Der jüngere DALBERGER HOF in der Klarastraße ist nach dem Untergang der Schönborn´schen Favorite als Lustschloss mit der wohl bedeutendsten Gartenanlage des Barock in Deutschland heute das kostbarste, was uns vom spezifischen Mainzer Barock noch verblieben ist.
Die Anlage erstreckt sich auf einem Komplex zwischen Klarastraße, Emmeransstraße und Ottiliengasse und bezieht verschiedene ehemalige Hofplätze ein (Zum BUNTEN MANTEL, Zum FROHEN, Zum SCHLEGEL, Zum JUCKEL, Zur SETZREBE); vom ehemaligen Hof zum SAUKOPF bezog der Hof auch seinen Namen (ZU DEN DREI SAUKÖPFEN), wie auch den Standort des bisherigen BRENDEL´schen HOFS als Familienhof der Brendel von Homburg.
Nachdem der Aufstieg der Familie Dalberg in den ersten Rang der Reichsritterschaft den bisherigen Familienhof, der bis heute unter dem Namen ÄLTERER DALBERGER HOF (Ballplatz/Stefansstraße) wohlerhalten ist, diesen als nicht mehr repräsentativ erscheinen ließ, begannen 1707 Planungen zu einem Neubau, bei denen auch der Mainzer Architekt Nicolaus Person involviert gewesen sein muß, ist doch glücklicherweise in seinem "Novum Architecturae Speculum" ein Entwurf erhalten, der bis auf die Achsenzahl der Rücklagen dem später unter Caspar Herwarthel realisierten Bau ganz erstaunlich nahe kommt. Unter der Bezeichnung "Orthographie für das Freyherrliche Haus Sawkopff" ist die später realisierte Intention eines vierflügeligen Familienhofs mit Palastfassade klar erkennbar. Gleichzeitig läßt sich heute noch bei Einarbeitung in die Baugeschichte der Zeit die Grundhaltung eines Drei-Risalit-Schemas erkennen, die mit dem RÖMISCHEN KAISER ab 1653 begann, sich beim SCHÖNBORNER HOF fortsetzte und noch im OSTEINER HOF 1747-52 erkennbar bleibt. Das Schönborn´sche ROCHUSSPITAL läßt dies ansatzweise ebenfalls noch erkennen. Auch bei einigen Bürgerhäusern der Zeit wie Caspar Herwarthels "GRÜNEM HOLLERBAUM" in der Stadthausstraße (um 1929 abgebrochen) und bei den glücklicherweise erhaltenen DOMkapitel´schen HÄUSERN AM MARKT ist dies ersichtlich.
Die Geschichte des Baus verlief sehr wechselhaft und entspricht in vielen Facetten sowohl der Mainzer, als auch der Deutschen Geschichte. Die 1707 schon begonnenen Planungen zogen sich etwas hinaus und wurden 1715 begonnen und (auf den Rohbau bezogen) 1718 fertiggestellt. Die außerodentliche Ausdehnung des Palais erklärt sich auch, daß der Hof als Familienpalais der drei Brüder Dalberg errichtet wurde. Ein entsprechendes, über dem Hauptportal angebrachtes Chronogramm mit der Aufschrift "CONCORDIA FRATRUM EREXIT" wurde 1829/30 wieder beseitigt. Der Innenausbau wurde 1724-25 fertiggestellt, und das Palais wurde schlußendlich 1725 bezugsfertig. Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß die 1793 schon wieder untergegangenen Innenausbauten, Stuckaturen und die von Giovanni Francesco Marchini geschaffenen Deckengemälde mit zum grandiosesten gehörten, was in der Zeit in Westdeutschland überhaupt geschaffen wurde.
Der junge Wolfgang Amadeus Mozart konzertierte im Saal der Beletage vor einer erlesenen Zuhörerschaft.
Bei der Beschießung der Stadt 1793 brannte auch dieses Palais aus und wurde in der folgenden Nutzung als Großherzoglicher Justizpalast unter der Leitung des Baudirektors Paul Arnold 1828-29 wieder aufgebaut. Abermals brannte das Gebäude 1945 aus und wurde zunächst mit dem Ziel einer Nutzung als Behördenhaus wieder aufgebaut; anschließend diente der Bau als Polizeipräsidium und zuletzt als Sitz eines Konservatoriums. Eine Sanierung in den 1990er Jahren wurde nach der Überarbeitung des Mittelrisaliten nicht weiter fortgeführt, sodaß das Gebäude zum Schluß einen beschämend heruntergekommenen Eindruck vermittelte. Der Baukomplex wurde privatisiert und umfassend saniert.
Der gewaltige Baukörper erstreckt sich auf einem Quartier, das von der Klarastraße, der Emmeransstraße und der Ottiliengasse begrenzt wird und erhebt sich auf einer Kelleranlage, die durch eine Pfeilerreihe in zwei Schiffe mit je 6 kreuzgratgewölbten Jochen geteilt wird. Überschwängliches Leben strahlt von der Hauptfassade zur Klarastraße hin aus durch die Gliederung in ein Dreirisalitschema, bei dem die Seitenrisaliten die Torfahrten bilden, während der dreiachsige Giebel zusammen mit dem Hauptrisalit das Fassadenbild wie eine hoch aufragende Kirchenfassade beherrscht.
Mit den folgenden Bildern sind wir nun bei dem Nachbarn des Dalberger Hofs in der gleichen Straße, nämlich dem Nachfolgebau des INGELHEIMER HOFES / Palais Ingelheim aus dem Jahr 1999.
Der originale Ingelheimer Hof ist ein Nachfolgebau des BLEIDENSTÄDTER HOFS in der Klarastraße, dessen Geschichte ebenfalls kurz angerissen werden soll:
- Vor 1480: Standort des Hofes Klarastraße 7: "Zum GROSSEN WALDERTHUM.
- 1480: Die Benediktiner von Bleidenstadt kaufen das Anwesen und bauen es zu ihrem Stadthof aus.
- Zu Beginn des 17. Jhd. wird der Stadthof wieder aufgegeben.
- Ein Teilbezirk des Areals (nach heutiger Zählweise die 1-3) war von 1639-72 im Besitz der jüdischen Gemeinde, die dort auch ihre Synagoge unterhielt.
- Aus dem Teilbezirk 5-7 entstand später der Ingelheimer Hof. Zur näheren Baugeschichte ist leider die Quellenlage mehr als dürftig:
Der INGELHEIMER HOF entstand 1686/86 als Familienstammsitz für die Familie des regierenden Kurfürst-Erzbischofs Anselm Franz von Ingelheim.
- 1793: Bei der Belagerung von Mainz wird der Bau zerstört.
- Nach 1800: Der Wiederaufbau (mit neuer Inneneinteilung) erfolgt als Wohn- und Geschäftshaus des Weingroßhändlers Johann Heinrich Ludwig Baron von Mappes ( geb. 1757 in Mainz, gest. 1845, Weingroßhändler, Präsident der Industrie- und Handelskammer, Mitglied des Stadtrats. Mappes war 1814/15 Leiter der Mainzer Deputation auf dem Wiener Kongress).
- 27.02.1945: Der Bau brennt beim schwersten Angriff auf Mainz vollkommen aus, die Außenwände sind jedoch erhalten.
- Nach 1945: Verschiedene Versuche zur Rettung des Baus schlagen fehl, 1961 erfolgt der Abriß bis großteils auf Erdbodenniveau. Die Keller blieben erhalten, und im Bereich der Emmeransstraße einige Meter des Sockelbereichs und einige Treppenstufen zu einem Seiteneingang.
Gesichert wurde der rundbogige, von Pilastern flankierte Torbogen der Torfahrt, den wir auch hier auf den Bildern sehen.
- Nach 1961: Nach dem forciert betriebenen Abriß ist das Grundstück zu einer sinnentleerten, funktionslosen Abstellfläche verkommen.
- 1999: Modifizierter, kritisch-postmoderner Wiederaufbau im allgemeinen in der Kubatur des Vorgängerbaus. Beibehaltung der Fensterhöhen und erkennbare Unterscheidung in Beletage und Mezzanin, mit Ausnahme des Seitenrisalites entsprechen die Fensterachsen in ihren Positionen denen des Vorgängers, anstelle der 3 Fenster des Seitenrisalits sind nun 4 Achsen vorhanden.