Berlin - Reichstagsgebäude und Spreebogen

  • Ja, aber für die Fassade oder zumindest Kuppel des Stadtschlosses hat der Staat natürlich kein Geld. Schaue wofür sie das Geld ausgeben und Du erkennst ihre Prioritäten.

  • Zitat


    Provisorium auf Dauer in Berlin : Besuch im Reichstag bleibt umständlich

    Bauminister Peter Ramsauer hat die Pläne für ein permanentes Besucherzentrum am Reichstag gestoppt, weil sie zu teuer sind. Also bleibt es dort ungemütlich, wie es sich gerade zu Pfingsten zeigt.

    ... Seit einer Terrordrohung im Herbst 2010 stehen die Container hier. Und jetzt hat Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) die Hoffnungen auf eine dauerhafte Alternative zerstreut: Angesichts von bis zu 500 Millionen Euro für einen unterirdischen Neubau „habe ich gesagt: Kommando zurück.“ Bei einem Anbau, der mehr koste als der Umbau des Reichstages in den Neunzigern, „wäre die Soße ja teurer als der Braten“, sagte er dem Tagesspiegel....

    http://www.tagesspiegel.de/berlin/proviso…ch/8226244.html

    APH - am Puls der Zeit

  • [color=#000000]
    Tiergarten, Platz der Republik 1, Reichstagsgebäude (Paul Wallot)

    Ich würde jetzt mal mutmaßen das ist sarkastisch gemeint, oder? Diesen "neuverunstalteten Reichseierbecher" kann man ja wohl kaum noch als gründerzeitlichen Prachtbau betrachten, so greisslich wie der wurde....besser man reißt des Ding ganz weg rant:) rant:)

    Viele Grüße

    Asgard

  • Dabei müssen wir noch froh sein, dass nicht der erste Entwurf von Herrn Foster umgesetzt wurde...da er nachfassen musste, bekamen wir nun dieses zum Rumpfbau etwas zu klein geratene Stehtittchen - noch einmal Glück gehabt, aber wie schon jemand einmal in seiner Signatur so treffend schrieb: "Wenn die Sonne der Kultur tief steht, dann werfen auch Zwerge lange Schatten". Der Wallot würde sich im Grab umdrehen, wenn er sehen täte, wie computerunterstützte Amateure seine Proportionen verhunzen...

  • Nach meiner Empfindung fliegt die Kuppel nach oben hin weg. Da beschleicht mich hinsichtlich der Kuppel die gleiche Empfindung wie beim Berliner Hauptbahnhof, dies im Vergleich zu seinen schwerer wirkenden großstädtischen Brüdern und Schwestern, die dem Gewicht der Eisenbahn da schon näher kommen.

    Wallot hat die gläserne Kuppel nach oben hin und nach außen hin sichtbar gefasst und dazwischen darf und muss sie leicht sein, will sie nicht wie beim Potsdamer Neuen Palais das ganze Gebäude nach unten drücken. Ein Ausrutscher, schon zu damaligen Zeiten. Irgendwie liegt es am nachlassenden Materialempfinden. Das kann kein Computer ausrechnen.

    ;-

  • Bittschön, der Reichstag in Berlin ist das Ergebnis eines der schlimmsten architektonischen Verbrechen an Gründerzeitbauten deutscher Nachkriegszeit. Es wäre ehrlicher gewesen man hätt ihn gleich ganz abgerissen - aber diese noch an Gründerzeit anmutenene Fassade, und dieser seelenlose und undurchdachte Neubau innerhalb der Fassade spiegelt eigentlich die Verlogenheit unserer Politik wieder - nach außen gibt man sich konservativ, und innen ist man linksextrem.....

    Viele Grüße

    Asgard

  • Deine in Teilen berechtigte Kritik solltest du eher an Paul Baumgarten adressieren. Die zeitgenössische Presse feierte in den 60ern die völlige Entkernung und das Abschlagen der Ornamentik als große architektonische Leistung.

    An dem äußeren Bild hat sich von der Kuppel abgesehen seither nichts getan.

  • An dem äußeren Bild hat sich von der Kuppel abgesehen seither nichts getan.


    Doch, die Fenstersprossenaufteilung wurde von Baumgarten weitestgehend historische gelassen, unter Foster wurden diese hässlchen grauen Plastik-billigfenster eingesetzt, die der Fassade endgültig ihre Schönheit und Ausgewogenheit nahm. Kreuzfenster wurden durch schlecht Proportionierte T-Fenstersprossen ersetzt usw. Man kann froh sein, dass man bei den Rundbogenfenstern im Erdgeschoss wenigstens puristisch durch quersprossen gegliedert hat und die Sprossen nicht einfach ganz weggelassen wie im inneren des Dresdener Hauptbahnhofes.

    Meines Wissens nach wurde der Reichstag erst unter Foster komplett enkernt und jeglicher historischen Authenzität im inneren beraubt. Baumgarten ließ zwar große Teile des Innenwände verkleiden und legte auch einen neuen größeren Plenarsaal an, allerdings war historisch mehr erhalten, schließlich wurde es durch Foster unwiderbringlich zerstört.
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…-im-umbau-2.jpg

    Ein wirklich gruseliges Bild von 1995 aus dem enkernten Reichstag, als befände man sich im Inneren einer ausgeweideten Leiche.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaoru (21. Mai 2013 um 00:52)

  • Das hab ich so noch nirgends gelesen. Der ursprüngliche Plenarbereich und die angrenzenden Räume wurden von Baumgarten beseitigt. Dessen Plenarbereich war mit 1375m² mehr als doppelt so groß wie die ursrpünglichen 640m². Heute sind es 1200m². Ich halte es auch für unwahrscheinlich, dass bei all den Diskussionen um die Kuppel man einfach zu geschaut hätte wie Foster die letzten Reste der originalen Innenausstattung beräumt.

  • "Im Jahr 1955 beschloss der Bundestag die völlige Wiederherstellung. Allerdings war die Art der Nutzung im geteilten Deutschland noch ungewiss. Der Architekt Paul Baumgarten
    erhielt 1961 als Gewinner eines zulassungsbeschränkten Wettbewerbs den
    Auftrag für Planung und Leitung des Wiederaufbaus, der 1973 beendet war.
    Zahlreiche Schmuckelemente der Fassade
    fielen weg, die Ecktürme wurden in der Höhe reduziert, auf eine neue
    Kuppel verzichtete man. Im Inneren verschwanden große Teile der alten
    Bausubstanz hinter Abdeckplatten; neue Zwischengeschosse vergrößerten
    die Nutzfläche und veränderten dabei weitgehend die ursprüngliche
    Raumstruktur. Der Plenarsaal wurde gut doppelt so groß"
    Zitat wikipedia, ja ich weiß als Quelle nur bedingt brauchbar
    Ich verstehe das so, das zwar große umbauten im inneren stattfanden, aber nicht sämtliche alte Substanz beseitig wurde.


  • Ich verstehe das so, das zwar große umbauten im inneren stattfanden, aber nicht sämtliche alte Substanz beseitig wurde.

    Es wurden natürlich Zwischendecken und Wände eingezogen, was nicht unbedingt sehr schön aussah - jedoch wäre dies reversibel gewesen. Die "Katakomben" zumindest, waren weitestgehends im Original belassen - sie fielen 1995 dem Abrißbagger zum Opfer.

    Viele Grüße

    Asgard

  • Zitat von Kaoru

    Doch, die Fenstersprossenaufteilung wurde von Baumgarten weitestgehend historische gelassen, unter Foster wurden diese hässlchen grauen Plastik-billigfenster eingesetzt, die der Fassade endgültig ihre Schönheit und Ausgewogenheit nahm. Kreuzfenster wurden durch schlecht Proportionierte T-Fenstersprossen ersetzt usw. Man kann froh sein, dass man bei den Rundbogenfenstern im Erdgeschoss wenigstens puristisch durch quersprossen gegliedert hat und die Sprossen nicht einfach ganz weggelassen wie im inneren des Dresdener Hauptbahnhofes.

    DAS ist meines erachtens das entscheidende Problem bei der ganzen Sache. Die Kuppel mag nicht jedermanns Geschmack sein, ich halte sie gestalterisch und auch in ihren Proportionen recht gelungen, wobei mir natürlich das Original (oder eine moderne Interpretation wie beim Dresdner Hauptbahnhof) auch wesentlich lieber wäre. Aber lieber so als gar keine Kuppel oder sonstiger modernistisch-dekonstruktivistischer Dachaufbau, bei dem man meinen könnte ein Ufo wäre dort gelandet. Dass diese Kuppel mittlerweile auch eine Ikone Berlins ist, dürfte auch niemand bestreiten.

    Von Anfang an störte mich eher diese seltsame Gliederung der Fenster. Das ist in meinen Augen das wesentliche, was die die ganze Fassade verhunzt und den Bau plump erscheinen lassen. Eigentlich sind die Fenster vom Bauen her die kleinere Angelegenheit. Andererseits beeinflussen sie extrem die Wirkung der ganzen Architektur auf den Betrachter. Dass die urprünglich wesentlich prächtigere Bauplastik (mit Germania) nicht wiederkommen würde (aus ideologischen und finanziellen Gründen) - das war und ist im damaligen und jetzigen politischen Betrieb eigentlich klar und ich hatte auch keine Erwartungen diesbezüglich. Dass aber die Fenster nur noch mehr Löcher sind, und die Fassade völlig entstellen, wie die großen quergegliederten Fenster zum Platz der Republik hin, oder die darüber liegenden Fenster mit T-Sprossung (die nicht einmal konsequent durchgezogen worden ist) zeigen, ist das wirklich bittere an dem Foster-Umbau, denn damals hätte man mit wenig Aufwand einen wesentlich harmonischeren Eindruck der Fassade herstellen können. Aber auch hier wollte man den Charakter ganz bewusst im modernistischen Sinne noch weiter verfälschen oder noch weiter zerstören (Ja nichts rekonstruieren, man könnte ja denken, der Bauherr würde sich irgenwie mit den damaligen politischen Ideen gemein machen; ja keinen harmonischeren Charakter herstellen - es könnte den Leuten am Ende womöglich sogar richtig gefallen)

  • oder die darüber liegenden Fenster mit T-Sprossung (die nicht einmal konsequent durchgezogen worden ist)


    Omg, das fällt mir ja erst jetzt auf, dass bei den jeweilig äußeren Fensterachsen Fenster eingebaut wurden, die wie amerikanische Schiebefenster aussehen. Mit welcher ästhetischen Begründung kann man soetwas verantworten? Dass man in identische Fensterachsen verschiedene Fenster einbaut?? Sind da die zwei Fenster falsch geliefert worden und man musste sie noch irgendwie verbauen, oder was ist da schief gelaufen? Foster hat den ganzen Bau einfach nicht verstanden, was nach Baumgartens Minimalisierung zwar schon schwerfiel, schließlich gibt es aber genug alte Bilder vom Vorkriegszustand.

    Mal was anderes was ich mich schon seit meiner Kindheit frage (also noch garnicht soo lange absolut gesehen xD) ...welche Räumlichkeiten sind eigentlich in den Ecktürmen untergebracht?

    Eine weitere Frage: Wurde nach dem Reichstagsbrand der äußere Zustand wiederhergestellt? Mir ist ein Farbvideo von 1938 bekannt wo der Reichstag von außen scheinbar unversehrt steht. Im inneren Verblieb aber zumindest der Plenarsaal im zerstörten Zustand? Er konnte ja nicht genutzt werden, bzw. was braucht man später noch für eine Diktatur einen Plenarsaal^^ .
    Soweit mir bekannt ist, sollte das Reichstagsgebäude ja infolge der Gemania-Planungen in das Forum vor der großen Halle mit integriert werden (in dessen er aber sehr zwerghaft gewirkt hätte ). Gab es konkrete Pläne für seine Nachnutzung? als "Museum der demokratischen Schande" oder was hatte man sich da vorgestellt? Oder doch als Nutzung für den Deko-Reichstag, den die Nazis abundzu mal in der Krolloper zusammengerufen haben?

    Einmal editiert, zuletzt von Kaoru (21. Mai 2013 um 14:51)

  • Danke, sehr interessant! Auch der direkte Vergleich.

    Ja, der Bau wurde in seinem Charakter grundlegend verändert. Aber in diesem Falle ist das eine durchaus nachvollziehbare "Simplifizierung".

    Der heutige Bau mit der Foster-Kuppel ist geradezu ikonografisch und weltberühmt. Und das zurecht.

    Man mag Details kritisieren, aber letztlich ist das hier gerade eher eine Phantomdiskussion.

    Randbemerkung: Die Seitenflügel des Reichstagsgebäudes haben stärker gegliederte Fensterflächen, wie hier zu sehen - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:13-0…by-RalfR-49.jpg .


    PS: Ich würde mir wünschen, dass das Einheitsdenkmal / Bundesdenkmal zur Wiedervereinigung auf der Wiese vor dem deutschen Bundestag entsteht, statt auf der Schlossfreiheit.
    Der Standort vor dem Stadtschloss ist historisch nicht begründbar und stadtpsychologisch grober Unfug!

  • Auf der anderen Spreeseite sieht man an dieser Häuserzeile einzelne entstuckte Gebäude, dieses Phänomen gabs also schon damals(?).

    In dubio pro reko

  • Auf der anderen Spreeseite sieht man an dieser Häuserzeile einzelne entstuckte Gebäude, dieses Phänomen gabs also schon damals(?).


    erste Entstuckungen fanden schon in den 1920er Jahren statt, als die neue Sachlickeit nackte Fassaden forderte.

  • Das Vergleichsbild zeigt aber auch, dass sich der RT in seinem Grundaufbau der Fassade wenig verändert hat. Der plastische Schmuck ist an der Fassade größtenteils erhalten, sogar die Figuren an der Ecktürmen. Das stark kontrastreiche Schwarz/Weiß-Foto täuscht zudem eine stärkere Plastizität als die heute gereinigte Fassade vor. Zudem trägt das Bismarck-Denkmal zusätzlich auf, das schon seit den 30ern da nicht mehr steht. Dennoch gefällt mir weder der alte noch der neue RT. Architektonisches Mittelmaß bleibt Mittelmaß. Wallot war eben nicht Semper, er hat die Neorenaisance eher paraphrasiert als verstanden.
    So:
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…m_Wien_2010.jpg
    so:
    http://de.academic.ru/pictures/dewik…ina_Leipzig.jpg
    so:
    http://dresden-kompakt.de/wp-content/upl…to-c.muench.jpg
    so:
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…athausmarkt.jpg
    oder so:
    http://www.earthinpictures.com/world/austria/…29_1280x960.jpg
    geht das.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • erste Entstuckungen fanden schon in den 1920er Jahren statt, als die neue Sachlickeit nackte Fassaden forderte.


    Glücklicherweise blieb dieses Phänomen weitgehend auf Berlin beschränkt. Hamburg, Wien, München, Wiesbaden und [lexicon='Leipzig'][/lexicon] können bis heute mit ihrer Stuckpracht glänzen während in Berlin das meiste verloren ist. In Berlin machte der Purifizierungswahn ja noch nichmal vor Werksteinfassaden halt.
    vorher:
    http://www.flickr.com/photos/deutschebank/5621992788/
    heute.
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/82/Gebäudekomplex_der_Deutschen_Bank_-_Ãbergangsbrücke-wp.jpg/799px-Gebäudekomplex_der_Deutschen_Bank_-_Ãbergangsbrücke-wp.jpg

    Moderationshinweis (Aedificium): Der letzte Link scheint nicht zu funktionieren, bitte repariere oder ersetze diesen. Danke!

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.