Die hochwertige Steinverkleidung symbolisiert Bodenhaftung und Traditionsverbundenheit. Die Baukörperkonzeption dagegen folgt dem auf entkörperlichte Schwerelosigkeit setzenden Bauhaus-Prinzip: überall Fensterbänder und sogar ein "schwebendes" Bauteil. Das passt für mein Empfinden nicht zusammen. Das wirkt so unbefreidigend wie die Kompromissarchitektur von Alexander von Brancas Münchner Neuer Pinakothek: eine funktional orientierte Baukörpermodellierung im Stil von fensterlosen Fabrikgebäuden mit Sheddächern, das Ganze aber garniert mit Natursteinmauern und Applikationen im Burgenstil. An der Probsteikirche wäre eine Putz-, Metall-oder Kunststofffassade konsequenter gewesen, oder man hätte vom Bauhaus Abstand nehmen müssen und dem Bau im Kollhoffschen Sinne eine tektonisch überzeugende Gestalt mit sinnlich nachvollziehbarer Statik geben müssen.
Also, mir ist solche "Kompromissarchitektur", wie Du es schön ausdrückst, immer noch lieber, als wenn man nun wieder "konsequente" Fassaden mit Kunststofffassade bauen würde. Abgesehen davon aber, würde eine Metall- oder Kunststofffassade die Probleme dieses Gebäudes noch verstärken. Es scheint zwar städtebaulich gut eingepasst, ihm fehlt aber eine Ausstrahlung, die seiner Funktion entspräche. Ich will sagen, dass das Gebäude jede Sakralität vermissen lässt. Weder ist die beschirmende Form mancher Zentralbauten vorhanden, die das Himmelsgewölbe nachstellen, noch die vertikale Ausrichtung, die das Streben zu Gott, die Erhebung des menschlichen Geistes von der Erde gen Himmel symbolisiert. So bleibt eben der Eindruck eines Bürogebäudes mit Turm, zudem noch mit einem recht gedrückte Stimmung ausstrahlenden Durchgang zum Innenhof. Da hat selbst die frühe Moderne sakralere Lösungen erreicht. Insofern ist das in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] städtebaulich und architektonisch kein ganz mieser Bau, aber er wird optisch nicht seiner Aufgabe gerecht.