Köln - Innenstadt

  • Es hat lange Tradition in diesem Forum, manche Städte abgrundtief zu verdammen. Ich denke, es liegt daran, daß viele Nutzer hier nach dem Motto urteilen: "Originale Altstadt oder gar nichts!"

    Zu Köln ist, denke ich, folgendes zu beachten: Das Areal der ehemaligen Altstadt war riesengroß (nirgendwo wurden solche Flächen rekonstruiert, auch nicht in Warschau, auch dort steht nur wieder ein - ziemlich insulärer - Bruchteil) und historistisch überformt. Wo wurde Historismus rekonstruiert?

    Ich finde auch, es hätte an einigen Stellen weniger brutal ausfallen können/müssen. Dennoch besitzt Köln noch "Reste", ist zudem sehr urban-lebendig (das scheint vielen hier relativ egal zu sein). Das ist schon mehr, als manche "Großstadt" der BRD zu bieten hat.

    Vergleiche sind immer Geschmackssache. In der BRD gibt es natürlich einige deutlich häßlichere Städte, da muß man von Köln aus nur ein paar Dutzend Kilometer nach Norden/Nordosten schauen.

    Köln hat es nun einmal im Krieg äußerst schwerwiegend erwischt. Daher sind internationale Vergleiche zu anderen Städten mit rund einer Million Einwohnern sehr schwierig. Welche wurden ähnlich zerstört? - Wahrscheinlich manch eine in der Ukraine, aber dieser Vergleich macht nun wirklich keinen Sinn.

    Hier im Thema wurden zwei Städte genannt: Frankfurt und Dresden. Ich mache es kurz: Frankfurt ist für mich insgesamt mit Köln vergleichbar, der wiederaufgebaute Altstadtteil ist perspektivisch und symbolisch sehr wichtig, in der Fläche allerdings winzig.

    Dresden hat den allseits bekannten rekonstruierten Altstadtteil, der seinesgleichen sucht, drumherum wird es furchtbar unurban. Zum Leben zöge ich wahrscheinlich eher Köln vor.

    Nun ja, ein jeder nach seinem Geschmack ...

  • Die Stadt war wirklich vollkommen kaputt, ganz anders als Dresden oder Hamburg oder Stuttgart etwa.
    Deswegen finde ich Vergleiche hier wirklich schwierig.

    Nun, ich meine der innerstädtische Zerstörungsgrad Dresdens war durchaus vergleichbar mit jenem Kölns. Zwar wurden deutlich weniger Angriffe auf Dresden geflogen aber eben kurz vor Kriegsende als die anglo-amerikanischen Bomberflotten eine enorme Kapatizät erreicht hatten und zudem über eine ausgeklügeltes Wissen verfügten, wie am meisten Schaden zu erzeugen war. Darüber hinaus war Dresden ja vollkommen ungeschützt. Die Bilder der abgeräumten, von den Trümmern bereinigten Innenstadt sprechen hier eine deutliche Sprache.

    Auch München wurde verheerend getroffen, zumindest so verheerend, dass kurz nach Kriegsende im Stadtrat diskutiert worden sein soll, die Stadt neu an anderer Stelle wieder aufzubauen.

    Am Ende lag es meist an Einzelpersonen wie der Wiederaufbau in den verschiedenen kriegszerstörten Städten durchgeführt wurde und in München waren das halt Leute, die eher im Sinne dieses Forums agierten.

    Dresden und (das im Verhältnis weniger zerstörte) Leipzig hatten in gewisser Weise das relative "Glück", dass zu DDR-Zeiten kein Bevölkerungswachstum einsetzte, wie es die Städte der Alt-BRD erlebten, dass zudem die Mittel fehlten Altstadt-nahe Quartiere komplett abzureissen und neu zu bebauen. Und dann kam die Wende aus städtebaulicher Sicht gerade noch rechtzeitig.

    1990 gab es für Köln (oder auch Nürnberg) wenig Grund nach Dresden/Leipzig zu sehen, um sich etwas abzukucken.

    Die beiden sächsischen "Metropolen" haben in den letzten 30 Jahren allerdings städtebaulich einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht, obschon zweifellos auch Fehler gemacht wurden.

    Ich würde mir für Köln (und auch für Nürnberg) wünschen, dass dort ein grösseres Bewusstsein um sich greift bez. der einstigen Bedeutung und des enormen Verlustes hinsichtlich des Stadtbildes. Und das daraus abgeleitet bürgerliches Engagement entsteht - (In Nürnberg gibt es ja die Altstadtfreunde) - welches von den Bewohnern getragen/unterstützt wird.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Vergleiche sind immer Geschmackssache. In der BRD gibt es natürlich einige deutlich häßlichere Städte, da muß man von Köln aus nur ein paar Dutzend Kilometer nach Norden/Nordosten schauen.

    Dresden hat den allseits bekannten rekonstruierten Altstadtteil, der seinesgleichen sucht, drumherum wird es furchtbar unurban. Zum Leben zöge ich wahrscheinlich eher Köln vor. Nun ja, ein jeder nach seinem Geschmack ...

    Städte wie Köln und Nürnberg (ich könnte noch Lübeck und Augsburg hinzufügen), d.h. Städte mit solch einem glorreichen kulturhistorischen und städtebaulichen (!) Erbe, welches vor dem Krieg europaweit geschätzt wurde (eben weil sich dieses Erbe städtebaulich niederschlug) sollten nach meinem Verständnis einen anderen Anspruch an das eigene Stadtbild haben als - bei allem Respekt - Großstädte im Ruhrgebiet oder meintewegen auch als Hannover.

    Ein zu 80% kriegszerstörtes Prag wäre gewiss immer noch schöner anzusehen als Essen aber das kann doch nicht der Anspruch sein ...

    Bez. Dresden vs. Köln: ich mache keinen Hehl daraus, dass ich ein großer Liebhaber der sächsischen Landeshauptstadt bin. Hätte ich alleine die Wahl zwischen diesen beiden Städten meinen Wohnort in Deutschland zu wählen, kann die Antwort nur lauten: Dresden oder Emigration ;)

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Auch München wurde verheerend getroffen, zumindest so verheerend, dass kurz nach Kriegsende im Stadtrat diskutiert worden sein soll, die Stadt neu an anderer Stelle wieder aufzubauen.

    Das ist eine Wanderlegende. Ich kenne sie etwa von Düren, sie ist mir aber auch sonst des öfteren über den Weg gelaufen. Vielleicht wurde der Gedanke zu Ende des Krieges allgemein geäußert - sehr bald hat er sich aber scheinbar verselbständigt zu einem Synonym für starke Zerstörung.

    Ich würde auf diese Trope in Fachdiskussionen verzichten. Mir ist noch nie ein Beweis geliefert worden, dass diese Überlegungen ernsthaft angestellt wurden. Ich wüsste auch gern, wo man denn München neu errichten wollte - Oberbayern zählt ja nicht gerade zu den dünnbesiedelten Regionen Deutschlands (genausowenig wie das Rheinland um Düren). Kurz - bei näherem Nachdenken merkt man schnell die Unsinnigkeit eines solchen Ansinnens. Es ist nicht glaubhaft, dass solche Ideen ernsthaft verfolgt wurden, ob nun in München oder sonstwo.

    Abgesehen davon hat Dresden sich den Ruf der am stärksten zerstörten Stadt Deutschlands (wahlweise gern auch: Europas, oder gleich: der Welt) unredlich erarbeitet. Er fußt auf NS-Propaganda, wurde durch die SED weiterentwickelt und verselbständigte sich durch Bücher wie Harry Mulischs "Het stenen bruidsbed" (1959) und Kurt Vonneguts "Slaughterhouse Five" (1969) zu einem Topos der Literatur. Unredlich ist dieser Ruf, weil Dresden in keiner Hinsicht am stärksten unter dem Zweiten Weltkrieg gelitten hat. Es kann sehr gut argumentiert werden, dass Köln mit seiner über 2000jährigen Geschichte die wesentlich bedeutendere Stadt ist, dass die Bevölkerung Kölns unter drei Jahren ständiger Bombenangriffe und ständigen Fliegeralarms psychologisch wesentlich mehr gelitten hat als die Dresdner unter sechs Angriffen 1944/45. Insofern ist der Vergleich Kölns mit Dresden auch unangemessen.

    PS: Auch Essen hat einiges zu bieten - man muss es nur finden wollen.

  • Was mittelalterliche Einzelbauten betrifft ist Köln immer noch eine der bedeutenden Städte, wenn nicht sogar die bedeutendste Stadt Europas. Ansonsten wurde die Stadt aber -mal abgesehen vom Martinsviertel- einfach nur schlecht wiederaufgebaut: vor allem die Tunisstraße mit dem WDR-Hochhaus gehört wirklich zu den absoluten Tiefpunkten der Nachkriegs-“Architektur” überhaupt! Schade, dass es sowas Abartiges in einer eigentlich so großartigen Stadt wie Köln immer noch gibt, und das alles leider auch völlig ohne Aussicht auf Verbesserung...

  • Mit Dresden ist es ja eine eigene Sache gewesen. Erstens, blieb ein wichtiges Viertel von der Neustadt (heute als "Barock Viertel" bekannt) erhalten: ein gutes Sechstel des historischen Zentrums. Zweitens, blieb eine weltberühmte Gruppe von Monumentalbauten um die Brühlsche Terrasse als wiederaufbaufähige Ruinenlandschaft erhalten: das Herz und Zentrum der Stadt. Drittens, überlebte die zentrumsnahe Friedrichstadt, mit etlichen Barockhäusern, Marcolinipalast, Yenidze, und (ausgebrannter) Matthäuskirche. Letztens darf man nicht vergessen, daß die zwei schönsten Barockstrassen der Stadt, die Rampische, and die Große Meissener, als wiederaufbaufähige Ruinen eigentlich ERHALTEN waren, und erst nach dem Krieg aufgeräumt wurden!

    Insofern war Dresden gar nicht mit Köln vergleichbar. Was in Dresden tragischerweise endgültig verloren ging, und mit Köln doch vergleichbar ist, war die totalzerstörte innenstädtische gründerzeitliche Bebauung rings um die barocke Altstadt. Hier kann man tatsächlich zwei unterschiedliche Wiederaufbauphilosophien vergleichen: (1) In Dresden, totaler Abriss und darauffolgende Reißbrettplanung; (2) in Köln, Ersetzung der alten Gebäuden mit nüchternen und gesichtslosen Neubauten. Alle beide Versuche sind m. E. mißlungen, aber der Kölner Weg scheint mir der urbanere, großstadtgerechtere zu sein.

    Dresdens Zentrum hatte halt das einmalige Glück, unbebaut zu bleiben, bis die Zeit reif war für eine echte Rekonstruierung. Ich weiss noch, als ich Dresden 1990 zum ersten Mal sah, war das ganze Zentrum ein riesiger Parkplatz....Und nun! So eine Chance kommt nie wieder!

  • Das ist eine Wanderlegende. ... Ich würde auf diese Trope in Fachdiskussionen verzichten. Mir ist noch nie ein Beweis geliefert worden, dass diese Überlegungen ernsthaft angestellt wurden. Ich wüsste auch gern, wo man denn München neu errichten wollte - Oberbayern zählt ja nicht gerade zu den dünnbesiedelten Regionen Deutschlands.

    Wenn Sie meinen Herr Potsdamer ...

    Ich schrieb ja davon, dass im Münchner Stadtrat darüber diskutiert werden sein soll. Zum ersten mal hörte ich davon in einer Berichterstattung des BR, die ich vor einigen Jahren sah aber handfeste (alle Zweifel vom Tische wischende) Beweise, habe ich dafür keine ...

    Aber vielleicht ist ja der Internetauftritt der Stadt München als seriöse Quelle aussagekräftig genug?

    Die Vorstellungen reichten von der Idee, abseits von den Ruinen Münchens am Starnberger See eine völlig neue Stadt zu errichten, bis zu Forderungen nach einer möglichst weitgehenden Rekonstruktion

    Eine weitere Quelle:

    Wiederaufbau nach 1945

    Wie viele Großstädte in Deutschland wurde auch München während des Zweiten Weltkriegs in Schutt und Asche gelegt. Als die Amerikaner am 30. April 1945 in München einzogen, fanden sie eine Stadt vor, die zur Hälfte dem Erdboden gleichgemacht war. Die historische Altstadt war sogar zu 90 Prozent zerstört.

    Wiederaufbau statt Neubau

    Nach dem Zweiten Weltkrieg ist Thomas Wimmer die treibende Kraft des Wiederaufbaus. Als Bürgermeister ruft er zum "rama dama" ("Aufräumen tun wir!") auf. Die Einwohner beseitigen gemeinsam alle Kriegstrümmer, die die mehr als 60.000 Sprengstoffbomben und 3,4 Millionen Brandbomben der Alliierten hinterlassen haben. Innerhalb weniger Jahre gelingt es, der alten Residenzstadt der Wittelsbacher ihren ursprünglichen Glanz zurückzugeben.

    Weil anfangs fast kein Stein mehr auf dem anderen steht, gibt es sogar Pläne, München am Starnberger See ganz neu zu erbauen. Dank Karl Meitinger, dem damaligen Münchner Stadtbaurat, werden diese Pläne aber verworfen. Fortan lautet die Maxime: So viel als möglich bewahren und sich trotzdem dem Neuen nicht verweigern. Denn die Münchner sollen ihre einzigartige und liebgewonnene Stadt wiedererkennen können.

    Nebenbemerkung: Oberbayern war ausserhalb Münchens 1946 keineswegs, so dicht besiedelt wie heute (z.B. hat Ingolstadt heute mit 138.000 Einwohnern ca. 100.000 Einwohner mehr als 1946) ... aber das sind ja alles Strohmann-Diskussionen, genauso wie:

    Abgesehen davon hat Dresden sich den Ruf der am stärksten zerstörten Stadt Deutschlands (wahlweise gern auch: Europas, oder gleich: der Welt) unredlich erarbeitet.

    Weder ich, noch andere haben hier in diesem Strang geäussert, dass Dresden die am stärksten zerstörte Stadt Deutschlands war. Weshalb also führt du dies hier an und zudem mit dem moralisierendem Adjektiv "unredlich" verknüpft?

    Ich muß gestehen, daß ich ob mancher Einlassungen hier einigermaßen "baff" bin ...

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • München neu aufbauen? Habe ich noch nie gehört und wunderte mich auch, da der Zerstörungsgrad keinesfalls extrem hoch war. Einzig bzgl. Würzburgs habe ich davon mal gelesen, aber auch dort hat man sich aus nahe liegenden Gründen anders entschieden.

    Ich sehe es auch so, daß das historische Erbe in Köln einen anderen Wiederaufbau verlangt hätte. Allerdings war diese Stadt nun einmal sehr weitgehend zerstört. Und welche Großstadt hat man (in der BRD) größtenteils original wiederaufgebaut? Eine leidige Diskussion, Dresden ist ein Sondefall, der architektonisch im Zengrum sicherlich zu begrüßen ist. Dennoch: Urbaner ist Köln.

  • Köln hat eine sehr menschennahe Stadtstruktur, allerdings steht diese der Architektur nahezu diametral gegenüber. Warum gab und gibt es diesen Hass auf Gebäude der Gründerzeit, während man mittelalterliche Bauten wie Groß St. Martin und den Bayenturm quasi aus der Asche rekonstruiert hat?

  • Zumal München vom Zerstörungsgrad her überhaupt nicht mit dem Kölns zu vergleichen ist, auch der von Dresden nicht, da sollte man sich in einem Forum wie diesem doch nicht an der Legendenbildung noch beteiligen. Es gab in Köln im Prinzip fast kein verschontes Viertel, auch nicht in den gründerzeitlichen Stadterweiterungen, erst einige Villenviertel und wirkliche Außenbezirke sind verschont geblieben. In München und Dresden haben ganze Stadtviertel den Krieg fast unbeschadet überstanden.

    Köln ist definitiv eine attraktive Großstadt geblieben, trotz der tlw. gruseligen Architektur, sehr lebendig und vital. Ich war jedenfalls positiv überrascht vom Flair, das definitiv etwas ganz Besonderes ist.

  • Zumal München vom Zerstörungsgrad her überhaupt nicht mit dem Kölns zu vergleichen ist, auch der von Dresden nicht, da sollte man sich in einem Forum wie diesem doch nicht an der Legendenbildung noch beteiligen.

    Was soll das jetzt schon wieder?

    Nochmal ein Verweis auf einen bereits weiter oben geposteten Auszug von Planet Wissen, immerhin einem "Gemeinschaftsprojekt des Westdeutschen Rundfunks (WDR), des Südwestrundfunks (SWR) und von ARD-alpha.":

    Als die Amerikaner am 30. April 1945 in München einzogen, fanden sie eine Stadt vor, die zur Hälfte dem Erdboden gleichgemacht war. Die historische Altstadt war sogar zu 90 Prozent zerstört.

    Die Beiträge von ein paar Foristen hier lassen mich tatsächlich einigermaßen perplex zurück.

    Köln ist definitiv eine attraktive Großstadt geblieben, trotz der tlw. gruseligen Architektur, sehr lebendig und vital. Ich war jedenfalls positiv überrascht vom Flair, das definitiv etwas ganz Besonderes ist.

    Selbtsverständlich gibt es viele Gründe die Köln für verschiedene Menschen als eine sehr attraktive, da pulsierende, bunte und weltoffene Großstadt erscheinen lassen. Das habe ich nie in Zweifel gezogen.

    Moderationshinweis: Unsachliche Unterstellungen entfernt. Bitte zukünftig unterlassen Danke.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Begriffsklauberei: Was heißt "historische Altstadt"?

    https://www.bavariathek.bayern/wiederaufbau/o…tail/muenchen/2

    Hier heißt es, 60% der Münchener Altstadt seien zerstört worden. Die Frage ist hier wiederum: Was heißt "zerstört"? Beschädigt oder Totalverlust?

    Auf Bildern sieht München bei Weitem nicht so verwüstet aus wie Köln. Wie schon gesagt: Historisches Erbe hin oder her, wo großflächig Wüste bestand, wurde in den seltensten Fällen auch wieder großflächig rekonstruiert.

    Ich halte München für ein Beispiel eines insgesamt gelungenen Wiederaufbaus, es aber auch für übertrieben, Köln dermaßen zu verdammen. Das liegt vielleicht auch daran, daß ich eine Stadt als Ganzes im Blick habe und nicht alles nach 1945 nur verurteile.

  • Köln ist definitiv eine attraktive Großstadt geblieben, trotz der tlw. gruseligen Architektur, sehr lebendig und vital. Ich war jedenfalls positiv überrascht vom Flair, das definitiv etwas ganz Besonderes ist.

    Alles gut und richtig und schön.

    Nur - liebe Köln-Fans - dies ist nun mal kein Forum für die lebendigsten, vitalsten, weltoffensten, urbansten, sexiesten usw. Städte.

    Hier geht es um (klassische) Architektur. Und da ist Köln nun mal ... ach, Ihr wisst es ja selbst.

  • Alles wiederum richtig. Aber die konkrete Frage war, ob Köln sehenswert sei.

    Sorry, auf diese Frage hast Du es erst verengt. Der Thread ist "Köln - Innenstadt".

    Im Übrigen ist die Sehenswürdigkeit Kölns nicht diskutabel, da sie außer Frage steht. Darüber zu reden macht nun wirklich keine Sinn.

  • Ein bloßer 50% Zerstörungsgrad ist doch absurd für die Münchner Innenstadt, von der demnach die Hälfte noch stehengeblieben sein müsste. Diese Zahlen messen sich idR nach zerstörtem Wohnraum, und da kommen 90% schon eher hin. Es stimmt, dass München 1945 nicht dermaßen UNKENNTLICH vernichtet war wie Kölner oder DDner Straßenzüge. aber das ändert auch nichts, dass in vielen Fällen der Abriss einfach die naheliegendste und wirtschaftlich vernünftige Option war.

    Der Kölner Wiederaufbau war wohl insgesamt von der Problematik gezeichnet, dass die gründerzeitliche Überformung und dadurch eingetretene Marginalisierung der Altstadt noch weiter als im über einige Strecken doch noch barock gebliebenen München fortgeschritten war und sich die Rekofrage in vielen Fällen erübrigte. Der Historismus war damals wenig geschätzt und dazu extrem aufwendig. Das schuf eine extrem ungünstige Ausgangsposition für ein ästhetisches Stadtbild, wobei ich für die unbekümmerte, unerschrockene Art, mit der die Kölner eine neue Stadt aus dem Boden stampften, zumeist unter naiver Beibehaltung des alten Straßennetzes, sogar eine gewisse Sympathie habe. In Köln habe ich nicht so den Eindruck, dass man wahnsinnig mehr hätte machen können, überhaupt unter den damals herrschenden Bedingungen. In München hingegen ist doch einiges verabsäumt worden. Anders als DD hatten beide Städte nicht das Glück der extrem späten Stunde des Wiederaufbaus eines zentralen Altstadtareals.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Insofern war Dresden gar nicht mit Köln vergleichbar. Was in Dresden tragischerweise endgültig verloren ging, und mit Köln doch vergleichbar ist, war die totalzerstörte innenstädtische gründerzeitliche Bebauung rings um die barocke Altstadt. Hier kann man tatsächlich zwei unterschiedliche Wiederaufbauphilosophien vergleichen: (1) In Dresden, totaler Abriss und darauffolgende Reißbrettplanung; (2) in Köln, Ersetzung der alten Gebäuden mit nüchternen und gesichtslosen Neubauten. Alle beide Versuche sind m. E. mißlungen, aber der Kölner Weg scheint mir der urbanere, großstadtgerechtere zu sein.

    Bostonian: Sie haben als Einziger meine tiefsten Problem mit Deutsche Grosstädte verwortet: die kaputte Gründerzeitring um die Innenstädte. Nach dem Krieg waren die Ringen "nur" um 20-25% zerstört (Die Neustadt Grinerzeit Ring in Köln war nur 20% zerbombt) und Innenstädte 33% (Leipzig) bis 90% (Köln). Leider wurden die Bauten in den Ringen nach dem Krieg schwerstens vereinfacht, abgerissen und leider kaum repariert. Besonders die Dächer hatten unter den Bombenkrieg gelitten und Dächer machen doch die meisten Eindruck wenn man nach Gebäuden schaut und sie schätzt. Wenn das Alles nur nach dem Krieg anerkannt wäre und alles auf Reparatur eingesetzt wäre, dann wären Deutsche Städte heute sehr lebhaft, urban und ansehlich gewesen. Ich habe hier Bücher voll mit Ruinenfelden in Dresden, Frankfurt und Berlin wo fast alle Gebäuden noch einigermassen standen und bestimmt aufbaufähig waren. Wir habben schon viel diskutiert über Aufnahmen von scheinbar wiederafbaufähige oder sogar bewohnbare Bauten in der Leipziger und Friedrichstrasse in 1945, doch am inneren ausgebrannt waren.....und wiederaufbau im alten Stil schwieriger war dann sie abzureissen und billig und funktionel neu zu bauen.
    Das Agnes Viertel in Köln, Offenbach neben Frankfurt, Prenzlauerberg und Bergmann Viertel in Kreuzberg sind allen sehr urbane, beliebte Viertel und Beweis dafür dass alles in Deutschland doch viel besser gestalltet hätte können.....Aber im Praxis wird auch heute kein grossflächige Stadtreperatur betrieben. Die "unfähige" Stadtplaner und Behörden in Dresden denken nicht daran die Gründerzeit Ringe wieder zu gestallten wie sie einst waren. Sah gerade Bilder von Ferdinandplatz und des sind wieder moderne Beton oder Glaskisten, die wir in D. allen so gut kennen nach 1945.

    Fehler in der Vergangenheit aber werden nicht heute ohne viel Anstrengungen korrigiert. 90% der Fehler werden wir noch für lange Zeit ertragen müssen so lange die Städten nicht massiv auf Rekonstruktion zielen.

  • Es wird schon einen Grund haben, warum Köln und Frankfurt nach dem 2. Weltkrieg als einzige größte Städte (>500.000) in ihrem jeweiligen Bundesland nicht als Hauptstädte ausgesucht wurden!