Cleveland ist mit 445.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt im US-Bundesstaat Ohio (nach Columbus) und wir beginnen mit einem Blick auf einen Stadtplan, der zumindest die geographische Situation verdeutlicht.
1 Als erstes sehen wir die prima Lage der Stadt, am Cuyahoga River und direkt am Erie-See, das „you are here“ ist nicht relevant. Beide Gewässer wurden, außer zu wirtschaftlichen Zwecken, während der Stadtplanung völlig vergessen, erst in den vergangenen Jahren wurde verstärkt versucht, die Stadt zumindest an den See anzubinden. Im Weiteren sehen wir die markierten Terminal Tower (Quadrat in der Mitte), Rock’n’roll-Hall-of-Fame (oben), Veterans Memorial Bridge (links) und den Playhouse Square (rechts) am Ende der Euclid Avenue.
2. Die Stadt wird vom Terminal Tower dominiert, der 1929/30 von den Architekten Graham, Anderson, Probst & White an Stelle eines alten Bahnhofes gebaut wurde. Der Hauptturm ist 216 m hoch und war damit bis 1964 (Bau des Prudential Towers in Boston) das höchste Gebäude in Nordamerika außerhalb von New York City. Das Gebäude hat eine gewaltige Grundfläche und beinhaltet u.a. ein Hotel und eine Shopping Mall.
3 Direktes Vorbild der Terminal Towers soll das Municipal Building in New York gewesen sein, während sich beide Gebäude definitiv deutlich an der Giralda der heutigen Kathedrale in Sevilla orientieren.
4 Als erstes sind wir im Observation Deck im 42. Stock des Gebäudes und schauen am Key Tower (1991, 289 m) vorbei Richtung Norden zum Lake Erie und sehen wieder das Rock’n’Roll-Museum eingekreist hinter dem Highway 2, der die Innenstadt deutlich vom See trennt.
5 Jetzt bewegen wir und im Uhrzeigersinn und sehen auf den Public Square mit einem Monument für den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Man beachte die von oben relativ unscheinbaren Behördengebäude mit den grünen Dächern.
6 Jetzt sehen wir neben dem Key Tower das imposante Gebäude „200 Public Square“ (1987, 201 m).
7 Jetzt sehen wir beginnend links unten in die Euclid Avenue, hier habe ich am Ende des hier relevanten Bereiches den Playground Square mit dem Keith-Building markiert. Rechts steht mit dem grünen Dach eines der wenigen Art Deco Gebäude der Stadt, das AT&T-Building (1927, 111 m).
8 Das ist der Blick auf den rückwärtigen Ausgang des Terminal Tower Komplexes. Cleveland hat, nachdem die ortsansässige Industrie um 1980 zusammengebrochen war, ab Mitte der 1990er die Kurve bekommen, das Ortsbild weitgehend saniert und zunehmend auf die Karten Kultur, Museen und Sport gesetzt. Hierbei wurde gerade durch die Lage relevanter Museen versucht, die Stadt an den Lake Erie anzubinden, den Cuyahoga-River hat man jedoch völlig vergessen auch, wie wir hier sehen. Während der industriellen Blüte der Stadt war der Fluss (wie die Stadt) extrem verdreckt, was dazu führte, dass der Fluss aufgrund seines hohen Ölgehaltes 1969 sogar einmal in Flammen stand. Hinten habe ich die Westside Market Hall markiert, die wir später sehen.
9 Jetzt haben wir fast eine komplette Runde gedreht und schauen Richtung Westen zur Veterans Memorial Bridge. Das auffällige Gebäude links ist das „Carl B. Strokes Federal Court House“, rechts das „John D. Rockefeller House“, von „dem“ Rockefeller, der 1870 Standard Oil gründete. Da der Firmenname Exxon in Europa nicht ins Klangbild passte, wurde hier übrigens die gesprochene Abkürzung von Standard Oil eingeführt, „Es-Oh“ = Esso.
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11 Jetzt sind wir in dem zwischen Turm und Fluss gelegenen Shopping-Bereich des Komplexes.
12 Das ist die überaus pompöse Vorhalle zum Public Square hin (man beachte die Portale), ...
13 ... die für mich viel von der Vorhalle mancher Kirche hat, hier die Lateran-Basilika in Rom.
14 Jetzt sind wir auf dem Public Square und schauen über das genannte Monument betreffend den amerikanischen Bürgerkrieg zum May Company Building, ...
15 ... einem amerikanischen Kaufhaus-Klassiker, 1914 von Daniel Burnham gebaut, mit Erweiterungen von Graham, Anderson, Probst & White. Ich könnte nicht sagen, was sich heute in dem Gebäude befindet, ein Kaufhaus in jedem Fall nicht mehr. Im weiteren Verlauf der Euclid Avenue (so etwas wie der Hauptstraße der Stadt) gibt es überhaupt keine nennenswerten Geschäfte, Cleveland ist wie Buffalo eine der amerikanischen Städte, die irgendwann ihre Infrastruktur in die Peripherie verlagert haben.
16 Das ist „The Aracade“ ein schöner Guss-Eisenbau von 1890.
17 Hier finde ich die vor das Gebäude geradezu vorgeklebte Fassade bemerkenswert, wo etwas habe ich gerade in Cleveland mehrfach gesehen.
18 Das ist das Rotunda-Building (1905-1908), das Pantheon wurde hunderte Male nachgebaut, diese Version ist vermutlich einmalig, mit der klassischen Ansicht zu zwei Straßenseiten.
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20 Im weiteren Verlauf der Euclid Avenue ist allerdings zu erkennen, dass die Sanierung der Stadt noch nicht vollendet ist. Hätte Sie hier nicht irgendwann noch die Kurve bekommen, sähe es jetzt hier aus wie in Detroit.
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22 Jetzt nähern wir uns dem Ende des relevanten Bereiches des Euclid Av., rechts eine der wenigen Bausünden.
23 Jetzt sind wir am Playhouse Square angekommen, dem immerhin zweitgrößten Theater-Komplex der USA. Wie die ganze Stadt erlebte der Bereich um 1970 einen dramatischen Niedergang, der in der Schließung fast sämtlicher Theater endete. Das größte Haus am Platz ist das Palace Theater mit 2.700 Plätzen.
„… and the rise of television led to the decline of the theaters.[3] Fire broke out in the Ohio (theatre) in 1964, and the other Playhouse theaters were struck by vandalism.[4] Between May 1968 and July 1969, all the theaters closed except the Hanna (theatre)”. Quelle wikipedia.[
Das hohe Gebäude rechts ist das Keith Building (“my friends call me Keith, you can call me John”, das hatten wir schon mal), von den deutschstämmigen Architekten Rapp & Rapp, die um 1920 im Nordwesten der USA jede Menge Theater gebaut haben, irgendwo zwischen French Renaissance und Art Deco. In Buffalo stand auch eines, das ich aber nicht gesehen habe.
24 Das bekannteste Theater von Rapp & Rapp wird das gewaltige Paramount Theater am New Yorker Times Square sein (1927).
25 Leider konnte ich keine Führung durch die Theater am Playhouse Square bekommen, immerhin für dieses Bild in einer Theater-Lobby hat es gereicht.
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28 Nachdem wir zwei der weinigen Art-Deco-Bauten in Cleveland gesehen haben, sind wir jetzt am Superior Building (81 m, 1920), etwas mehr in Richtung Lake Erie.
29 In diesem Umfeld stehen diverse öffentliche Gebäude von der Public Library bis zum County Court House, die deutlich erkennen lassen das Cleveland vor 100 Jahren eine absolut reiche Stadt war. Ebenso wie in Buffalo wurden wir in den Gebäude freundlich begrüßt, wenn wir vorsichtig unsere Nasen hineinsteckten. Pictures? Of course!
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35 Jetzt sind wir an der Rock’n’roll-Hall-of-Fame, das 1995 der (amerikanische) Architekt I. M. Pei gebaut hat, der sich auch für die Glaspyramide vor dem Louvre verantwortlich zeigte. Angeblich hat in Cleveland der DJ Alan Freed den Begriffe Rock’n’Roll erfunden, aber letztlich ist das Museum ein (gelungener) Versuch, die Innenstadt zu beleben und die Stadt an den See anzubinden. Die Stadtentwicklung in Cleveland viel von der in dem mir relativ vertrauten Bremerhaven gemein. Hier wie da wird versucht, die Trennung eines Gewässers von der Innenstadt zu überwinden, dies durch Brücken und die Ansiedlung von Museen direkt am Gewässer. In beiden Städten wird zudem versucht, die vorhandene Bausubstanz (die in der Innenstadt von Bremerhaven sehr überschaubar ist) möglichst aufzupolieren und überhaupt durch die Belebung von Tourismus die Innenstadt wiederzubeleben. Zumindest in Bremerhaven wirkt das etwas wie Einsatz der letzten Kugel im Revolver.
Für Fans donnernder Rockmusik ist das Museum natürlich Pflicht. Natürlich wird der Einfluss der USA auf den Rock’n‘Roll überbetont, dafür wird der m.E. überschaubare Einfluss von Frauen auf die Rockmusik politically correct in einer eigenen Abteilung überdokumentiert. Ich stand ergriffen vor dem maßgeblichen Instrument des Ramones-Gitarristen Johnny Ramone, falls der hier jemandem etwas sagt.
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37 Leider waren nur im Eingangsbereich Fotos zugelassen. Aber vielleicht kennt der eine oder andere den originalen Standort dieser Markise, ...
38 ... den ehemaligen CBGB-Club in der New Yorker Bowery, dessen Umfeld sich zwischen 2001 und 2010 dramatisch geändert hat (heute die Boutique „John Varvatos“, immerhin eine Toilette wurde drinnen original erhalten, würde man die Toilette versetzen, würde sie als eine Art Spolie taugen).
39 Jetzt sind wir an der Free-Stamp von Claes Oldenburg mit Blick auf Downtown vom Erie-See aus.
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41 Das „Historic Society for Savings Building“ a.d. 1890 (das rote Gebäude) von Burnham & Root wurde 1991 in den Neubau des Key Centers (Cesar Pirelli, 1991) integriert.
42 Auch bei Dunkelheit bildet das Dreigestirn aus Key Center, 200 Public Square und dem Terminal Tower einen positiven Anblick.
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45 An unserem letzten Tag in Cleveland sind wir durch die südwestliche Vorstand gelaufen, ein normales, eher etwas besseres, Wohngebiet mit den in den USA üblichen Holzhäusern. Das bekannteste Bauwerk der Gegend ist der West Side Market a.d. 1912. An dem Straßenschild (Gehring Street) fällt mir wieder auf, wie unheimlich oft uns in den Nord-Ost-USA und gegenüber in Kanada deutsche Namen über den Weg gelaufen sind (was nicht überrascht hat). Ich habe immer gesagt, dass man in den USA natürlich nach jedem Geschmack aus den entferntesten Ländern essen gehen kann, aber ein Tablett Mettbrötchen zu organisieren, wird schwierig. Im West Side Market wurde ich eines Besseren belehrt, es gab mehrere Bäcker und Fleischer mit deutschen Namen, bei denen wir genug Brötchen und Mett bekommen hätten.
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47 Abschließend sehen wir noch die Skyline der Stadt von Westen mit der Veterans Memorial Bridge und den bereits gesehenen Gebäuden, von hier macht das Ganze einen überraschend harmonischen Eindruck. Die geschwungene Front des „Carl B. Strokes Federal Court House“ ist der Beweis, dass man auch im Jahr 2002 noch sehenswert bauen konnte. Das Gebäude könnte ich mir gut in Frankfurt vorstellen.