Rom - Bauten des Faschismus

  • 42 Natürlich ist kein Rom-Besuch vollständig ohne einen Besuch der schönsten örtlichen Faschismus-Bauten. Über das Stadtgebiet werden so einige verstreut sein. Ich beginne mal mit diesem Bau östlich des Bahnhofes Termini. Allerdings ist eine vollständige Aufarbeitung des Themas hier nicht möglich, somit werde ich mich im Anschluss auf drei Schwerpunkte beschränken.

    43 Neben der via dei fori imperiali, die Mussolini bekanntlich mitten durch die antiken Kaiserforen direkt neben dem Forum gezogen hat, sehen wir den markanteste Eingriff Mussolinis in das gewachsene Stadtbild der Altstadt in der via della conciliazone, hier wurde der Bereich zwischen Petersdom und Engelsburg 1937 grundlegend umgestaltet.

    „So kam es in Abänderung des Regulierungsplans von 1931 zum Beschluss, nicht nur die Häuser der Spina, sondern auch zahlreiche angrenzende historische Gebäude des Borgo, abzureißen. Mit der Planung beauftragt waren die Architekten Piacentini und Spaccharelli. Der „Duce“ selbst setzte am 28. Oktober 1936 öffentlichkeitswirksam den ersten Hieb mit der Spitzhacke, und bis Oktober 1937 wurden 600.000 m³ Gebäude weggerissen, darunter vier Kirchen und zahlreiche historische Paläste. Erhalten wurden nach vehementen Protesten zumindest der Palazzo Torlonia (1496–1504), der Palazzo dei Penitenzieri, und die Kirche Santa Maria in Traspontina (1566–1637), die in die neue Achse integriert werden konnten. Der im Besitz des Vatikan befindliche Palazzo dei Convertendi (16. Jahrhundert) wurde abgerissen und an der neuen Straße wieder aufgebaut. Doch eines der lebendigsten historischen Viertel Roms war verschwunden“, Quelle Wikipedia.

    Auch wenn der Status Quo vertraut ist, fallen Details des faschistischen Baustils auf, abgesehen von der typisch breiten Straße die Laternen oder auch Details an den Gebäuden rechts.


    43a Hier sehen wir den Zustand vor 1937 (Bildquelle Bildindex)...


    43b ...die Umbauphase 1937 (Bildquelle Bildindex) ...


    43c ... und den Nachkriegszustand (Bildquelle Bildindex).


    Der Klassiker ist natürlich das EUR-Viertel, begonnen von Mussolini für eine Weltausstellung 1942, dann halbfertig über den Krieg stehen gelassen und ab den 50ern zur Ansiedlung von Ministerien zu Ende gebracht.
    Hier seht Ihr das Areal a.d. 1953:
    [url=http://en.wikipedia.org/wiki/File:EUR,_Rome_-_1953.jpg]File:EUR, Rome - 1953.jpg - Wikipedia, the free encyclopedia[/url]


    44 Pizza Guglielmo Marconi

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    46 Teilweise haben die 50er und 60er-Bauten dann allerdings auch etwas von Ost-Berlin vor der Wende. Wobei zumindest das Gebäude aus Bild 48 noch einen kuriosen Charme hat.

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    49 Der Star des Viertels ist für mich der Palazzo della Civilta Italiana, im Volksmund auch „Colosseo quadratico“.

    50 Einen Petersdom-Nachbau im Faschismus-Stil gibt es auch noch.

    51 Ähnliches sehen wir im Olympia-Gelände (heute foro italico) nördlich der Innenstadt. Der Komplex wurde selbstbewusst in den 30ern für eine Bewerbung für die Olympiade 1940 gebaut, die dann allerdings nach Japan vergeben wurde. Vor allem das Olympiastadion wurde für Nachkriegsveranstaltungen deutlich umgebaut und ist von außen kaum mehr als Faschismus-Bau zu erkennen. Zunächst sehen wir entlang der Ponte Duca d’Aosta über den Tiber.


    51a Offensichtlich wurden nach dem Krieg doch einige Symbole der Mussolini-Zeit entfernt. Dieser Adler und die benachbarten Säulen zur linken Tiber-Seite stehen heute nicht mehr (Bildquelle: Bildindex).


    51b (Bildquelle: Bildindex)

    52 Von der Ponte sehen wir zur antiken Milvischen Brücke.

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    55 Vor dem Stadion sehen wir diverse Mosaiken, die vom Mut italienischer Armeen künden.

    56 Hier fällt mir dann allerdings der alte Witz über das Getriebe italienischer Kampfpanzer ein (ein Vorwärts- und drei Rückwärtsgänge). Tschuldigung.

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    64 Bekanntlich war Nacktheit während der Faschismus-Epoche besonders zeigenswert. Hier sehen wir noch als besonderes Kuriosum den nackten Skifahrer, der bei Wikipedia erwähnt wird. Das war’s.

  • Erpel

    Danke für die interessanten Eindrücke aus Roma!

    Mir persönlich sagen die Bauten des deutschen Faschismus irgendwie mehr zu als die des italienischen - kann aber nicht genau sagen warum.

    Besonders eindrucksvoll und ansprechend finde ich ja das Olympiastadion in Berlin von Mach (das ja wie ich glaube schon vor der Diktatur geplant wurde). Auch das Reichsluftfahrtministerium gefällt mir irgendwie. Es kann aber auch sein, dass es deswegen auf mich wirkt, weil rundherum so viel Nachkriegsmüll steht. Irgendwie schade finde ich, dass die Neue Reichskanzlei nach dem Krieg komplett eleminiert wurde. Es muss schon ein beeindruckendes Erlebnis gewesen sein, dort durchzugehen - die Materialien waren ja vom Feinsten. Es gab einmal ein Buch im Handel mit lauter Farbfotos aus der RK. Wenn ich nur daran denke, was heute für ein Mist in der Voss steht... Auch die Karl Marx Allee fasziniert mich, wenn mir auch hier die Dimensionen etwas zu gewaltig erscheinen.

  • Zum Olympiastadion ist noch zu sagen, dass Hitler ursprünglich noch 1935 befahl einen dritten Ring aufzusetzen, weil ihm durch die teilweise unter dem Erdniveau gelegenen Ränge das Stadion von außen nicht ausreichend monumental erschien.

  • Ich habe vor sehr vielen Jahren in Rom mit einem Freund das EUR besucht. Es hat uns teils ganz gut gefallen, da es zum einen moderne Architektur ist (ein schöner "Kontrast" zur römischen Altstadt), zum anderen aber eine, die ortsspezifisch recht gut zur Geschichte der Stadt bzw. des Landes passt (http://www.hotze.net/Roma/images/roma059.jpg). Die Peter-und-Paul-Kirche ist im Inneren, so ich mich richtig erinnere, ziemlich schlicht. Äußerlich aber fand ich sie durchaus würdevoll (http://euxus.eu/rom/b800/4A240153-rom-eur-pietro-e-paolo.jpg).

    Wenn schon Neoklassizismus, denn passt er einfach am besten nach Italien.

    Hier mal die Post in Palermo von Mazzini: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Palermo-Post-bjs.jpg

    Ein ganzes Stadtplanungprojekt war die Trabantenstadt Sabaudia, südöstlich von Rom:

    Rathaus
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?ti…=20060227223241

    http://www.radioluna.it/news/wp-conten…/sabaudia-4.jpg


    http://www.settemuse.it/viaggi_italia_…Sabaudia019.jpg

    Postamt
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?ti…=20110418140432

    Kirche
    http://www.settemuse.it/viaggi_italia_…Sabaudia014.jpg

    Eigentlich ganz nett.

    Es gab in der faschistischen Zeit, die kulturell weitaus offener war, als das NS-System, übrigens auch eine ganz moderne Richtung, die sich vor allem in Giuseppe Terragnis "Casa del Fascio" in Como präsentierte und bis heute Modernistenherzen höher schlagen lässt:
    http://26.media.tumblr.com/tumblr_ktu5b5C5uo1qzhj8vo1_500.jpg
    http://lauragangemi.altervista.org/Casa%20del%20Fascio.jpg
    http://v.e-flux.com/j/10/13a_Terragni_sala.jpg
    http://static.urbarama.com/photos/medium/1071.jpg

    Mit persönlich aber gefällt z.B. die "Casa del Fascio di Borgo Panigale" von Alberto Legnani besser: http://www.architetturadipietra.it/wp/?p=1208 (Aber ich bevorzuge eben auch etwas traditionellere Materialien und Formmuster.)

    Wie gesagt, nicht universell übertragbar. Aber eine Moderne, die ich persönlich immer noch humaner finde als vieles, das sich später austobte.

    Einmal editiert, zuletzt von Heimdall (1. Dezember 2011 um 12:03)

  • Ich möchte die historischen Entwicklung der Via della Conciliazione mit diesem (leider forumsbedingt kleinem) frühen Bild aus dem Jahr 1885 ergänzen, welches die damals noch eng bebaute Straße hinab zum Tiber zeigt.

    Zitat von Erpel

    43b ...die Umbauphase 1937 (Bildquelle Bildindex) ...

    43c ... und den Nachkriegszustand (Bildquelle Bildindex).

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ich möchte die historischen Entwicklung der Via della Conciliazione mit diesem (leider forumsbedingt kleinem) frühen Bild aus dem Jahr 1885 ergänzen, welches die damals noch eng bebaute Straße hinab zum Tiber zeigt.

    Link


    Ich stolpere über die 6- oder 7-Geschosser in etwa 1 km Entfernung im linken Drittel des Bildes, hinter der Freifläche, welche von einer Straße etwas schräg zur Sichtachse durchschnitten wird. Sollen die wirklich von 1885 sein? Ich würde eher auf Mussolini-Wohnblöcke tippen.

    Edit 9. Januar 2012: Da hab ich mich gerirrt.... Auf dem Foto ist der Justizpalast (Palazzo di Giustizia) offenbar im Rohbaustadium zu sehen; laut Wiki wurde er zwischen 1888 und 1910 errichtet.

    3 Mal editiert, zuletzt von Zirp (9. Januar 2012 um 19:18)

  • Am Forum Romanum:

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    "Wie schön ist es doch zu leben." Pippi Langstrumpf

  • Von "Kitsch" kann ja keine Rede sein, eher von "Männlichkeit":

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  • 1923 schuf Mussolini aus den Städten Porto Maurizio und Oneglia in Ligurien die Stadt IMPERIA. Einige Bauten der Zeit haben sich erhalten und sind sehr interessant:

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  • Das ist für mich das Doppeldeutige: Die Anleihen in und aus der Geschichte und gleichzeitig - hier genau wie in der deutschen NS-Zeit - die Überhöhung eines makellosen Körpers, der dann selbstverständlich bei Abwehr gegen das Nichtmakellose einwandfrei gehalten werden muss. Das betrifft den menschlichen Körper ebenso wie die Gestaltung der Stadt. Rollstuhlfahrer und ein altes Mütterlein sucht man im Bildhaften solcher Städte vergebens, schlichtweg, weil sie nicht dazugehören.

  • Den Vorwurf könnte man der gesamten klassischen Kunst machen. Weder in der Antike, noch im Klassizismus oder im Jugendstil standen Rollstuhlfahrer oder Greisinnen im Fokus künstlerischen Interesses. Auch auf den heutigen Mode-Laufstegen werden kaum einbeinige oder adipöse Models präsentiert. Das Schöne ist eben eine Feier der Verheißung des Lebens. Die Darstellung des Grauens und der Krankheit war der christlichen Kunst des Mittelalters und der frühen Neuzeit vorbehalten, später kam die "schwarze Romantik" hinzu und dann die Moderne als säkularer Erbe des Christentums. Es handelt sich schlicht um zwei unterschiedliche Stränge von Lebenseinstellung und Kunstauffassung.

  • Am "besten", weil einfach extra lächerlich, fand ich ja die nackten Männer, die dann mit Skiern oder Schlittschuhen dargestellt sind. Das ganze "DUCE DUCE DUCE DUCE" etc. lässt mich auch eher schmunzeln. Da waren die Reichsadler ja richtig bescheiden.

    Weitaus besser finde ich jedoch das EUR-Gelände, vor allem dieses "eckige Kolosseum". Natürlich auch sehr monumental, aber durch die helleren Materialien und Säule nicht ganz so...bedrohlich, wie die Nazi-Bauten.

    Einmal editiert, zuletzt von Benni (21. Oktober 2013 um 16:31)

  • @ Heimdall,

    ich will da mal von der Frage des Maßes reden, sowohl was die Intensität der Darstellung angeht und zum zweiten auch vom Ausmaß dieses Auftretens.

    Wenn Jugendliche sich infolge Modezeitschriften zurechthungern ist dieses ebenso eine Spielart dieses Übermaßes, wie die überbordende und unübersehbare Zurschaustellung eines propagandistisch herausgestellten Idealbildes.

    Nicht die Forderung nach Frieden ist unsinnig, unsinnig ist die Parolenhaftigkeit an jeder zweiten Hauswand, womit das zur Ideologie gerät.

  • Bei yt gibt es jetzt einen umfangreichen Film über das Forum Mussolini-Italico:

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