Kunst, Schmuck und Ornamentik an 50er-Jahre Gebäuden

  • Gelegentlich entdeckt man an 50er Jahre Häusern Kunstskulpturen, dezente Ornamentik oder kunstvoll gestaltete Glasfenster. Waren diese Kunstelemente Ersatz für die viel prachtvolleren Vorgängerbauten oder ein Ausdruck für die Neuausrichtung der Architektur und Kunst der Nachkriegszeit? Was ist eure Meinung über künstlerische Akzente an 50er Jahre Häusern? Kennt ihr noch weitere Beispiele?

    Ein paar Beispiele:

    Liederhalle Stuttgart

    Zentralbibliothek Luzern

    Dürener Rathaus

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Wenn man aus der Ex-DDR kommt, ist einem die selbstverständliche künstlerische Ausgestaltung von 50'er-Jahre-Bauten natürlich nicht fremd!

    Allerdings verstehe ich nicht, warum man sich hierbei allein auf die 50'er beschränken sollte. Schließlich ist danach, ob es einem gefällt oder nicht, noch so einiges gekommen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Zitat

    Schließlich ist danach, ob es einem gefällt oder nicht, noch so einiges gekommen.


    Aber Ornamentik oder Kunst an Häusern, die in den letzten Jahren gebaut wurden (ausser natürlich Rekos) sind sehr rar gesät. Hier sind 2 tolle Beispiele:

    Zeitgenössische Innenausmalung von Specks Hof in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] durch den Künstler Moritz Götze.

    Roggendorf-Haus im Düsseldorfer Medienhafen, geschmückt mit den "Flossis" der Stuttgarter Künstlerin rosalie.

    Ich weiss nicht vorher diese Ablehnung gegenüber Ornamentik und Kunst an Häusern kommt, aber sie würde die heutigen Bauten enorm aufwerten.

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Die "Flossis" sind ja wohl total albern, die werten m.E. nichts auf sondern entwerten durch ihre infantile Art den eh schon einfallslosen 50/60er Jahre Industriebau noch mehr. baby2000:)
    Grundsätzlich finde ich die Kunst/Ornamente an den 50er Jahre Bauten recht ansprechend. Oft greift die Kunst am Bau, in einer für die damalige Zeit typischen Art, traditionelle Dinge auf.
    Bilder folgen dann später.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Die Ursachen dafür sind hundert Jahre alt und werden in dem Buch "Ornament und Moderne" von Maria Ocón Fernández sehr profund dargestellt.

    Im wesentlichen liegt es an der Ausgrenzung des seriell hergestellten Ornaments als Bauprodukt, während gleichzeitig die serielle Fertigung als moderne Errungenschaft gefeiert wurde. Der Wert des Ornaments wird bis heute allein in seiner individuellen handwerklichen Bearbeitung (hier liegt die Verbindung zur Problematisierung der Rekonstruktion in der Denkmalpflege) gesehen. Seine große psychosoziale Wirkung auf den Menschen hingegen wird negiert oder nicht mehr reflektiert.

  • Diese "Ausgrenzung" ist mir ja etwas ganz Neues. Wo fängt denn das "serielle" Ornamentieren überhaupt an? Schon die Steinmetze der mittelalterlichen Kathedralen erarbeiteten Fialen oder Maßwerke natürlich seriell, bevor diese in den Bau eingefügt wurden. Meines Wissens wurden zu allen Zeiten Ornamente seriell gefertigt, besonders augenfällig etwa in der Schablonenmalerei oder bei den gedruckten Tapeten eines William Morris. Moderne Ornamente etwa deshalb abzuwerten, weil sie vielleicht seriell in Beton gegossen sind (wie bei dem neuen Leipziger Kongresshallenanbau), ist schlichtweg absurd.

  • Im Westen gibt es auch den Slogan der "Kunst am Bau", etwas worüber man sich heute eher lustig macht und weil diese Form amtsmässiger Hausdekoration weder künstlerisch noch baulich befriedigend ist, und kaum mehr als eine Subvention für Künstler taugt.

  • Hier mal zwei Beispiele für ansprechende Kunst am Bau aus den 50ern an Hagener Schulen:


    Sgraffito von Hans Slavos aus dem Jahr 1951 am Fichte Gymnasium in Hagen. Symbolisch werden hier durch Figuren des antiken Griechenlandes Sport, Musik, Kunst und die Naturwissenschaften versinnbildlicht.


    Sgraffito mit Mosaikeinlage von Robert Pudlich aus dem Jahr 1954 am Ricarda Huch Gymnasium ebenfalls in Hagen. Darstellung einer Bibelszene

    Zitat

    Wenn ein Bauvorhaben von der öffentlichen Hand finanziert wurde, so sollte nach der sogenannten 'Kunst-am-Bau'-Verordnung, die Ende der 40er und Anfang der 50er Jahre durch den Deutschen Städtetag, die Bundesregierung und das Land Nordrhein-Westfalen angeregt worden war, zumindest ein Prozent der Bausumme für 'Kunst am Bau' bereitgestellt werden. Diese Gelder konnten für die Ausschmückung der Innenräume durch Gemälde und Graphiken, für die künstlerische Gestaltung der Architektur durch Reliefs, Mosaike und Sgraffiti oder für die Aufstellung von Skulpturen im Außenbereich der Gebäude verwendet werden.

    Quelle: http://www.keom02.de/KEOM%202001/raum/hagen/gesch_ha.html

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Hole den Therad mal wieder hoch mit Beispielen aus Kassel:
    Los gehts mit einem meiner Lieblings Gebäude des Wiederaufbau,Die Engel Apotheke:

    Am Entenanger steht die Jugenbücherei:



    Gegenüber dieser Bau:

  • Einige Bilder, die ich schon mal 2015 im Thread zur Frankfurter Altstadt eingestellt hatte. Sie zeigen allesamt Bauten im Bereich des Frankfurter Domes.

    Und von 2016, ebenso dieser Bereich.


  • Kastenalsgasse Ecke Bremer Straße:

    Gasthaus heißt Heute anderst.

    Am Eckhaus Müllergasse und Bremer Straße:

    Und noch an der Ecke Weißer Hof und Töpfenmarkt:

    Gasthaus steht heute Leer.

  • Die zwei Fotos stammen aus meiner Hechingen-Galerie (Hechingen (Galerie)) und zeigen das Rathaus des Hechinger Stadtteils Stetten. Soweit ich es einschätzen kann, handelt es sich hierbei um Kunst der 1950er Jahre.

    Die Beispiele in diesem Strang demonstrieren, dass in den 1950er Jahren durchaus noch ein gewisses ästhetisches Empfinden in die Architekturgestaltung einfloss, als seien zu diesem Zeitpunkt die alten Traditionen noch nicht komplett tot gewesen. Teilweise wirkt die Ornamentik tatsächlich wie eine Hommage an die Geschichte, eine Rücksichtnahme auf lokale Traditionen, wenngleich sich in Kombination mit den modernen Bauformen ein doch recht ungewöhnliches, aber irgendwie reizvolles Erscheinungsbild ergibt. Die Kälte der Moderne hatte sich noch nicht kompett durchgesetzt und ein letzter Rest der Heimeligkeit alter Zeit war noch zu spüren.

  • Weiteres Beispiel: Das Mosaik der sogenannten Eierspende, das ursprünglich an der Grundschule Beilngries hing. Da der Abriss vor einigen Jahren bevorstand, und die Beilngrieser diese Kunstwerk doch recht lieb gewonnen hatten (sahen es doch Generationen von Grundschülern täglich) entschied man sich, es zu retten und an dem nahen ehemaligen Franziskanerkloster anzubringen:

    http://franz-xaver-lindl.de/wp-content/upl…Xaver-Lindl.png

    https://www.donaukurier.de/lokales/eichst…;art575,1861663

    https://www.donaukurier.de/lokales/beilng…;art601,2274644

    https://www.mittelbayerische.de/region/neumark…-art549919.html