tegula Zumal es nicht einmal sicher ist, ob das Volk für die historische Kuppel gestimmt hätte (wovon hier stillschweigend ausgegangen wird). Als Direktdemokrat sträuben sich mir die Nackenhaare, wenn ich mir überlege, wie viele historische Bauwerke dem „Willen des Volkes“ zum Opfer fielen und danach mit Schund zugepflastert wurden. Vom Volk sanktioniert. Machen wir bitte nicht den Fehler, zu glauben, dass Volkes Stimme immer im Sinne unserer Anliegen ausfällt. Das ist illusorisch, zumal der Prozess der demokratischen Willensbildung wesentlich komplexer ist als irgendwelche Umfragen. Ich wäre da aus schmerzlicher Erfahrung also prinzipiell etwas vorsichtiger.

Berlin - Reichstagsgebäude und Spreebogen
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Ein Bild des Reichstages, skaliert und eingefärbt mittels KI:
Wenn ich mir die Vielzahl von Skulpturen ansehe, kommt mir spontan der Gedanke: man bräuchte eine Wilhelm von Boddien, der eine Impulssumme spendet und weitere Spenden für die Wiederherstellung dieser Skulpturen einsammelt.
Natürlich müsste man vorher wissen, wen die Skulpturen darstellen. Gibt darüber Informationen, sind diese hier im Forum schon mal vorgestellt worden?
Zu den zwei Herolden an der Ostseite des Reichstags - siehe im Bild oben rechts - habe ich schon mal was geschrieben. Deren Nachbildungen wurden 1900 auf der Pariser Weltausstellung gezeigt. Ein Bremer Bankier kaufte sie, sie wurden an der Ostseite des Bremer Rathauses aufgestellt. Ironie der Geschichte: es gibt sie noch, während die Originale vermutlich im Krieg zerstört wurden.
Die zwei Bremer Herolde wurden in einem Bremer Park "abgestellt" und vergammelten dort immer mehr, bewusste Zerstöungen inklusive. Eine Bürgerinitiative nahm sich ihrer an, sammelte 100 000.-- Euro von Bremer Bürgern und stellte einen Kontakt zu einer Berliner Firma her, die sich auf die Restauration solcher Kunstwerke verstand. Die Fachleute dort sagten: solch eine dirfferenzierte Metallarbeit hätten sie noch nie gesehen.
Damit ist Berlin nicht nur die Stadt der Original-Herolde, sondern auch die Stadt, in der es einen deutscdhlandweit einmaligen Betrieb gibt, der sich nicht nur auf die Restauration solcher Kunstwerke versteht, sondern zudem auch noch Erfahrungen mit der Wiederherstellung der Nachfolgemodelle aufweisen kann. Diesem Betrieb sollte man die Neuschaffung der Originale anvertrauen können.
Wilhelm von Boddien, übernehmen sie.
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Die Figuren auf diesem Bild stehen auch heute noch auf dem Reichstag. Nur der Schmuck des Daches, der Türme und der Fenster fehlt.
Es brauch definitiv eine Spenderinitiative damit eine Diskussion über die Rekonstruktion überhaupt erst beginnen kann.
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Die Figuren auf diesem Bild stehen auch heute noch auf dem Reichstag. Nur der Schuck des Daches, der Türme und der Fenster fehlt.
Es brauch definitiv eine Spenderinitiative damit eine Diskussion über die Rekonstruktion überhaupt erst beginnen kann.
Das war mir nicht bekannt. Aber zumindest die zwei Herolde fehlen doch.
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Die Figuren auf diesem Bild stehen auch heute noch auf dem Reichstag.
Sir Moc, ich bin´s noch mal. Hast du die Möglichkeit, herauszufinden, wen die Skulpturen darstellen bzw., wen oder was sie symbolisieren.
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Sir Moc, ich bin´s noch mal. Hast du die Möglichkeit, herauszufinden, wen die Skulpturen darstellen bzw., wen oder was sie symbolisieren.
Direkt von der Webseite des Bundestags:
Quote
Die Figuren sind Allegorien und stehen unter anderem für die Kultur, die Wissenschaft, das Handwerk aber auch für das Militär.
Konkret bilden die Figuren am Nordwestturm den Handel und die Schifffahrt, die Elektrotechnik, die Großindustrie und die Klein- sowie Hausindustrie ab. Am Südwestturm werden der Ackerbau und die Viehzucht sowie der Weinbau und die Bierbrauerei dargestellt. Der Südostturm widmet sich thematisch der Rechtspflege, der Staatskunst und jeweils der Wehrkraft zu Land und zur See. Der Nordostturm des Reichstagsgebäudes wird von Skulpturen verziert, die den Unterricht und die Erziehung symbolisieren und der Kunst und Literatur ein steinernes Denkmal setzen.
Die vier Ecktürme symbolisieren übigens die vier Königreiche Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg. -
Es fehlen nicht nur die beiden Herolde (deren Nachbildungen ich auch schon in Bremen bewunderte) sondern auch die Adler auf der Südseite (auch auf dem Bild sichtbar). Ob auf der Nordseite auch welche standen, weiß ich leider nicht genau. Und natürlich die Germania zu Pferd mit Begleitern. Zumindest die Sockel sind doch noch da! Aber heutzutage sind deren Rekonstruktionen leider auch politisch nicht gewollt. Schade, aber da wird sicher auch keine Spendeninitiative etwas ändern können.
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"Politisch nicht gewollt heisst es immer in D.".......aber es geht hier um höchst wertvolle Architektur und ehemalige Stolz einer Nation!!!! Das kann und darf man nicht so einfach ausradieren.
In Ungarn wird heutzutage ihre grosse architektonische Vergangenheit wieder mit viel Fleiss wieder aufgebaut.
Ich muss sagen: die ganze Welt kommt nach Ungarn um diese Leistung zu bewundern. Kann man nicht sagen von Rasterklotzen und Kuben in D. Da gibt nichts zu bewundern. Moderne Bauten sind meistens sehr einfach von Struktur und uninteressant. Ausnahmen dargelassen (wie die Shard und Swiss-Re in London).
Budapest hatte 3 Monaten lang schwere Strassenkämpfen und Bombardements der Ami's durchstehen müssen aber ist noch für 80% völlig intakt. Dort wurde nicht massive abgebrochen, Stuck angeschlagen und Fassaden und Dächer vereinfacht wie in D. -
Das kann und darf man nicht so einfach ausradieren.
Niemand radiert hier Architektur aus. Das war der letzte Krieg.
Budapest hatte 3 Monaten lang schwere Strassenkämpfen und Bombardements der Ami's durchstehen müssen
Eher durch die Rote Armee und die deutschen Streitkräfte: https://de.wikipedia.org/wiki/Ungarn_im_Zweiten_Weltkrieg
Quote1944 wurde Budapest durch angloamerikanische Bombenangriffe teilweise beschädigt. Die stärksten Zerstörungen der Hauptstadt erfolgten jedoch durch die von Ende Dezember 1944 bis Anfang Februar 1945, 102 Tage andauernde Einschließung und Belagerung Budapests durch sowjetische Streitkräfte sowie durch die eingeschlossenen deutschen und ungarischen Truppen, die bei ihrem Rückzug auf die Budaer Seite des Kessels auch sämtliche Brücken über die Donau sprengten. 38.000 Budapester Zivilisten starben während der Belagerung. Das Budapester Ghetto wurde am 18. Januar 1945 von der Roten Armee befreit.
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Trotzdem ist der Vergleich mit Budapest sehr interessant: zuerst einmal muss man zur Kenntnis nehmen, dass Budapest durch die monatelangen schweren Straßenkämpfe mehr zerstört wurde als allgemein bekannt ist; der Zerstörungsgrad war zwar sicher geringer als in Berlin, aber trotzdem sehr hoch: die englische Wikipedia schreibt von 80 % zerstörter und beschädigter Gebäude. Eine andere Website schreibt: "Ein im Dezember 1946 verfasster Bericht bestätigt, dass von den 782 Häusern im ersten Stadtbezirk nur noch 4-5 erhalten blieben. 16,8 % der Gebäude wurden vollständig zerstört, 62,4 % wurden schwer beschädigt und 20,3 % wurden leicht beschädigt. 26 % der öffentlichen Gebäude und 94 % der Industrieanlagen wurden zerstört."
Inwiefern dies alles korrekt und mit Berlin vergleichbar ist, weiß ich zwar nicht, aber ich habe von einigen Ungarn persönlich gehört, dass die Stadt zu einem großen Teil in Trümmern lag. Und aufgrund dieser Ausgangslage muss man mit Erstaunen feststellen, dass Budapest heute größtenteils den Eindruck einer sehr gut erhaltenen gründerzeitlichen Stadt macht: es gibt kilometerlange Pracht-Boulevards, die es locker mit Wien aufnehmen können, die gigantischen Kriegsschäden kann man nur noch erahnen. Und dies lässt mich zu der Vermutung kommen, dass in Berlin, das heute insgesamt gar nicht mehr den Eindruck einer gut erhaltenen gründerzeitlichen Stadt erweckt, nach dem Krieg großflächig abgeräumt und eben nicht gerettet und instandgesetzt wurde, was noch zu retten war. Die meisten historistischen Gebäude, vor allem die repräsentativeren, waren sehr massiv gebaut und wurden durch die Straßenkämpfe, die es auch in Berlin gab, sicherlich nicht ganz zerstört; bei gutem Willen hätte man sicher vieles wiederherstellen und ein Stadtbild erreichen können, das dem von Budapest zumindest in Teilen nahe gekommen wäre. Von daher kann man wahrscheinlich schon sagen, dass in den Jahrzehnten nach dem Krieg in Berlin vieles "ausradiert" wurde.
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Niemand radiert hier Architektur aus. Das war der letzte Krieg.
Eher durch die Rote Armee und die deutschen Streitkräfte: https://de.wikipedia.org/wiki/Ungarn_im_Zweiten_Weltkrieg
Falsch Tegula!
Der Reichstag hatte im wesentlichen vier Zerstörungen.
Der Reichstagsbrand vor dem Krieg. Verlust des großen Saals und einiger Innenräume.
Häuserkampf und leichte Bombenschäden im zweiten Weltkrieg.
Die sog. Nachkriegssanierung. Zerstörung aller verbliebenen Innenräume, Rückbau der Türme. Zerstörung der Dachfiguren. Bewusste Zerstörung sämtlicher Symbolik.
Der Umbau des Reichstages nach der Wende. Entkernung des Gebäudes, neue Kuppel, simples Dach
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Falsch Tegula!
Jawohl, Herr General! Spaß beiseite. Für mich ist das eine Anpassung an die Nutzungsbedürfnisse der heutigen Zeit. Bei einem Bau, der als Parlament dienen soll, ist die eine oder andere Veränderung unausweichlich. Sicher lässt sich darüber diskutieren, ob das eine oder andere eine bessere Lösung gewesen wäre, aber mit einem Ausradieren von Architektur hat das nichts zu tun.
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Für mich ist das eine Anpassung an die Nutzungsbedürfnisse der heutigen Zeit. Bei einem Bau, der als Parlament dienen soll, ist die eine oder andere Veränderung unausweichlich.
Die Parlamentsgebäude in Paris, Wien, Rom, Madrid, Stockholm, Oslo oder London sind zwar nicht im Krieg zerstört worden, gleichwohl blieb diesen im Inneren ein gnadenloses Tabularasa wie dem Reichstag erspart. Man tagt dort also noch weitgehend im historischen Dekor bzw. im Prunk des 19. Jahrhunderts. Dass dies auch nur ansatzweise den parlamentarischen Betrieb beeinträchtigen würde ist mir nicht bekannt.
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Jawohl, Herr General! Spaß beiseite. Für mich ist das eine Anpassung an die Nutzungsbedürfnisse der heutigen Zeit. Bei einem Bau, der als Parlament dienen soll, ist die eine oder andere Veränderung unausweichlich. Sicher lässt sich darüber diskutieren, ob das eine oder andere eine bessere Lösung gewesen wäre, aber mit einem Ausradieren von Architektur hat das nichts zu tun.
Lustig linker bezalter Aktivist! Spaß beiseite. 😊
Eine komplette Demontage der verbliebenen Innenräume, Zerstörung sämtlicher Symbolik und Figuren sowie eine vollständige Entkernung (ausradieren) würde ich jetzt nicht als Veränderung verniedlichen!
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Die Behauptung es muss immer alles totsaniert werden, besser noch: komplett entkernt, besser noch: ganz weg und was neues hin, ist doch eine ganz billige, abgedroschene und unreflektierte Behauptung.
In unseren Nachbarländern gelingt es hervorragend, historische Architektur zu bewahren und zu nutzen, und alle diese "Freileichtmuseen", in denen angeblich keiner mehr wohnen oder arbeiten kann, gehören außerdem noch zu den lebens- und liebenswertesten Städten der Welt.
Wenn man will, dann geht das auch. Und wenn man einfach nicht will, dann ist jede noch so dumme Ausrede recht. -
Die Parlamentsgebäude in Paris, Wien, Rom, Madrid, Stockholm, Oslo oder London sind zwar nicht im Krieg zerstört worden...
Nicht ganz richtig. Soviel ich weiß, brannte in London das House of Parliament (Unterhaus) nach einem deutschen Bombenangriff aus und wurde nachgehend mitsamt allen Unbequemlichkeiten der zu wenigen und zu engen Sitze 1:1 rekonstruiert.
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Nicht ganz richtig. Soviel ich weiß, brannte im London das House of Parliament (Unterhaus) nach einem deutschen Bombenangriff aus und wurde nachgehend mitsamt allen Unbequemlichkeiten der zu wenigen und zu engen Sitze 1:1 rekonstruiert.
Schon klar, ich wollte nur nicht unendlich differenzieren in einem Satz.
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Als Hamburger muss ich bei dieser Debatte natürlich an den Plenarsaal der Hamburger Bürgerschaft denken, der dem originalen Plenarsaal des Reichstags zum Verwechseln ähnlich sieht und genau zeitgleich entstanden ist. Der wesentliche Unterschied ist, dass er kleiner ist.
Der Hamburger Saal befindet sich bis in die Details noch im Originalzustand und erfüllt seinen Zweck nach wie vor hervorragend. Die oft unwidersprochen in den Raum gestellte Behauptung, dass die heutigen Bedürfnisse eine andere Gestaltung erfordern würden, kann ich nicht nachvollziehen.
Die Sitzplätze sind groß genug, die Tische bieten ausreichend Platz auch für Laptops. Die Hamburger Bürgerschaft hat ringsherum im Obergeschoss Besuchertribünen, es steht jedem Hamburger frei, die Debatten vor Ort mitzuverfolgen. Arbeitsräume für die Fraktionen sind ebenso vorhanden wie ein wunderschöner Speisesaal für gemeinsame Essen der Abgeordneten und ihrer Besucher.
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Eine komplette Demontage der verbliebenen Innenräume, Zerstörung sämtlicher Symbolik und Figuren sowie eine vollständige Entkernung (ausradieren) würde ich jetzt nicht als Veränderung verniedlichen!
Offenbar reden wir von verschiedenen Dingen. Ich zielte auf den Umbau als Bundestagsgebäude nach der Wiedervereinigung ab, du sprichst wohl von der zugegeben sehr radikalen und überflüssigen Umgestaltung duch Paul Baumgarten in den 1960er Jahren.
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