• Das war aber eine andere Zeit als heute.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich wollte mal was zu dem obigen Ministerium sagen. Architektonisch belanglosester 70er-Jahre-Mist. Aber mittlerweile ist man fast versucht zu sagen: Das ist eben Stuttgart. Die Stuttgarter ernten eben die Früchte, die ihnen die Weißenhof-Siedlung eingebrockt hat.
    Zu dem Europaviertel: Eine Ebene der Belanglosigkeit. Einigen Objekten kann ich noch ein wenig Aufenthaltsqualität zubilligen (Pariser Höfe), andere kommen über das Niveau diverser Bürostädte in allen möglichen Landesteilen nicht hinaus (etwa das Bürogebäude der Südleasing). Und mit dem Hochhaus Ecke Heilbronner- und Wolframstraße will man sich auch noch den üblichen dekonstruktivistischen Brutalo-Klotz leisten, um dadurch wohl ein wenig "Kreativität" oder "Weltoffenheit" vorzutäuschen. Das ganze hat weder etwas mit Stuttgarter Tradition (es sei denn man reklamiert die Bauhaus-Hässlichkeit mittlerweile als typisch stuttgarterisch) noch mit Poesie zu tun. Armselig.

  • Zitat

    Tja, mit dieser "Logik", welche die Bereiche "Landschaft" oder "Naturschutzgebiete" bedingungslos dem Profit zu opfern bereit ist

    Ich denke, ich wurde hier komplett mißverstanden. Mit "Wirtschaft" meinte ich einfach das "Wirtschaften" der Bürger, deren Produkte und Dienstleistungen und vor allem deren Verkauf ja die Grundlage für Steuereinnahmen sind, mit denen dann Umweltschutz, Sozialleistungen und auch Denkmalschutz finanziert werden - denn das Geld, das an anderer Stelle ausgegeben wird, muß ja irgendwo erwirtschaftet werden. Und ohne eine vernünftige Wertschöpfung können all die schönen und wünschenwerten Ausgaben eben nicht finanziert werden...

    Außerdem verstehe ich nicht, wo der Widerspruch zwischen erfolgreichem Wirtschaften und einem hochwertigen Stadtbild liegen soll, jedenfalls ist Regensburg mit seiner mittelalterlichen Altstadt eine der dynamischsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Städte Deutschlands.

    P.S. Nachdem das inzwischen komplett am Thema vorbeigeht, werde ich mich dazu auch nicht mehr äußern.

  • Vor einigen Wochen habe ich mal angekündigt, Fotos der überwiegend recht ansprechend bebauten Hanglagen in Stuttgart aufzunehmen, hier das Ergebnis:

    Picasa Web Albums - Stephan Baumeister - Gablenberg

    Besonders frappierend finde ich den recht abrupten Übergang in die recht unschöne Bebauung der Innenstadt, die auf den letzten Fotos zu sehen ist.

    P.S. Offensichtlich läßt man sich dort nicht so gern fotografieren, jedenfalls gab eine ältere Dame ihrer Kritik lautstark Ausdruck, als ich eine ganz normale Straßenszene fotografierte. Vermutlich wohnt sie in einem verpixelten Haus und hielt mich mindestens für einen Mafia-Abgesandten...

  • Danke fuer die Bilderserie, Webmaster! :daumenoben: Da sind einige sehr schoene Haeuser dabei, wobei die groesseren Villen wahrscheinlich in mehrere Wohnungen umgearbeitet wourden. Aber viesuell ... was fuer ein Agglomerat ist denn das? Ich glaube, ich wuerde mich, wenn ich in der Gegend wohnte, irgendwie immer unruhig und gestoert fuehlen. Da herrscht doch architekturmaessig keinerlei Homogenitaet! Fuer mich sein sehr trauriges Kapitel.

    P.S. Never mind the old ladies! Being polite will mellow them out in a flash. :smile:

  • Die gründerzeitlichen Ensembles der Sonnenbergstraße gefallen mir allerdings sehr.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Mindestens genauso schön ist die Fahrt mit der 15er-Straßenbahn ins Zentrum - Bubenbad, Gerokstraße und Co.

    Auch hier werde ich heute mal etwas fotografieren, spätestens ab der Einmündung in die Charlottenstraße beginnt dann aber auch hier das architektonische Grauen...

    Gewünscht wurden ja auch Fotos vom Leonhardsviertel, der eigentlichen erhaltenen Altstadt - allerdings habe ich mich da ehrlich gesagt nicht getraut, da trotz der frühen Stunde schon relativ viele "Damen" (siehe auch Leonhardsviertel: Die vergessene City - Stuttgarter Nachrichten) herumstanden, die ggf. rabiat auf Fotografen reagieren dürften (vielleicht mache mich mal ein paar Handy-Fotos).

  • Da kann ich dich beruhigen, ich habe im Leonhardsviertel auch schon fotografiert, und die einzige Frage, die mir eine Dame stellte war, ob ich denn nicht noch ein bißchen mehr wolle als Fotos. :lachen: Ich denke, es ist unbedenklich solange du versuchst, keine Personen zu erfassen.

    In dubio pro reko

  • Hier noch einige Fotos von gestern zum Schloß Hohenheim (Schloss Hohenheim – Wikipedia), das ja vor allem als Universität genutzt wird (und mit der Speisemeisterei - Schloss Stuttgart-Hohenheim auch ein Sterne-Restaurant beherbergt):

    Picasa Web Albums - Stephan Baumeister - Hohenheim

    Recht schön auch die Gärten rundherum, der abgebildete Ort ist Stuttgart-Plieningen (gleich am Flughafen), daneben beginnt gleich der Landkreis Esslingen. Das letzte Foto ist leider typisch für die Ergänzungsbauten der Universität...

  • Zitat

    Hans D. Christ: Das Unbehagen beim Anblick der Stadt

    Samstag 31. März 2012, 10.30h, Hegelhaus

    „Denn hinter dem einheitlichen Plan verbirgt sich die Diktatur; der Stadtplan aus einem Guss ist auch aus einem Willen. Er kann niemals dort entstehen, wo noch echte Demokratie am Werk ist.“ – Dieser Satz aus dem Text „Stadtplanung und Demokratie“ (1957) von Lucius Burckhardt lässt unsere moderne Stadt, auch da wo sie avantgardistisch genannt wird, als ein antidemokratisch, technokratisch gefasstes, willkürliches Gefüge erscheinen. Der Vortrag folgt diesem Unbehagen am städtischen Raum und berücksichtigt verschiedene Thesen und Positionen von Philosophen, Soziologen, Stadtplanern und Politologen.

    Quelle: Hans D. Christ: Das Unbehagen beim Anblick der Stadt | die AnStifter

  • Ich glaube diese beiden Grossprojekte in Stuttgart hatten wir noch nicht, das eine recht ansprechend, das andere zum vergessen:

    Fangen wir mit dem Positiven an, dem "Gerber":

    Das Projekt GERBER in Stuttgart-Mitte

    Einigen ist das Projekt vermutlich bekannt, Breuninger am Karlsplatz, schier zum davonlaufen nono:)

    Karlsplatz: Breuninger und Stadt einig über Neubau - Stuttgart - Stuttgarter Nachrichten

    Aber es gibt auch kritische Stimmen vonseiten Stuttgarter Bürger, z.B:


    Zitat

    Warum hat man nicht den Mut...


    ...und baut in einer solchen historischen Umgebung auch mal etwas, das sich architektonisch an die historischen Gebäude in der Umgebung anlehnt? Bzw. warum rekonstruiert man bei dieser Gelegenheit nicht auch einmal frühere Häuser oder Straßenzüge? Frankfurt rekonstruiert gerade seine Altstadt, da sollte es in Stuttgart möglich sein, wenigstens hier und da sein Stadtbild und seine Identität von vor den Kriegszerstörungen wieder aufleben zu lassen, sofern nichts dagegen spricht. Das wäre "mutig", und nicht der 100. Glasbau, auch wenn der aktuelle Entwurf gar nicht mal so schlecht ist. Trotzdem, die Vergangenheit wird zuverlässig ausgeblendet.

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Tja, der Wunsch in Gottes Ohren. Die Fenster sind wirklich zum Gruseln, die Dachstruktur aber nicht minder. Zwar hält sich der Komplex zumindest an den Straßenblock, aber ansonsten ist er von einer Hässlichkeit gekrönt, die sich eine Stadt anscheinend unbedingt geben will. Sieht zudem sogar noch billig aus, was durch die Beleuchtung der Glasflächen etwas optisch kaschiert werden soll. Es hat schon einen Grund, dass von in meinem Bekanntenkreis fast alle (eine einzige Ausnahme gibt es) schon mal geäußert haben, dass sie niemals nach Stuttgart ziehen würden. Zwar schön gelegen sei ihnen die Stadt aber zu hässlich, und mit der ganzen Mentalität kämen sie auch nicht klar. Ein Freund aus München hatte mal einen Bekannten, der in Stuttgart einen Selbstmordversuch unternahm. Mein Münchner Freund sagte damals zu mir: "Wundert mich nicht so ganz. In dieser seltsamen Stadt mit dieser bedrückenden Stimmung." Nun, ob das damals wirklich den Ausschlag für die Tat gab, bezweifle ich mal. Aber ein Stadtbild kann natürlich Stimmungen verstärken. Und die Neubauten am Karlsplatz werden die allgemeine Stimmung mit ziemlicher Sicherheit nicht heben.

  • Denkmalschutz in Stuttgart
    Eine Stadt und ihr steinernes Gedächtnis
    http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.denkmal…6d44460f38.html

    "Doch immer mehr Menschen wollen sich nicht damit abfinden, dass Stuttgart, das sowieso im Bombenhagel und in der nachfolgenden Aufbau- und damit Beseitigungshysterie so viele alte Gebäude verloren hat, weiter so wenig Rücksicht auf die historische Bausubstanz nimmt. Die Stuttgarter befinden sich damit in guter Gesellschaft. Vor einigen Jahren hat eine Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach ergeben: 88 Prozent der Deutschen sind dafür, dass bei einer Sanierung der Innenstädte die Altbausubstanz restauriert werde."


    Denkmalschutz in Stuttgart
    Schmuckkästchen und Schmuddelecke
    http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.denkmal…8ca8717d7b.html

    "Der größte Teil des Verlustes ist aber nicht der heutigen Zeit anzulasten. Der Krieg hat furchtbare Wunden geschlagen; noch schlimmer war die Aufbauzeit danach. Damals wurde sogar die alte Anlage der Stadt zerstört, indem ganze Quartiere geschleift und Autobahnen durch die City gelegt wurden – siehe Hauptstätter und Theodor-Heuss-Straße. Das allerdings war nicht nur in Stuttgart so: Der Begriff der autogerechten Stadt trieb in vielen Großstädten Deutschlands sein Unwesen."

    In dubio pro reko

  • Man nehme amerikanische Kitscharchitektur wie am Rodeo Drive in LA:
    http://www.losangeles.citysam.de/fotos-losangel…deo-drive-7.jpg

    Setze das Berliner Kaufhaus Jonass aus den Zwanzigern obendrauf:

    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…822_AMA_fec.jpg


    und fertig ist "das Gerber"

    http://www.german-architects.com/de/pages/page_…tadtzerstoerung


    Schon schwach, wenn heutigen Architekten nichts anderes einfällt! :rolleyes:
    Auch sehr entlarvend.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Fairerweise muß man aber dazu sagen, daß die meisten Projekte der letzten Jahre tatsächlich eher eine Verbesserung mit sich gebracht haben (das gilt insbesondere auch für das Einkaufszentrum am Schloßplatz in Stuttgart, wo zuvor ja auch nur ein Sammelsurium häßlichster Nachkriegsarchitektur stand).

    "Das Gerber" ist sogar eine ganz deutliche Verbesserung gegenüber dem aktuellen Zustand, auf Bing ist ja noch die alte Bebauung aus der Luft zu "bewundern":

    http://binged.it/L1UCRK

    Gleiches gilt für den Abriß dieses eigenartigen vieleckigen Beton-Monsters gleich daneben, das auf Bing auch noch zu sehen ist, getrennt durch eine mehrspurige Hochstraße mitten in der Innenstadt, unter der sich im Bereich Tübinger Straße recht dubiose Personen aufhalten (heute vermutlich wegen der Baustellen nicht mehr).

    Ich habe die Gegend übrigens Ende März fotografiert, hier die Fotos:

    Picasa Web Albums - Stephan Baumeister - Rund um das n...

  • Ich halte die Kritik an der Gestaltung des neuen Gerbers für überzogen. Die Frage nach der Dimension, Struktur und der zukünftigen Inhalte/Nutzungen eines solchen Stadtbausteins ist eine andere. Entlarvend ist vielmehr folgende Aussage:

    Zitat

    Nicht alles, was dort stand, war erhaltenswert – aber das Eckhaus an der Marienstraße / Paulinenstraße gehörte beispielsweise zu jenen Bauten, die ihre Entstehungszeit in bester baukultureller Erinnerung gehalten hätten.

    Was gibt es diesem banalen Klotz nach zu trauen? -> http://www.bing.com/maps/?v=2&cp=s3vvt0hrxwkk&lvl=18.24&dir=91.64&sty=b&where1=Stuttgart%2C%20BW%2C%20Deutschland&form=LMLTCC]Bing Maps - Anfahrtsbeschreibungen, Verkehrsinfos und Straßenbedingungen Als ob in Stuttgart nicht in unerträglichem Maße an diese 'Baukultur' erinnert würde. Wie lächerlich solch eine Aussage also ist!

    Auch hinsichtlich der Hochwertigkeit und Ortsgebundenheit des neuen Hospitalhofs kann ich nur Folgendes feststellen: Fehlanzeige!

    Jeder, der sich die Fähigkeit erhält Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.
    http://www.archicultura.ch

    Einmal editiert, zuletzt von zeitlos (1. Juni 2012 um 09:49)

  • Das Gerber ist eine klare Verbesserung gegenüber der vorherigen Bebauung, mir gefällt auch der Stil der Architektur. Der einzige Altbau an der Ecke Sophienstraße wird erhalten und integriert. Bei diesem Projekt habe ich keine Einwände.

    In dubio pro reko