• Die Löcher in der Mitte der Steine lassen sich sehr einfach erklären, siehe hier.

    Die unterschiedliche Schärfe der Kanten dürfte wahrscheinlich auf die unterschiedliche Verwitterungsbeständigkeit der verwendeten Steinarten zurückzuführen sein.

  • Herzlichen Dank, Mündener !

    Genau an solche zangenartigen Hebeinstrumente hatte ich in der Tat gedacht.

    Und die entsprechenden - verputzten - Löcher an den 'exakteren' Steinen heben sich nur deshalb nicht so deutlich ab, weil dort eben die Verwitterung fehlt ?

  • Mut zum offenen Turmjoch


    Bremens südwestliche Nachbarstadt, das schöne, an der Hase gelegene Osnabrück, besitzt mit der um 1300 begonnenen und gegen 1500 vollendeten Katharinenkirche ein Gotteshaus, welches- ebenso wie Anschari - von vorneherein nur einen Turm erhalten sollte. Das beiden Sakralbauten gemeinsame große Fenster in den unteren Turmgeschossen deutet an, daß sich hinter denselben in beiden Fällen ein zum Kirchenschiff offenes Turmjoch befindet. In Bremen war dieses konstruktive Risiko mit ursächlich dafür, daß der Turm am 1. September 1944 einstürzte. In Osnabrück hingegen hat sich der Mut zu diesem Risiko (wohl aufgrund besseren Baugrundes und dem Ausbleiben eines Bombentreffers) bis heute ausgezahlt, sodaß dieser höchste Turm der Stadt mit seinen (hier tatsächlich vorhandenen) 103 m (Anschari in Bremen hatte ja nur 98 m) bis heute die Osning-Metropole überragt.

    Was soll uns das sagen ?

    Nun, trotz der scharfen Ansprüche des geltenden Baurechts an die statische Sicherheit eines derartig hohen gemauerten Turmes, sollten uns die modernen technischen Möglichkeiten befähigen, den Baugrund so zu stabilisieren und den rekonstruierten Turm so zu konzipieren, daß wir bei der Reko wieder ein offenes Turmjoch werden wagen können. Denn St. Katharinen ist der Beweis dafür, daß es nicht allein am offenen Turmjoch lag, daß Anschari einstürzte... .

    (Anmerkung zum Bild: Die Maßstäbe der Turmansichten und der Grundrisse sind nicht identisch !)

    4 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (12. März 2019 um 16:51)

  • Lieber Pagentorn,

    da haben Sie eine unheimlich interessante Fragestellung aufgeworfen. Es gibt offenbar nur sehr wenige Berichte über den Turm und seine Bauwerksgeschichte. Auf dessen Gestaltung wurde dabei auch nur sehr beiläufig eingegangen.
    Mir ist nur bekannt, dass der Turm vor der Haube einen pyramidenförmigen Helm mit Laterne besessen haben soll.

    Die Kreisornamentik kann man tatsächlich als Betonung eines oberen Abschluss' verstehen, gleichwohl sind ein paar andere Merkmale irritierend:
    Die Größe der Sandsteinquader wechselt bereits vorher signifikant, so dass die drei obersten Geschosse mit deutlich größeren Quadern versehen wurden, als die darunter.

    Über die Gründe mag man nun gerne spekulieren (Beschlüsse zur Turmaufstockung noch während der Errichtung, einfach der Wechsel des Steinbruchs/-händlers oder -hauers oder auch des Baumeisters). Vielleicht hat man auch eine perspektivische Wirkung berücksichtigt - dagegen spricht, dass die Steine dann allmählich hätten größer (höher) werden müssen und nicht abrupt.

    Ich suche weiter nach Antworten, konnte aber bei Rudolf Stein und Fliedner bislang nichts finden, was endgültigen Aufschluss bietet.

    Zum Schaden bzw. der Inhomogenität des Mauerwerks am obersten Turmgeschoss: Möglich, dass hier ein Schaden sichtbar blieb, der vom Blitzeinschlag herrührt, der zur Erneuerung des Helms bzw. der Änderung zur Haube führte. Möglich, dass die Ecke heraus brach und nicht in derselben Qualität ersetzt werden konnte.

    Aber auch klar: Es gibt keinen Turmrest mehr. Ein Wiederaufbau wäre also in jedem Fall nur ein Zitat. Das erlaubt es uns in der Theorie, den Turm als 1:1-Nachbau zu errichten (in dem Rahmen, den die vorliegenden Informationen vorgeben) ihn aber neu neu zu interpretieren, abzuwandeln, zu perfektionieren. Warum auch nicht?! Er würde ja heute errichtet - nicht damals. Und bei langwierigen Kirchenbauten wurden immer auch neue Konstruktionsmethoden angewandt.

    Die Frage, die uns umtreiben sollte ist doch: Welche Eigenschaften der einstigen Ansgarii-Kirche fehlen uns denn heute?! Welche Eigenschaften gegenüber dem Original können verändert und verbessert werden?
    Als erstes fehlt die majestätische Erscheinung und die Krönung der Stadtsilhouette. Es fehlt das historische Zentrum des Ansgarii-Quartiers und die städtebauliche Dominante. Ein Festpunkt und Ruhepol.

    Der fehlende Turm kommt einer unschönen Zahnlücke im Lächeln der Stadt gleich! Und jeder andere Turm, der in Konkurrenz dazu errichtet werden soll/wurde ist ein Fremdkörper. Ich schließe den Lloydturm mit ein.

  • Lieber RaHaHe,

    ganz vielen Dank für die überzeugende Erklärung mit dem Blitzeinschlag. Ja unsere liebe alte Schaarskaaken wurde bis zur Installation des ersten Blitzableiters in Bremen (nach dem Modell Benjamin Franklins) sehr häufig von Blitzen getroffen !

    Was halten Sie im Übrigen von meiner 'Lüttich-Theorie' ? Zu weit hergeholt ?

  • Ob die Lüttich-Theorie zu weit hergeholt ist oder nicht, vermag wohl keiner mit Sicherheit zu sagen.

    Viele Kirchen aus jener Zeit ähneln sich ja nun sehr und welche einmal den Anfang machte, zumal die Gestaltung von St. Ansgarii ja nicht sonderlich "speziell" war, ist schwer zu sagen. Lüttich kann ja auch indirekt Pate gestanden haben - über eine zweite, dritte Kirche.

    Handelsbeziehungen werden vorhanden gewesen sein. Traditionell besonders in den niederländischen/flämischen Raum. Der Kulturaustausch in diesen Gebieten ist deutlich. Insofern ist die Theorie nicht abwegig.

    Ich glaube uns alle eint der fromme Wunsch, in den diversen Epochen einmal Mäuschen spielen zu können.

  • Gerd Dettmann über den Turm


    Lieber RaHaHe,
    habe nochmal das Kapitel über den Turm im ‚Dettmann’ hinsichtlich der aufgeworfenen Fragen zu Rate gezogen. Leider gibt es auch dort keine wirkliche Antwort, bis auf die Annahme, daß der Wechsel der Fassadengestaltung oberhalb des 5. Turmgeschosses möglicherweise ein baukünstlerisches Stilmittel gewesen sei.
    Da Dettmann aber interessante Berichte über Blitzeinschläge im Turm bringt, dachte ich, es wäre vielleicht von allgemeinerem Interesse das Kapitel hier einmal in Gänze einzustellen.
    Vielleicht liest der ein oder andere Fachmann ja auch noch mehr aus den Zeilen heraus, als ich es vermag.

    (Dettmann, Gerd: Die Ansgariikirche zu Bremen. Bremen 1934. Verlag Franz Leuwer, S. 22-26.)


    P.S.: Und natürlich ist die Höhe des Turms hier wieder auf der Grundlage von 'Bremisch-Normal-Null', der Höhe des mitteleren Hochwassers an der Großen Weserbrücke angegeben. Nur so kommt man ja auf die 103 Meter. Vom Niveau Ansgarikirchhof aus gemessen sind es ja effektiv nur 98 Meter !

  • Quellen zur Turmgeschichte und Spekulationen


    Da - worauf RaHaHe ja schon hingewiesen hat - die sehr überschaubare und magere Literatur zur Frage der Erbauungsgeschichte des Turms nur die dürftige schriftliche Quellenlage widerspiegelt, so war die ‚Realie’ des Turms Zeit seines Bestehens selber die wichtigste potentielle Quelle für seine eigene Historie. Mit seiner Zerstörung ist der Wissenschaft unwiederbringlich die Möglichkeit genommen worden, mit jeweils neuen Fragestellungen und innovativen technischen Möglichkeiten an das Bauwerk heranzutreten und so Erkenntniszuwächse zu gewinnen. Dieser bittere Verlust wird auch durch die angestrebte- und hoffentlich noch zu unseren Lebzeiten umgesetzte - Rekonstruktion nicht ausgeglichen werden können. In Konsequenz sind wir wesentlich mehr genötigt, uns auf Spekulationen einzulassen, als wir es wären, wenn der authentische historische Turm noch stünde.

    Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden diesen spekulativen Ideen und Theorien einmal Raum geboten werden:

    Eine Spekulations-Variante könnte in dem Einfluß der während der Erbauungszeit des Turms amtierenden Erzbischöfe gesehen werden. Da in der Literatur ja davon ausgegangen wird, daß der Turm in den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts errichtet und vollendet wurde, wären somit die zwischen 1300 und ca. 1340 regierende Bremer Oberhirten und Landesherren einmal näher unter die Lupe zu nehmen.

    Neben Burchard Grelle, einem der wenigen Bremer Bürgerssöhne auf der Kathedra von Willehad und Ansgar, dessen Pontifikat von 1327 bis 1344 dauerte und dessen möglicher Einfluß auf dem Turmbau in einem späteren Beitrag abgehandelt werden soll, kommt vor allem der gebürtige Däne Jens Grand in Betracht, der von 1310 bis 1327 amtierte (wenn auch ab 1316 durch einen Administrator vertreten) und zuvor Dompropst in Roskilde sowie (trotz des Simonie-Verbots) Metropolit von Lund und Riga gewesen war.
    Hier soll seine Rolle als Dompropst in Roskilde im Vordergrund stehen. Denn diese Kirche war – mit Ausnahme des später entstandenen Kapellenkranzes - bereits 1280 fertiggestellt und somit hätten Elemente ihrer Turmfassade durchaus in den Jahren ab 1300 als Vorbilder für die Gestaltung des Anschari-Turms dienen können. Und tatsächlich gibt es ein verbindendes Element: Die Fenster in den obersten Turmgeschossen in Roskilde werden nämlich von Kreisblenden umgeben. Diese sind zwar nicht als Fries ausgebildet und vom Durchmesser eher so groß wie die an der Lübecker Marienkirche, aber dennoch könnten sie als verfremdetes Zitat Pate gestanden haben bei den Kreisblenden des 5. Turmgeschosses von Anschari. Sozusagen als Hommage an die Heimat Jens Grands und deren – damals (Lund war ja zu dieser Zeit noch dänisch) – zweitwichtigster Kirche, deren Kapitel Grand zuvor vorgesessen hatte.

    Wie gesagt: Dies ist eine reine Spekulation…


    Abbildung:
    Luftbild der Kathedrale von Roskilde. Die Kreisblenden sind deutlich zu erkennen.

    3 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (19. März 2019 um 11:27)

  • Gute Frage, erbse !

    Eine Antwort habe ich auch nicht parat.

    Aber zumindest könnte man noch erwähnen, daß sich dieses Phänomen nicht auf Skandinavien beschränkt, wie man z.B. am Breslauer Dom sieht:

    (Foto von Taxiarchos228)

  • Das schwarze Loch in der Altstadt


    Laut Presseberichterstattung will Daniel Libeskind Bremens einst vorhandene ‚Skyline’ reaktivieren – von der er explizit allerdings nur den relativ niedrigen und jungen Lloydturm erwähnt. Doch die von ihm gewählte Methode zur Umsetzung dieses Vorhabens, kann nicht anders als untauglicher Versuch bezeichnet werden. Denn an der Stelle, wo er seine ‚Highriser’ platzieren will, haben vordem nie Gebäude von einer derartigen Höhe gestanden. Das sieht auch Axel Spellenberg mittlerweile so, dessen vier Türme lediglich aus der Not heraus geboren waren, Schlimmeres zu verhindern (siehe hierzu bitte den auf dem Themenstrang ‚Am Brill / Sparkassenquartier' eingestellten neuesten hochhauslosen Entwurf des Worpsweder Architekten). Vor wenigen Jahren war es ein portugiesisches Architekturbüro, welches mit einem ebenfalls falsch platzierten Glasturm am Ansgaritor die Silhouette beleben wollte. Sicherlich kommen zukünftig noch weitere derartig unpassende Vorschläge - etwa von einem Hochhaus an der Martinistraße oder am Fangturm - hinzu. Langsam ergibt sich dadurch der Eindruck, daß Investoren, Architekten, Politik und Verwaltung, wirklich Nichts unversucht lassen, um bloß nicht das ‚schwarze Loch’ am Ansgarikirchhof antasten zu müssen. Dies zu tun, scheuen sie offenbar, wie der Teufel das Weihwasser ! Also, Herr Libeskind, wenn Sie tatsächlich so begeistert von Bremer Geschichte und Skyline sind, wie Sie behaupten, dann tun Sie bitte das einzig Richtige, verzichten Sie auf Ihre vier Skyscraper und überzeugen Sie Ihre Investoren, das Bremer Carrée zu erwerben und den Anschari-Turm originalgetreu wieder aufzubauen. Denn nur dieses Unterfangen wird langfristig vom Erfolg gekrönt sein.
    Mit der Entscheidung gegen den Wiederaufbau von Turm und Kirche haben Prediger und Bauherren von St. Ansgarii seinerzeit - wahrscheinlich ohne sich der Tragweite Ihres Handels bewußt zu sein - das oben genannte schwarze Loch im Herzen der Altstadt aufgerissen, welches - wenn man die diversen Planungen der letzten Jahre Revue passieren läßt - das negative Potential hat, die gesamte Altstadt schlußendlich zu verschlingen, denn wenn hier ein Hochhausboom Einzug hält, werden in nicht allzu ferner Zukunft Rathaus, Dom, Böttcherstraße und Schnoor ähnlich reliktartig und verloren eingezwängt wirken, wie z.B. heute schon das 'Old State House' in Boston.
    Einer solchen Gefahr des Auslöschens des Altstadtcharakters, haben z.B. die Lübecker und Kölner durch den Wiederaufbau aller Ihrer Kirchen gewehrt. Und in intakten Altstädten wie, z.B. Siena, wäre es ohnehin undenkbar, daß sich Hochhäuser unbotmäßig hineinzwängen würden.

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (9. April 2019 um 17:00)

  • Die Welt weint mit Paris! Aber Notre Dame ist nicht verloren! "Wir" werden die Kirche wieder instandsetzen!!! Klar!

    Vielleicht wird man nun nachfühlen können, welchen Schmerz, welchen Verlust Europa, Deutschland in den Kriegsjahren erlitten hat. Und auch Bremen! Bis heute ist der Wiederaufbau unvollständig und unzureichend, der geschichtlichen Bedeutung der untergegangenen Bauten nicht gerecht geworden.

  • "Wir werden Notre-Dame wieder aufbauen. Denn das ist es, was die Franzosen erwarten."
    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron

    Auch ich war ziemlich geschockt, habe aber das Gefühl, dass in Frankreich die Rekonstruktionsuhren anders gehen als in Deutschland. Mir ist nicht bekannt, dass ein französischer Denkmalschützer sagte, dass ein Wiederaufbau baugeschichtlich ein falsches Zeugnis darstellt, dass man sich in Frankreich kein Notre-Dame-Disneyland leisten könne und man den jetzigen Zustand so lassen müsse, wie er ist.
    Könnte es sein, dass die Haltung zu Rekonstruktionen kulturelle Unterschiede als Basis hat, sich in Frankreich anders darstellt als in Deutschland?

    Frankreichs Präsident: Die staatliche Denkmalschutzbehörde soll eine Spendensammelaktion organisieren. Macron lud „die besten Handwerker und Künstler aus aller Welt“ ein, sich am Wiederaufbau zu beteiligen.

    Zwei französische Milliardärsfamilien sagten bereits 300 Millionen Euro für den Wiederaufbau zu. Die Familie Pinault, die hinter dem Luxuskonzern Kering mit Marken wie Gucci steht, will 100 Millionen Euro spenden. Von der Familie von Bernard Arnault, der die LVMH-Gruppe gehört, sollen 200 Millionen Euro kommen.

    Bezüglich der Rekonstruktionen scheint in Frankreich eine ganz andere Atmosphäre zu herrschen als in Deutschland, speziell in Bremen. Die rekonstruktionsfeindlichste Stadt Deutschlands scheint mir unsere Hansestadt zu sein. Warum geht hier etwas nicht, was in Paris geht? Warum gelingt die Rekonstruktion der um 1300 gebauten Notre Dame, aber nicht die Rekonstruktion der etwas älteren Ansgariikirche? Warum spenden hier nicht Millionärsfamilien, warum gibt es hier keinen Staatschef Sieling, der sagt: "Wir werden Ansgarii wieder aufbauen". Warum kann die staatliche Denkmalschutzbehörde in Bremen nicht auch eine Spendensammlung für Ansgarii organisieren? Warum gibt es hier keine Geberkonferenz wie in Paris?

    Schauen wir zum Thema Rekonstruktion noch mal auf Deutschland. Der Außenminister und der sächsische Ministerpräsident sind bereit, Hilfe zum Wiederaufbau Notre-Dames zu leisten und rufen zur Spendanaktion auf. Wann werden diese Herren Hilfe für den Wiederaufbau der Ansgariikirche leisten?

    • Maas: Deutschland bereit für Hilfe zum WiederaufbauDeutschland will Frankreich beim Wiederaufbau der durch einen Brand zerstörten Kathedrale Notre-Dame in Paris unterstützen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron habe zur Hilfe für den Wiederaufbau weit über Frankreich hinaus aufgerufen, twitterte Außenminister Heiko Maas am Dienstag.„Deutschland steht dazu in engster Freundschaft bereit“, schrieb der SPD-Politiker. „Wir sind in Trauer vereint. Notre Dame ist kulturelles Erbe der Menschheit und Symbol für Europa.“
    • Sachsens Ministerpräsident Kretschmer ruft zu Spendenaktion aufNach dem Brand in der Pariser Kathedrale Notre-Dame hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) für deren Wiederaufbau europaweite Spendenbereitschaft gefordert.„Ich wünsche mir die gleiche Solidarität und Unterstützung, die wir für die Frauenkirche hier in Dresden bekommen haben, jetzt auch für Notre-Dame“. sagte Kretschmer am Dienstag im Mitteldeutschen Rundfunk. Jeder könne seinen Beitrag leisten, damit die berühmte Kirche wieder aufgebaut werde.

      Dies sei „ein Moment, wo man es nicht dem Staat überlassen sollte, sondern wo wir alle miteinander unseren Beitrag leisten können, mit einer Spende“, sagte er. Notre-Dame gehöre „zu uns allen in Europa“.

      Die ebenfalls weltbekannte Dresdner Frauenkirche war im Zweiten Weltkrieg zerstört und nach dem Ende der DDR von einer Stiftung wiederaufgebaut worden, die aus der Initiative einer privaten Fördergesellschaft hervorging. Zahlreiche Fördervereine und Spender im In- und Ausland unterstützten das elfjährige Restaurierungsprojekt.


    • Paris will Geberkonferenz für WiederaufbauEine internationale Geberkonferenz soll für den angestrebten Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre-Dame Geld sammeln. Einen entsprechenden Vorschlag verkündete die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, über ihren Twitter-Account. Sie wolle die Spenderkonferenz im Rathaus von Paris veranstalten, um die notwendigen Mittel für den Wiederaufbau der Kathedrale zusammenzubekommen. Die Region Île-de-France will zehn Millionen Euro bereitstellen.
  • Ministerrunde berät über Plan für Wiederaufbau
    Frankreichs Premierminister Édouard Philippe hat am Dienstag eine Ministerrunde zusammengerufen, um über einen Wiederaufbauplan für Notre-Dame zu beraten. Noch während des Brandes hatte Präsident Emmanuel Macron angekündigt: „Wir werden Notre-Dame wieder aufbauen.“ Das erwarteten die Franzosen. Zu dem Treffen bei Philippe am Dienstag kamen Kulturminister Franck Riester und der Minister für öffentliche Finanzen, Gérald Darmanin.

    So läuft das in Paris. Man stelle sich nun folgendes Szenario in Bremen vor:

    Bremens Bürgermeister hat am Dienstag eine Senatsrunde zusammengerufen, um über einen Wiederaufbauplan für die Ansgariikirche zu beraten. Angesichts des Brandes von Notre-Dame in Paris hatte der Bremer Senatschef angekündigt: "Wir werden St. Ansgarii wieder aufbauen". Das erwarten die Bremer. Zu dem treffen im über 600 Jahre alten historischen Bremer Rathaus bei Sieling am Dienstag kamen Bausenator Lohse und die Senatorin für öffentliche Finanzen, Linnert.

  • Und das Verbindungsglied ist der Heilige Ansgar selbst, der ja aus dem Gebiet des heutigen Frankreich stammte.
    Allerdings ist mir ad hoc nicht präsent, ob er jemals in Lutetia / Paris gewesen ist. Dann hätte er dort die Vorgängerkirche von Notre Dame aufsuchen können.
    Man müßte einmal die Vita Anskarii seines Schülers und Nachfolgers Rimbert dazu unter die Lupe nehmen, ob sich dort etwas über einen Aufenthalt Ansgars an der Seine finden läßt...

    Ich stimme RaHaHe und findorffer jedenfalls vollumfänglich zu: Die Bremer Solidarität mit Paris und Notre Dame sollte tatsächlich daran bestehen, nun noch vehementer für die Rekonstruktion von Anschari einzutreten und zwar - gerade nach den Ereignissen der letzten Wochen in Frankreich - explizit als christliches Gotteshaus.

    Trotz alledem - dennoch - gerade jetzt !

  • St. Ansgarii hatte seinerzeit mehr Glück, als Notre Dame in Paris im April 2019

    "1647
    den 8. April des Nachts um halb 1 Uhr fährt ein heftiger Gewitterstrahl in die Spitze des St. Ansgarii Kirchthurms, und von da herab in die Kirche; das dadurch ausgebrochene Feuer wird zwar alsobald gedämpft: allein gleich darauf offenbart sich das in der Spitze des Thurms bis jetzt verborgen gewesene Feuer, welches zu löschen man sich, wegen der erstaunenden Höhe, nur vergeblich bemühet. Endlich wagt sich ein Schiefferdecker mit äusserster Gefahr seines Lebens hinan, eröffnet die Spitze des Thurms, macht dem Feuer Luft, und hilft soviel er kann, dass die oberste Spitze samt Knopf und Windfahne gegen 9 Uhr noch brennend über ihm weg und hinunter fällt; indess er sich an dem Thurme festhält. Wegen dieser glücklichen Errettung wird den 24. April ein Dankfest in allen Kirchen der Stadt und ihres Gebieths gehalten, an welchem Vormittags über Psalm XXIX, Nachmittags über Psalm LXXVII gepredigt wird. "
    (Roller; Christian Nicolaus: Versuch einer Geschichte der Kaiserlichen und Reichsfreyen Stadt Bremen. Band IV, 1803, S.44-45.)

    Dazu zitiert Kohl, Johann Georg, Alte und Neue Zeit. Episoden. 1871,S.48 :
    "Vorgedachter Leyendecker (=Schieferdecker) nahmens Henning Muschel, ein Braunschweiger, ist desfalls nebst einer Verehrung an Gelde von E.E. Rathe mit der Bürgerschaft begabet, und von allen bürgerlichen beschwerden, alss Wache, Bürgerwerke, Collecten befreiet worden."

    Wegen seiner grossen Höhe hat der Kirchturm von St. Ansgarii den Blitz damals häufiger angezogen, so auch in den Jahren 1644, 1661, 1731, 1741,1755, 1769, 1770, 1773.

    1771 wird der erste Blitzableiter in der Art der Erfindung von Benjamin Franklin an der St. Ansgarii Kirche montiert.

    Scans der SuUB Bremen von den einschlägigen Seiten des 'Roller':


  • Dieser 'Buten un Binnen' Bericht von Radio Bremen Fernsehen thematisiert den Brand von Notre Dame und dessen Auswirkungen bis nach Bremen. Na ja, immerhin war die Stadt zur Zeit Napoleons I. - und zwar von Dezember 1810 bis November 1813 - Teil des französischen Kaiserreiches, eine 'Bonne ville de l'Empire français' und Hauptstadt des Département des Bouches-du-Weser.

    Der Beitrag ist bis min. 05:51 einschlägig:

    https://www.youtube.com/watch?v=1gRoLgYsBfM

    Karte des Departements der Weser-Mündung:

    Bremens napoleonisches Wappen:

    Und Anschari hat das alles mitgemacht...