Volkach - Schönbornscher Gutshof Öttershausen

  • Der Winkelbau ist zwar wohl "nur" ein Umbau durch Balthasar Neumann, wird aber glücklicherweise dennoch stehen bleiben.

    Die Anordnung des Schüttbaus wird aber nur im Kontext mit der restlichen Anlage verständlich. Ohne seine bauliche Umgebung, wird das barocke Gebäude wie ein merkwürdig verrenktes Gebilde in der Landschaft stehen. Balthasar Neumann hat es in einen mittelalterlichen Gutshof eingepasst und nicht als Solitär für die freie Landschaft entworfen.

  • Wenn ich mich recht erinnere, hat der Graf im BR-Interview gesagt, dass er angesichts des Abbruchs von Öttershausen traurig sei. Von dem Schüttbau und dessen Erhaltung ist nicht die Rede.

    Wenn er an eine Erhaltung des Baus denken und eine Sicherung erwägen würde, hätte er das im Interview vermutlich erwähnt; schon allein um sich angesichts des Aufruhrs doch noch ins rechte Licht rücken zu können. Dass er das nicht getan hat, lässt meine Hoffnung schwinden...


  • Das ist der größte Skandal an der Sache ! Dass man den Schönborns die Erhaltung angeblich nicht zumuten kann, ist vollkommen absurd.

    Ein Angebot von einem Verein aus der Umgebung, die Dächer zu pflegen und den Verfall zu stoppen, wurde vor einigen Jahren abgelehnt und Kaufangebote wurden auch ausgeschlagen. Unter anderem sollte dort ein Pferdehof sowie ein Wellness-Zentrum entstehen. Für das letztere Projekt gab es schon fertige Pläne, doch der Verkauf wurde quasi in letzter Minute von Schönborns abgelehnt.

    Hier wird systematisch die Zerstörung unseres Kulturgutes zugunsten von Ackerflächen ( ! ) betrieben. Wie dem Herleshof, so ergeht es nun auch Öttershausen. Was ist nun an der Reihe ?

  • Wenn man seinen Besitz ueber Jahrzehnte hinaus verfallen laesst statt routinemaessig die noetigen Unterhaltungskosten hineinzustecken ist es ja kaum verwunderlich, dass eine komplette Sanierung--und in diesem traurigen Fall sogar eine die betroffenen Gebaeude schuetzende und erhaltende Teilsanierung--immens teuer ist. Und da wundert sich der Graf? Und der Denkmalschutz unterstuetzt ihn auch noch :ueberkopfstreichen: "unzumutbar" und laesst ihn mit diesem Frevel wegkommen?

    Wirklich eine Schande. rant:)

  • Es ist nur ein einziger Bericht in der Main-Post (der lokalen Tageszeitung) bekannt sowie der Cappriccio-Beitrag des Bayerischen Fernsehens, der nur zuzstande kam, weil sich thommystyle™ darum bemühte. Es ist einigermaßen gelungen, das Thema totzuschweigen. Außer in diesem Strang.


    Der Beitrag des Bayerischen Fernsehens lief zu meiner Verwunderung übrigens auch in der Kulturzeit bei 3sat. Insofern dürfte das den Bekanntheitsgrad dieser Barbarei leicht erhöht haben.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Inzwischen sind auch die Stallungen weitgehend abgebrochen worden, sodass der Blick auf den Schüttbau frei ist:

    Der Bagger steht direkt auf den Resten des barocken Verwalterhauses:

    Unter dem im oberen Bild links abgebildeten Gebäude, befindet sich dieser Keller:

    Impressionen aus dem Inneren des von Balthasar Neuman entworfenen Schüttbaus:

  • @KneeBee herzlich willkommen,

    ich kenn das wenn man machtlos mit zusehen muss, wie es stück für stück "zerfällt" oder zerstört wird.

    ich bin fast jede Woche vor Ort und mache mir ein Bild von der Zerstörung, wie immer mehr verschwindet, was den Anhängern zu gut vertraut war, wenn man die bilder so sieht kann man sich an fast jede Ecke und die zahlreichen Winkel erinnern - doch es ist Geschichte :(

    Jedesmal wenn ich zurückfahre, ist man wieder ein STück trauriger weil man machtlos zusehen muss.
    Man trifft meist "Leidgenossen" im Innenhof an, mit denen interssante Gesrpäche entstehen, es können sehr viel nicht verstehen - aber was will man machen - es ist ZU SPÄT!

    Das war sehr geschickt, von den Schönborn, dies über so eine Hau-Ruck Aktion abzuwickeln - das niemand mehr Zeit hat zu reagieren!
    Ansonsten hätte sich da schon noch was auftun können, wenn es nochmal einen Winter lang gestanden wäre und man sieht ja allein in diesem Forum und den erwähnten Gesprächen im Innenhof, wie stark das Interesse ist.

    Was bleibt sind unzähle erinnerungen, und zahlreiches Fotomaterial, die zumindest das dokumentieren, was einmal war und nicht mehr ist !

    Es ist mir durch die unzähligen Besuche schon sehr vertraut und ans Herz gewachsen ...

    ich denke mal 1 Woche noch, dann sind die Abrissarbeiten abgeschlossen - dann wird 10-15 Jahre der Zehntspeicher ruhen und verfallen lassen, dann kommt dieser auch noch dran ... eine Bodenlose Frechheit der Schönborns !!

  • Johann Wolfgang von Goethe: "Was du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen."
    Da hat sich die feine Grafenfamilie wohl gedacht: "Was du ererbt von Deinen Vätern hast, verdirb es, um es zu nutzen." :daumenunten:rant:)

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • @Palantir: Super vielen Dank ! sehr schöne aufnahmen von oben !

    Es ist wirklich erstaunlich was hier für eine Vielzahl an Medien zusammengetragen wird - tausende von Bildern, Luftbilder und jetzt sogar videos von oben ....

    sehr schönes Video nochmal DANKE !

    Wäre ja fast eine überlegung, das mal alles auf einer "Gedächtnis-Homepage" zusammenzutragen - wenn es schon nicht mehr reel existiert, dann zumindest Virtuell ! http://www.%c3%b6ttershausen.de ist sogar noch frei ;)

  • Das Wort Trauerspiel wäre hierfür wohl eine derbe Untertreibung. Was für eine vertane Chance! Was für ein Verlust!

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis

  • Die großen Buchstaben geben Deiner Aussage keinen größeren Wahrheitswert. Hast Du diesen Strang überhaupt gelesen oder nur auf die letzten Bilder reagiert? Es ist nicht die Schuld der Bewohner daß es dort wie nach einem Krieg aussieht.

    Edited once, last by CHapp (February 24, 2012 at 10:05 AM).

  • Das ist absolut tragisch.

    Der Zustand des vorderen Verwalterhauses war gut, es hätte ohne Probleme erhalten werden können. Außerdem hätte man auf jeden Fall die grandiose Renaissance-Scheune als Ruine erhalten müssen.

    Gerade im Frühling war der Garten mit den Obstbäumen und den alten Umfassungsmauern ein wundervoller Anblick. Dass man in unserer Zeit eine über 1000jährige, eng mit der Geschichte der Region verbundene Anlage einfach so platt macht, ist unglaublich.

  • >>>>>> Das in Sichtweite zur Gaibacher Konstitutionssäule gelegene Schönborn´sche Hofgut Öttershausen steht seit Mitte der 1980er Jahren leer und verfällt zusehends. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege unternahm zusammen mit dem Eigentümer mehrmals Anstrengungen einen Investor und neue Nutzungen zu finden, um den notwendigen Bauunterhalt zu gewährleisten. Die Fachbehörde erhielt 2007 durch den Lehrstuhl für Baugeschichte, Historische Bauforschung und Denkmalpflege an der TU München Hinweise zur Urheberschaft Balthasar Neumanns an den Schüttbauten der Anlage. Im August 2008 beantragte der Eigentümer den vollständigen Abriss des Hofes, nachdem 1995 bereits einzelne Gebäude zum Abbruch in Aussicht gestellt waren. Daher veranlasste die Fachbehörde eine vertiefte Erforschung der umfangreichen Bausubstanz, um den aktuell vorliegenden Antrag differenziert beurteilen zu können. Insbesondere die Schüttbauten wurden durch Aufmaß, dendrochronologische Untersuchung und Literaturrecherche analysiert. Im Rahmen dieser Untersuchung konnte die Urheberschaft Balthasar Neumanns für den Schüttbau bestätigt werden, ferner seine eingreifenden Umbauten der Scheune II und des Winkelbaus. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege veröffentlichte die spektakulären Ergebnisse 2010 in einem grundlegenden Aufsatz: „Bautechnisches Meisterwerk Balthasar Neumanns entdeckt: Die Schüttbauten des Schönborn´schen Hofgutes Öttershausen“ (DI 2010/Nr.147, S. 41-44). Aufgrund der herausragenden Bedeutung forderte das Landesamt den Erhalt des Schüttbaus, des Winkelbaus und der Scheune II. Letztere stellte den Kernbau der Anlage aus der Zeit um 1600 dar, wobei das Neumann-Dachwerk zwischenzeitlich vollständig eingestürzt war. Ferner sprach sich die Fachbehörde für den Erhalt der Umfassungsmauern und der beiden Toranlagen aus. Unter Berücksichtigung des weitgehend ruinösen Bauzustandes und der nachrangigen Bedeutung galt ein Erhalt der übrigen Gebäude als nicht mehr zumutbar. Bedauerlicherweise schloss sich die Untere Denkmalschutzbehörde der denkmalfachlichen Beurteilung nicht in allen Punkten an, so dass lediglich der Schüttbau und der Winkelbau von der im August 2011 erteilten Abbrucherlaubnis ausgenommen waren. Unter reger Medienbeteiligung erfolgte im Herbst 2011 die Beseitigung des Hofgutes im genehmigten Umfang. Darüber hinaus wurden auch der zugehörige Teich und die Garten- und Obstbaumanlagen im Nordwesten der Anlage planiert, so dass die jahrhundertealte Kulturlandschaft vollständig verloren ist. Gegenwärtig stehen die Bauschutthalden der abgebrochenen Anlage sowie der Schüttbau und der Winkelbau isoliert in der ausgeräumten Flur. Die schweren statischen Schäden an beiden Gebäuden, insbesondere an den Neumann´schen Dachwerken sind offensichtlich. Das Landesamt hatte im Rahmen der Bestandserfassung die Kosten für eine dauerhafte Sicherung und Reparatur der beiden Bauwerke ermittelt und begleitet gegenwärtig die mit dem Eigentümer laufenden Finanzierungsverhandlungen. Sollten diese nicht bald zu einem positiven Ergebnis führen, droht der endgültige Verlust der Architekturen und Konstruktionen Balthasar Neumanns. Ein langfristiger Erhalt steht aber erst dann in Aussicht, wenn sich ein Nutzer für die bauhistorisch überregional bedeutende Baugruppe findet. <<<<<<<

    Wenn ich so etwas fadenscheiniges lese, wird mir doch ganz uebel. Daraufhin habe ich weitere Fragen gestellt, die aber bis heute unbeantwortewt blieben - aus Unwissenheit oder weil die Behoerde merkte, dass man den Buerger nicht alles verkaufen kann.
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    Meine Gegenfrage lautet daher, warum musste dieses Gehoeft ueberhaupt in diesen Zustand gelangen, nachdem doch seit Jahren fest stand, dass auch Balthasar Neumann sein Genie einbrachte?

    Wenn ich meine Fotos anschaue, die im Jahr 2008 und die Ende des Jahres 2011 entstanden sind, erkennt man unzweifelhaft den zunehmend rasanten Verfall der Gebaeude. Haette man schneller reagiert, waere dieser Zerfall zumindest aufzuhalten gewesen. Eine Plane ueber die Daecher haette zumindest das Eindringen von Regenwasser verhindern koennen und daraufhin waere auch die Feuchtigkeit eingedaemmt worden.

    Und wie sie schrieben, wurden auch der Teich und die Garten- und Obstbaumanlagen im Nordwesten der Anlage planiert, so dass die jahrhundertealte Kulturlandschaft vollständig verloren gegangen ist. Meine Frage lautet auch dahin, warum dies nicht verhindert wurde.

    Sie sehen, dass ich nicht alles so hinnehme, wie Sie es schreiben und mich vielleicht glauben lassen moechten.

    Und noch eine Frage an Sie. Wenn nur die unterste Denkmalschutzbehoerde den Abriss zugelassen hat, warum wurde diese Entscheidung nicht durch eine hoehere Instanz zurueckgenommen oder zumindest temporaer blockiert, bis ein weiteres Vorgehen feststand? Abgerissen ist alles sehr schnell, aber so eine Anlage laesst man nicht einfach so abreissen, geschweige denn so zerfallen. <<<<<<<<<<<<

    An diesem Beispiel sieht man doch wieder ganz deutlich, dass der Staat sich nicht um Dinge kuemmert, bei dem Geld, Macht und Blauer Adel im Spiel ist.