Boston hat mir sehr gut gefallen, zumal meine Erwartungen noch gar nicht mal besonders hoch waren. Boston gilt ja als relativ europäische US-Stadt. Dies wird vor allem daher rühren, dass es in weiten Teilen der Stadt kein Raster-Straßennetz gibt und die Innenstadt (wir waren nur einen Sonntag dort) im Gegensatz zu anderen US-Städten überaus quirlig ist. Es gibt jede Menge Geschäfte und es laufen Unmengen Leute herum, es gibt einen tollen Park. Von der Architektur her erschien mir jedoch Boston als eine Art New York City im kleinen, es gibt jede Menge Hochhäuser, vor allem im Bankenviertel interessante, gewaltige Bauwerke aus der Zeit um 1910 und einige Bausünden, abgerundet wird das ganze durch einige auch für unsere Verhältnisse respektabel alte Gebäude, Boston ist die US-Metropole mit der ältesten Bausubstanz. Zudem gibt es in Boston auch an vielen Stellen Hinweise auf Eckpunkte amerikanischer Geschichte, z,B. auf Paul Revere, der (angeblich) in einem mutigen Ritt die vor der Stadt stehenden Truppen George Washington’s vor den Engländern warnte.
1 Zu einem bemerkenswerten Bauprojekt kam es in Boston bis 2005, als die die Innenstadt querende Interstate 93 (gelb markiert) im Rahmen des „big dig“ in einen unterirdischen Verlauf verlegt wurde. Bis dahin wurde die nordöstliche Spitze der etwa faustförmigen Innenstadt mit dem dort befindlichen Hafen, Little Italy und Teilen des ältesten Bereiches der Stadt durch diese Interstate von Rest abgetrennt, eine markante Fehlplanung aus den 50ern. Immerhin sah Boston bis 2005 mit Baukosten um 16 Milliarden $ das seinerzeit größte öffentliche Bauprojekt der USA.
2 Jetzt sehen wir vom Hotelzimmer und von Süden aus Downtown . Man beachte ganz rechts außen das halb verdeckte Custom House, das größte ältere Gebäude (Aufstockung 1911,151m) der Stadt.
3 Hier sehen wir links vom Park in Bild 1 die Gegend um den Copley Square, mit einigen interessanten Ge-bäuden, etwa links den Prudential Tower (1964, 228 m), dann in der Mitte das gläserne John Hancock Center (1976, 240 m)und daneben etwas kleiner das Berkeley Building (1947, 151 m)
4 Beim Eintritt in die Downtown von Süden her sieht das hier alles noch etwas ungeordnet aus.
5 Dagegen sehen wir am Copley Square das wohl meistphographierte Motiv der Stadt, das John Jancock Center, in dessen gläserner Fassade sich die umliegenden Gebäude spiegeln und das in einem wirkungsvol-len Kontrast zur neoromanischen Trinity Church steht.
7 Die Trinity Church sieht auf den ersten Blick ganz gut aus, bei näherer Betrachtung ist die Verarbeitung doch etwas lieblos, so wurden die karolinigisch anmuten Säulen simpel aus Beton gegossen. Typisch ameri-kanisch ist es wohl auch, im Bild unten in eine neoromanische Ansicht einen gotischen Bogen einzubauen.
10 Das Berkeley Building (auch: Old John Hancock Building) rechts a.d. 1947 gefällt mir sehr gut, eines der wenigen relevanten Bauwerke aus dieser Epoche.
11 Auch im Umfeld gibt es genug sehenswerte Gebäude.
13 Jetzt sind wir an der Boston Public Library, einem Beaux Arts Bau (1895) des New Yorker Architekten Charles McKim, der zusammen mit zwei Partner als McKim, Mead & White in New York einiges geleistete hat (u.a. die abgerissene Penn Station). Wir erinnern uns an Stanford White, der 1906 im Dachrestaurant des von ihm selbst gebauten alten Madison Square Garden von einem eifersüchtigen Ehemann erschossen wurde.
14 Die Perspektive von der Library zur Trinity Church hat sich in den letzten 100 Jahren doch deutlich verän-dert.
17 In Richtung Norden geht es dann wesentlich kleiner, aber sehr gut sortiert und durchaus europäisch weiter, was hier im Bild halbwegs zu erahnen ist.
18 Jetzt sind wir in Bild eins rechts vom Park nahe Downtown angekommen und gehen ein Stück den Free-dom Trail herunter, in dem einige Eckpunkte des amerikanischen Unabhängigkeitskampfes markiert sind. Zunächst sehen wir das State House ...
19 ..., dann die King’s Chapel (1749), ...
20 ... die Old City Hall (1865), ...
21 ... das Old South Meeting House (1729) ...
22 ... und das Old State House (1713), hier wird am ehesten der Kontrast der historischen Gebäude zu sei-nem aktuellen Umfeld deutlich.
23 Gegenüber des belebten Arreals um den Quincy Market ...
24 ... steht dann aber mit der (neuen) City Hall ein unglaublich hässliches Gebäude, das ich zwar vor Ort wahrgenommen, aber vor Schreck nicht photographiert habe (somit zweimal Bildquelle Wikipedia), gebaut 1963-1968, Brutalismus in Reinkultur. Das mir unbekannte Internetprojekt Virtualtourist hat die Boston City Hall 208 zum hässlichsten Gebäude der Welt gewählt (Quelle Wikipedia).
25 Das Gebäude 75 State Street (119 m) beweist, dass man auch 1988 noch sehenswert bauen konnte.
28 Jetzt schauen wir vom Wasser auf 75 State Street und das Custom House.
29 Jetzt sind wir am Filene’s-Basement (1908) angekommen, einem schönen Kaufhaus, das (besonders die Uhr als einfachster Nachbau) an das Marshall-Field-Kaufhaus in Chicago angelehnt wurde. Aktuell befindet sich neben dem geschlossenen Filene‘s ein Bauloch, wie wir sehen, ist ein Neubau geplant.
33 Nun sehen wir noch exakt von der ehemaligen Interstate auf das Custom House, ...
34 ..., das Umfeld hat sich deutlich verbessert (Bildquelle Wikipedia), der nahe Bereich um den Quincy Mar-ket war vor dem Big Dig garantiert tot. Abschließend kann ich sagen, dass ein Tag in Boston einer zu wenig war, ich wäre den Freedom Trail gerne zu Ende gegangen und auch von Norden soll es über den Charles River einen schönen Blick auf die Stadt geben. Das Problem in Boston sind ganz klar die Hotelpreise. Wir sind übers Wochenende in einem Business-Hotel nahe einer riesigen Messehalle untergekommen, hier hätte sich der Übernachtungspreis unter der Woche verdreifacht. In der Innenstadt sind gute Hotels nicht zu bezah-len.