Berlin - Reichstagsgebäude und Spreebogen

  • Südportal des Reichstages

    Anbei noch einige Bilder vom zentralen Bereich der Südfassade des Reichstags:

    Der obere Teil mit den beiden - in Schlangengruben gelandeten - Adlern und den Wappen der vier Königreiche (Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg).

    Die genannten Wappen im Detail.

    Der untere Teil mit dem eigentlichen Portal. Dieses war der von den Abgeordneten am meisten genutzte Zugang. Wann immer man Filmaufnahmen aus den 20er und frühen 30er Jahren sieht, in denen Abgeordnete dem Reichstag zustreben, dann haben die Kameraleute neben diesem Portal gestanden. Übrigens hat man hier eine Außenaufsicht auf das wunderbare - bereits von Eiserner Pirat eingestellte - vielfarbige Südfenster mit der Germania. Hinter Fenster und Portal erstreckte sich die südliche Eingangshalle mit ihren mächtigen Herrscherstatuen (s.o.).

    Ansicht der Südfassade nach dem 1. Weltkrieg. Die Portalbekrönung scheint entnobilitiert worden zu sein, zumindest ist die heraldische Reichskrone, die zwischen Löwen und Knaben positioniert war, nicht mehr zu erkennen.

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    Zitat

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    Einmal editiert, zuletzt von OberstMadig (14. Juli 2019 um 23:22) aus folgendem Grund: Urheberrecht

  • Das Nordportal

    Das Nordportal, in Aufbau und Wappenschmuck seinem südlichen Gegenstück sehr ähnlich, stand immer etwas im Schatten der anderen drei Eingangsbereiche. Dabei hatte diese Seite durch die Lage an der Spree ihre ganz eigene Imposanz...

    Die Position der Türbekrönung des Nordeingangs.

    Die Türbekrönung: Skulptur 'Die Wahrheit' von Bildhauer Adolf Brütt.

    Ein Vergleich des ursprünglichen mit dem jetzigen Zustand:

    Zum Abschluß für heute das folgende Bild. Ich konnte es mir nicht verkneifen... :D


    :gutenacht:


  • Durch das Entfernen fast jeglichen neo-barocken Bauschmucks macht das Gebäude einen sehr viel kühleren neoklassizistischen Eindruck.
    Die Frage bleibt wirklich, wie viele der damaligen Skulpturen noch eingelagert werden (wurden ja anscheinend nur aus ideologischen Gründen entfernt), um diese wieder an ihren originalen Platz zu bringen. Aktuell, nur knapp 20 Jahre nach der Wiederherrichtung durch Norman Foster, muss die Rückführung der Figuren auf jeden Fall noch gerechtfertigt sein.

  • Es wäre wünschenswert, gäbe es ein Buch, in dem das gesamte Bildprogramm mal entschlüsselt und dokumentiert wird.
    Wäre das nichts für Sie, Pagentorn?

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Tja, nicht nur die bösen Kommunisten zerstörten aus ideologischen, politischen, persönlichen, ästhetischen oder was weiß ich für Gründen Denkmäler, Bauschmuck, ganze Gebäude. Auch der gute freie Westen stand denen offenbar im nichts nach. Freilich sind auch für mich persönlich manche Figuren bzw. der Bauschmuck am Reichstag überladen und für heutige Generationen schwer oder gar nicht mehr verständlich. Aber ich finde es schade, das so viele Dinge nicht mehr rekonstruiert wurden, obwohl gut erhalten oder dokumentiert. Gerade die leeren Sockel für die Adler, die Herolde und besonders auch die Germania schreien regelrecht nach ihren verlorenen Aufsätzen. Freilich ist mit der heutigen politischen Herrschaft nicht an eine Rückkehr, Rekonstruktion zu rechnen. Ich würde auch die Rekonstruktion der historischen Schlußsteine über den Fenstern, meinetwegen auch Verzicht auf jetzt im Ausland liegenden Städten, Landschaften, befürworten. Verzicht auf heikle Wappen, weil die heutige politische Lage anerkannt werden muß.

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Freilich ist mit der heutigen politischen Herrschaft nicht an eine Rückkehr, Rekonstruktion zu rechnen.

    Dieser Satz trifft 100-prozentig zu und erübrigt jede weitere Diskussion über eine Rückkehr des abgeräumten Figurenschmuckes.
    Meine Generation wird es zumindest nicht mehr erleben und ich denke, dass es in Zukunft auch immer undenkbarer wird.

  • Dieser Satz trifft 100-prozentig zu und erübrigt jede weitere Diskussion über eine Rückkehr des abgeräumten Figurenschmuckes.
    Meine Generation wird es zumindest nicht mehr erleben und ich denke, dass es in Zukunft auch immer undenkbarer wird.

    In den späten Achtziger Jahren gab es Pläne, das Gebäude mit allem Schmuck zu rekonstruieren, so habe ich es jedenfalls verschiedene male gelesen. Und gegenüber sollte ja auf Initiative Helmut Kohls ein großes geschichtliches Museum der Bundesrepublik Deutschland entstehen. Die Pläne zur Rekonstruktion des Reichstags wurden aber durch den Mauerfall wieder ad acta gelegt.

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Nach den Erfahrungen innerhalb des letzten Jahrhunderts halte ich - gerade in Deutschland - alles für möglich und würde nichts ausschließen. Meine Großeltern hätten 1913 sich die gesamte Entwicklung, die danach kam nicht einmal in ihren schlimmsten Albträumen vorstellen können. Zugegeben, es kann aber auch besser werden - als Realist habe ich da meine Bedenken, lasse mich aber auch gerne positiv überraschen (auch 1989 hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass Berlin und Potsdam wieder ihre beiden Stadtschlösser (sic!) rekonstruieren, da ist der fehlende Rest a Fassadenschmuck am Reichstag wirklich leicht machbar. Es wird wohl allein davon abhängig sein, wer uns in Zukunft regiert, ob der fehlende Rest womöglich auch zurückkommen darf oder ob nicht sogar damit zu rechnen ist, ob nicht das eine oder andere Detail an Wappen oder Inschriften sogar abgeschlagen werden...

  • Lieber Seinsheim,

    ein derartiges Buch ist ein wirkliches Desiderat. Zwar gibt es natürlich eine ganze Reihe von zeitgenössischen Beschreibungen von eher kursorischen Abhandlungen bzgl. der Räumlichkeiten bis hin zu detailliertesten Aufzählungen der heraldischen Zierelemente. Es gibt diverse Aufsätze in Periodika aber auch qualitätvolle Monographien. Wohlgemerkt , alles Jahrzehnte vor den Werken von Michael S. Cullen erschienen, welchletzterer Beschreibung und Deutung des Bauschmucks nicht wirklich tiefgreifend thematisiert. Was aber wirklich fehlt, ist einerseits eine ikonographische Deutung von Wallots Gesamtkunstwerk 'Bauschmuck am Reichstag' (wobei natürlich auch die Künstler, die nach Wallot hier einschlägig tätig wurden, einzubeziehen wären - ähnlich wie man ja beim Schloß auch die Veränderungen am Werk Schlüters durch Eosander zu berücksichtigen hat). Und andererseits fehlt - oben zur genüge nachgewiesen - eine lückenlose Dokumentation des Bauschmucks, jenseits der bekannten - und immer wieder (und für die breitere Leserschaft ohne Spezialinteresse ja anscheinend vollkommen ausreichenden) abgedruckten Ansichten, welche idR aus dem bekannten Tafelwerk zum Reichstaggebäude oder den einschlägigen, von Mantikor zitierten Zeitschriftenartikeln stammen.

    Insofern nochmals: Ja, in der Tat wäre eine solche - reich bebilderte - Deutung des Bauschmucks unseres Reichstags ein großer Wunsch.

    Aber ich kann vorläufig hier nicht mehr als ein bescheidener Ideengeber sein, denn mir fehlt leider einfach die Zeit für ein derartiges Projekt. Sonst würde St. Ansgarii in Bremen darunter leiden, was ich nicht möchte...

  • Die gestutzten Ecktürme

    Auf ein Element des gegenwärtigen Erscheinungsbildes des Reichstags möchte ich dennoch noch hinweisen. Und das ist die unschöne Kappung der oberen Endungen der vier Ecktürme. Hier hat man bei der 'Stilbereinigung' die vier Kronenträgergruppen pro Turm und auch die dazwischenliegenden vier Brüstungsfelder entfernt und die ehdem in den Brüstungen aufsitzenden vier Köpfe derart tiefergelegt, daß sie sich mit ihren unteren Endungen schon fast in das Hauptgesims der Türme einkerben. Im direkten Vergleich wirken die alten Turmfassungen wie die selbstbewußt in die Landschaft blickenden Köpfe enspannter und zufriedener Katzen mit aufrecht stehenden Ohren, während die jetzige Fassungen so wirken, wie in die Enge getriebene Katzen mit aggressiv angelegten flachen Ohren. Das Ganze hat etwas Gestauchtes und Gequetschtes. Darin kommt wieder einmal der mangelnde Wille der noch jungen Bundesrepublik zur selbstbewußten, architektonischen Vertikalen zum Ausdruck; ein Willensmangel der dem Kaiserreich fremd war.
    Da wir gerade die junge Bundesrepublik erwähnten: Mir kommt beim Betrachten der vier gequetscht wirkenden Reichstagstürme immer auch eine andere Assoziation, die mit 'Papa Heuß' in Verbindung steht, in den Sinn. Vielleicht geht es ja anderen Mitforisten ebenso, aber für mich grüßt mit den jetzigen Reichstagstürmen immer auch das wiederaufgebaute Deutsche Eck in Koblenz, in der von Heuß propagierten Form, vom Reichstag herab - inklusve der mittigen Fahne...

  • Das ist eine recht höfliche Assoziation - wie wäre es denn stattdessen hiermit?

    Aber Scherz beiseite; die Verkrüppelung der Ecktürme führt natürlich zu einem unstimmigen Gesamtbild, ähnlich wie beim Berliner Dom. Bilder des nordwestlichen Eckturmrisaliten nach des Erbauers Konzeption:

    Die auf die Monarchie Bezug nehmenden Schriftzüge sind selbstverständlich auch entfernt worden bzw. wurden nicht wiederhergestellt; das ist dann ausnahmsweise mal nachvollziehbar.

    Kaiser Wilhelm, König Johann v. Sachsen, mehr kann ich daraus nicht herauslesen... :wie:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Die erste Zeile heißt wohl WILHELM D(EUTSCHER) KAISER K(Ö)N(I)G V(O)N PR(REUSZEN)

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • In den späten Achtziger Jahren gab es Pläne, das Gebäude mit allem Schmuck zu rekonstruieren, so habe ich es jedenfalls verschiedene male gelesen. Und gegenüber sollte ja auf Initiative Helmut Kohls ein großes geschichtliches Museum der Bundesrepublik Deutschland entstehen. Die Pläne zur Rekonstruktion des Reichstags wurden aber durch den Mauerfall wieder ad acta gelegt.

    Vielleicht wäre es doch noch dazu gekommen, wenn man sich nicht mit einer Stimme Mehrheit dagegen entschieden hätte, die historische Kuppel zu rekonstruieren und sie stattdessen modern zu interpretieren. So hatte man wohl einen guten Grund dafür, auf weiteren Bauschmuck zu verzichten. Bestes Beispiel dafür ist die Germania-Gruppe über dem Portikus, die ich mir heute nur schwerlich als Vordergrund der moderistischen Glaskuppel vorstellen kann.

  • Bestes Beispiel dafür ist die Germania-Gruppe über dem Portikus, die ich mir heute nur schwerlich als Vordergrund der moderistischen Glaskuppel vorstellen kann.

    Warum nicht? Mich würde das nicht stören.

  • Hammer, wie viele Details einst sich einst an der Fassade befanden.

    Hier ist ja inzw. so viel Info, vielleicht habe ich es auch überlesen, aber: Gibt es eine Logik hinter der Anordnung der ganzen Wappen? Alphabetisch schon mal nicht. Größe?

  • Es ist schon erstaunlich: obwohl die Kuppel in ihrer heutigen Form nicht mehr wegzudenken ist, scheint sie in ihren Ausmaßen so gar nicht zum restlichen Baukörper zu passen. Ich meine das jetzt nur in Bezug darauf, dass sie, wie man auf einer der Abbildungen oben sieht, aus nicht jeder Perspektive sichtbar ist...das war bei der Original Kuppel offensichtlich anders. Wie wichtig Proportionen sind...

  • Ich habe das in einem anderen Strang beim Thema Schlosskuppel schon man gepostet:
    Der Baukörper des Reichstags ist rechteckig, das heißt, er erscheint in der Diagonalen breiter als in der Vorder- oder Seitenansicht. Eine quadratische Kuppel wird gleichfalls breiter, eine runde Kuppel, die jedoch immer gleich breit ist, "wächst" nicht mit und sieht folglich in der Schrägansicht zu klein aus.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.