genommen (also praktisch gleich daneben) und nicht weniger als 1151 Fotos aufgenommen biggrin:)

    Wobei ich damals noch so verrückt war, als Tagesausflug noch Maribor, Bratislava und sogar Zagreb zu besuchen ...

    Ich finde aber nicht, daß es jenseits der Mur nichts mehr zu sehen gibt, wahrscheinlich gibt es dort (trotz allen Bausünden) mehr erhaltene Architektur als in Salzburg und Innsbruck zusammen ...

    Easy does it.

  • Ich meinte eher die hm,,, soziokulturelle Komponente. Mehr Bausubstanz als Salzburg ist halt schon etwas polemisch, auch wenn ich das Gemeinte gut verstehe. Es ist halt schon eine typische Vorstadt, der das eigentliche Zentrum, um das sich alles gruppiert, fehlt. Ich glaub, an der Stelle des KH war niemals was recht Gescheites.

    als Tagesausflug noch Maribor, Bratislava und sogar Zagreb

    Aber doch nicht alles zusammen an EINEM Tag? Wie geht das?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.