• Zitat

    und lassen sich auch nicht durch ihre zerstörung einfach aus dem kollektiven gedächtnis löschen. das ist die kraft von architektur als steingewordene geschichte.

    Sehr schön formuliert! Vielleicht kommt es aber gerade deshalb immer wieder in der Bevölkerung zum lebhaften Wunsch nach Rekonstruktion verlorener Baudenkmäler, auch wenn jeder, der sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt, weiß, dass Rekonstruktionen immer nur Annäherungen, nie gleichwertiger Ersatz des Originals sein können.

  • Eine herbe Stadtbildverunstaltung droht in Torgau an der Elbe:

    Zitat

    [...] Fortschritte, so Dezernent Hartmut von Wantoch gegenüber den Ausschussmitgliedern, gebe es bei der geplanten Ansiedlung eines Vier-Sterne-Hotels am Elbufer der Kreisstadt. So habe man mit dem potenziellen Investor mittlerweile mehrere Gespräche geführt. Im Ergebnis des letzten liege nun eine konkrete Variante auf dem Tisch, die von Wantoch am Dienstagabend mit konkreten Zeichnungen unterlegen konnte. Nachdem der Denkmalsschutz die einige Wochen zuvor erarbeitete Variante abgelehnt hatte, findet die neue nun die Zustimmung der Behörde. Das Hotel soll dabei einen modernen Kontrast zum historischen Schloss Hartenfels bilden. Nach diesem Schritt dürfte nun für den Investor die Auswahl des künftigen Betreibers auf der Agenda stehen. Dafür gibt es wohl drei verschiedene Interessenten.

    Quelle mit Bild Torgauer Zeitung

    Eins steht fest: Die das vorhaben, sind böse, dumme Menschen. Brutalismus reloaded.

    Bitte auf der verlinkten Internetseite (rechte Spalte - Umfrage) der Torgauer Zeitung abstimmen!


    P.S.: Eine sehenswerte Bildergalerie von Torgau befindet befand sich hier http://www.architekturforum.net/viewtopic.php?p=14942#p14942 im Forum.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Neben dem Umstand, dass das obige Hotelprojekt - nach heutigem Stand - zumindest auf Eis liegt, kann mit weiteren guten Nachrichten von Schloss Hartenfels aufgewartet werden.

    Für die Instandsetzung der kurfürstlichen Zimmer und die Sanierung der 1544 von Martin Luther eingeweihten Schlosskirche steuert der Bund eine erhebliche Summe bei. Ein kurzer Bericht mit Hinweis auf das deutsche "Fördermittel-Dickicht":
    Bund fördert Schlosssanierung mit 868 000 Euro - Torgauer Zeitung

    Schlosskirche Torgau

    Ein älteres Bild, entstanden zwischen 1950 und 1977:

    Bildquelle: Wikipedia, Urheber "Richard Peter - Deutsche Fotothek", CC-BY-SA-3.0-de

    Die Schlosskirche scheint eigentlich in ziemlich gutem Zustand zu sein - vielleicht wird ja das eher unschöne Gestühl ausgetauscht?

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Danke! - Schön geworden! Nur schade, dass in der preußischen Periode des Schlosses dieses Kasernengeschoß aufgesetzt wurde. Architektonisch haben die Preußen ja einiges an diesem Schloß verhunzt (z.B. Flaschenturm), als sie es zur Festung und Kaserne umbauten. Noch schlimmer traf es die Schloßruine in Wittenberg, die ebenso nach 1815 zur Festung umgebaut wurde.
    Torgau war nach der Albrechtsburg in Meißen der nächste vorbildhafte Schloßbau. Das in Berlin war sozusagen "nur" die "Kopie". Die Schloßkapelle in Torgau als erste protestantische Schloßkapelle hatte wiederum weit über Sachsen hinaus Vorbildfunktion für viele andere in der Folge. Interessant ist noch, das die Herren in Torgau und Wittenberg zur ernestinischen Linie der Wettiner gehörten und erst nach der Schlacht von Mühlberg 1547 an Wittenberg und Torgau an die Albertiner in Dresden überging. Bis dahin waren Torgau und Wittenberg die wichtigsten Residenzorte Kursachsens. Nach 1547 verlagerte sich das Gewicht Schritt für Schritt nach Dresden. Das Schloss in Wittenberg hatte recht schnell nur noch Verwaltungsfunktionen bzw. diente der dortigen Universität. Torgau hatte für Landtage und große Feste immer noch Bedeutung. So wurde hier von Schütz 1627 mit Dafne glaub ich die erste Oper eines deutschen Komponisten aufgeführt und 1711 das letzte große Fest mit der Hochzeit des Sohnes von Zar Peter dem Großen mit einer Prinzessin aus dem Hause Braunschweig-Wolfenbüttel gefeiert. Danach schaute noch öfter die Ehefrau August des Starken vorbei, die im nahen Pretsch ihr Schloß hatte. Im Krieg 1756-63 wurde es schwer in Mitleidenschaft gezogen und geplündert. Danach wusste man sich nicht anders zu helfen, als ein Zuchthaus in Teilen des Schlosses einzurichten - es war eine sehr pragmatische Zeit, man denke an das Schloss in Freiberg. Der Umbau zur Festung unter Preußen nach 1815 war dann der härteste Hieb für die Anlage. Nun ja - und seit 1990 versucht man nun schrittweise die noch vorhandenen "Diamanten" des Schloßbaues wieder zum glänzen zu bringen. Auch im Vergleich mit Wittenberg sage ich hier dem Freistaat Sachsen ausdrücklich ein ganz ganz großes DANKE!
    Ab Mai findet dann im übrigen die große Ausstellung "Luther und die Fürsten" statt.

    Beste Grüße

    Andreas

  • Bald eröffnet in Schloss Hartenfels, dem vielleicht schönsten Renaissance-Schloss Deutschlands, eine wohl erstklassige Luther-Ausstellung.
    Siehe >> http://www.luther.skd.museum/

    Allein schon das Schloss Hartenfels ist eine Reise wert: :rolleyes:

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

  • Na, die Festensumbauten haben ja nicht originar mit dem unterstellten ästhetischen Barbarentum der Preußen zu tun sondern mit den Nachwirkungen eines gewissen Napoleon Bonaparte, dessen Folgen Sachsen durch ständigen Koalitionwechsel versuchte zu entgehen. Insofern würde ich das differnzierter sehen.

    Dass Schloß Hartenfels nun die Mutter aller deutschen Schlösser ist halte ich auch für etwas vermessen. Das Berliner Schloß ist 1440ff. errichtet worden, Meister Pflüger, Architekt der Residenz, ist erst 1450 geboren. Berühmt wird Hartenfels erst durch seinen herrlichen Renaissanceumbau im 16. Jahrhundert.

  • Einspruch Euer Ehren... :wink:

    Die Jahreszahl 1440 ff ist völlig irrelevant - um die Zeit entstand in Berlin eine Zwingburg, deren Aussehen völlig unbekannt ist. In Torgau bestand bereits seit Jahrhunderten eine altehrwürdige Burganlage, deren Aussehen aber auch schwierig zu rekonstruieren ist. Seit Ende des 15. Jh. und vor allem Anfang des 16. Jh. baute man dann mit den berühmtesten Baumeistern in Torgau das Renaissanceschloss Flügel um Flügel. Gerade der Wendelstein war eine Inkunabel der Renaissance, die zumindest in Deutschland unübertroffen ist. Gut - könnte man mit Berlin kommen. Da stand ein ähnlicher - nur war der dummerweise nach dem Vorbild in Torgau gebaut worden und auch sonst hat man in Berlin so einiges aus Torgau kopiert... Die erste protestantische Schlosskapelle entstand ja nun auch mal in Torgau. Genau dieser Umbau in der Renaissance ist mit "Mutter der Schlösser" wohl auch gemeint. Zumindest für Mitteldeutschland dürfte dies auch zutreffend sein. Was den Süden und Westen des deutschen Sprachraumes anbelangt, wäre ich da schon deutlich vorsichtiger. Dort dürfte man sich eher direkt an Italien oder Frankreich orientiert haben, bin mir aber nicht sicher.

    Naja - und was die Geschichte mit den Preußen anbelangt - als Kulturträger haben die sich in Sachsen nun mal leider nicht gerade betätigt... Schloss Torgau - ohnehin seit dem Tod der Eberhardine (Ehefrau August des Starken) aus dem nahen Pretzsch, der Betsäule Sachsens, schon ordentlich verstaubt, wurde durch die Preußen im Siebenjährigen Krieg arg in Mitleidenschaft gezogen, so dass die Innenausstattung seit 1760 als verloren gelten kann. Die Sachsen in der Frage abgelegter Klöster und Schlösser zuweilen schmerzhafte Pragmatiker (Kloster Altzella; Schloss Freudenstein in Freiberg) machten ein Zuchthaus aus der alten Schlossanlage, wobei durch einen Brand um 1790 zwischen dem Johann-Friedrich-Bau und der Kapelle auch in den Fassaden erste schmerzhafte Verluste zu verzeichnen waren. Nach dem Torgau preußisch wurde, war der Umbau zur preußischen Elbfestung gegen Sachsen und Österreich ähnlich wie in Wittenberg allerdings verheerend! Man sehe sich nur den verstümmelten Johann-Friedrich-Bau oder den Flaschenturm an. Das hatte dann mit Napoleon aber eher wenig zu tun.

    Was man differenzierter sehen sollte, ist der angebliche ständige Frontenwechsel der Sachsen... Immerhin stellte sich Sachsen in Jena und Auerstedt gemeinsam mit den Preußen gegen Napoleon. Nur leider war die preußische Armee damals so "ruhmvoll", das die armen Sachsen nach meinen Infos die heillose Flucht der restlos zusammengebrochenen preußischen Armee nach Möglichkeit in Teilen geordnet deckten. Danach war vom Heiligen Römischen Reich deutscher Nation erstmal nix mehr übrig. Preußen kapitulierte, Sachsen erging es etwas besser. Aber letztlich war es ebenso wie das Rheinland oder Teile Preußens französisch besetzt. Bekanntermaßen blieb der sächsische König bis in den Untergang von nun an fest an der Seite Napoleons. Versuche auszuscheren hat es 1813 durchaus gegeben. Diese waren aber nicht im Interesse Preußens, den man wollte sich ganz Sachsen als Provinz einverleiben. Stand ja schon im Testament des "bösen Mannes aus Berlin" (Zitat Maria Theresia), dass Sachsen Preußen ganz gut zu Gesicht stehen würde... Tja - und wie stellt man das bitteschön an - sich von Napoleon zu trennen, wenn er mit der größten Armee Europas im eignen Land steht??? Die Dresdner Festungswerke wurden unter Leitung Napoleons reaktiviert, eine Verbindungsstraße von der Festung Königstein zur reaktivierten Festung Stolpen angelegt, die längst eingemottete Festung in Pirna ebenso reaktiviert. Und dies Bollwerk funktionierte! Im August 1813 bissen sich die Verbündeten daran die Zähne aus und bis zu 25.000 Soldaten beider Seiten bezahlten auf den Fluren der Stadt Dresden mit ihrem Leben... Wo sie verscharrt wurden weiß keiner mehr... Die Franzosen zogen im übrigen erst im November aus Dresden ab, nach dem tausende an ihren Verletzungen oder Seuchen krepiert sind. Man lese hierzu Ludwig Richter´s Lebenserinnerungen eines alten Mannes (was in diesen Passagen alles andere als jugendfrei ist!) In dieser Situation sich den Verbündeten anzuschließen ist praktisch unmöglich gewesen! Naja und der damalige preußische König war nun auch nicht gerade das Musterbeispiel von Kampfesmut... nach meiner Kenntnis musste er eher zum Jagen getragen werden. Wenn es einen Freiherrn zum Stein und die Generäle Blücher, Scharnhorst, Gneisenau etc. nicht gegeben hätte, dann hätte Napoleon sich vermutlich weiterhin behauptet. Der Zusammenbruch der französischen Armee ist meines Erachtens in den führenden Köpfen in erster Linie dem russischen Zaren und seinen Generälen, einem Fürst Metternich und den genannten Herren zu verdanken, dem preußischen König wohl weniger.

  • Ich bin mal so frech und werfe Ansichten von Torgau und Bad Schmiedeberg in einen Topf.

    Die Wappen sind ja auch eigentlich eindeutig, in welches Bundesland Beides gehört. ?

    Torgau:

    Bad Schmiedeberg:

    Schöne Städte werden letztlich auch glückliche Städte sein.