• Bei einer Moschee finde ich Ungers Form wirklich nicht passen- also keinen Halbmond. Aber als "Denkmal für die Rote Fahne" in irgendeinem Ostblockland vor 1989 würde sich Ungers Bau wirklich besonders gut eignen. Wie ein futuristischer Entwurf aus den zwanzigerjahren für das Gebäude der Obersten Sowjet in Moskau. Vielleicht sagt es etwas über die Atmosphäre, in der der Wettbewerb für den neuen Uni-Bau abgehalten wurde.

    Was Kassel betrifft: vielleicht könnte man im Gegenzug zum Moscheeprojekt auch mal die Marktkirche ihre ehemaligen, wunderschönen neogotischen Turmspitzen zurückgeben, und die Kirche auch innen historisch rekonstruieren. Und ebenso das Karlshospital historisch wieder aufbauen. Man müsste dann weniger um den Verlust der Kasseler Identität bangen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Also mir gefällt der Unger-Entwurf. Bei weitem das schönste Bauwerk auf dem Bild (vom Turmspitz der Nikolaikirche abgesehen).

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Brandmauer: ungers entwurf für den leipziger augustusplatz war überhaupt nicht im wettbewerb. vielleicht sagt d a s ja etwas über die atmosphäre des wettbewerbs aus. da müsstest du dann allerdings mal ein wenig umdenken...

  • Zitat von "ursus carpaticus"

    Also mir gefällt der Unger-Entwurf. Bei weitem das schönste Bauwerk auf dem Bild (vom Turmspitz der Nikolaikirche abgesehen).

    Geschmacksverirrung, eindeutig. Ja, manchmal lässt sich doch drüber streiten, vor allem Angesichts der Tatsdache, dass das Geschäftshaus Bamberger & Hertz und das Korchhochhaus ebenfalls mit auf dem Bild sind.

  • Zu Rakete: Nö, das glaub ich nicht. Zu Ungers war das dann ein Denkfehler von mir, aber so ein Umdenken, daran ist nicht zu denken und das hat es nicht zu geben.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Villenviertel Mulang

    Habe folgenden Link im Netz gefunden:

    http://www.kassel-wilhelmshoehe.de/

    Die Seite ist leider sehr unübersichtlich, gibt aber einen kleinen Überblick über das Kasseler Villenviertel Mulang. Leider wird mal wieder deutlich, nicht der Krieg, sondern die Zeit danach bis in die 70ziger war der schlimmste Feind der Altbauten...

  • Das muss verhindert werden. Man sollte vielmehr den Königsplatz rekonstruieren, wo doch die Ausmaße erhalten sind.
    kann man da denn nichts mehr tun ? Klage gg die Baugenehmigung ?

  • Das Schlagwort heisst hier Masse. Viel Baumasse = viel Rendite. Das maximal Mögliche wird jetzt von den Investoren ausgereizt - ohne Rücksicht auf kulturelle Verluste. Das erinnert einem stark an die Abrisswelle in den siebziger Jahren. Auch bei dieser neuen Abrisswelle, die nahezu alle Stadtzentren in Deutschland erfasst, greifen die Stadtväter nicht ein und überlassen den "Projektentwicklern" die Neu-Gestaltung der Innenstädte.

    Mit diesem Skandal in Kassel, haben wir nach den aktuellen Abrissplänen in Dortmund und Stuttgart einen neuen Höhepunkt erreicht.

    ...

  • Das könnte nach dem "City Point" ein noch schlimmeres Gebäude am Königsplatz werden. Rekonstruktion der Garnisonskirche und des Brühlschen Hauses wären in jeder kulturbewußten und selbstbewußten Stadt Pflicht.
    War das alte Kassel denn etwa weniger wert als das alte Potsdam, Dresden oder Würzburg?

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Kassel ist scheinbar überhaupt nicht mehr zu helfen. Die Verantwortlichen in der Stadtregierung haben ja seit vielen Jahren bauästhetischen Dünnpfiff im Hirn, man denke nur an den verantwortungslosen Umgang mit dem Karlshospital. Und die glauben in ihrem Provinzdenken noch, alles richtig zu machen. Ich sage so etwas sehr ungern, aber für diese Stadt sehe ich definitiv schwarz. Nach Teilen des Ruhrpott ist das Deutschlands stadtbildästhetisch schwärzestes Loch. Bleibt nur zu hoffen, daß ihnen die schicken Einkaufszentren bald schöne Leerstände bescheren.

  • Naja, wenn man die Kommentare bei dem obigen Link so liest, gibt es doch noch einige, die sich freuen, wenn man ganz Kassel im Beton versinken lässt, schließlich wurde die Stadt einmal modern wiederaufgebaut (halt so wie Dresden und Frankfurt).
    Ich finde es echt schade, dass die Stadt der Wilhelmshöhe ein solches städtebauliches Moloch ist und keinem daran gelegen ist, dies zu ändern. Documenta lässt grüßen, Kassel ist schließlich ein riesiges Kunstwerk.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Also der Vergleich mit Dresden hinkt ja wohl auf zwei Beinen. :augenrollen: Ich wünschte, wir hätten hier 10 % von den Altstadtkern-Rekos, die es dort gibt - und damit meine ich jetzt nicht mal den Neumarkt, sondern auch das, was dort schon zu DDR-Zeiten geleistet wurde. Die Gründerzeitviertel sehen dort auch um Klassen besser aus als der kaputtmodernisierte und in größtmöglichem Hass auf den Historismus entstuckte Mist, der größtenteils zumindest rechtsmainisch rumsteht (in Sachsenhausen und Rödelheim gehts noch).

    Aber back to topic: jetzt ist wohl die Zeit für Leserbriefe. An welche Zeitung kann man da schreiben?

  • Leserbriefe kann man hier über "Kontakt" schicken:

    http://blog.hna.de/\r
    blog.hna.de/

    Mein Leserbrief ist auch schon raus, bitte schließt euch möglichst zahlreich an:

    Zitat

    Man fragt sich manchmal schon, in welchen Luftschlössern die politischen Verantwortlichen in Kassel leben. 1943 wurde die Stadt fast völlig zerstört, das wenige, was nach dem Krieg noch stand, in einem blinden Fortschrittsglauben geopfert, so dass man heute den Eindruck gewinnt, die Stadt wäre erst in der Nachkriegszeit gegründet worden. Spuren der originären städtischen Identität sucht man als Außenstehender meist vergebens, stattdessen findet man auch noch falschen Stolz über eine vermeintliche Stadt der Moderne vor, die sich doch noch nicht einmal mit ihren einstigen städtebaulichen Vorbildern auf der anderen Seite des Atlantiks mehr messen kann. Und nun sollen allen Ernstes die letzten Reste dessen, was Kassel noch als europäische Stadt mit 1000jähriger Geschichte erkennen lässt, für ein Kaufhaus geopfert werden, das möglicherweise in fünf Jahren schon wieder eine Investitionsruine ist? Jeder mündige Bürger sollte sich die Frage stellen, ob so handelnde Stadtväter es tatsächlich noch verdienen, als solche bezeichnet zu werden. Und der Denkmalschutz scheint in unserem Lande auch nur noch zum Schikanieren privater Bauleute einen Nutzen zu haben, bedenkt man, was hier offenbar bedenkenlos hindurchgewunken werden soll. Mein Gott, was hat diese Stadt bloß verbrochen, dass ihr auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach der [lexicon='Zäsur'][/lexicon] des Feuersturms noch solche Grausamkeiten angetan werden müssen?

  • ...und der nächste Leserbrief:
    Es ist schon ein Fall unglaublicher Dreistigkeit, mit welcher Selbstverständlichkeit die Stadtväter in Kassel, die letzten historischen Spuren des Stadterbes der Abrissbirne überlassen. Ohne Not werden hier die wenig erhaltenen Zeugnisse, die den Bomben des Weltkrieges standgehalten haben, einem beliebigen Investor geopfert. Die documenta-Stadt sorgt damit bundesweit für Schlagzeilen – so macht man Anti-Werbung für eine Kulturstadt. Aber vielleicht denken die Stadtväter ja auch, man könnte der Stadt mit der Tilgung des historischen Erbes einen modernen Anstrich geben. Das dachten ja auch schon die Stadtväter in den siebziger Jahren, die zahllose Bauten der verkehrgerechten Stadt opferten. Damals wie heute fällt das Ergebnis ernüchternd aus: Kassel präsentiert sich dem Besucher mit einem trostlosen, austauschbaren Innenstadtzentrum. Provinziellen Stadtvätern mag diese unerträgliche Betonwüste gefallen. Bürgern und Besuchern mit Sicherheit nicht. Man kann nur hoffen das beherzte und engagierte Bürger in Kassel diesen Bau-Wahnsinn stoppen können.

    ...

  • Ich selbst wohne seit vielen Jahren in Kassel und sehe für das Gebäude in der Wolfsschlucht absolut schwarz. Jegliche Versuche der letzten Jahre, historische Bausubstanz zu retten (Brauerei in der Hafenstrasse, Palais Reichenbach) oder ansatzweise zu rekonstruieren (Karlshospital) scheiterten. Die wenigen Bürger, die sich mit der Stadt noch wirklich verbunden fühlen stehen auf verlorenem Posten, der Großteil jedoch scheint sich mit Kassel nicht zu identifizieren. Eine große Kluft zwischen Bewohnern und Stadt, die sich mit jedem weiteren verlorenen Gebäude vergrößert...

    Etwas wie Bürgertum findet man heute vielleicht noch im Stadtteil West (wohl Zufall: gut erhaltenes, lebendiges Gründerzeitviertel), hier gibt es sofort massiven Widerstand, wenn alte Platanen einer Strassenverbreiterung weichen sollen. Doch wer kümmert sich nun um das Henschelhaus... ich wette meinen Augapfel drauf: fragt man in der Innenstadt 100 Personen nach dem Gebäude, haben 99 keinen Schimmer, wovon die Rede ist :weinen::weinen:

  • Sehr richtig, genau das ist das Problem in Kassel. Jeder den das Stadtbild stört, der zieht weg, es bleiben die Desinteressierten zurück. Besonders bemerkenswert ist, dass sowohl der Leiter des Denkmalamts als auch zuständige Dezernent für Städtebau von der CDU gestellt werde. Eigentlich hatte ich gedacht, dass diese Partei noch am ehesten für Baudenkmäler zu gewinnen sei. Allerdings hängt zumindest die Kasseler CDU einem eigenartigen Fortsschrittsglauben nach, der da heißt alles dem Verkehr und den Investoren zu opfern. So ist der Kulturdezernent Thomas Erik Junge etwa auch der Ansicht, dass der im Wiederaufbau eingeschlagene Weg Kassels als "Stadt der Moderne" konsequent weitergeführt werden müsse.
    Gleichwohl scheint sich eine Bürgerinitiative zu gründen! Beachtlich für kasseler Verhältnisse!

    http://www.hna.de/kasselstart/00_20090721204112_Denkmalschutz_wird_geopfert.html\r
    http://www.hna.de/kasselstart/00_200907 ... pfert.html

    Ich bitte um Unterstützung!

  • Zitat von "ppelz"

    Ich selbst wohne seit vielen Jahren in Kassel und sehe für das Gebäude in der Wolfsschlucht absolut schwarz. Jegliche Versuche der letzten Jahre, historische Bausubstanz zu retten (Brauerei in der Hafenstrasse, Palais Reichenbach) oder ansatzweise zu rekonstruieren (Karlshospital) scheiterten. Die wenigen Bürger, die sich mit der Stadt noch wirklich verbunden fühlen stehen auf verlorenem Posten, der Großteil jedoch scheint sich mit Kassel nicht zu identifizieren. Eine große Kluft zwischen Bewohnern und Stadt, die sich mit jedem weiteren verlorenen Gebäude vergrößert...

    ... Doch wer kümmert sich nun um das Henschelhaus... ich wette meinen Augapfel drauf: fragt man in der Innenstadt 100 Personen nach dem Gebäude, haben 99 keinen Schimmer, wovon die Rede ist :weinen::weinen:

    Vielleicht bin ich da zu optimistisch - aber ganz so schwarz sehe ich noch nicht: Bei Schloß Wilhelmshöhe (die Unterschriftenaktion gegen das Glasdach) und Karlshospital hat sich eigentlich gezeigt, daß derartige Bausünden noch immer ziemliche Reizthemen in der Kasseler Bürgerschaft sind; das größere Problem sehe ich bislang eher im Rathaus: In beiden Fällen waren sich die politischen Parteien in Kassel und (im Fall Wilhelmshöhe) im Wiesbadener Landtag ziemlich einig, und zwar gegen das bürgerschaftliche Engagement; es gab keine ernstzunehmende politische Opposition, die aktiv wurde. Insofern meine ich, daß sich die Kluft bei den früheren Beispielen eher zwischen Bürgern auf der einen Seite und Politik auf der anderen Seite auftat (von wenigen engangierten Einzelpersonen im Rathaus einmal abgesehen; wobei viele Entscheidungsträger ja noch nicht einmal aus Kassel stammen). Ich bin mal gespannt, wie es sich angesichts der gegenwärtigen politischen Veränderungen im Rathaus (Bruch der Allparteien-Zusammenarbeit) jetzt verhält.
    Und noch ein ganz anderes Problem: Im Falle Wilhelmshöhe hat damals das zuständige Landesamt für Denkmalpflege von seinen Dienstherrn im Ministerium für Wissenschaft und Kunst einen Maulkorb bekommen, und sowohl beim Abbruch des Palais Reichenbach als auch bei der Verschandelung des Karlshospitals hat das Landesamt zugestimmt. Und wenn die Aussage des Kulturdezernenten richtig ist, hätte auch jetzt die Landesdenkmalpflege schon ihre Zustimmung zum Abbruch signalisiert. Man mag vielleicht verstehen, daß eine chronisch unterbesetzte Behörde, deren Stellenzahl in letzter Zeit immer weiter zusammengestrichen wurde, die Auseinandersetzung mit der Politik scheut; aber ich befürchte, daß sich auf diese Weise der hessische Denkmalschutz auf Dauer selbst demontieren wird.