Demografischer Wandel

  • In Oberbayern (Nord) ging es zumindest bei unseren Lehrern auch noch eher traditionell zu, das war sicherlich eine andere Welt als weiter im Norden oder in Großstädten.

    Abgesehen davon sehe ich das mit einem maßvollen Rückgang der Bevölkerung nicht so dramatisch - da gibt es wirklich dringendere Probleme. Die Bundesrepublik wäre selbst mit der halben Bevölkerungszahl weiterhin weltweit eines der am dichtesten besiedelten Länder, und an dieser Stelle soll auch daran erinnert werden, daß die Bevölkerungszahl der alten Bundesrepublik allein durch Flucht/Vertreibung/Aussiedler/Migranten von etwa 45 Millionen auf 65 Millionen Einwohner gestiegen ist (zwischen 1945 und heute). Sicher auch einer der Gründe für die Häßlichkeit unserer heutigen Städte - hier mußten Unmengen von Wohnraum geschaffen werden.

  • In Oberbayern (Nord) ging es zumindest bei unseren Lehrern auch noch eher traditionell zu, das war sicherlich eine andere Welt als weiter im Norden oder in Großstädten.


    Genau so ist es bzw. war es. Auch ich bin im konservativen Bayern aufgewachsen und wir haben immer die Überzeugung gehabt, dass überall woanders die Welt nicht so gut ist wie uns in Bayern.

    Aber die Zeiten haben sich geändert. Auch bei uns ist nicht mehr die heile Welt. Immer mehr nichtbayerische Einflüsse drängen von außerhalb hinein und wollen uns beherrschen. Es gehört zu den größten Tragödien unseres Lebens, dass unsere einstige heile Welt, das konservative Bayern, immer mehr zerfällt und ein gesichts- und seelenloses Land wird, in dem wir unsere Identität kaum mehr finden.

  • Naja, die "nichtbayerischen" Einflüsse gab es aber sicherlich schon im Bayern Deiner Kindheit*, schließlich wuchs - um wieder den Bogen zur Demographie zu spannen - die Bevölkerung in Bayern kurz nach dem Zweiten Weltkrieg um rund 3 Mio. Menschen (vor allem Sudetendeutsche und Schlesier, siehe Historisches Lexikon Bayerns - Flüchtlinge und Vertriebene).

    Letztlich war der Zuzug der meist gut ausgebildeten Fachkräfte ja auch eine der Voraussetzungen für den Wandel Bayerns zum Industrieland, und Siemens oder Auto Union (oder kleinere Unternehmen wie Schubert und Salzer) hätten ohne die deutsche Teilung natürlich auch nie ihren Hauptsitz bzw. ihre Produktion nach Bayern verlagert.

    *und schon lange zuvor, denn die bayerischen Könige stammten ja aus der Pfalz :smile:

  • Naja, stellt sich halt die Frage, inwieweit zB die Sudetendeutschen, vor allem die aus westlichen oder gar südlichen Gefilden "kulturell" so unterschiedlich waren... Abgesehen davon, dass sie zweifellos bestrebt waren, sich den bayerischen Gepflogenheiten anzupassen.
    Gemessen an den heutigen Zuständen sind das nur mikroskopisch erkennbare Problemstellungen.
    Generell werden in diesem Strang eher Randprobleme diskutiert, die eigentlich heißen Eisen bleiben derart ausgespart, dass es beinahe an Realitätsverweigerung grenzt, als wären alle hier zumindest stillschweigend Anhänger der lächerlichen und daher medial wahrscheinlich viel kolportierten Thesen eines Michael Blume. Der realiter stattfindende "demographischer Wandel" sieht ein bisschen anders aus.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • "Der realiter stattfindende "demographischer Wandel" sieht ein bisschen anders aus."

    Zu dem Thema findet man öfter was auf dem Autorenblog Die Achse des Guten, herrlich politisch unkorrekt.

    http://www.achgut.com/dadgdx/index.php


    "Auch ich bin im konservativen Bayern aufgewachsen und wir haben immer die Überzeugung gehabt, dass überall woanders die Welt nicht so gut ist wie uns in Bayern."

    Sicher auch nicht gut, so gar nicht über den Tellerrand hinauszuschauen. Hätte mir das jemand über Baden-Württemberg erzählt, wäre ich sicher neugierig gewesen, wie es anderswo mit der Lebensqualität aussieht.

    In dubio pro reko

  • Gemessen an den heutigen Zuständen sind das nur mikroskopisch erkennbare Problemstellungen. Generell werden in diesem Strang eher Randprobleme diskutiert, die eigentlich heißen Eisen bleiben derart ausgespart, dass es beinahe an Realitätsverweigerung grenzt, als wären alle hier zumindest stillschweigend Anhänger der lächerlichen und daher medial wahrscheinlich viel kolportierten Thesen eines Michael Blume. Der realiter stattfindende "demographischer Wandel" sieht ein bisschen anders aus.

    Lieber "ursus", die "heißen Eisen" werden schon deshalb umschifft, weil das erfahrungsgemäß recht schnell irgendeinen pc-geprägten Rollmops in Rage bringen wird, der sich mit erhobenem moralischem Zeigefinger zu Wort meldet, sich dann ein Administrator einschalten muss. Und flugs ist das ganze Thema weg von der Bildfläche.

    Doch machen wir es mal konkreter, und streng architektonisch bezogen:
    - Den demographischen Wandel als Überalterung überlebt man ja derzeit real in den östlichen Bundesländern. Die Folgen für die Bausubstanz sind vermutlich verheerender als in den Zuwachsstädten. Dauerhafter Leerstand führt zu Verfall und möglichem Abriss. Ein Gegenrezept gegen die Folgen der Überalterung (Bevölkerungsschwund) ist die Aufgabe moderner Stadtrandblöcke und die Konzentration auf die Kernstadt. Dagegen führt der Wohnraum- und Investitionsdruck in den Zuwachsstädten zur Ökonomisierung, also z.B. Abriss von in die Jahre gekommenen historischen Gebäuden und Bebauung mit höheren Wohnblöcken samt effizienter Ausnutzung des kompletten Grundstücks.
    - Den demographischen Wandel als Verschiebung ethnischer, kultureller, religiöser Mehrheitsverhältnisse erleben wir als spürbare Erfahrung erst in den Anfängen. Denn noch immer ist die deutsche Mehrheitsgesellschaft in den Entscheidungspositionen. Das könnte sich aber in überschaubarer Zukunft regional ändern. Und dann stellt sich die Frage, wie diese neue (hierzulande stark muslimisch geprägte) regionale Bevölkerungsmehrheit eigentlich zum übernommenen deutschen Bauerbe steht. Wenn irgendwann also mal ein türkischstämmiger Oberbürgermeister eine mehrheitlich türkischstämmige Bevölkerung in Köln regieren sollte, was passiert dann eigentlich mit den verwaisten Kirchen? Der Kölner Dom wird sicherlich nicht abgerissen, aber wie die Entscheidung bei vielen anderen christlichen Gotteshäusern aussieht, ist offen. Und man kann sich auch fragen, wie viel Sensibilität gegenüber alten Fachwerkhäusern, Palais´ oder anderen historischen Gebäuden noch zu erwarten ist, wenn sich die kulturelle Verschiebung erst einmal dauerhaft verfestigt hat. Wieviel verbindet diese neue Bevölkerungsschicht wirklich mit einem Fachwerkensemble, einem barocken Mansarddach oder historistischem Dekor? Die möglichen Folgen sind aus heutiger Sicht Spekulation, aber man sollte sich schon mal darüber Gedanken machen.
    Meine These ist, dass mancherorts (nicht überall) den Deutschen noch 10, 20 Jahre Zeit bleiben, ihr Stadtbild in Ordnung zu bringen, etwas von ihrem kulturellen Erbe zumindest noch für die nähere Zukunft zu retten, bis der Stab an andere Gruppen weitergereicht wird (in der Hoffnung, dass die nicht gleich mit der Abrissbirne anmarschieren).

  • Also, ich denke schon, daß hier im Forum recht offen diskutiert werden kann, sofern klar wird, daß gemeinsame Werte wie Demokratie, Freiheit und Menschenrechte geachtet werden...

    Welchen Einfluß eine Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse haben wird, richtet sich meines Erachtens danach, inwiefern unsere Werte (siehe oben) vermittelt werden können bzw. die Integration in die bestehende freiheitliche Gesellschaft klappt. Das scheint hier vor Ort (Kleinstadt gleich bei Stuttgart) gut zu klappen, denn trotz des sehr hohen Migrantenanteils sind Kriminalitätsrate und Arbeitslosigkeit sehr gering, der Bildungserfolg hoch.

    Wieso die Situation in anderen Gegenden (Berlin, Bremen, NRW) offensichtlich aus dem Ruder läuft, keine Ahnung...

    Eine großartige Sensibilität gegenüber historischen Bauten kann ich eigentlich bei fast niemanden hier feststellen, erst recht nicht bei der älteren Generation... siehe auch die zahlreichen Abrisse im Stuttgart der Gegenwart.

  • Man MUSS ja nicht darüber diskutieren, dies ist ein Architekturforum und sonst nichts. Mein Einwand bezog sich nur auf den Strangtitel: Demoskopie.
    Redet man darüber, muss dies heyse Eysen mitangefasst werden.

    Generell sind mittelfristig drei Lösungen denkbar, denen zwei Varianten zugrundeliegen:
    I) Eskalierung der Verhältnisse:
    A) der Islam setzt sich in weiten Teilen Deutschlands durch.
    Die Städtebaulichen Auswirkungen sind naturgemäß verheerend und generell von Desinteresse geprägt. Weniger Abriss als Verfall von Kirchen (ähnl. dem protestant. Erbe im ehem Osten Deutschlands) und Verwahrlosung von Innenstädten. Langfristig wird sich die islamische Administration gewisser Heerzeigeobjekt annehmen, wahrscheinlich wird man sich auch alternative Nutzungsmöglichkeiten von Großkirchen überlegen - eher weniger als Konzerthallen (woher die Orchster nehmen?) als rein museale Objekte. Insbesondere in der äußerst unfriedlichen Übergangszeit und im ersten Überschwang der Übernahme ist mit einem besonderen städtebaulichen Aderlass zu rechnen.
    In den davon unberührten Regionen der alten DDR wird sich das am stärksten besiedelte zusammenhängende deutsche Restland bilden. Der dortige Bevölkerungsschwund ist demnach Schnee von gestern, auch ist anzunehmen, dass sich die dort herausbildende deutsche Gesellschaft stärksten Wert auf Identität und Erbe legt.

    Alles in allem ist diese Vision mE nicht realistisch. Schließlich handelt es sich um ein westeuropaweites Problem. Die Auflösung der deutschen und österr. Existenz würde sicher von vielen wohlwollend betrachtet werden, aber zum Glück würde es allen west- und südeuropäischen Ländern ähnlich gehen (abgesehen davon, dass sie keinen "verschonten Osten" haben).
    Realistischer erscheint mir daher:
    B) der Islam setzt sich nicht durch.
    in diesem Falle gäbe es in ganz Europa drastische Bevölkerungsrückgänge (die durch Konvertierungen derzeitiger Muslime nur wenig abgemildert werden würden).
    Mit dieser Situation wird man sich arrangieren müssen, insb mit dem Arbeitskräftemangel, vor allem was untergeordnete, aber lebensnotwendige Hilfstätigkeiten betrifft. Da alle nicht muslimischen Länder unter dem selben Problem leiden, wird dieses Problem nicht durch Migration behebbar sein. Einerseits wird der Erschließungsdruck auf Altbauviertel zu erliegen kommen, andererseits wird Stadtbildpflege zweifellos nicht zu den dringlichsten Problemen zählen... Erfahrungsgemäß bleibt in solchen Zeiten dennoch mehr erhalten als in Zeiten der prosperierenden Wirtschaft. Gewisse Verfallserscheinungen werden indes nicht aufzuhalten sein.
    II= C Es kommt zu keiner Eskalierung
    Business as usual - der Islam vermehrt sich nicht exponentiell, auch sind Assimilierungstendenzen nicht zu übersehen. Er wird zu einer starken, heterogenen und daher ethnisch kaum wahrzunehmenden, rein religiösen Minderheit. Eine Option, die mir so gut wie ausgeschlossen erscheint, - das ist meine Meinung, die man weder teilen noch diskutieren muss, - jedenfalls eindeutig denkmöglich ist. Weiteres Anwachsen in Ballungszentren und weitere Landflucht. Stadtbildmäßig (und auch sonst) wohl nicht die übelste Option.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.