Ostdeutsche Stadtansichten vor der Zerstörung

  • An diesen interessanten Strang möchte ich einige Bilder aus Kolberg (heute 47.000 Einwohner) in Pommern einfügen, das hier bereits mit einem Kurzbeitrag erwähnt wurde. Die folgenden Bilder stammten sämtlich aus Bildindex.


    1 Kolberg wurde bei Kämpfen im März 1945 nahezu vollständig zerstört. Ich habe hierzu einmal eine Doku gesehen, wo ein russischer Panzerfahren rückblickend befragt wurde, der sagte, er habe damals Kolberg im seinem Fernrohr gesehen und bedauert, dass diese schöne Stadt nun zerstört würde. Kolberg liegt mir am Herzen, da ich die Stadt 2005 für eine knappe Woche besucht habe.

    In jedem Fall waren und sind die markantesten Gebäude im Stadtbild der Dom ...

    2 (Bildquelle Bildindex)

    3 ... und das nach einem Entwurf von Carl Friedrich Schinkel um 1830 gebaute Rathaus. (Bildquelle Bildindex)


    4 (Bildquelle Bildindex)


    5 Folgend kann ich leider nur relativ wahllos einige Bilder aus Bildindex einfügen, die einzelne Gebäude darstellen, die bis auf Strandschloss und Bahnhof allesamt heute nicht mehr stehen. Einen Gesamteindruck der Stadt haben wir somit nicht. Gerade eine Luftaufnahme der Stadt vor dem Krieg habe ich noch nicht gesehen und wäre für eine Ergänzung dankbar.

    6 (Bildquelle Bildindex)


    7 (Bildquelle Bildindex)


    8 (Bildquelle Bildindex)


    9 (Bildquelle Bildindex)


    10 (Bildquelle Bildindex)


    11 (Bildquelle Bildindex)


    12 (Bildquelle Bildindex)

    13 Dass die Stadt einmal so aussah, wie wir es hier sehen (15. Jahrhundert), ist heute nicht mehr vorstellbar. Teilweise stehen aber noch vereinzelte Reste der Stadtbefestigung und ich meine, aus dem unteren Bereich der Karte noch ein einziges Wohnhaus.

    14 Die heutige Situation sieht leider so aus, wie wir es hier sehen, Dom und Rathaus (rechts markiert) stehen in einem furchtbaren Umfeld, teilweise stehen direkt in der ehemaligen Altstadt große Plattenbauten. Auch weite Teile der sonstigen Stadt sehen nicht besser aus, gerade der Osten der Stadt, durch den wohl seinerzeit die russische Offensive in die Stadt gerollt ist. Ein Dorado für Fans heruntergekommener Plattenbauarchitektur (Bildquelle google maps).



    Am 18.10.2012 hatte Michael nach dem heutigen Zustand einzelner Städte gefragt. Wir waren nun 2005 eine Woche in Kolberg, Danzig und Thorn und sind zwischen Usedom, Elbing und Thorn gut herumgefahren. Außer aus den im Forum bereits gezeigten Danzig und Thorn habe leider nur lausiges Bildmaterial, vielleicht stelle ich noch mal ein paar Bilder ein. Leider hat Pommern gegen Kriegsende großen Schaden genommen, manche Orte (wie etwa auch Danzig) wurden nach kampfloser Einnahme durch die rote Armee systematisch abgefackelt. Aus dem Gedächtnis kann ich Folgendes zusammenfassen.

    Heute schlechter bis sehr schlechter Zustand (von Westen nach Osten):
    - Cammin. Surreal. Hier umgibt nach Kriegszerstörung eine geschlossene Stadtmauer die ehemalige Altstadt, außer einer bedeutenden Kirche und einem spätgotischen Rathaus steht dort allerdings komplett Plattenbau.
    - Kolberg.
    - Köslin, bis auf die Domkirche Totalschaden.
    - Schivelbein. Ebenfalls surreal. Man betritt die ehemalige Altstadt von der Bundesstraße aus durch ein Stadttor mit einem Ensemble alter Häuser, der ehemalige viereckige Marktplatz ist aber komplett (!!) verschwunden.
    - Elbing, weite Teile der Stadt bestehen aus Plattenbau, der Bereich der ehemaligen Altstadt zwischen Nikolaikirche und dem Fluß Elbing war irritierend leer, dass um die Kirche Straßenzüge historisierend wiederaufgebaut wurden und werden ist uneingeschränkt zu begrüßen.

    Mittlerer Zustand:
    - Stolp, das „Paris in Pommern“ konnte ich nur im Vorbeifahren inspizieren. Die Stadt wurde von der sowjetischen Armee ohne nennenswerte Kämpfe eingenommen, im Anschluss aber abgebrannt und soll halbwegs wiederhergestellt sein.
    - Marienburg, Burg und Stadt wurden im Januar 1945 zerstört, die Burg wurde wieder aufgebaut, ich meine, dass der Ort passabel aussah.

    Guter Zustand (von West nach Ost)
    - Misdroy,
    - Treptow/Rega,
    - Greifenberg,
    - Rügenwalde, hier war ich persönlich nicht, der Dumont-Kunstführer bewertete aber Rügenwalde als schönsten Küstenort in Pommern,
    - Belgard,
    - Bad Polzin,
    - Neu-Stettin,
    - Mewe/Weichsel mit spektakulärer Ordensburg und
    - Kulm/Weichsel.

  • Gerade eine Luftaufnahme der Stadt [Kolberg] vor dem Krieg habe ich noch nicht gesehen und wäre für eine Ergänzung dankbar.

    Ich kann auch nur mit diesem hier dienen:

    Ist leider nur abgeknipst - mein Scanner ist eher Murks. Ich habe es dennoch mit 1.200er-Breite hochgeladen.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Danke für das Luftbild! Außer Dom, Rathaus und ich glaube auch noch dem Wasserturm (wenn das einer ist) rechts hinten im Bild steht heute von dieser Konstellation konkret nichts mehr. Schinkels Rathaus hatten sie offenbar seinerzeit einfach mitten auf den Marktplatz gesetzt, vor Ort ist das heute nicht mehr zu erkennen.

  • Arnswalde (Neumark)

    Arnswalde in der Neumark an der Grenze zu Pommern, hatte vor dem Krieg etwa 13.000 Einwohner.
    Wie so oft in dieser Region eine massive Backsteinkirche im Zentrum umgeben von eher
    bescheidener Bebauung. Die Stadt wurde wohl wie fast alle in Brandenburg und Pommern bereits im
    Dreißigjährigen Krieg rasiert.
    Das Inferno 1945 hat wohl nur die Marienkirche und ein Teil der Befestigungsanlagen überstanden,
    ansonsten steht dort heut der übliche Plattenschrott.

    Merian-Stich:

    Stadtzentrum:

    Panorama:

    Marienkirche:

    Marktbrunnen:

    Steintorstraße:

    Plus Outre

  • Stargard (Hinterpommern)

    Das hier schon angerissene Stargard noch einmal etwas ausführlicher.
    Immerhin die einzigste Stadt die ihren alten Namen behalten hat (mit dem Zusatz Szczeciński).
    Das pommersche Rothenburg hatte damals ca. 40.000 Einwohner und war eine der Perlen Hinterpommerns.

    Zentrum mit Marienkirche, Rathaus und Ratsapotheke (links)

    Marien- und Johanniskirche

    Rathaus

    Das älteste Haus Stargards

    Johanniskirche

    Walltor

    Pyritzer Tor

    Mühlentor

    Ernüchternd sind diese Luftbilder:
    http://7dnistargardu.pl/stargard095.jpg
    http://www.katalogmonet.pl/images/stargard098.jpg

    Immerhin sind die wichtigsten Baudenkmäler gesichert bzw. rekonstruiert.

    Plus Outre

    Einmal editiert, zuletzt von Lupi (12. September 2013 um 22:42)

  • Treptow an der Rega (Hinterpommern)

    Treptow unweit der Ostseeküste und in der Nähe von Kolberg mit rund 11.000 Einwohnern wurde
    ebenfalls ein Opfer der russischen Feuerwalze, obwohl die Stadt kampflos eingenommen wurde.
    Das Schicksal so vieler Städte im Osten 1945.
    Die Namensvetterin Treptow an der Tollense in Vorpommern ist besser bekannt unter dem seit
    1939 amtlichen Namen Altentreptow.

    Zentrum

    Markt mit Rathaus und Marienkirche

    Das Rathaus, ein schlichter Barockbau,

    Giebelhäuser am Markt

    Grützturm

    Der Wiederaufbau wirkt gelungener als in Stargard, jedenfalls dem Luftbild nach zu urteilen:
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…ew_2007-10a.jpg

    Plus Outre

  • Schivelbein (Hinterpommern)

    Mittig in Hinterpommern gelegen und mit etwa 10.000 Einwohnern hatte das kleine Städtchen Schivelbein
    eine große Backsteinkirche sowie ein Schloss nebst beschaulicher Altstadt zu bieten.
    Bis auf Kirche, Schloss und Steintor ist alles platt.
    Man muß den Polen zugute halten daß sie sich wenn es um Kirchen oder Schlösser ging meist nicht lumpen ließen
    und wenigstens diese bestmöglich wieder aufbauten.

    Stich von Merian

    Stadtzentrum

    Markt und Marienkirche

    Schloss

    Schlossturm

    Steintor

    Panorama

    Plus Outre

    Einmal editiert, zuletzt von Lupi (15. September 2013 um 12:54)

  • Bilder aus einer untergegangenen Welt. Immer wieder schön und traurig zugleich.
    Was ist das für ein massiver Bau neben der Kirche, ein Glockenturm?

    Plus Outre

  • Schöne Ergänzungen, Lupi und Palantir. Da ich mich früher nie intensiver mit den verloren gegangenen deutschen Ostgebieten beschäftigt hatte, bergen solche alten Photos und Filmaufnahmen für mich immer wieder ungekannte Überraschungen.

    Gerade die Schönheit des historischen Neisse stimmt mich fast nostalgisch. Zumindest ist ja wohl nicht alles von der beeindruckenden historischen Architektur dieser Stadt für immer verloren gegangen und speziell das mir auf den Bildern besonders auffallende Kämmereigebäude im Stile der Spätrenaissance erst 2011 in Anlehnung an den Vorkriegszustand teilweise rekonstruiert worden, wie ich gerade bei Wiki gelesen habe und wie man auch hier sieht:


    Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license


    Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.

  • Davon kannste ausgehen. Immerhin zeigt aber dieser Fleck, dass schon vom Gemäuer her Originalsubstanz erhalten sein muss. Ich hielt das ganze bisher für eine vereinfachte Reko à la Warszawa.
    Wahrscheinlich wird in N. noch mehr "kommen", bei den Polen und ihrem Sinn für Schönheit ist dies anzunehmen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Mir scheint der Fleck nur eine Probeachse für eine spätere Rekonstruktion der Bemalung zu sein, kein Rest des Altbaus.

    Beim Neißer Ringplatz war die eine abgerundete Ecke mit den beiden Radialstraßen typologisch wohl eine große Besonderheit.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Mir scheint der Fleck nur eine Probeachse für eine spätere Rekonstruktion der Bemalung zu sein, kein Rest des Altbaus.


    So mag es scheinen - ich glaube aber nicht, dass man über 40 Jahre hinsichtlich einer "Probeachse" ins Land gehen lässt.
    http://dolny-slask.org.pl/foto/345/345516.jpg
    Das Bild stammt aus den 60er Jahren - daher scheint mir das der auch mit recht großer Wahrscheinlichkeit der zukünftig solitäre Zustand des Restes der Originalbemalung zu sein. Immerhin ist super, dass die sonstigen Baudetails und der Figurenbesatz rekonstruiert wurden.

    Bedenklich finde ich dagegen die Interpretation des Rathausturms:
    http://dolny-slask.org.pl/foto/3774/3774754.jpg

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ja, diese postmodernistische Banalität ist sehr enttäuschend.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.