• In Bayern ist man ja recht fix mit dem Austragen von Baudenkmälern aus der Denkmalliste, wie wir bereits in Memmingen gesehen haben. Viele Denkmaltopographien sind daher nur noch als Nekrolog zu verstehen und man fragt sich, warum diese überhaupt noch erstellt werden, zumal der Aufwand doch sehr groß ist. Nur damit man später einmal sagen kann: "Guck mal, solche schönen Bauten gab es hier mal..."

    Und kaum sind die Bauten aus der Denkmalliste raus, wird auch schon die Genehmigung für den Abriss erteilt. Es ist haarsträubend. Wozu führt man dann überhaupt noch Denkmallisten?

  • Zuerst wollte ich noch eine Antwort verfassen. Aber es hat einfach keinen Sinn mit Leuten zu diskutieren, die denken es stehe ihnen zu, Lücken in eine historische Altstadt zu reißen, um sie mit Gebäuden ihrer Epoche zu füllen.

    Bitte, bitte lieber Neußer: Keine Scheu! Es kann nur ein Umdenken geben, wenn solche Gedanken und Ideen ausgesprochen und verbreitet werden. Das gilt insbesondere für deutsche Amtsstuben, die seit Jahrzehnten im selben Mief festhängen, nur noch die eigenen Denkweisen kennen und ansonsten fast ausschließlich von denen kontaktiert werden, die sie energisch auf ihre Seite ziehen wollen, um mit ihnen zu verdienen: Architekturbüros und Investoren beispielsweise.

    Also: Meinung sagen, aber so, dass der Angesprochene denken wird, es wäre seine eigene Meinung. Als wäre er selbst auf die glorreiche Idee gekommen, dass jedes Altstadthaus ein unverzichtbares Glied der Perlenkette ist. Wie man das macht? Lob aussprechen! Dass z.B. der Wille zum angepassten, altstädtischen Bauen begrüßenswert ist und du sehr dankbar für die offenen Worte bist.
    Dann: Gezielte Lenkungsfragen stellen, die fast nur mit Ja beantwortet werden können, und die Antwort rhetorisch offen lassen... :whistling:

    Ich kann diesbezüglich nur jedem raten, sich eingehend mit Verkaufspsychologie zu beschäftigen. Gerade wir von Stadtbild tun im Grunde doch nichts anderes, als unsere Ideen und Visionen von gelungenen Stadtbildern an Entscheider zu "verkaufen" - also beschäftigen wir uns doch am besten auch damit, wie wir das am besten machen um erfolgreich zu sein - oder wollen wir es immer möglichst unerfolgreich und unprofessionell machen?
    (das war zugleich ein Beispiel für solch eine als Frage verpackte Meinung :D )

  • Zum Haus Regierungsstraße 571, hatte ich nochmal die Stadt Landshut angeschrieben.

    Auf meine relativ ausführliche Anfrage, bekam ich nach zirka zwei Wochen einen lustlosen Zweizeiler vorgesetzt. Für den Neubau gibt es schon einen Entwurf. Aus rechtlichen Gründen, darf er aber nicht veröffentlicht werden. Ob sich der Neubau am Vorgänger orientiert, ob es Sprossenfenster gibt, oder die Hausmadonna wieder verwendet wird, wurde einfach nicht beantwortet.

    Der Grund für die Streichung aus der Denkmalliste, war angeblich die nicht mehr vorhandene Originalsubstanz. Nur noch einige "Fragmente" waren angeblich noch aus dem 16. Jahrhundert. - Wer es glaubt,...

    Ich bin ja schon froh, daß ich von der Stadt nicht völlig ignoriert wurde.

  • Ein weiterer Artikel zum Abriss des Gebäudes:

    Zitat

    Möglich war dies, da es nach Informationen der Landshuter Zeitung im Jahr 2017 aus dem Denkmalschutz herausfiel. Man hatte festgestellt, dass bei Umbauarbeiten in den 60er Jahren bereits viel von der historischen Bausubstanz in Mitleidenschaft gezogen, beziehungsweise deshalb bereits nicht mehr vorhanden war.

    Der neue Eigentümer hatte sich in der Folge entschlossen, das Gebäude abzubrechen und an der Stelle ein neues Einfamilienhaus zu errichten, das ins Stadtbild passt.

    Quelle: https://www.idowa.de/inhalt.landshu…07018a02ab.html

  • Wie sieht die neue Fassade aus?

    ... Für den Neubau gibt es schon einen Entwurf. Aus rechtlichen Gründen, darf er aber nicht veröffentlicht werden. Ob sich der Neubau am Vorgänger orientiert, ob es Sprossenfenster gibt, oder die Hausmadonna wieder verwendet wird, wurde einfach nicht beantwortet ...

  • Auch für Wagnergasse 2 sieht es nicht gut aus:https://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.verwalt…1228e3fa7d.html

    Auf dem Grundstück tut sich nichts, das Haus gammelt weiter vor sich hin:

    Auszüge aus dem obigen Artikel:

    Der Knackpunkt scheint
    nach wie vor das unter Denkmalschutz stehende Haus Nummer 2 zu sein.
    Dessen Untergrund ist sehr instabil, so dass es zu Setzungen kommt, wie
    ein von Manfred Wimmer in Auftrag gegebenes Bodengutachten belegt. "Es
    ist noch nicht hundertprozentig geklärt, warum die Senkungen eingetreten
    sind", sagt der Baudirektor.

    Völlig unstrittig sei,
    dass der Erhalt und die Sanierung des Hauses mit erheblichen Kosten
    verbunden sind. "Wirtschaftlich lässt sich das wohl nie darstellen. Aber
    bei einem Baudenkmal ist das auch nicht zu erwarten." Zumal der
    Beschluss zum Bebauungsplan explizit den Erhalt des Gebäudes beinhalte.

    "Es war ja die Kompromisslösung, dass die Häuser Nummer 4 und 6 abgerissen werden und dafür die Nummer 2 erhalten bleibt", so Doll. Ein Abriss käme nur dann in Betracht, "wenn das Denkmalamt sagt, dass nach einer Sanierung der Denkmalcharakter nicht mehr gegeben ist".

    Der letzte Satz ist quasi eine Empfehlung für alle, die ihr Haus aus der Denkmalliste gestrichen haben wollen! So bereits geschehen bei der Karlschweige (http://nikolaviertel.de/aktuelles/karlschwaige/) und jüngst bei Regierungsstraße 571.

    Das spätgotische Haus Freyung 627 (ehem. PensionnSandner) soll offenbar erhalten bleiben: http://www.rundschau24.werner-goetz.de/landshut/polit…ommt-ein-neubau

  • Ein bereits zwei Jahre alter Artikel über den so genannten Dominikanerhof, der mich noch immer wütend und sprachlos macht: https://www.wochenblatt.de/news-stream/la…-zur-innenstadt

    Wir erinnern uns, das Millionenprojekt, das hier als Bekenntnis zur Innenstadt hochstilisiert wird, hatte den Verlust zweier, im Kern uralter Häuser zur Folge:


    Kostproben aus dem obigen Artikel: Unsere Neustadt wird ein Traum, vielleicht sogar wertvoller als die Altstadt, schwärmte Oberbürgermeister Hans Rampf in seiner Rede zur Kanzleieröffnung und nahm gleichzeitig die ewigen Innenstadtnörgler, die selbst ernannten Denkmalschützer ins Visier. Diejenigen, die das Projekt Dominikanerhof hart kritisiert hatten, weil es nicht ihren Vorstellungen entsprochen hätte.


    Dabei habe es nicht mehr viel Bausubstanz zu retten gegeben. Hätte man auf die Kritiker gehört, das wäre ein Millionengrab geworden. Rampf: Wir haben eine so tolle Stadt, wir verzetteln uns aber immer wieder in Grabenkämpfen. Vor sieben Jahren hat jeder gezetert und geschimpft, als der Wochenmarkt in die Neustadt verlagert wurde. Heute ist jeder begeistert.


    Was von der historischen Bausubstanz noch zu erhalten gewesen ist, wurde in den Neubau integriert. So hat die Künstlerin und Bildhauerin Martina Kreitmeier mit geretteten 600 Jahre alten Holzbalken den Besprechungsraum gestaltet. Aus dem alten Holz fertigte sie Tische und zudem den Empfangstresen, der in dem ebenfalls erhaltenen Gewölbe des Eingangsbereichs steht. Früher befand sich dort ein Pferdestall.

  • Ob die den Schmarrn selbst glauben, den die da manchmal so von sich geben? Von wegen "nicht mehr zu erhalten"?

    Auch immer schön solche Sätze :"Rendite werden wir mit diesem Gebäude sicher nicht erwirtschaften, so Prof. Dr. Thomas Küffner" - Hm, da sehe ich ja schon den Heiligenschein über das selbstlose Häuptlein des Investors wandern. Wers glaubt wird zumindest selig. Erinnert an den Gebrauchtwagenhändler der mit "dabei mach ich noch Verlust" um den potentiellen Käufer wirbt.

  • Na ja, angesichts dessen, was in LA üblich ist, scheint das eher ein Luxusproblem zu sein. Ich musste lange hinschauen, bis ich was merke. Aber gut, in Wien sind wir andere Sachen in puncto Dachausbau gewohnt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich übernehme heute einmal die dankbare Rolle des Überbringers froher Kunde aus Landshut - ja, man mag es kaum glauben, dass es nach all den Abrissen et cetera auch mal was Gutes zu berichten gibt.

    Wie wahrscheinlich den meisten nicht bekannt ist, gibt es in Landshut neben einer Vielzahl prominenter Sakral- und Profanbauten des Spätmittelalters aus Backstein auch eine überschaubare, aber für altbairische Verhältnisse sehr bedeutende Gruppe Blockbauten des ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts. Besondere Beachtung verdient dabei der Umstand, dass es sich bei den vier bisher bekannten Bauwerken ausschließlich um Nebengebäude und Vorstadthäuser handelt.

    Und nun zur frohen Kunde:

    Zwei dieser Bauten wurden vor Kurzem bzw werden im Moment vorbildlich saniert und damit zumindest in einem Fall buchstäblich in letzter Sekunde gerettet.

    Fangen wir mit dem Haus am Graben Nr. 23, gelegen oberhalb der Burg Trausnitz im Stadtteil Landshut-Berg in einer Gruppe sehr bedeutender Vorstadthäuser des 15.-18- Jahrhunderts. Der eingeschossige Vollblockbau mit steilem Dach ist dendrochronologisch datiert in die Jahre 1494/1495 und wurde damit aller Wahrscheinlichkeit nach im Jahr 1496 errichtet. Bis ins 19. Jahrhundert blieb der Bau wohl weitgehend unverändert, dann mauerte man bis auf Höhe der Fensterbrüstungen im Erdgeschoss eine dünne Backsteinwand vor den Blockbau, darüber wurde nur eine dünne Holzlattung als Träger für den Verputz angebracht. Die Fenster wurden zum größten Teil im 18. oder 19. Jahrhundert vergrößert. Im späten 19. Jahrhundert wurden die Fenster der Straßenfassade erneut ausgetauscht, und die letzten Erneuerungen waren wohl um 1960 der Schornstein und die Dachantenne. Danach passierte erstmal nichts mehr. Wohl seit den 80er oder 90er Jahren stand das Haus leer und faulte vor sich hin. Zuletzt war es in einem erbärmlichen Zustand und stark einsturzgefährdet, mit einem Abriss war jederzeit zu rechnen.

    Bilder des Zustands vor der Sanierung, die ich 2013 aufgenommen habe.

    31032-a5b349c6-large.jpg

    Landshut am Graben 23 Vorzustand 3

    Landshut am Graben 23 Vorzustand 2


    Wie man erkennen kann, war der Abrissbagger nicht mehr weit weg. Wohl in den Jahren 2016/2017 jedoch erwarb das Architekturbüro Wager Gärtner Knoch aus Landshut das Haus und restaurierte es bis 2018 mit großem Aufwand, um es danach als Sitz des Büros zu nutzen.

    (Bilder der Sanierung auf der Website des Büros)

    Letztes Wochenende nun bin ich selbst hingefahren, um mir das Resultat in natura anzuschauen.

    Landshut am Graben 23 heutiger Zustand 1

    Landshut am Graben 23 heutiger Zustand 3

    Landshut am Graben 23 heutiger Zustand 4

    Landshut am Graben 23 heutiger Zustand 2


    Für meine Begriffe eine vollumfänglich gelungene Sanierung; es wurde so viel wie möglich Substanz innen und außen bewahrt. Als Auszeichnung dafür gab es in diesem Jahr dann die Bayerische Denkmalschutzmedaille.


    Nun zum zweiten Haus - mein Beitrag dazu wird wesentlich kürzer ausfallen, da ich es erst vor wenigen Wochen zum ersten Mal gesehen habe. Es handelt sich um das Haus Pfettrachgasse 7 in der alten nördlichen Vorstadt um das Kloster Seligenthal. Die dendrochronologische Untersuchung ergab hier das Jahr 1482, auch in diesem Fall wird das Haus wohl im Folgejahr erbaut worden sein. Über die weitere Baugeschichte weiß ich nicht allzu viel; irgendwann wird man auch hier die Fenster erneuert haben, zudem wurde die rechte Traufwand in Backstein neu errichtet. Zuletzt gab es wohl in den 80er Jahren eine sehr umfangreiche Sanierung, bei der man aber erstaunlicherweise nicht im Geringsten erkannte, was man da vor sich hatte.

    Vom Zustand nach dieser Sanierung und bis zum letzten Jahr gibt es dieses Bild aus der Wikipedia.

    Auch dort bin ich am letzten Wochenende vorbeigekommen; es sieht dort natürlich noch etwas anders aus als beim letzten Haus, da die Sanierung noch in vollem Gange ist. Was aber schon zu erkennen ist, ist die hohe Qualität der ausgeführten Arbeiten, die sich insbesondere bei den schon ersetzten Fenstern zeigt.

    Im Gegensatz zum Haus Am Graben 23 bestand hier keine Einsturzgefahr, sodass man das Haus problemlos in seiner historischen Schieflage belassen konnte. Das Obergeschoss ist in diesem Fall nur teilweise aus Blockbau ausgeführt, die Seitenbereiche waren wohl ursprünglich verbrettert und werden es nach der Sanierung wohl auch wieder sein.

    Landshut Pfettrachgasse 7 1


    Die Fenster wurden auf die anzunehmende Ursprungsgröße zurückgebaut. Das neue Holz drumherum sticht momentan sehr stark hervor, wird sich aber wohl in den nächsten Jahren durch die einsetzende Verwitterung gräulich verfärben und sich dem historischen Bestand angleichen.

    Landshut Pfettrachgasse 7 3


    Über die gesamte Breite der Giebelseite hat sich hier an der Oberkante des Erdgeschosses eine spätgotische Abfasung erhalten, die für die Landshuter Holzhäuser der Zeit charakteristisch zu sein scheint.

    Landshut Pfettrachgasse 7 2

    Zuletzt noch ein Fenster der linken Traufseite, das neben dem linken EG-Fenster das Einzige ist, dessen Größe nie verändert wurde. Vermutlich gehörten beide Fenster ursprünglich zur Stube.

    Landshut Pfettrachgasse 7 4


    Damit beende ich die guten Nachrichten aus Landshut und hoffe auf baldigen Anlass für eine Fortsetzung.

  • Wunderbar! Vielen Dank für die Bilder und die positiven Nachrichten aus Landshut.

    Ich frage mich allerdings, ob diese Holzsichtigkeit tatsächlich so ursprünglich gewollt war. Keine Frage - das ergibt eine interessante Note im Stadtbild. Aber früher orientierten sich die ärmeren Schichten oft an "den Großen" und versuchten diese auf ihre Weise zu imitieren. So waren viele Fachwerkbauten z.B. in Nürnberg immer verputzt um ein "solides" aus Stein gemauertes Haus vorzutäuschen (nicht das die Fachwerkkonstruktionen nicht solide waren), dementsprechend waren die Fachwerkkonstruktionen nie als Sichtfachwerk gedacht und schauen als freigelegtes Fachwerk bei jüngsten Sanierungen dann etwas seltsam aus... Ähnlich könnte ich mir hier in Landshut vorstellen, dass die Blockhäuser schon immer oder zumindest schon sehr lange (also bereits vor dem 19 Jh.) verputzt waren, um nicht optisch zu weit hinter den Patrizier-, Großbürger-, Brau-, und Händlerhäuser anzustehen.