Botschaftsgebäude in Berlin

  • Nochmals Charitéstraße N°7 - Republik der Philippinen - nach Fertigstellung und Bezug.

    Bei allen formalen Unzulänglichkeiten bin ich immer noch froh, dass dort nicht ein weiterer Bau wie der Nachbar zur Linken entstanden ist; es gab zuvor ja bereits eine andere Planung für das Grundstück.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Natürlich ist das ein unruhiger Bau, ABER... Wir haben ein Giebeldach, eine Fassade mit andeutungsweise Gesimsbändern, die Fenster sind profiliert und von den groben Proportionen her spielt das Gebäude mit dem Haustypus in diesem Viertel, insbesondere ist dieser braune Fleck doch nichts weiter als ein – kluges! – Zitat der großen Tordurchfahrten, die zum Beispiel direkt das Nachbarhaus auch aufweist.

    Will sagen: Es ist schon wesentlich scheußlicher, unsensibler und nachlässiger gebaut worden!

    "Die Qualität städtischen Bauens resultiert aus einer Generationen währenden, kollektiven Leistung." Hans Kollhoff

  • Perleberger Straße N°43/Lübecker Straße, Botschaft der Republik Tadschikistan

    Im industriell umzäunten Hof steht dieser geschnitzte Pavillon, der mir auch seriell gefertigt erscheint.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Eine tadschikische Botschaft ist ein seltenes Fotomotiv - in den meisten europäischen Hauptstädten nicht zu finden. So ist die Berliner Botschaft auch für Polen und Tschechien zuständig.

    Sie zeichnet sich durch eine schöne und eigenwillige Architektur aus. Bei der Ansicht von der Ecke kamen mir Assoziationen zu sowjetischen Repräsentationsbauten der 70er und 80er Jahre. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich das Gebäude aber als Berliner Klinkerbau. So eine Art Backsteinexpressionismus, vielleicht aus den 20er Jahren. Es handelt sich um eine ehemalige Neuapostolische Kirche. Seit 2011 dient sie als tadschikische Botschaft.

    Tadschikische Botschaft, Perleberger Straße 43 in Moabit (Foto: Angela M. Arnold, April 2019, CC-BY-SA-3.0)

    Tadschikische Botschaft (Foto: Angela M. Arnold, April 2019, CC-BY-SA-3.0)

    Die Eingangstür wurde mit Holzschnitzereien tadschikisiert. Auch die Fenstergitter passen dazu.

    Tadschikische Botschaft, Eingang (Foto: Angela M. Arnold, April 2019, CC-BY-SA-3.0)

    Der Gartenpavillon ist ein schönes Stück traditionellen Kunsthandwerks. Ich vermute, dass die einzelnen Teile von Handwerkern in Tadschikistan gefertigt und dann in Berlin zusammengesetzt wurden. Was soll daran "seriell gefertigt" sein? Es ist ganz sicher ein individuell entworfener Pavillon. Seine runde Form, die Gestaltung der Säulen und der reiche ornamentale Dekor sind für Mittelasien charakteristisch. Die perfekte Wiederholung von Ornamenten ist ein allgemeines Kennzeichen der islamischen Kunst.

    Tadschikische Botschaft, Gartenpavillon (Foto: Angela M. Arnold, April 2019, CC-BY-SA-3.0)

  • Seit wann schließt denn Handwerksarbeit begrifflich eine serielle Fertigung aus? Die Säulen z. B. sind gewiss nicht "individuell" entworfen (sh. hier) - oder kennst du etwa den Schnitzler?

    Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich das Gebäude aber als Berliner Klinkerbau. So eine Art Backsteinexpressionismus, vielleicht aus den 20er Jahren.

    Vielleicht auch nur vielleicht. Berliner Klinkerbau - was ist das denn? Wohl eher neuapostolischer Kirchenstil. Und dass das kein 20er-Jahre Bau ist, sollte - neben der Erscheinungsform - schon durch das eine hohe Brandwand anschließende Grundstück angezeigt sein. Hier stand ein kriegszerstörtes großes Eckgebäude.

    Machst Du weiter mit dem nächsten Botschaftsgebäude? stickpoke:)

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Mantikor

    Stichwort "Berliner Klinkerbau": Mein Satz vorher berichtete von Assoziationen zu sowjetischer Architektur. Man darf auch mal träumen. Bei genauem Hinsehen ist es eben ein Berliner Gebäude, kein sowjetisches. Und Klinker sind es doch, oder? Zur Datierung: Brandwände gab es auch vor dem Zweiten Weltkrieg. Aber es mag schon sein, dass es ein Nachkriegsbau ist, aber immerhin ein sehr guter. Mir gefällt das Gebäude.

    Zu dem Gartenpavillon: Ich verstehe nicht, was du mit "seriell gefertigt" sagen willst. Das verlinkte Bild zeigt einen Pavillon in der tadschikischen Stadt Chudschand. Er steht im Park zu Ehren des bedeutenden persischen Dichters Kamol Chudschandi. Das Bild bestätigt, was ich geschrieben habe. Es geht um hochwertiges traditionelles Kunsthandwerk. Der Pavillon in Chudschand sieht anders aus. Er ist oktogonal, nicht rund und eigentlich sind fast alle Details bei beiden Pavillons unterschiedlich. Die Grundform der Säulen ist in der Region häufig anzutreffen und wird variiert. Vergleiche das mal mit Karl Friedrich Schinkel. Der Portikus der Neuen Wache Unter den Linden. Würdest du sagen: er ist "seriell gefertigt" oder kopiert? Oder hältst du die Neue Wache für einen Entwurf Schinkels? Die dorischen Säulen haben die alten Griechen erfunden. In der europäischen Kultur werden eben auch einige Elemente immer wieder variiert, oft nur leicht abgewandelt. Vieles ist sich ähnlich. Wir sind es aber gewöhnt, Werke der europäischen Kultur differenziert zu betrachten, nicht jedoch tadschikische Holzarchitektur.

    Ich hatte mich hier eigentlich nur gemeldet, weil es um Tadschikistan ging.

    Ach ja, noch etwas: "Schnitzler" kenne ich: Karl Eduard von Schnitzler (Der schwarze Kanal). Die tadschikischen Künstler natürlich nicht. Aber darum geht es ja auch gar nicht. Es geht darum, die künstlerischen Ausdrucksformen einer anderen Kultur ernst zu nehmen. Die an das Botschaftsgelände angrenzende Brandwand wurde übrigens mit zarten Malereien geschmückt.

    Gelände der tadschikischen Botschaft mit Gartenpavillon und Wandmalereien (Foto: Angela M. Arnold, April 2019, CC-BY-SA-3.0)

    OberstMadig

    Die vietnamesische Botschaft ist sehr schön. Ich finde es reizvoll, zu überlegen, welche Beziehung es zwischen einem Land und seinem Botschaftsgebäude gibt. Eine Botschaft ist ja auch eine Visitenkarte eines Landes.

  • Ich kenne in Athen eine ganze Reihe von Läden in der Nähe der Kathedrale in denen man diverse Einrichtungsgegenstände für griechisch-orthodoxe Kapellen (fast immer durch Privathand erbaut) kaufen kann. So Ikonostasen, Bildschreine, Lesepulte aus Holz. Sie wurden alle 'seriell' hergestellt. Also mit einer Kopierfräse oder ähnliche automatisierten Werkzeugen. So wirkt das einzelne Werk als künstlerisch hochwertig und handwerklich hergestellt, in der Masse aber, also im Laden, erkennt man dann die industrielle Fertigung.

    Hier mal ein Beispiel einer kürzlich fertig gestellten Privatkapelle auf Milos (Griechenland):

    Milos

  • OberstMadig

    Die vietnamesische Botschaft ist sehr schön. Ich finde es reizvoll, zu überlegen, welche Beziehung es zwischen einem Land und seinem Botschaftsgebäude gibt. Eine Botschaft ist ja auch eine Visitenkarte eines Landes.

    Nun ja, auch wenn es hier etwas über das Thema hinausgeht, so denke ich sollte ich vielleicht über dieses Gebäude noch ein wenig berichten - bin ich doch in diesem 13 Jahre lang aufgewachsen. Wir bewohnten damals im 2. OG die Nordwestseite zum Garten hin, hier eine alte Aufnahme Anfang der 90iger Jahre:

    Der Grundriß unserer Wohnung war in etwa wie folgt:

    Die 4 Villen in der Elsenstraße ließ Honigfabrikant Heinrich Gühler erichten, die Elsenstraße 3 war die zweitkleinste Villa, die Elsenstraße 4 wurde durch Weltkkriegsbomben vernichtet.

    In der Elsenstraße 3 hatte der Honigfabrikant Gühler im Kutschergebäude seine Produktion, auf dem Hof waren Regalweise Bienenstöcke installiert. Im 3. Reich diente das Gebäude dem Jungvolk. Im Krieg wurde es durch eine Brandbombe beschädigt.

    Der ehemalige spätere Hausbesitzer Herr Zick, wollte das Gebäude gern der Stadt Ostberlin überlassen, was ihm aber den Verlust seines Karpfenteiches eingebracht hätte da er diesen zusammen mit dem Haus hätte hergeben müssen.

    Also behielt er es und übertrug die Verwaltung der ortsansässigen KWV (kommunale Wohnungsverwaltung). Weiterhin versuchte er das Dach reparieren zu lassen, verwendete aufgrund Materialmangels an der Nordwestseite des Daches, Dachziegelbedeckung, welche sich für ein Schieferdach als nicht geeignet erwies - es regnete beständig durch.

    Die Zentralheizung wurde nach dem Krieg nicht wieder instand gesetzt, sondern durch Kohleöfen ersetzt.

    Im Sommer 1975 erreichte uns die "Bitte" der KWV auszuziehen, da man dieses Haus als Bauarbeiterunterkunft benötige. Entsprechender Bitte verlieh man Nachdruck in dem man das Dach erst einmal temporär abdeckte um uns in der Wohnung vollständig am Wetter teilhaben zu lassen. Auch wurde sich von den Bauleuten des öfteren mal Zutritt zur Wohnung verschafft, was den Bestand der alten Messingklinken deutlich reduzieren ließ....was noch alles so entschwand, vermag ich nicht zu beurteilen, da an meinem Spielzeug so wie Schulsachen wohl kein sonderliches Interesse bestand. ( Meine Eltern zogen es irgendwann Ende 1975 vor, der "Bitte" der Hausverwaltung nachzukommen und umzuziehen.)

    Das Dach wurde dann mit Bauholzlatten vernagelt und mit Dachpappe verklebt, das Parkett in den Wohnungen wurde mit PVC Belag überkleistert. Zum guten Schluß bekam daß Gebäude noch von den Straßenseitig sichtbaren Bereichen einen freundlich leichenblaugrauen Anstrich.

    Das daherimprovisierte Dach, hielt den Niederschlagsreichen Zeiten nicht lange stand, so daß die Bauarbeiterunterkunft auch nicht von allzulanger Dauer war.

    Nun stand es leer und rottete vor sich hin - zwischendurch nutzte die SPD Fraktion noch die Räumlichkeiten im 1. OG zur Südostseite...lang blieben die allerdings auch nicht.

    Zur Mitte der 90iger Jahre hin, legte ich einem befreundeteten Immobilienhändler ein Konzept vor, wie das Gebäude nebst Grundstück lukrativ zu nutzen wäre, was er als überlegenswert empfand und er sich mit den Erben zur Kaufverhandlung traf. Die Preisvorstellungen waren leider ziemlich verschiedener Natur, so daß es bedauerlicherweise nicht zum Erwerb des Gebäudes nebst Grundstück kam.

    Auch war zwischenzeitlich von einem "Baugrundstück" die Rede - ich sah die Elsen 3 schon der Abrißbirne zum Opfer fallen und schlug daher im Rathaus Alarm und unterstützte den Heimatverein mit historischen Fotos Treptows, welche ich einst von den Geschwistern Magdalena und Erika Gühler geschenkt bekam ( die Gühlernichten, welche bis in die 60iger Jahre unsere Nachbarn waren, waren noch sehr lang in Kontakt mit mir.

    Zum Ende der 90iger Jahre rückten dann Bautrupps an, welche den Garten vollständig entgrünten, das Kutschergebäude abrissen und die alte Villa vollständig entkernten. Das Dach wurd völlig abgerissen und durch eine Stahlkonstruktion ersetzt in welcher wohl Betonelemente unterkamen, bevor es wieder mit Schiefer gedeckt wurde.

    Ja, die Vietnamesen hatten hier so ihre eigenen Vorstellungen wie die Botschaft zu gestalten sei. Wo das Kutschergebäude stand, ist heut die Kantine der Botschaft, der Garten mit der inzwischen ausgestorbenen Birne, ist inzwischen ein Diplomatenparkplatz.

  • Rechterhand der japanischen Botschaft entsteht an der Ecke Tiergartenstraße/Clara-Wieck-Straße der Neubau der Botschaft der Republik Indonesien, welche sich bislang noch in der Lehrter Straße befindet.

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    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Das ist so ein Beispiel für Architektur, der man ihre Kurzlebigkeit schon ansieht, ehe sie überhaupt existiert.

    In dubio pro reko

    Der größte Feind der Ideologie ist die Realität

  • Enttäuschend. Gut allerdings, dass der Würfel von der Straße zurückgesetzt ist und den Blick auf die sehr viel interessantere Japanische Botschaft freigibt.

  • Stahlfachwerk scheint gerade mal wieder modern zu sein. Man siehe auch die aktuelle Diskussion über das neue Uni-Gebäude in der Hamburger Hafencity. (Siehe hier) Es gibt mieseres, zum Beispiel irgendwelche vorgehängten gefärbten Glas- oder Metallplatten. (Bzw. solche Monstren wie das neue Berliner Springer-Haus) Eigentlich ist Stahlfachwerk sehr leicht und filigran, wenn auch - wie ein Vor-Schreiber anmerkt - vermutlich nicht so nachhaltig. Ich frage mich allerdings, wie sich das mit den heutigen Anforderungen an Energiesparen, Dämmung, Passivhausstandard verträgt. Den Häuslebauern wollen sie Styroporplatten aufdrängen, die sie vor ihre Steinfassaden kleben sollen, die schicken Botschafts- , Uni- oder Bürogebäude aber können sich weiterhin wie eh und je mit modernistischer Glasfront präsentieren?

  • An die russische Botschaft kommt nichts heran.

    Sehe ich auch so. Die japanische Botschaft kommt dicht dahinter.

    Japanische Botschaft, Tiergartenstraße (Foto: Immanuel Giel, 19. Juni 2009, CC-BY-3.0)

    Japanische Botschaft, Tiergartenstraße (Foto: Fridolin freudenfett, 28. April 2012, CC-BY-SA-3.0)

    Und neben dieses Meisterwerk klassischer Architektur des 20. Jahrhunderts wird nun der belanglose Kasten für Indonesien gestellt. Wirklich schade.

    Auf dem Foto oben stehen wir in der Tiergartenstraße auf der Parkseite. Gehen wir nach links, kommt gleich die italienische Botschaft, die mir von einem Spaziergang durchs Botschaftsviertel ebenfalls angenehm in Erinnerung geblieben ist.

    Italienische Botschaft, Tiergartenstraße, am rechten Bildrand die japanische Botschaft (Foto: Achim Raschka, 2008, CC-BY-SA-4.0)

    Ein unaufdringlicher, gar nicht auftrumpfender, sondern im besten Sinne klassischer Bau.

  • Die Ornamentik an den Fenstern der indonesischen Botschaft sieht aus wie gekreuzte Säbel.

    Wissen allein bringt nichts. Nur das angewandte Wissen verändert die Dinge.

  • Ja, die Vorstellung von gekreuzten Krummsäbeln hatte ich auch spontan. An sich bin ich ja immer froh, wenn ein Gebäude sowas wie Ornamentik hat (auch bei Glashäusern), aber mit der Assoziation ist es dann schon wieder etwas unsympathisch...

    Die Botschaft von NRW gleich um die Ecke hat übrigens eine ähnliche Grundidee der Fassade: Hier ein Foto.

  • Angola ist dann seit einiger Zeit auch eingezogen am Werderschen Markt.

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    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)