Bremen - St. Ansgarii

  • Ich empfinde Kriers Entwurf als im Stile und Grunde nach richtig, im Detail aber massiv zu überarbeiten:

    1. wäre die Bebauung der alten historischen Umschlagsplätze an der Schlachte eine Sünde
    2. ist MIR die Bebauung der Studie mir auf der Länge der Weserseite nach zu eintönig
    3. geht der Konkurrenz-Turm zu St. Martini meiner Ansicht nach gar nicht. Das ist Hybris des Architekten! Überhaupt wird Martini hier völlig an den Rand gedrängt und baulich bedrängt

    Aber der Wiederaufbau von St. Ansgarii wäre natürlich der Traum schlechthin!

  • Weihnachtsmarkt-Dependance und Quartiers-Logo

    Bereits heute - am 25.11.2019 - wurde in Bremen der Weihnachtsmarkt eröffnet, der sich ja im wesentlichen auf dem Marktplatz, dem Liebfrauenkirchhof und dem Domshof abspielt. Die kümmerliche Dependance auf dem Ansgarikirchhof kommt diesmal wieder etwas konventioneller daher, nachdem man ja vor zwei Jahren eine temporäre Eisbahn aufgebaut hatte, die aber wohl nicht so angenommen wurde (nun denn, der Ansgarikirchhof sollte eben nicht zum Abklatsch der Rockefeller-Plaza gemacht werden, solange vor Ort keine Hochhäuser - Verzeihung - ich sollte sagen keine 'Kirchtürme' stehen...).
    Am gestrigen Sonntag kam ich hier vorbei und konnte dabei das aufgehangene - in der Dunkelheit leuchtende - 'Logo' des Ansgariquartiers auf die Fotoplatte bannen. Schon seltsam, als Symbol des Viertels wählte man die Fassade des Gewerbehauses. Der Turm der namensgebenden Kirche ist hingegen nicht zu sehen. Man sollte den Gewerbetreibenden vor Ort - die für die Gestaltung des Logos verantwortlich zeichnen - wirklich ans Herz legen, das Logo um den Turm zu ergänzen. Denn dann klappt es auch irgenwann mit der Eisbahn...

    Blick vom Südende der Ansgaritorstraße auf den Ansgarikirchhof. Mein Gott, wie sehr SIE doch fehlt !!!

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (26. November 2019 um 14:30)

  • Ich halte Kriers Entwurf für wertlos. So schemenhafte Zeilen erinnern an den trostlosen Ulmer Münsterplatz (W-Seite).
    Ohne einzelne Nachbildungen mit Liebe zu Detail kann nichts Rechtes gedeihen. Danzig ist da ein gutes Beispiel, das man sich zum Vorbild nehmen sollte.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich bin auch nicht so begeistert, obwohl der Entwurf in die richtige Richtung geht. Allerdings stören mich die Fantasietore und der Turm der das historische Stadtbild verfälscht, so schön alles auch ist.

  • An Kriers Entwurf kann man leider sehr schlecht ablesen, wie es am Ende tatsächlich aussieht. Was mich stört: es wird bei den Größen und Giebeln nicht variiert, letztlich ist es ein langgezogener, monotoner Block, der mehr an eine Trabantenstadt erinnert, als eine gewachsene, historische Häuserzeile. Als Füllbauten wären die Gebäude ja in Ordnung. Aber nicht als für sich selbst stehende und repräsentative Altstadtbebauung.

  • Es war doch ohnehin nur eine Studie, ein Diskussionsbeitrag, zudem fast 40 Jahre alt. Über die Entwurfsdetails muss man sich glaub ich nicht streiten. Er hatte einen gewissen postmodernen Charme aus dieser Zeit der späten 70er/frühen 80er. Wie praktikabel der Entwurf gewesen wäre, ist natürlich fraglich. Ein Großteil der vor die bestehende Bebauung geflanschten Neubebauung liegt nun im Bereich der extrem beliebten Schlachte, die mit ihrem attraktiven Baumbestand und zahlreichen Gaststätten mit Biergärten direkt an der Weser zu den publikumsstärksten Bereichen der Bremer Innenstadt zählt und die es bei Realisierung so natürlich nicht hätte geben können.

    Aber 1980 war das eben ein relativ kahler Parkplatz, wie auf den Weserkurierfotos weiter oben zu sehen ist. Und von daher ist Kriers Entwurf zu sehen. Ich halte ihn -im Kontext seiner Zeit- trotzdem für sehr gelungen.

  • Gewaltige Zerstörungskraft der am 20. Dezember 1943 eingesetzten Sprengbomben

    Angesichts der gewaltigen Zerstörung beim Warenhaus Schlotte (siehe den Themenstrang 'Bremen-Altstadt-Obernstraße'), die von einer Sprengbombenart hervorgerufen wurde, von der ein weiteres baugleiches Exemplar wenige Sekunden später das Turmfundament von Anschari traf, ist davon auszugehen, daß die Schäden dort nicht weniger katastrophal gewesen sein dürften. Der sichtbare Bombentrichter war ja nur die Spitze des 'Eisbergs' der im Untergrund angerichteten Verwüstungen. Vor dem Hintergrund der viel zu seichten Fundierung und der diversen Vorschäden ist es daher als ein Wunder zu bezeichnen, daß der Turm überhaupt noch weitere neun Monate aufrecht stehen blieb !

  • Was bereits 2018 als Wunsch formuliert wurde, stellt auch 2019 immer noch das größte Reko-Desiderat Bremens dar: Deshalb sei die folgende kleine Wiederholung erlaubt. Man tausche bitte einfach nur die Jahreszahl aus...

    Ein gesegnetes Christfest 2019 uns allen !


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  • Farbfoto von der aufgerissenen Westseite

    Dieses phänomenale Farbfoto wurde jüngst in dem vom Weser Kurier veröffentlichten Heft 'Mein Bremen 1945 bis 1967' auf Seite 13 publiziert. Leider schweigt sich der dortige Bildnachweis über die Bildquelle aus.


    Bisher wurde noch niemals ein Farfoto von der durch den Turmeinsturz aufgerissenen Westseite der Ruine der Allgemeinheit zugänglich gemacht.

    Erstaunlich sind die (trotz der seit dem Turmsturz noch erfolgten zwei Brandbombenangriffe) offensichtlich immer noch weiß geputzten Innenwände des Kirchenschiffs. Auch die Gurtbögen der Vierung stehen noch. Im Hintergrund erkennt man die drei hohen Fenster des Ostchors.

    Insgesamt ein sehr ergreifendes farbiges Dokument !

    2 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (26. Dezember 2019 um 21:12)

  • Laterne und Turmhelm von 'Innen' heraus betrachtet

    Die folgende Ansicht scheint auf den ersten Blick eine altbekannte zu sein: Man blickt durch eine der Öffnungen der Turmhelmlaterne auf die Hutfilterstraße hinab. Ähnliche Fotos sind hier im Strang schon eingestellt worden. Das besondere an dieser Ansicht aus dem Jahre 1930 ist jedoch, daß man nicht nur an den Bildkanten rechts und links die Streben der Laterne erkennt, sondern an der Bildunterkante auch die beiden Rücksprünge der oktogonalen, frühbarocken welschen Haube des Turmhelms. Dadurch gewinnt das Ganze ein hohes Maß an Plastizität.

    Zunächst zur Verdeutlichung eine Markierung des Standorts des Fotografen:

    Und nun das besondere Foto:


    Nochmals meinen besten Dank an Heimdall, dessen - im anderen Zusammenhang gestellte - Frage mich dieses Foto wiederfinden ließ.

  • Einen guten Übergang in das neue Jahr 2020 !

    Möge das nun anhebende neue Jahrzehnt das letzte sein, welches an seinem Beginn die Silhouette der Freien Hansestadt Bremen ohne Anschari antreffen muß !

  • Glückwunsch Pagentorn zu ihrem 2000sten Beitrag. Ohne Sie, ihr historisches Wissen und ihr umfangreiches Bildarchiv wären meine (unsere) Kenntnisse von Alt-Bremen wesentlich geringer. Ich konnte Ihnen bisher kein `das weiß ich nicht´ entlocken, aber ich werde weiter penetrieren. DANKE !

  • Herzlichen Dank, lieber BremerMann !

    Ich kann nur sagen daß es mich freut, hier an der Verbreitung von Wissen über das schöne alte Bremen mitwirken zu dürfen. Und wenn darunter etwas Neues für Sie dabei war, dann freut es mich um so mehr !

  • Die ungefähren Maße des Kirchenschiffs:

    (Quelle für die Maße: Buchenau, Franz: Die freie Hansestadt Bremen und ihr Gebiet. Ein Beitrag zur Geographie und Topographie Deutschlands. 3., völlig umgearbeitete Auflage. Bremen 1900: G.A. v. Halem,S. 193)


  • Fritz Brandt leitete die Renovierungsarbeiten 1933-34 !

    Der spätere Architekt von Neu-St. Ansgarii an der Holler Allee in Schwachhausen, Fritz Brandt, leitete von 1933 bis 1934 die Sanierung und Neueindeckung von Schiff und Turmhelm. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, daß ihm 1949 ein Wiederaufbau der alten Kirche eigentlich lieber gewesen wäre (seine diesbezüglichen Planungen belegen das ja auch) !

    (Steilen, Diedrich [Hrsg.]: Die Freie Hansestadt Bremen. Eine Heimatkunde von Dr. Franz Buchenau. 4. erweiterte Auflage. Bremen, 1934: Arthur Geist, S.305.)



    Foto des zur Renovierung eingerüsteten Turms von Anschari.

    Fritz Brandt (links) bei der Übergabe des Schlüssels von Neu-St.Ansgarii an Bauherrn Hermann Edzard (rechts) anläßlich der Weihe im Jahre 1957.

  • Der Weg zum Abbruch und Alternativen zum selbigen

    Die Anregung findorffers hinsichtlich der Ausleuchtung der 2. Zerstörung und des Narrativs von den unrettbaren Ruinen möchte ich im Folgenden exemplarisch für Anschari aufgreifen und zwar durch eine Reihe von Bildern und Zitaten.

    Vorab: Tragisch für Anschari war, daß Ihr die Fürsprecher wegstarben !

    Denn die beiden langjährigen Pastoren Julius Bode und Robert Leonhardt (Letzterer aus Starzeddel im Landkreis Guben gebürtig) verschieden bereits am 11.04.1942 bzw. am 21.08.1943, also vor dem Einschlag der Sprengbombe ins Turmfundament am 20.12.1943. Insbesondere Pastor Bode hätte ganz gewiß wie ein Löwe um 'seine' Kirche gekämpft und mit seiner wortgewaltigen Unterstützung wäre es dann vielleicht Landeskonservator Ernst Grohne doch noch möglich gewesen, den Behörden Beton zur Aussteifung des Turmes abzuringen. Falls der Einsturz dann dennoch erfolgt wäre, hätte er Baudirektor Wortmann bestimmt bearbeitet, bereits am 2. September 1944 mit den Planungen für den Wiederaufbau zu beginnen. Und nach dem Kriege hätte er einem Abriß nie und nimmer zugestimmt.
    Es bleibt deshalb festzuhalten: Der erste Schritt zur Vernichtung wurde durch den vorzeitigen Tod derjenigen Geistlichen getan, die sich mit Anschari voll und ganz indentifizierten.

    Der große Pastor Julius Bode:

    Collage, die Bode auf 'seiner' Kanzel zeigt:

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (4. Januar 2020 um 17:14)

  • Die auswärtigen Nachfolger im Predigeramt hatten keinerlei emotionale Bindung an die Kirche, die sie ja auch nicht mehr intakt aus eigenem Erleben kannten (ob Speckmann während der ersten Monate seiner kommissarischen Kirchenleitung nach dem 21.08.43 jemals in der Kirche war ist mehr als zweifelhaft. Und nach dem im vierten vollen Monat seines Kommisariats am 20.12.43 erfolgten Bombenangriff wurde die Kirche ja eh für jeglichen gottesdienstlichen Gebrauch gesperrt.


    Der aus Westpreußen stammende Pastor Liske war einer der ersten, der die alte Kirche in Frage stellte - und zwar bereits im Jahre 1948:

    Die lokale Presse machte bei der Stimmungsmache auch schon eifrig mit:

    Sie griff dabei ein Diktum des Dichters Reinhold Schneiders aus dem Kontext der Diskussion um das Frankfurter Goethe-Haus auf:

    Währenddessen wurden schon mal Teilabbrüche vorgenommen - mit 'Verkehrssicherungspflichten' begründet... Hier der schöne Giebel des südlichen Querhauses mit der Sonnenuhr.

    Hernach ging die Polemik gegen Anschari fröhlich weiter:

    Die Bauherren sekundierten:

    Das Ergebnis:

  • Die Alternativen


    Brandt-Plan von 1948


    Ausbau zum Sitz der BEK 1957


    Nachdem sich die Gemeinde endgültig für den Neubau an der Holler Allee entschieden hatte, gab es noch kurzzeitig die Chance eines Ausbaus der Ruine (ohne Turm) zum Sitz der Bremischen Evangelischen Kirche. Zur Beschlußfassung über diesen Vorschlag wurde eigens ein außerordentlicher Kirchentag in den Gemeindesaal der Martin-Luther-Gemeinde im Findorff einberufen. Dieser entschied sich jedoch für den heutigen Bau am Franzius-Eck zwischen Großer und Kleiner Weser. Damit war der Weg für den Verkauf des Ruinengrunstücks an Hertie frei...


    Das nachträgliche Lamento:

    Nun, diese Zeit ist jetzt angesichts solcher Vergleich da:

    SO (wie im rechten Bild) DARF ES NICHT BLEIBEN !!!