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Ich frage mich allerdings, ob diese Holzsichtigkeit tatsächlich so ursprünglich gewollt war.
Eine sehr interessante Frage, die ich mir selbst bislang auch nicht wirklich gestellt hatte und auf die ich auch keine auf verlässlichen Quellen basierende Antwort geben kann.
Aufgrund von Indizien würde ich sagen: Jein.
Dass die Gebäude von Anfang an für den Verputz vorgesehen waren, würde ich ausschließen. Dafür hat man an viel zu vielen Stellen die Techniken des Holzbaus bewusst betont, etwa bei der genannten Abfasung, die sonst eher bei Deckenbalken der Zeit zu finden ist, oder bei den vorstehenden Eckverkämmungen der obersten Bohlenlagen der Erdgeschosse beider Bauten, und beim Haus Am Graben 23 zusätzlich bei der untersten Bohlenlage. All dies kann man beim Blockbau wunderbar weglassen und eine makellos glatte und für den Verputz ideale Fassade errichten.
Hat man aber nicht.
Dennoch würde es mich erstaunen, wenn die Fassaden - angesichts vielfältiger Bemalungsreste am Außenbau spätgotischer Backsteinbauten in Landshut - komplett unbehandelt holzsichtig gedacht waren. Für wahrscheinlicher halte ich (ohne dafür Beweise vorlegen zu können) eine dünne Kälkung/Schlämmung in weiß oder grau, dazu die farbliche Absetzung der wenigen Gestaltungselemente (Abfasung, etvl Fensterfaschen). So käme man dem Steinbau näher, würde aber gleichzeitig der damaligen Mode der Holzgestaltung folgen (dass die Erbauer durchaus dem Stil der Zeit folgten, zeigt sich an einem erhaltenen Türpfosten im Inneren, auf dem noch die Vertiefungen für die Türbeschläge vorhanden sind. Türbeschläge dieser Art sind im 15. Jahrhundert im ganzen Altbaiern verbreitet. Beispiele finden sich vielerorts an Kirchtüren, außerdem kommt ein solcher Beschlag im Fundmaterial der Ausgrabung der 1469/70 zerstörten Burg Altnußberg im Bayerischen Wald vor, und noch in situ erhalten im Schlierseer Heimatmuseum, einem Blockbau von 1447.)
Ob für meine These bei den Restaurierungen irgendwelche Belege gefunden wurden, weiß ich allerdings nicht. Vielleicht wird sich ja in der diesjährigen Broschüre zur bayerischen Denkmalschutzmedaille etwa dazu finden.