Leipzig - Alte Trinitatiskirche und Neubau der Propsteikirche

  • Hm, dieses Ensemble aus Hochbunker und Entlüftungsschacht erinnert mich stark an Kirchenbauten der 60er und 70er. Ich finde, [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist eine moderne Stadt, die mit der Zeit gehen sollte und nicht bei diesem rückwärtsgewandten (Nachkriegsmoderne-)Historismus stehenbleiben darf!

  • Hm, dieses Ensemble aus Hochbunker und Entlüftungsschacht erinnert mich stark an Kirchenbauten der 60er und 70er. Ich finde, [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist eine moderne Stadt, die mit der Zeit gehen sollte und nicht bei diesem rückwärtsgewandten (Nachkriegsmoderne-)Historismus stehenbleiben darf!


    Paradoxerweise waren solche Bauten mit hohem Belüftungsturm vorallem im arabischen Raum die traditionelle Bauweise um den Wind als Kühlung für das ganze Haus zu nutzen^^.

  • Erstmal vielen Dank für die informativen Beiträge, mit tollen Bildern garniert :daumenoben: . Hat totalen Spaß gemacht. Die neue "Kirche" hingegen, sieht aus wie ´ne moderne Feuerwache mit einem Turm zum Trocknen der Schläuche. Einfach nur traurig :kopfschuetteln: .

    "Willst du eine Stadt vernichten, baue Kisten, Kisten, Kisten!"

  • Meine letzte große Eingabe, die zu DDR-Zeiten nach Berlin ging bezüglich des Zerfalls bzw. der Stadtzerstörung Leipzigs, beinhaltete eine größere Fotodokumentation. Und sie begann mit Vergleichen Berlin-[lexicon='Leipzig'][/lexicon]...

    Dort war man sich damals der Problematik und Tragweite schon bewußt. D.h. mir ging es hier nur um einen Sachbeitrag.

    Dies hat nichts gemein mit den gegenwärtigen Plänen, unter die der Beitrag zugeordnet wurde. Wer also meint, "Neubau", "modern", "mit der Zeit gehen" kann Städteplanung ersetzen und anderes sei "stehengeblieben" und "rückwärtsgewandt", dem sei gesagt, daß der Neubau der Probsteikirche aufgrund seiner Modernität in Erweiterung zu den DDR-Bauten, die auf dem historisch gebundenen, tatsächlichen Gelände der Kirche, weiter bestehen sollen, mit der architektonischen Vorbildwirkung der "überschaubaren Kubaturen" bereits einen Namen hat. Es wird die "Walter-Gronau-Kirche".

    Aber um noch etwas zur Sache beizutragen, möchte ich auf den Standort des Benediktinerordens zu St. Georgen verweisen. Ein Text aus dem Jahre 1817 beschreibt, daß das Nonnenkloster zwischen dem Schlosse und dem Petersthore," da, wo jetzt die Nonnenmühle ist", stand. Auch dieser Text steht bereit:

    Paulinerkirche Wiederbebauung Universität Leipzig

    Die Vergleichsfotos schickte ich bereits vor über sechs Jahren den Mitarbeitern des Landesamtes für Archäologie, die am "Leuschnerplatz" vergeblich danach suchten.

    Dort, wo jetzt gebuddelt werden soll, stand die Nonnenmühle definitiv nicht. Auch das ist belegbar.

  • Ich kann die durchaus vorhandene Kritik an der harten, wenig sinnlichen Kubatur der Kirche verstehen. Aber speziell die Innenräume haben ihre Qualitäten. Ich bin einmal auf die komplett mit Porphyr verkleideten Fassaden gespannt. Einen derart großflächigen Einsatz des Steines sieht man ja sonst selten.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Die Verkleidung der Fassade mit Rochlitzer Porphyr scheint dem Ende entgegen zu gehen. HIER kann man den aktuellen Baufortschritt sehen. Das kürzlich eröffnete TRIAS-Haus fügt sich in das Stadtbild ein. Das Burgplatzloch stört weiter.

  • Was mich an der neuen Trinitatiskirche persönlich am meisten stört, ist,
    dass die (zwar ursprünglich nicht gewollte, aber) beeindruckende Sichtachse vom
    Bayrischen Platz über die Windmühlenstraße zum Neuen Rathaus hin, durch die neue Kirche
    empfindlich gestört wird. Zwar ist die Kirche an dieser Stelle (bewusst?) niedriger gehalten, so bleiben
    der Giebel und der Turm des NR weiterhin zu sehen, aber dennoch war die Fernwirkung vorher doch besser.

    Zugegeben, der Wilhelm-Leuschner-Platz stellt städtebaulich eine große Herausforderung da, und fast jede Variante neu zu bauender
    Platzkanten bringt vor und Nachteile mit sich, aber dass der Platz irgendwo eine Randbebeuung erhalten muss, ist klar, denke ich.
    (eine möglichst hohe Randbebauung, damit sie auf dem risigen Platz nicht so verloren wirken)

    Vielleicht ist es nur mein Eindruck, aber mir scheint, folgendes ein wirklich [lexicon='Leipzig'][/lexicon]-typisches Problem zu sein:
    Oft wurden Chancen auf geniale Sichtachsen und Blickbeziehungen verspielt (auch schon in der Vergangenheit),
    die wirklich beeindruckenden Großbauten sind oft recht schlecht "in Szene gestezt"
    oft wird die Harmonie von Stadtplätzen durch ein einziges, dafür aber penetrant in Szene gesetzes (unschönes, oder "problematisches") Gebäude (alternativ eine Brandwand oder eine Baulücke) massiv gestört, wenn nicht gar zerstört.
    Das führt vielfach dazu, dass sich mein Klein-Paris städtebaulich eigentlich unter Wert verkauft, zumindest blieb es an vielen Orten weit hinter seinem Potential stecken, viele Fehler sind korrigierbar, aber die meisten wohl nicht. Vielleicht bin ich mit meinem subjektiven Eindruck alleine, vielleicht kann mich wer nachvollziehen, aber dafür dass eine Stadt soo unglaublich viele, wunderschöne und prächtige Bauwerke besitzt, wirkt die Stadt an vielen Stellen doch erschreckend..ja ich weiß nicht wie ichs nennen soll...zumindest weit hinter ihren Möglichkeiten (auch historisch, gerade um die Jahrhundertwende) zurückgeblieben.

    4 Mal editiert, zuletzt von Kaoru (30. Oktober 2014 um 22:43)

  • ^
    Passend dazu titelt die Leipziger Volkszeitung gestern: "Baulich wurde die Stadt weder zum Hotspot moderner Architektur noch zur altertümlichen Kulisse - gerade deshalb sind alle begeistert"

    Sichtachsen zu schlagen, scheint in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] in der Tat verpönt zu sein. In [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wird eher die kompakte Stadt gebaut. Für einen Fotografen ist das immer wieder eine Herausforderung. Die Interessen der Bewohner scheinen einen höheren Stellenwert zu haben, als die der fotografierenden Besucher.

  • Ansichten der neuen Propsteikirche in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]

    Windmühlenstraße

    Karl-Tauchnitz-Straße


    Martin-Luther-Ring


    Peterssteinweg


    Beethovenstraße/Lampestraße

    Eigene Fotos.

    Einmal editiert, zuletzt von Stahlbauer (8. Juni 2015 um 00:41)

  • Mich erinnert die neue Propsteikirche an Ruhrgebietskirchen.


    Zum Vergleich die alte Propsteikirche aus Ostzeiten. Gebaut 1978 bis 1982 nach Plänen eines Kollektivs unter Leitung von Udo Schulz (Berlin) der Bauakademie der Deutschen Demokratischen Republik. Mauern konnte man im Osten zwar bauen, die Kirche ist aber schon am zusammenbrechen. Man hat den Untergrund unterschätzt.



    Eigene Fotos.

    Einmal editiert, zuletzt von Stahlbauer (8. Juni 2015 um 00:41)

  • Grandios!

    Dieser Vergleich erinnert mich ganz stark an hunderte andere besonders gelungene Vergleiche!

    ... schon hundertmal geschrieben!!!

    Tolle argumentative Entwicklung  sleep:)

    Tja, was soll's - ein Turm ist ein Turm ist ein Turm, und ein rechteckiger Turm ist ein rechteckiger Turm ist ein rechteckiger Turm ... Auch im Jahr 2060 wird ein rechteckiger Turm an einen rechteckigen Turm erinnern.

  • DrZott,

    Grandios, damit erübrigt sich dann wohl auch dieses Diskussionsforum! sleep:)

    Den "Dr" haste wahrscheinlich nicht gerade in Architekturgeschichte?

    Ein rechteckiger Turm um 1800 schaut auch anders aus als ein rechteckiger Turm um 1900 usw. Aber seit gefühlten 100 Jahren hat sich offensichtlich an der Architekturmode nicht allzu viel geändert und genau das haben offensichtlich Exilwiener und Stahlbauer mit ihren Beiträgen gemeint.

    :gutenacht:

  • Als Maschinenbauer und Logistiker sehe ich das alles pragmatisch. Das die Propsteigemeinde den Mut hat, ein derartiges Projekt zu stemmen, ist allein schon bewundernswert. Dass die Gemeinde sich für einen nicht ganz so protzigen Entwurf entschieden hat, kann ich angesichts der Neiddebatten, die derartige Projekte fast zwangsläufig hervorrufen, gut verstehen. Besser als ein Parkhaus oder ein Bürogebäude ist eine Kirche dort allemal.


    Überkragende Gebäudeteile sind im Moment modern.


    Öffentlich zugänglicher Innenhof.

    Eigene Fotos.

    2 Mal editiert, zuletzt von Stahlbauer (8. Juni 2015 um 00:39)

  • DrZott,

    Grandios, damit erübrigt sich dann wohl auch dieses Diskussionsforum! [...]

    Ein rechteckiger Turm um 1800 schaut auch anders aus als ein rechteckiger Turm um 1900 usw. Aber seit gefühlten 100 Jahren hat sich offensichtlich an der Architekturmode nicht allzu viel geändert und genau das haben offensichtlich Exilwiener und Stahlbauer mit ihren Beiträgen gemeint.

    Meines Erachtens war die Totschlagkeule nur eine Gegenkeule, denn der Pötzleinsdorfer Kirchturm sieht meines Erachtens ganz anders aus, mit der Betonstruktur und den geziegelten Ausfachungen. Ich denke schon, dass sich die Kirchenarchitektur in den letzten 60-70 Jahren weiterentwickelt hat, da allerdings so wenige davon gebaut werden, ist es schwer, hier eine wirkliche architektonische Strömung auszumachen.
    Mir selber gefällt die neue Triniatiskirche halbwegs gut. Man hätte sicherlich noch mehr aus dem Grundstück machen können, eine Reko der alten Kirche oder zumindest ein erkennbares Zitat wäre auch schön aber so ist immerhin ein gewisser Gestaltungswille da. Vor allem die hochwertige Steinverkleidung macht durchaus was her. Ich bin gespannt auf die Innenaufnahmen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Die hochwertige Steinverkleidung symbolisiert Bodenhaftung und Traditionsverbundenheit. Die Baukörperkonzeption dagegen folgt dem auf entkörperlichte Schwerelosigkeit setzenden Bauhaus-Prinzip: überall Fensterbänder und sogar ein "schwebendes" Bauteil. Das passt für mein Empfinden nicht zusammen. Das wirkt so unbefreidigend wie die Kompromissarchitektur von Alexander von Brancas Münchner Neuer Pinakothek: eine funktional orientierte Baukörpermodellierung im Stil von fensterlosen Fabrikgebäuden mit Sheddächern, das Ganze aber garniert mit Natursteinmauern und Applikationen im Burgenstil. An der Probsteikirche wäre eine Putz-, Metall-oder Kunststofffassade konsequenter gewesen, oder man hätte vom Bauhaus Abstand nehmen müssen und dem Bau im Kollhoffschen Sinne eine tektonisch überzeugende Gestalt mit sinnlich nachvollziehbarer Statik geben müssen.

  • Also mir gefällts nicht. Das einzig hochwertige ist die Steinverkleidung, alles andere folgt diesem merkwürdigen Trend des 60er-Jahre-Revival: kastige Gesamtwirkung, schwere, fast erdrückende Bauteile (hier in Form eines gefühlt schmalen Schlitzes als Eingang zum Innenhof). Es unterscheidet sich tatsächlich kaum von einem Bürogebäude.

    Dabei bin ich durchaus kein Feind zeitgenössicher Architektur.