Kopien europäischer Architektur in China

  • Dass in China häufiger europäische Architektur kopiert wird, ist ja nichts neues. Generell sieht diese Architektur oft sehr minderwertig aus. Der Huawei-Campus wirkt auf mich hingegen in bestimmten Bereichen gar ein wenig authentisch. Zumindest in den Bildern der deutschen Areale. Die "französische" Architektur (siehe Video) verfällt dann doch schnell in den Kitsch.

    Eine Photoserie: https://www.bloomberg.com/news/photo-ess…european-campus

    Huawei Heidelberg:

    Sieht für mich nach Luxemburg aus:

    Und hier noch ein paar bewegte Bilder:

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  • Man beachte auch die Landschaftsgestaltung. Das haben sie drauf, scheint es mir im oberflächlichen Videoblick. Richtig alte Bäume verpflanzt. Kommt da traditionelle chinesische Gartenbaukunst durch.
    Sonst sind sie halt "Meister" der Kopie! wann sich die Chinesen wohl im umfassenden Sinne auf ihre eigene Baukultur besinnen. Aber ich glaube solche Campi à la "verbotene Stadt" gibt es auch schon in China, oder!?

  • Grundsätzlich bin ich kein Freund davon, völlig kulturfremde Stadtlandschaften in eine andere Region zu verpflanzen. Allerdings, sollte das Schule machen, könnte es irgendwann zu einer Bedrohnung für unseren Tourismus werden. Warum teuer nach Deutschland reisen, wenn man Heidelberg im eigenen Land erleben kann?...

  • Ich muss sagen, dass mir das gar nicht schlecht gefällt! Die verdichtete Bebauung wirkt sogar urbaner als viele deutsche Innenstädte. Und das Leben wird sich schon einfinden, auf dem Foto sehe ich sogar bereits westliche Touristen. Wenn diese liebevoll gestaltete Anlage sukzessiv erweitert wird, könnte es ein schönes Freilichtmuseum für europäische Baugeschichte werden (Kopie hin oder her, es sind ja letztlich bewusste Zitate und von daher- was soll man hierbei neu erfinden?) Es ist gut und zu begrüßen, dass die klassische europäische Ästhetik auch außerhalb Europas begehbar wird und dadurch auch ein Zeugnis unserer Geschichte darstellt, das bleibt und unangetastet sein wird von europäischen Abrissbirnen und den feuchten Träumen moderner Architekten.

  • Ein weiteres Video mit Eindrücken...weniger weiße Skulpturen würden den Gesamteindruck verbessern:

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  • Ich habe das neue Thema "Huawei baut sich einen europäischen Campus (Disneyland-Warnung!)" mal hier her verschoben.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Da wurde mehr (und teils besser) historisierendes gebaut als in Darmstadt, Pforzheim und Heilbronn in den letzten 70 Jahren.

    ...

  • Übrigens sehe ich hier kein ‚Disneyland‘, die Bauten sind keine Kulissen oder „Selbstzweck“ (und schon gar kein Vergnügungspark), sondern die Behausungen von immerhin 25‘000 Arbeitern (Tendenz natürlich steigend). Es wird darin geheizt, gekocht und geschlafen- alles dient einem realen Zweck und menschlichen Bedürfnissen (natürlich auch dem Bedürfnis nach Stil und Schönheit).

    Ich werde dieses Projekt auf alle Fälle gespannt weiter verfolgen, es sind bislang erst 8 von 12 Arealen bebaut (es ist nicht ausgeschlossen, dass es mit der Zeit auf 14-20 Areale oder gar noch mehr ausgebaut wird, man stelle sich zum Beispiel Alt-Frankfurt oder Berlin vor, das durchaus auch potenzielle Kandidaten sein könnten).

  • Das das gut gebaut ist und für unsere hiesige Stadtplanung ein gutes Anschauungsobjekt wäre, will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber so etwas ist in China völlig ortsfremd. Ich will schließlich auch nicht nach Indien reisen und dort Rom samt Petersdom als Kopie besichtigen. Oder nach Kenia, und dort bekomme ich dann russisch-orthodoxe Kathedralen, den Kreml oder gar Schloss Neuschwanstein mit bayerischer Trachtenkapelle am Fuß des Kilimandscharo serviert.

  • Was für ein Wahnsinns-Projekt! Und wieviel Arbeit darin steckt auch handwerklicher Art, unfassbar. Natürlich merkt man im Detail schon, dass es Kopien sind (keine Biberschwanzziegeln als Dachbedeckung auf den Häusern von "Heidelberg", aber trotzdem zollen sie mit dieser Leistung meinen höchsten Respekt, da die meisten Ensembles wirklich authentisch rüberkommen und nicht kitschig wie meist in China! Und das Heidelberger Schloss haben sie ja rekonstruiert vor der Zerstörung durch die Franzosen im 17. Jh. ! Unfassbar, das schafft man nicht einmal in HD selbst!!! Da sieht man mal wieder, dass die Chinesen unsere (Bau)Kultur viel mehr achten und schätzen, ja sogar lieben, als wir selbst, die mit dem Modernismus einen kompletten Schlussstrich gezogen haben...


    Hier auch die Erklärung Huaweis warum sie die europäischen Landschaften kopiert haben:


    Why did Huawei decide to go with European-styled buildings? Supposedly because they are the world’s classic landmarks that “accumulated the wisdom and essence of humanity for hundreds of years, recording a history of failures and successes.”


    Hier noch ein Kurzfilm mit Luftansichten vom Campus, um sich den gigantischen Ausmaßen klar zu werden:

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  • Danke für die Impressionen!

    Der Nachbau bzw. die Stilorientierung ist für uns Europäer sehr ehrenswert, wenngleich ich auch der Meinung bin, dass jede Nation ihren eigenen, über jahrhunderte geformten Baustil, beibehält und weiterentwickelt.

  • Danke für die Impressionen!

    Der Nachbau bzw. die Stilorientierung ist für uns Europäer sehr ehrenswert, wenngleich ich auch der Meinung bin, dass jede Nation ihren eigenen, über jahrhunderte geformten Baustil, beibehält und weiterentwickelt.

    Ich sehe hier eher eine Anerkennung unseres kulturellen Erbes, von der wir hierzulande meilenweit entfernt sind. Und auch unsere eigene Baukunst ist keineswegs eine von germanischen Hütten inspirierte, sondern eine zu großen Teilen vom Süden übernommene (wenn man die Gotik mal außen vor lässt). Man sieht auch, dass klassische europäische Architektur nicht orts- und zeitgebunden sein muss, um auf die Menschen positiv wirken zu können, sie entspricht einer dem Menschen an sich innewohnenden kollektiv (und damit beinahe „objektiv“) gültigen Ästhetik. Weit mehr, als der sog. „internationale“/beliebige Stil der Modernisten. Die chinesische Architektur bietet auch nicht die Abwechslung der nationalen europäischen Architektursprachen. Und es wird schwierig, chinesisches und europäisches Bauen in einem Gebäude umzusetzen, ohne dass ein unharmonischer Wirrwarr rauskommt. Hinzu kommt, dass es ein Campus für die Mitarbeiter ist und man sich wohl auch von Apples futuristisch-modernen und eiskaltem Vorbild absondern möchte und damit tatsächlich etwas „Eigenes“ erschafft. Mir gefällt jedenfalls, was ich hier sehe und man kann den Chinesen höchstens den ‚Vorwurf‘ machen, dass sie das europäische Erbe und dessen nationale Traditionen mehr wertschätzen als die Europäer selbst..

  • Bei 0:58 - etwas ähnliches hätte ich mir für die Wiedererrichtung der Darmstadter Altstadt gewünscht.

    Man sieht es ist nichts verloren. Wenn der Wille da ist, kann man auch in der heutigen Zeit traditionell bauen. Evtl. wäre es sogar billiger (und schneller) demnächst Altstädte in Deutschland durch chinesische Handwerker aufzubauen.

    ...

  • Absolut richtig was Du sagst, East_Clintwood! Es ist bezeichnend, dass die führende Riege und Architekten ihr eiskaltes Architekturwesen durchziehen und keinen Sinn mehr für die Weiterentwicklung haben, ebenso die Bürger, die verstummt durch die Straßen ziehen und verlernt haben sich zu engagieren, die Sache in die eigene Hand zu nehmen und bei eben jener kulturellen Bewahrung beizustehen. Siehe Einheitswippe in Berlin — nur 16% stimmen dem zu, aber nur eine handvoll der übrigen 84% wird aktiv.

    Was das Apple-Hauptquartier angeht, da scheiden sich sicher die Geister. Ich selbst bin davon überzeugt, dass man sich in der Atmosphäre (natürlicher Lichteinfluss, Raumklang usw.) eines historischen Baus besser konzentrieren und motiveren kann, als in einem eiskalten, kantigen Raum, dessen Seiten komplett aus Glasflächen bestehen und geistige Abwechslungen in dem Falle Konsolen-Zimmer, Bälleparadiese (vermutlich eher bei Google ;) und laute Tischkicker sind.

    Die Apple-Geschäfte hingegen sind dennoch absolut sehenswert — ein in meist wunderbar historischen Bauten untergrebrachter Minimalismus. Das ist eine sehenswerte Abwechslung, wenngleich ich mich nach einem Besuch in einem klassischen Ohrensessel widerfinden möchte.

  • Und auch unsere eigene Baukunst ist keineswegs eine von germanischen Hütten inspirierte, sondern eine zu großen Teilen vom Süden übernommene (wenn man die Gotik mal außen vor lässt).

    Die Romanik war zwar auch, wie der Name schon sagt, in ihren grundlegenden Bauformen an mediterrane Vorbilder angelehnt, die spezifische Ornamentik dieses Stils geht aber größtenteils auf die germanische Volkskunst der Langobarden zurück. Die Anregungen aus dem Süden wurden auch in späterer Zeit in Nordeuropa keineswegs "nur" übernommen, sondern immer mit eigenen spezifischen Traditionen ergänzt, sodass im Endeffekt etwas Neues entstand.

  • Nachdem ich nun eine Weile nachgedacht und mir die Bilder und Videos ein paar mal angeschaut habe, bin ich auch der Meinung, dass das was dort errichtet wurde durchaus Vorlage sein kann. Der Grund warum das ganze aber so bizarr und deplatziert wirkt liegt aber weniger daran, dass es in China steht (ich denke da z.B. an die Neubauten in Japan im Stil des europäischen Historismus um 1900), sondern in welchem Kontext es errichtet wurde: zum einen stehen da eine Palette von europäischen Stilen in direkter Nachbarschaft, welche sonst Kilometer auseinander liegen und fließende Übergänge zu einander haben. Zum anderen stehen rund herum 0815-Hochhausklötze. Dieser Großbau im französischen Stil z.B. bräuchte so allein stehend die Einbettung in eine entsprechende Gartenanlage.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

    Einmal editiert, zuletzt von Fusajiro (19. August 2019 um 21:22)