• "Nur" 1376 Denkmalobjekte innerhalb des Denkmalschutzgebietes von unglaublichen 8,66 km² - da hätte ich mehr vermutet. Zum Vergleich: In der relativ betrachtet kleinen Lübecker Altstadt stehen auf ca. 150 ha bereits mehr als 1000 Profanbauten auch einzeln unter Denkmalschutz.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Wie kommst du auf diese Zahl? Die Excel-Datei hat knapp 4.000 Einträge, was auch deutlich näher an dem liegt, was ich vermutet hätte. Übrigens ist auch deine Zahl zu Lübeck falsch. Die Zahl dürfte dort zwischen 1.500 und 2.000 liegen.

  • Die Zahl "1376" habe ich hieraus entnommen:


    Quelle: http://pamatky.praha-mesto.cz/DENKMALBESTAND…malschutzgebiet
    Das Prager Denkmalschutzgebiet (PPR) dürfte folgendem Gebiet entsprechen, das im Wesentlichen die vorindustriellen Gebiete der Stadt umfasst: http://pamatky.praha-mesto.cz/zdroj.aspx?typ…&sh=-1308525569 (rote Nummer 1) bzw. http://pamatky.praha-mesto.cz/zdroj.aspx?typ…0&sh=1743773375

    Die grobe Angabe zur Lübecker Altstadt stammt aus dem diesbezüglichen Wikipedia-Artikel. Dort ist zu lesen: "Insgesamt stehen in der Lübecker Altstadt über eintausend Profanbauten auch einzeln unter Denkmalschutz." (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%BCbe…terbe_seit_1987
    Allerdings könnte es sich hierbei lediglich um die besonders wichtigen Einzeldenkmale handeln. Wenn man demgegenüber die Aussagen von Bausenator Franz-Peter Boden hernimmt, scheint es, dass sich innerhalb der geschützten Ensemblebereiche insgesamt deutlich mehr Häuser befinden:

    Zitat

    Größe 150 ha, 2/3 bebaut
    3.500 Grundstücke, davon 20 % kleiner als 100 m², weitere 20 kleiner als 200 m²
    5.500 Gebäude, davon 2.500 reine Wohngebäude, 7.500 Wohngebäude
    Mehr als 4.000 Gebäude sind besondere oder einfache Buadenkmale mit erhaltenswerter
    Bausubstanz.
    Einwohnerzahl der Altstadt ca. 12.000


    Quelle: http://www.unesco.de/fileadmin/medi…k2007_Boden.pdf

    Möglicherweise beziehen sich die geringeren Angaben zu Prag und Lübeck ausschließlich auf besonders geschützte Einzelobjekte.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • In Prag soll ein Gebäudekomplex am Wenzelsplatz Nr. 1601 abgerissen werden und ein "moderner" Neubau entstehen.

    Auch der Ex-Präsident hat sich - sicherlich nicht nur aufgrund des namentlichen Bezugs - bereits mit deutlichen Worten hierzu geäußert:

    Zitat

    Havel kritisiert "monströse Architektur" in Prag
    Der tschechische Ex-Präsident Vaclav Havel hat den geplanten Abriss eines historischen Gebäudekomplexes auf dem Prager Wenzelsplatz kritisiert. In einem offenen Brief an Kulturminister Jiri Besser bedauerte er den bevorstehenden Verlust der historischen Häuser aus den Jahren 1880 und 1919. "Noch größer als mein Bedauern ist aber die Furcht vor dem Monstrum, das an der Stelle der abgerissenen Häuser entstehen soll", sagte der Dramatiker. Der Investor will mitten im historischen Zentrum, das von der Unesco als Weltkulturerbe anerkannt ist, ein Laden- und Bürogebäude aus Glas und Stahl errichten.

    Quelle:Kultur-Nachrichten | RP ONLINE.DE | RP ONLINE


    Das betroffene Gebäude ist in diesem Bild vorne rechts zu sehen.

    Umfasssende Berichterstattung hierzu bei Radio Prag:
    Unauffällig, aber wertvoll: Bürgerinitiative versucht historisches Haus auf dem Wenzelsplatz vor Abriss zu retten - Radio Prag

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Pfff, die Prager Probleme hätten wir gerne. Den Abriss wird man verschmerzen können, zumal der Wenzelsplatz sowieso nicht gerade schön ist.

    "Ich denke an Wien, so wie Sie an Brüder, an Freunde denken, die jetzt an der Front sind. Nun sind sie fern von Ihnen und Sie wissen sie in Gefahr, ohne ihnen beistehen, ohne diese Gefahr teilen zu können" - Stefan Zweig 1940

  • Naja, die Hässlichkeit eines Platzes sollte man nicht gerade als Maßstab dafür ansetzen, was dort in Zukunft gebaut wird. Zumal der Platz, hier ein Google StreetView-Link zum besagten Haus, für durchschnittliche deutsche Verhältnisse noch wunderschön ist.

    Andererseits: man braucht sich nur mal in Google StreetView die innenstadtnahen Gründerzeit- und Post-Erster-Weltkrieg-Viertel anzugucken – da gibt es einen Sanierungsrückstand, der stellenweise an die DDR zu Wendezeiten erinnert. Meines Erachtens wird uns da in den nächsten Jahrzehnten so manche aus deutscher Sicht unverständliche Abrissmeldung erreichen. In Städten wie Prag oder Paris, die nie große Kriegsschäden erlitten haben, ist es schon sehr spürbar, dass man dort Neubauten weniger als Stadtverschandelung betrachtet denn als ganz normalen Teil der architektonischen Kontinuität. Ungeachtet der Tatsache, dass die architektonische Qualität natürlich lange nicht mehr an das heranreicht, was in der Kaiserzeit gebaut wurde.

  • Wer täglich die verrosteten Blechfassaden von Dortmund oder [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] vor Augen hat, wird dieses kurz vor 1914 errichtete Gebäude schön finden, zumal es m.E. kaum verändert wurde (die relative Schmucklosigkeit ist stimmig und zeittypisch). Im übrigen ist der Wenzelsplatz in meinen Augen alles andere als hässlich, auch wenn er gegenüber dem sehr ansehnlichen Stadtzentrum etwas zurück fällt. Dort sehen sogar die einzelnen Gebäude der Frühmoderne (Kaufhaus Bata.... Hotel Julis) stimmig aus und vermitteln die Aufbruchstimmung der Zeit.
    In Prag scheinen viele Häuser etwas vernachlässigt, Gefahr im Verzug ist meiner Meinung nach jedoch nicht, weil im Gegensatz zur Ex-DDR so gut wie alle Gebäude belegt sind und somit durchaus Minimalinstandsetzungen durchgeführt werden.

  • Die bereits vor 2 Jahren von Palantir veröffentlichte Meldung bezüglich des abrissbedrohten Neorenaissancegebäudes am Wenzelsplatz ist nun Tatsache geworden: Das Gebäude darf abgerissen werden.

    http://www.focus.de/kultur/diverse…id_1033187.html

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Zitat

    Es ist aber auch irgendwie beruhigend zu erfahren, daß nicht nur die Deutschen so bekloppt sind.

    Das sehe ich nicht so. Im Gegenteil wäre es für unsere Städte besser, wenn nur "die Deutschen" so bekloppt wären. Der Blick auf Prag und den tschech. Ensembleschutz war immer ein gutes Argument, um die Nichtswürdigkeit der dt. "Stadtbildpflege" anschaulich darzulegen.
    Was da am Vaclavské nám. passiert, ist gemessen am Prager Standard nahezu unfassbar.
    Es zeigt auch, wo der wahre Feind der Stadtbildpflege (nicht: -reparatur!) sitzt: bei den sog. "Investoren".

    Das in Frage stehende Bauwerk ist mE durchaus wertvoll und standorttypisch, darüberhinaus für den von Bomben getroffenen oberen Platzbereich äußerst wichtig. Die dort vorherrschende verhaltene, funktionalismusgeprägte Moderne braucht einen solchen Bau als Kontrast, um nicht völlig marginalisiert zu werden. Bisher konnte man nicht wie Exilwiener von einem ohnehin hässlichen Platzbild sprechen, aber nunmehr geht es gefährlich in diese Richtung.

    Dass sich der Prager Denkmalschutz da kleinkriegen lässt, erscheint mir äußerst gefährlich und befremdlich. Man beachte, wie wichtig Stadtbildfragen in der dortigen Politik sind! Kann man sich in der BRD vorstellen, dass ein Wulff oder Schröder oder irgendein Altbonze sich gegen den Abriss einer Jahrhundertwendefassade in Berlin oder München ausspricht? Eher schneidet der Altbonze beim Investor mit.

    Was ich auch nicht verstehe:

    Zitat

    Neorenaissancegebäude

    Wie kommt man auf diese Einordnung? Oder ist nicht das von mir gemeinte Gebäude (siehe Palantirs Link) betroffen?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • einige (hektische) Impressionen aus Prag:

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    "Wie schön ist es doch zu leben." Pippi Langstrumpf

  • Das barocke Palais Harrachovský von 1765 in der Jindřišská N°20/939 wird saniert und hofseitig erweitert.

    Zuvor:
    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'VitVit', CC BY-SA 3.0 unportiert

    Aktuell:

    Im Hof wird deftig verdichtet und ein Glas-Stahl-Riegel errichtet:
    Bebilderte Seite des Bauunternehmens 'Baustav'

    Vermarktungsseite:
    Harrachovsky Palace


    Dassselbe Bauunternehmen errichtet übrigens nicht weit entfernt in der Jungmannova N°30/21 einen Neubau - nur die Fassade bleibt bestehen, während die seitliche Ansicht wohl eher ein Ärgernis wird.

    Bebilderte Seite des Bauunternehmens 'Baustav'

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Vielen Dank! Sehr schoen!

    Harrachovsky ist aber eine ziemliche Verballhornung fuer das ehemalige Palais Harrach. Aber die Sanierung wird optisch gefaellig werden, wenn auch der Farbanstrich stilistisch falsch gemalt wurde.

  • Nun ist es endlich soweit! Die barocke Mariensäule des Pragers Johann Georg Bendl dürfte mehr als 100 Jahre nach ihrer Zerstörung wieder am Altstädter Ring wiederaufgebaut werden. Eine späte Wiedergutmachung, aber mittlerweile erinnert auch das offizielle Prag an vielen Ecken und Enden an die Altprager Vergangenheit als "Behmen noch bei Esterreich woar, vor hundert Joahr, vor hundert Joahr" ;-)! Aber lest selbst:

    https://www.kathpress.at/goto/meldung/1…nsaeule-beginnt

  • Mantikor berichtete hier am 1. August 2016 über den Umbau des Palais Harrach.

    Harrachovsky ist aber eine ziemliche Verballhornung fuer das ehemalige Palais Harrach.

    Ja, das war ein Übersetzungsfehler von Mantikor. Das Gebäude heißt nach wie vor Palais Harrach oder Harrach-Palais. Auf Tschechisch dementsprechend:

    Prag, Jindřišská 20/939, Palais Harrach, Schild neben dem Eingang in der Einfahrt (Foto: VitVit, August 2017, CC-BY-SA-4.0)

    Das Harrach-Palais in der Neustadt (Nové Město), Jindřišská ulice entstand im 18. Jahrhundert durch Zusammenfassung älterer Häuser. Es gibt gotische Kellerreste. Den vereinheitlichenden Umbau in den Jahren 1765-1770 schrieb man lange Zeit Ignaz Palliardi zu. Nach neuesten Forschungen ist er aber ein Werk des Prager Architekten Anton Schmidt. Die Grafen Harrach erwarben das Palais erst 1856. Heute gehört es zum Immobilienbesitz des Baťa-Konzerns. Der jüngste Umbau begann im Februar 2015 und endete 2016 oder 2017. Es gibt eine gemischte kommerzielle Nutzung. Neben Baťa seien hier nur genannt "Bohemia Apartments", "Ocelářská unie" (der Verband der tschechischen Stahlindustrie, er hat dort seinen Hauptsitz) und das private "Museum der Sinne". Im ersten Obergeschoss sind Stuckverzierungen und weitere Teile der alten Ausstattung erhalten.

    Sehen wir uns die städtebauliche Situation an:

    Blick in die Jindřišská ulice, im Hintergrund der Heinrichsturm (Jindřišská věž), im Vordergrund die Kreuzung mit den Straßen Panská (links ) und Politických vězňů (rechts, nicht im Bild). Das Palais Harrach ist auf der rechten Seite das dritte Haus (von der Ecke gezählt). Auf der Straße eine moderne Škoda-Straßenbahn (Foto: Joey T, August 2007, CC-BY-SA-4.0)

    Das Palais Harrach vor der Sanierung (Foto: Sefjo, August 2012, CC-BY-SA-3.0)

    Jindřišská, das Palais Harrach während der Bauarbeiten, blau verhüllt (Foto: ŠJů, September 2015, CC-BY-4.0)

    Die Straßenfassade nach der Sanierung hat Mantikor bereits gezeigt. Hier der Mittelrisalit in der neuen Farbgebung. Ich bin sicher, dass sie von der Denkmalpflege festgelegt wurde, denn das Palais gehört zum UNESCO-Welterbe.

    Palais Harrach, Mittelrisalit nach der Restaurierung (Foto: VitVit, April 2017, CC-BY-SA-4.0)