Leipzig - aktuelle Ansichten (Galerie, Bilder teilweise gelöscht)

  • Fast schon bemerkenswert, wie penetrant die Platten zwischen Grassi- und Rhode-Straße nicht nur das Stadtgefüge vor Ort, sondern auch diesen ansonsten herrlichen Blick auf die Stadt beeinträchtigen.

  • Die Wohnhäuser, die man für den Neubau der Erzeugnisse P2 abriss, waren solide Historismusbauten. Im Musikviertel stehen immer noch genügend davon da. Man kann also vergleichen.

    Die Wohnzimmer -oder besser die Salons- waren groß und repräsentativ. So groß, dass diese Klasse problemlos in so einem Wohnzimmer unterrichtet werden konnte.



    Eigenes Foto.

    Die Schulen waren so überfüllt, dass Klassen ausserhalb unterrichtet werden mussten. Ähnlich ist es ja heute wieder in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]. In Zeiten einfacher Wahrheiten kommen beim Anblick dieses Fotos Erinnerungen hoch. Politiker, aus einfachen Verhältnissen stammend, meinten zu wissen, was gut für das Volk ist. Mir sind wieder die Namen der Kinder aus dieser Schule eingefallen, die der Staat der Arbeiter und Bauern nicht zu ihren Eltern in die Bundesrepublik gelassen hat. Zunächst. Später hat man sie doch ziehen lassen. Gegen Geld (und Düngemittel).


    Zitat

    ...Außer Gerüchten sind bis 1989 kaum Einzelheiten über den "Freikauf" politischer Häftlinge bekannt geworden. Beide Seiten, die DDR und die Bundesrepublik, haben beharrlich darüber geschwiegen und auch die Betroffenen zur Verschwiegenheit ermahnt. Erst nach 1990 dringen spärliche Fakten in wenigen Publikationen an die Öffentlichkeit. Bis heute können die Akten über die Abwicklung des "Freikaufs" nicht eingesehen werden.
    ...
    Seit 1961 bemühten sich Westberliner Senatsstellen und die evangelische Kirche um die Lösung für über 4000 Kinder, die durch den Mauerbau von ihren Eltern getrennt worden sind. Zu Weihnachten 1962 werden 20 Kinder und die ersten 20 Häftlinge in den Westen entlassen. Die Bundesrepublik liefert dafür drei Eisenbahnwaggons Kalisalze, die als Düngemittel für die Landwirtschaft der DDR benötigt werden...



    Quelle: Sand im Getrieb, Seite 239

    Für manche Kommentatoren dieses WELT-Artikels ist das Thema wohl eher lustig. Weit weg von der Geisteshaltung der Ost-Offiziellen sind sie damit nicht:

    Zitat

    ... Offiziell stellte man sich in Ost-Berlin auf den Standpunkt, dass die Lösung für die "in gewissenloser Weise" zurückgelassenen Kinder einfach sei: Die "Freigekauft"-Autoren zitieren den Anwalt Friedrich Karl Kaul: "Sollen doch diese Eltern zurückkommen, dann können sie bei uns in der DDR vernünftig zusammenleben." Das jedoch wollten nur die wenigstens...


    Quelle: WELT

    Geld oder Dünger für Kinder!

  • Gibt es schon Pläne für das Areal? Ich erinnere mich, dass damals schon viel über den Abriss gesprochen wurde, wobei ich dem Märchenhaus noch stärker hinterhertrauere. Bei den jetzt noch stehenden Ruinen besteht denke ich noch Hoffnung für eine Wiederbelebung, eine Rekonstruktion wäre wünschenswert, aber das traue ich [lexicon='Leipzig'][/lexicon] nach der vertanen Chance der Universität und Paulinerkirche noch nicht zu.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

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    Schwieriges und komplexes Thema. Deiner These kann ich nicht so recht folgen. Man kann -glaube ich- in Städten mit jungen Universitäten, zumal in Residenzstädten, das Verhältnis zwischen der Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon] und der Universität [lexicon='Leipzig'][/lexicon] nur schwer verstehen. Die Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist ohne Frage Nutznießer der Universität [lexicon='Leipzig'][/lexicon], hat dort aber nichts zu sagen. Anderseits hat die Universität schon wegen ihres Grundbesitzes seit 1409 Einfluss auf die Stadtentwicklung genommen. Ganz abgesehen von ihrer intellektuellen Strahlkraft.

    Mal ein relativ aktuelles und sicher politisch nicht völlig korrektes Beispiel. Der deutsch-jüdische Bankier Hans Kroch hat für seine Privatbank Kroch jr. KGaA das Krochhochhaus errichtet. Hans Kroch wurde enteignet, seine Firma "arisiert". Das Gebäude ist heute im Besitz der Universität. Warum wurde es nicht der Familie zurückgegeben? Das Grundstück gehörte immer der Universität [lexicon='Leipzig'][/lexicon]. Aufgrund eines Erbpachtvertrages konnte das Bankgebäude errichtet werden. Noch nicht einmal die Conference on Jewish Material Claims Against Germany hat hier gegen die Universität [lexicon='Leipzig'][/lexicon] Ansprüchen duchsetzten können. Welchen Einfluss hat dann wohl die Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon] auf interne Entscheidungen der Universität [lexicon='Leipzig'][/lexicon]?
    Nur am Rande: Die Herausgabe der Sammlung Georg Steindorffs, des heute im Krochhaus befindlichen Ägyptischen Museums der Universität, hat die Jewish Claims Conference erfolgreich für die Erben erfolgreich erstritten. Die haben die Sammlung dann aber wieder der Universität [lexicon='Leipzig'][/lexicon] übereignet.

    Zu den Rekonstruktionen gibst Du den Rekonstruktionsgegnern Schützenhilfe. Die in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] erfolgten Rekonstruktionen werden nicht wahrgenommen. Dabei hat man sofort nach dem Kriegsende in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] mit dem Wiederaufbau begonnen. Entweder sind die Rekonstruktionen so gut, dass sie als Originale durchgehen oder es interessert sich keiner dafür. Dann braucht auch nicht rekonstuiert zu werden.

    Die Alte Waage war total zerstört. Nach der Trümmerberäumung wurde eine Baracke errichtet.



    Fotothek df roe-neg 0006366 014 Blick auf das Reisebüro des Leipziger Messeamtes [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Roger Rössing (1929–2006)


    Hier hat man sich für eine Teilrekonstruktion entschieden. Als Leitbau wurde die Fassade am Markt wieder errichtet.



    Bundesarchiv Bild 183-1989-0606-018, Leipzig, Markt, "Alte Waage" [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Gahlbeck, Friedrich, vom Wikimedia Commons


    Das Alte Rathaus wurde -wie auch das Neue Rathaus- schwer getroffen.


    Fotothek df roe-neg 0000236 001 Wiederaufbau des Alten Rathaus [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Roger Rössing (1929–2006)


    Schon auf diesem 1949 entstandenen Foto sind der ausgebrannte Turm und das ausgebrannte Dach wieder hergestellt, rekonstruiert.


    Fotothek df roe-neg 0000774 004 Westseite des Alten Rathaus [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Roger Rössing (1929–2006)


    Universitätsbibliothek Albertina


    Fotothek df roe-neg 0006414 016 Blick auf das Albertinum [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Roger Rössing (1929–2006)


    Nach 1990 wurde der zerstörte Teil rekonstruiert.



    BibliothecaAlbertina Leipzig [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) or CC BY-SA 2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5-2.0-1.0)], by L.E.rewi-sor (Own work), from Wikimedia Commons



    Hauptbahnhof [lexicon='Leipzig'][/lexicon]


    Fotothek df roe-neg 0000234 004 Menschen vor dem Hauptbahnhof [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Roger Rössing (1929–2006)



    Bundesarchiv Bild 183-21042-0011, Leipzig, Hauptbahnhof [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], by Krueger, from Wikimedia Commons

    Zitat

    ...Der Angriff der 8. US-Luftflotte am 7. Juli 1944 verursachte schwerste Beschädigungen vor allem an der Westhalle und der Querbahnsteighalle. 46,2 Tonnen Bomben trafen an diesem Tag den Bahnhof, wobei zunächst einer der stützenden Abschlussbögen aus Stahlbeton brach. Dadurch kam es in den folgenden 20 Minuten zu einer Kettenreaktion, bei der die Stahlbetonbögen zwischen den Hallenschiffen und das Dach der Querbahnsteighalle komplett einstürzten...

    Nach dem Zweiten Weltkrieg galt für die Reichsbahn die Richtlinie, stark zerstörte Bahnhofshallen nicht wieder aufzubauen. Da jedoch der Leipziger Hauptbahnhof besonders für westliche Messegäste eine Schaufenster- und Repräsentationsfunktion besaß, wurde ein weitestgehend originalgetreuer Wiederaufbau angestrebt. ...


    Quelle: Wikipedia


    Die rekonstruierte Westhalle, noch deutlich erkennbar am hellen Sandstein.


    Fotothek df roe-neg 0006181 014 Vorderansicht des Eingangsgebäudes des Hauptbahn [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], von Roger Rössing (1929–2006)



    Das nur als kleine Auswahl. Wichtiger als die Anzahl rekonstruierter Gebäude ist aber, dass die Stadtstruktur überwiegend wieder hergestellt oder erhalten wurde. Im Grafischen Viertel ist dies allerdings nicht der Fall.

    Einmal editiert, zuletzt von Stahlbauer (4. Januar 2016 um 21:42)

  • Hallo Stahlbauer,

    danke für die Richtigstellung, da muss ich wohl meine Aussage revidieren. Insbesondere über die Rekonstruktion der Albertina habe ich mich sehr gefreut, dies aber scheinbar vergessen. Auch die Teilrekonstruktionen einiger Häuser durch Jürgen Schneider müssen wohl genannt werden. Das, was m.W. noch fehlt ist die Rekonstruktion eines komplett zerstörten und lange Zeit nicht wiederhergestellten Bauwerks. Ich bin gespannt, was da in Zukunft noch kommt.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Booni
    Das ist schließlich ein Diskussionsforum


    Interessanterweise wird hier ja unter der Rubrik "Galerien" diskutiert...
    Jedenfalls: Sehr interessant - die Wiederaufbau- und Rekonstruktionsleistungen in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] kannte ich gar nicht wirklich und muss mir nun eingestehen, da etwas gewaltig unterschätzt zu haben. Wahrscheinlich werden diese Leistungen sowieso nicht groß wahrgenommen, weil die Rekonstruktion schon lange her ist und demnach besagte Rekonstruktionen schon seit langer Zeit zum Stadtbild gehören.

  • Aber natürlich soll hier auch diskutiert werden, was denn sonst in einem Diskussionsforum! :) Wer nur Bilder sehen will, geht zu flickr, fotocommunity, Commons, ...

    Hier bleibt mir aber nur zu sagen: wunderbare Eindrücke, vielen Dank dafür!
    [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hat die großstädtische Bebauung einer Millionenstadt und könnte langfristig mE auch eine werden. Die ewige Schrumpfmentalität muss mal aufhören, wir müssen wieder größer und in Richtung Wachstum denken - mehr Familien, mehr Gründungen, mehr Wohlstand, mehr Chancen, mehr Pracht!

  • Statt über den vergangenen Bauherrengeist zu schwadronieren, könnte mancher eigenes Geld in die Hand nehmen, Unternehmergeist zeigen und eine der verbliebenen Lücken mit einem Gebäude seiner Wahl, wohlgefällig, allen gefallend und gut angepasst schließen. Dann noch eine knuffige Geschäftsidee für die Ladengeschäfte und schon kann der Prokurist Visitenkarten verteilen. Wie in alten, guten Zeiten.


    That's the spirit! Genau mein Ding. :thumbup: Überhaupt mausert sich [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ja auch zur Startup-/Gründerstadt (nicht erst seit Unister und Spreadshirt/Team Europe, aber die haben das natürlich mit angeheizt). Ich denke, da erwartet uns in den nächsten Jahren eine hohe Dynamik. Das wird deutlich höhere Mieten und Kaufpreise mit sich bringen, aber das hat Leipzigs Pracht auch verdient. Daher sollte man möglichst bald in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] investieren, umso mehr lässt sich da mit relativ wenig Geld rausholen. Auch die Förderung ist wohl noch recht großzügig.

    Das Wintergartenhochhaus empfinde ich im übrigen als eines der ansehnlichsten modernistischen Hochhäuser im ganzen ehemaligen 'Ostblock'. Hat so einen leichten Art-Deco-Streif, speziell durch die Grundform samt der Rückstufungen in der Fassade und das stilistisch hervorragend passende Werbe-Signet auf dem Dach.

  • Da bin ich weniger skeptisch. Es gibt viele Freiflächen aber die Grundstruktur ist intakt und kaum durch entstellende Platten und Zeilenbauten beeinträchtigt. Hier lässt sich sehr rasch mit Neubebauung anknüpfen. Und die Schumanns Gärten sind ja ein gutes Zeichen, dass es aufwärts geht und die Gegend als Wohnstandort an Attraktivität gewinnt.


  • Dahinter werden wieder Brachen bebaut. Vor einigen Jahren hat man unter anderem dieses Parkhaus errichtet.


    An sich passt sich das Parkhaus ja gut in der Reihe an. Aber es ist nicht verputzt. Soll das so bleiben? Sichtbeton-Romantik? Also, wenn man das nachträglich verputzt, kann man damit leben, finde ich.

  • Also grad bei der letzten Fläche kann ich das absolut nachvollziehen. Grad wenn die Sonne gen Abend etwas tiefer steht, ist das ein herrliches Fleckchen. Linkerhand angeschnitten das Lokal braut übrigens eigenes Bier- sehr zu empfehlen. Den Braumeister haben wird mal im Stadion getroffen und der hat uns ein andermal beim einkehren spontan im Braukeller rumgeführt. Die Anlage zuzubauen, würde dem Ort viel von seinem Flair nehmen.

  • Hallo Stahlbauer,

    mein "gefällt mir" bezieht sich allerdings ausschließlich auf den Barockbau, dessen herrlich frische und kräftige Farbgebung mir außerordentlich gut gefällt. Was mir aber gar nicht gefällt, ist der moderne Anbau, der vom Garten aus abweisend auf mich wirkt. Ohne Fenster hat das etwas von einer Festung Die große Glastür ändert daran nichts. Einer von den modernen Brüchen eben, wie ihn die Architekten so sehr lieben. Hoffentlich hat der Architekt davon keinen Leisten- oder Hodenbruch bekommen. Dass es die kleine, grüne Oase des Gärtchens gibt, ist freilich schön und zu begrüßen.

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (15. Mai 2016 um 21:10)

  • Hallo Stahlbauer,

    es lag mir ferne, Dich angreifen zu wollen. Sollte der Eindruck emststanden sein, so bitte ich um Entschuldigung. An meiner Meinung zu modernen Anbauten und den sog. "Brüchen" und den diese produzierenden Herren Architekten, ändert dies allerdings nichts.

  • Nichts gegen das asiatische Ornament an sich. Die bauliche Integration oder zumindest wertige Präsentation fremder Stilmerkmale ist möglich, Yenidze und die neue Synagoge Berlin zeigen wie's geht. Schade deshalb, dass sie hier nicht stattfindet, sondern an ein schauerliches Fertighaus wie aus den 90ern geklatscht wird. Aber das ist wohl eine Epochenfrage.

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)