• Warum wurde der Denkmalschutz denn aufgehoben? Mit welcher Begründung? Ein Abriss wäre eine Katastrophe, in der Ecke steht durch die Emsgalerie sonst kaum noch etwas, bei einem der ehemaligen Nachbarhäuser des Barönchen wurde beim Abriss erst festgestellt, dass das Haus wesentlich älter war als angenommen.

    Die Entwicklung von Rheine ist schon sehr traurig, im Krieg nicht unerheblich zerstört wurden eigentlich erst ab den späten 90ern richtig Stadtbildzerstörung betrieben, ein Prozess der bis heute ununterbrochen weitergeht.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Das Gebäude wurde auf Betreiben des Besitzers Hermann Klaas, der die benachbarte Emsgalerie errichten lassen hat, aus der Denkmalliste gelöscht. Dieser wollte laut der Münsterländer Volkszeitung vom 21. September 2023 das Gebäude wieder gastronomisch nutzen, sah sich aber wohl mit zu großen Auflagen konfrontiert:

    Weil Klaas das Gebäude als Gastronomie reaktivieren wollte, war es seiner Auskunft nach im Genehmigungsverfahren zum Dissens mit den Denkmalschutzbehörden gekommen. „Dabei hatten wir weniger mit der Stadt Probleme als mit dem LWL“, sagte er im Gespräch mit unserem Medienhaus. Die Einsprüche der oberen Denkmalbehörde gegen gewisse bauliche Änderungen seien für ihn als Investor so einschränkend gewesen, dass er vor das Verwaltungsgericht Münster gezogen sei. „Beim Verfahren haben wir uns auf Vorschlag des Gerichts darauf geeinigt, uns dem Urteil eines unabhängigen Gutachters zu beugen“, berichtete Klaas. Und der Bauexperte sei zum Ergebnis gekommen, das gewisse Teile der Bausubstanz zwar aus der Sicht des Denkmalschutzes erhaltenswert seien, sich dies technisch aber nicht realisieren ließe. Insofern habe die Stadt Rheine das vermutlich auf das 16. Jahrhundert zurückgehender Gebäude – die älteste Datierung an einem Kamin im rückwärtigen Teil des Hauses weist die Jahreszahl 1767 auf – jetzt aus der Denkmalliste gestrichen. Für den Lingener Investor ist somit der Weg frei für seine Planungen, bei denen er jetzt nur noch ans Planungsrecht des in diesem Bereich geltenden Bebauungsplanes „Westliche Innenstadt“ gebunden ist. Klaas werde eine „gute Planung“ in Auftrag geben, bei der insbesondere auf die vermutlich aus dem Jahr 1815 stammende und vom seinerzeit renommierten Architekten August Reinking (1776 - 1819) geplante Schaufassade zur Münsterstraße Rücksicht genommen werde.

    Das heißt wohl im Klartext, dass das Gebäude bis auf die Vorderfront abgerissen wird. Allerdings gab es auch kritische Stimmen aus der Rheiner Politik, die erst im nicht-öffentlichen Teil der jüngsten Sitzung des Bau- und Mobilitätsausschusses vor wenigen Wochen über die jüngsten Entwicklungen beim Barönchen informiert wurde. „Ich persönlich hätte mir gewünscht, frühzeitiger aus dem Rathaus informiert zu werden“, sagte Karl-Heinz Brauer (SPD), Vorsitzender des Ausschusses. Ihm pflichtete auch Manfred Konietzko (CDU)

    bei, der die Transparenz im Verfahren vermisste. Die ehrenamtliche Denkmalbeauftragte der Stadt Rheine, Stefanie Remberg, richtete einen Appell an Investor Hermann Klaas, möglichst viel vom alten Barönchen zu erhalten. „Es wäre schade, wenn das Gebäude vollkommen verschwände, denn Rheine würde dann etwas fehlen“, meinte sie. Das „Barönchen“ war mit seinem vorderen erstmals im September 1982 in die Denkmalliste der Stadt eingetragen worden. Im Dezember 2004 wurden zusätzlich die gesamte Außenhaut, das konstruktive Innengerüst, der auf das Jahr 1767 datierte Kamin, ein Keller mit einem Kreuzgratgewölbe und ein Keller mit einem flachen Tonnengewölbe unter Denkmalschutz gestellt. Das ehemalige Gasthaus wurde bis zum Anfang des 19. Jahrhundert „Zum weißen Ross“ genannt und gab vor allem einfachen Fuhrleuten Rast und Unterkunft, während laut Rudolf Breuing „vornehmere Reisende eher in der gegenüberliegenden Weinschenke im Haus Münsterstraße 34 logiert.

    Für mich ist das Ganze ein absolut skandalöser Vorgang! Eigentlich gehört der Eigentümer enteignet! Vermutlich führen die Planungen zu einem ähnlichen Ergebnis wie bei Marktstraße 6:https://baldauf-architekten.com/projekte/marktstrasse-rheine/


  • Vielen Dank für die Informationen. Dass sowas überhaupt geht, scheint wohl die Folge des novellierten Denkmalschutzgesetzes in NRW zu sein. Für mich nicht nachvollziehbar - entweder ist ein Haus ein Denkmal und dann auch substanziell zu erhalten - oder eben nicht, dann greift evtl. noch Ensembleschutz.

    Der Abriss des Ritz in der Marktstrasse war ein Skandal, auch Marktplatz 7 wurde jüngst unter Beibehaltung der Fassade verschandelt.

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    Karl Kraus (1874-1936)