Berlin - einst und jetzt

  • Leider sind wirtschaftliche Vorteile gerade eine der letzten Prioritäten des rotrotgrünen Berliner Senats.

    Tatsächlich aber sollte es in Berlin wie beim Vorbild Leipzig einen flächendeckenden Denkmalschutz für Gründerzeitbauten und entsprechende Förderungen für Fassadenwiederherstellungen geben. Und eine professionelle Kartei bzw. einen Plan/Karte mit historischen Bildern und Plänen zu möglichst jedem Haus im Berliner Stadtgebiet.

  • Ich verfolge jetzt schon seit längerem dieses Forum und habe mich jetzt entschlossen mich anzumelden. Wie glaubt ihr kann man am ehesten etwas erreichen in Richtung eines Umdenkens zugunsten von einem geschlosseneren Stadtbild. Es ist doch absurd, dass fast alle insgeheim in Altbauviertel wohnen wollen, aber gleichzeitig wenig bis keine Stadtbildreperatur in diese Richtung stattfindet. Als Student (eines architekturfremden Bereichs) habe ich keinerlei finanzielle Resourcen übrig und nur begrenzt Zeit mich zu engagieren, außerhalb davon meinen Bekanntenkreis für das Thema zu sensibilisieren. Habt ihr Vorschläge?

  • Na, wie ist es bei Dir gelaufen? Wie bist Du zu diesem Forum gekommen? Deinen Bekannten von diesem Forum erzählen, Links verschicken und den Verein Stadtbild Deutschland erwähnen und für den bald sich gründenden Berliner Regionalverband werben, falls Du aus Berlin bist. Bewußtseinsbildung und Sehschulung, mithin eine Unterscheidungskraft entwickeln scheint mir der erste Schritt zu sein für das Engagement für eine bessere gebaute Umwelt!

  • Willkommen im Stadtbild-Forum MedStud! (wohl Medizinstudent? ;) )

    "Bewusstseinsarbeit" geht schon ganz gut über soziale Netzwerke. Auch mit wenig Zeit kann man leicht Beiträge wie die hier aus dem Forum oder von unserer Facebookseite teilen und im Bekanntenkreis verbreiten. :thumbup:

    Würde mich freuen, deine von Schortschi erfragte Geschichte dort zu lesen: Klassische Architektur - Wie fing es bei Euch an?

  • Was immer der Vorgängerbeitrag gerade in diesem Strang zu bedeuten hat...

    Interessanter Fund zur Fraunhoferstraße N°11 - heutige Ansicht:

    Etwa um 1900:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Hier handelt es sich aber nicht um eine Entstuckung der Nazizeit. Das Krankenhaus wurde 1929 umgebaut und erweitert und erhielt bei dieser Gelegenheit die neue Fassade.

    Die Entstuckungen im Dritten Reich betrafen auch eher Bauten des Historismus, die nachträglich in älteren Wohnquartieren errichtet worden waren und gegenüber dem Altbestand als unpassend empfunden wurden. Ganz viele Beispiele hierfür gibt es in Nürnberg, oder z.B. am Lübecker Marktplatz.

  • Tatsächlich hat der ganze Entstuckungs-Quatsch bereits vor dem Krieg begonnen, nicht erst danach, wie man meinen sollte. In der Nazizeit nannte man das "Entschandelung".

    Man kann das auf Luftbilder von Großstädten Anfang der 30er Jahre gut sehen: Da erkennt man bereits oft - relativ - viele "glatte" Bauten, teils genuine Bauhaus Architektur, teils aber auch dem neuen Geschmack angepasste Altbauten. Für mich war das durchaus überraschend zu sehen, dass sich die Städte bis in die Vorkriegszeit doch schon erheblich verändert haben im Vergleich zum Ende der 10er Jahre.

  • War aber vermutlich ein spezifisch deutsches Phänomen im Schlepptau von Bauhaus & Co. Aus Paris, London oder Wien kenne ich solche „Purifizierung“ historistischer Fassaden nicht. Man kann davon ausgehen, dass diese Entwicklung sich auch ohne Krieg noch fortgesetzt hätte, und unsere Städte - jedenfalls die gründerzeitlich geprägten Teile - heute so oder so vielerorts nicht mehr aussehen würden wie zur Jahrhundertwende.

    In dubio pro reko

  • Erstaunlich dabei aber, dass sich die Purifizierung (heute insb in Berlin oft zu beobachten) im Inneren der Häuser (Eingangshalle, Treppenhaus, Deckenstuck etc.) nicht fortsetzte.

    Hat hier möglicherweise jemand einen über die allgemeinen "Bauhaus-Überlegungen" (die ich teile) hinausgehenden wissenschaftlichen Ansatz, wieso Entstuckungen hauptsächlich genau in Deutschland en vogue waren? Auf eine tiefere Begründung wäre ich durchaus mal gespannt.

  • Vielleicht liegt die Erklärung in den Schrecken des Ersten Weltkriegs die so schlimm waren, dass viele Architekten die als Soldaten das Leid erlebten für immer traumatisiert blieben. Wir können uns das heute nicht mehr vorstellen aber anscheinend war es wie ein Weltuntergang (Das ganze System, die staatliche Ordnung mit dem Kaiser ist zusammengestürzt...) Sie haben den "Prunk" und "Protz" der Gründerzeit für den für Deutschland vor allem verlorenen Krieg verantwortlich gemacht und waren in ihrer etwas depressiven Gemütslage dazu geneigt alles davon zu entfernen. Dann kam noch die grauenhafte Wirtschaftskrise der 1920er Jahre, und schon wollte man von Verzierungen nichts mehr wissen! Man konnte einfach nicht mehr so weitermachen wie vorher es war zu viel passiert!

  • Friedrichstraße N°180/Taubenstraße im Verlauf der Zeit.

    ca. 1875:

    ca. 1900 (Tucherhaus/Nürnberger Hof):

    ca. 1920 (Bavaria-Haus):

    2019 (Baujahr 1955):

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)