Bremen - St. Ansgarii

  • Sehr geehrter Orgelmacher,

    Sie sprechen einen von Vielen - im Forum und aber auch hier in der Stadt - zurecht als 'wunden Punkt' empfundenen Themenkomplex an. Die mitlesenden Bremer Foristen wissen, was ich meine.
    Hinter den Kulissen tut sich momentan jedoch so Einiges, sodaß ich der Hoffnung Ausdruck geben kann, daß es im kommenden Frühjahr in puncto Öffentlichkeitsarbeit (u.a. Internetauftritt) schon ganz anders aussehen dürfte.

  • Danke für die Antwort, lieber Pagentorn! Gibt es eine Möglichkeit, diesem Verein beizutreten (Antwort gerne auch per Mail)? Ich wäre sofort dabei - der Kollege "Prianteltix", denke ich, auch.

    Kultur ist der Sieg der Überzeugung über die Gewalt. - Platon

  • Alt -St.-Ansgarii erhebt nach 74 Jahren wieder ihre Stimme


    Unser neuer Forums-Kollege ‚Orgelmacher’ hat sich die Mühe gemacht, den Klang der beiden Läutglocken von Alt-St.-Ansgarii, so wie diese bis zur Zerstörung 1944 bestanden haben, zu rekonstruieren. Mit seiner Erlaubnis habe ich die Tondateien – mit Bildern unterlegt und mit seinen Erläuterungen versehen – bei Youtube eingestellt. Ich teile diese Datei hier, damit alle Foristen einen Eindruck von dieser grandiosen Arbeit erlangen können.

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  • Dieser Klang wird mit Sicherheit irgendwann wieder in Bremen zu hören sein!

    Die kleine Läuteglocke erklingt in dieser Simulation im Schlagton e', da die meisten Renaissance-Glocken in Norddeutschland eher eine leichte Rippenkonstruktion aufweisen und somit bei gleichbleibender Größe tiefer erklingen. Außerdem ist die Quinte (a° - e') in der Renaissance ein wichtiges Intervall in der Musik gewesen. Dazu werde ich dann allerdings erst mehr sagen können, wenn sich meine Theorien bezüglich der kleinen Läuteglocke tatsächlich bestätigen.

    Kultur ist der Sieg der Überzeugung über die Gewalt. - Platon

  • Dem Plenum der Bremer Altstadtglocken fehlt mit dem ‚Großen Brummer’eine wesentliche Säule

    Es muß ein Traum für jeden Campanologen gewesen sein, wenn man in der Obernstraße stehend, von Osten das mächtige Plenum des Doms mit der ‚Maria Gloriosa’, der ‚Felicitas’, der ‚Hansa’ sowie der gewaltigen ‚Brema’ und gleichzeitig von Westen her den ‚Großen Brummer’ von St. Ansgarii, und ihre kleinere Läutglocke hat hören können. Wenn dann auch noch von Nordosten Unser Lieben Frauen, von Süden St. Martini, aus dem fernen Westen St. Stephani und schließlich die Dachreiterglocken von St. Johann und St. Katharinen mit einstimmten, dann muß die Stadt ihrem uralten Titel als ‚Rom des Nordens’ alle Ehre gemacht haben. Gebe Gott, daß man dieses Ehrfurcht gebietende Klangerlebnis dereinst wieder wird erfahren könnnen !

  • Umso mehr sollte es also ein Ansporn für uns sein, dass wir uns mit der Rekonstruktion der Ansgariikirche nicht nur um eine optische Wiederherstellung des Bremer Stadtbildes kümmern, sondern damit auch die klangliche Silhouette der Stadt wieder vervollständigen!

    Kultur ist der Sieg der Überzeugung über die Gewalt. - Platon

  • Der Sekt ist zwar nicht kaltgestellt, dennoch gibt es etwas zu feiern:
    Die

    100.000


    ist erreicht. In Worten: Einhunderttausend Zugriffe auf den Themenstrang der St. Ansgarii-Kirche.
    Allen Liebhabern der Kirche, Freunden und Befürworter einer Rekonstruktion der *Bürgerlichen'
    sollte diese Zahl eine Motivationshilfe sein für zukünftige Vereinssitzungen, Präsentationen
    in der technischen, modernen Welt und der 'Arbeit an den Bremern', damit das Thema endlich der breiten
    Öffentlichkeit in der Hansestadt und umzu ans Herz und Gedächtnis gelegt wird, damit die Kirche nicht nur
    in naher, mittlerer Zukunft das Kernland der Altstadt wieder belebt, sondern dass ihr Geläut zusammen mit den
    anderen 'Schwergewichten' der Innenstadt spätestens in der Weihnachtszeit für ein unvergessenes Erlebnis
    und Gänsehaut pur sorgt.

    :blumen:cheers:):knuddel::Dcclap:)

    Einmal editiert, zuletzt von Jakku Scum (5. November 2018 um 18:43)

  • Der ‚Einsame Turm’

    Jakku Scum hat in verdienstvoller Weise darauf hingewiesen, daß die Zugriffszahlen dieses Themenstranges vor wenigen Tagen eine – für Bremer Verhältnisse -bemerkenswerte Schwelle überschritten haben. Dies möchte ich zum Anlaß nehmen, den Lesern mit einer stimmungsvollen Federzeichnung aus dem Jahre 1939 zu danken, welche somit fünf Jahre vor dem Untergang entstanden ist.

    Vielleicht liegt es daran, daß ich Angehöriger der ’GenerationGolf’ bin, wenn mir beim Betrachten des Bildes folgende Worte in den Sinn kommen:

    „Fern im Osten, hinter Wässern und Wäldern liegt er, der ‚einsame Berg’ “.

    Nun, Bremen ist zwar immer noch eine Hafenstadt (sic !), aber eben nicht ‚Seestadt’ und St. Ansgarii ist kein Gebirgsmassiv, ragt aber dennoch als ‚einsamer Riese’ aus seiner Umgebung hervor.

    Und die Machart der Zeichnung entspricht tatsächlich in etwa dem Stil, in dem ein gewisser Linguistik-Professor aus Oxford zu aquarellieren pflegte.

    Nun, sei es wie es sei, hoffen wir jedenfalls, daß die ‚Welt im Wandel’ begriffen ist und sich auch in Bremen die Dinge bald in Richtung größerer Rekonstruktionsfreudigkeit bewegen mögen…


  • St. Ansgarii und die Bremer Flußbrücken


    Anbei ein kleiner Gang entlang der Brücken, die die Bremer Altstadt mit der Neustadt verbanden. Der Betrachter bewegt sich flußaufwärts, also von Nordwest nach Südost. Jede der Brücken hatte ihre jeweils ganz besondere Sichtachse zum Turm der Kirche.

    01 Eisenbahnbrücke

    02 ‚Westbrücke*

    03 Kaiserbrücke


    04 St. Pauli Brücke

    05 Große Weserbrücke


    Ceterum Censeo Ecclesiam Esse Reconstruendam !

  • Tolle Bilder! Sie geben uns heute wenigstens einen kleinen Eindruck, wie es damals war - und in Zukunft auch wieder sein wird...!

    Kultur ist der Sieg der Überzeugung über die Gewalt. - Platon

  • Kein Beton zur Rettung - dafür aber Dynamit für die Sprengung

    Nach dem Bombentreffer am 20. Dezember 1943, der schräg in das Turmfundament der Kirche einschlug, begann die Statik des Gemäuers immer instabiler zu werden. Die Rißbildung wurde täglich großflächiger und man kam mit deren Kartierung fast nicht mehr nach. Der Leiter des stadthistorischen Museums (des ‚Focke Museums’), Dr. Ernst Grohne, der damals in Personalunion auch noch die Vorform einer Funktion bekleidete, die wir heute als Landeskonservator oder Landesdenkmalpfleger bezeichnen würden, richtete flammende Appelle und Eingaben an die zuständigen Stellen, mit der Bitte, Beton zur Aussteifung des Turmes bereitzustellen. Sehr wahrscheinlich hätte man auf diese Weise den Letzteren retten können. Aber den nationalsozialistischen Verantwortungsträger war es offensichtlich wichtiger, den U-Boot Bunker Valentin in Bremen-Farge (den größten oberirdischen U-Boot Bunker Europas) fertigzustellen, der alle verfügbaren Beton-Ressourcen in Bremen und umzu band. Den Bitten Grohnes wurde somit nicht nur nicht entsprochen, nein, die Herrschenden schreckten wenige Tage vor dem Einsturz nicht einmal vor dem Vorschlag zurück, den Turm aus ‚Verkehrssicherungsgründen’ kontrolliert zu sprengen. Nun, der Turm hatte dann so viel ‚Würde’, sich am 1. September 1944 selber zu beseitigen…

    Allein das hätte doch Grund genug sein müssen, nach dem Krieg den die Belange des Gotteshauses vernachlässigenden und bewußt zuwartenden Nationalsozialisten nicht das letzte Wort zu überlassen und deshalb den Turm – sobald wie in der Notzeit nach Mai 45 nur irgend möglich – wieder aufzubauen…



    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (10. November 2018 um 09:26)

  • Diese Ausrede überzeugt nicht...

    Wie man anhand des beiliegenden Fotos erkennen kann, vertrug sich der Turm von St. Ansgarii durchaus mit den Elementen 'Flachdach' und 'Glasfassade'.
    Somit kann die momentan an Obern- und Hutfilterstraße vorherrschende nüchterne Architektur der funktionalen Moderne nicht als Argument / Ausrede dafür herhalten, den Turm wegen vermeintlich stilistischer Unvereinbarkeit mit den aktuellen Bestandsbauten nicht wieder errichten zu können / zu wollen.


  • Allerdings habe ich die große Befürchtung, daß ein wiederaufgebauter Kirchturm von St. Ansgarii von den geplanten achtzig Meter hohen Neubauten auf dem Sparkassen-Areal am Brill optisch ebenso 'verschluckt' werden würde, wie es jetzt schon beim Turm von St. Stephani im Verhältnis zum 'Weser-Tower' von Helmut Jahn am Stephanitorsbollwerk der Fall ist:

    Deshalb dürfen die Hochhäuser am Brill auf gar keinen Fall diese vertikalen Ausmaße erhalten !

  • 74 Jahre der Nichtexistenz hinterlassen Ihre fatalen Spuren

    Wohin das Verschwinden von St. Ansgarii aus dem Stadtbild geführt hat, läßt sich sehr schön an der folgenden Zeichnung erkennen, die sogar für Zwecke der 'Bremen-Werbung' Verwendung findet:

    Der Bereich der 'mittleren Altstadt' zwischen Karstadt und dem Brill, ist auf ein gefühltes 'Nichts', ein 'Nullum' zusammengeschrumpft. Selbst das Gewerbehaus (das alte Pendant zum Gotteshaus) ist nicht eingezeichnet.
    Man kann dem Künstler aber noch nicht einmal einen Vorwurf machen, denn in der Tat ist das gegenwärtige Areal so nichtssagend und unwirtlich, daß jeder gerne schnell hindurchpassiert. Aufenthaltsqualität und Einladung zum Flanieren sehen wahrlich anders aus.
    Mit anderen Worten: Die momentan Verantwortung Tragenden wissen offenbar gar nicht, welch ein - geographisch großes - Potential hier brach liegt und erst neu zu entdecken wäre. Aber bevor nicht die Einsicht siegt, daß wirklich Alles in diesem Bereich mit Turm und Kirche von St. Ansagrii steht und fällt, kann man nichts positiv Neues erwarten; leider !

  • Der Samen des Todes vom 20. Dezember 1943


    Der als Projekt Nr. 159 des VIII. Bomber Command der US-Airforce in den Mittagsstunden des 20. Dezember 1943 ausgeführte schwere Tagangriff auf Bremen hielt für die St. Ansgarii Kirche den Samen des Todes bereit. Denn die hier im Strang schon mehrfach erwähnte unheilvolle Sprengbombe schlug während genau dieses Luftangriffs schräg in das Turmfundament ein, mit den bekannten Folgen…

    Anbei einige Bilder und auch ein Video über den Bombenangriff:

    Abbildung 01
    Die Flugroute einer Gruppe der über 500 Flugzeuge umfassenden Bomberverbände des Angriffs vom 20. Dezember 1943.

    Abbildung 02
    Bomber im Anflug auf Bremen am Vormittag des 20. Dezember 1943.

    Abbildung 03
    Das brennende Bremen am 20. Dezember 1943.

    Abbildung 04
    Der Bericht von Fritz Peters in der ‚Bremischen Chronik 1933-1945’ über die wichtigsten, der am 20.Dezember 1943 entstandenen Schäden.



    Abbildung 05
    Bericht in der New York Times vom 21. Dezember 1943 über den Angriff.

    Abbildung 06
    Lokalisierung des Bombentreffers im Turmfundament rechts vom Turmportal (roter Pfeil).

    Abbildung 07
    Großansicht des Bombentreffers. Links ist das Turmportal zu erkennen.
    (Quelle: Online Kriegsschadens-Dokumentation des Staatsarchivs Bremen)

    Film über Sergeant Forrest T. Vosler, der aufgrund besonderer Tapferkeit im Einsatz am 20. Dezember 1943 über Bremen die Medal of Honor erhielt:

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    Ich denke, hier ist durchaus ein Potential für ein 'gemeinsames praktisches Versöhnungswerk' vorhanden, ähnlich demjenigen der Dresdner Frauenkirche... :gehtsnoch:


    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (19. November 2018 um 09:18)

  • Ein Bild der Mahnung anläßlich des heutigen Volkstrauertages

    Als die Furie des Krieges im Mai 1945 endlich verstummt war, bot St. Ansgarii von Osten her betrachtet ein Bild, welches - trotz aller Zerstörung - immer noch die Würde dieser einst so majestätischen Kirche erahnen ließ. Die Giebel standen in ihrer überwiegenden Zahl noch. Mit dem nötigen guten Willen, wäre die Ruine für den späteren Wiederaufbau zu retten gewesen...

    (Standort des Fotografen: Rundturm des Lloydgebäudes an der Ecke Große Hundestraße / Papenstraße)

  • Vielleicht ein gutes Omen...

    Momentan baut die Firma 'Quest Invest', welche das westliche Drittel des Bremer Carrées erworben hat, diesen Gebäudeteil grundlegend um, wobei für den außenstehenden Betrachter vor allem neue großflächige Schaufensterscheiben ins Auge fallen, die sich - fast schon wohltuend - vom übrigen düsteren Fassadenglas abheben. Ein Nebeneffekt dieser Fenster ist, daß sich nun das historische Gewerbehaus in ihnen spiegelt.
    Das ruft Erinnerungen an 'Erichs Lampenladen' wach, dessen Scheiben ja einst den Dom von Julius Carl Raschdorff reflektierten. Und was daraus geworden ist, wissen wir ja alle...
    Wollen wir also hoffen, daß sich die Dinge in Bremen ähnlich entwickeln mögen. Denn dann käme nach der optischen Verdopplung des einzigen historischen Gebäudes am jetzigen Ansgari-Kirchhof irgendwann auch der Wiederaufbau der Kirche...

    Abbildung 01: Die Südwest-Kante des Carrées am 18.11.2018.

    Abbildung 02: Frontalansicht der Westseite mit dem reflektierten Gewerbehaus in den Erdgeschoßfenstern.

    Das Gebäude vermag seine eigene Häßlichkeit somit nur noch dadurch zu kaschieren, daß es sich mit fremden (historischen) Federn schmückt...

  • 'Ansgari-Haus'

    Die Firma 'Quest-Invest' hat für ihr neues Objekt eine Werbeseite im Internet mit Visualisierungen des umgebauten Gebäudes geschaltet. Auf dieser Seite wird dem bisherigen 'Bremer Carrée' der Zuname 'Ansgari-Haus' gegeben. Vielleicht wird dann dieser Zuname später zur einzigen offiziell verwendeten Bezeichnung des Komplexes werden. Damit wäre natürlich noch kein Stein der Kirche wieder an Ort uns Stelle verbaut, aber eine derartige Umbenennung des gegenwärtigen Baubestandes ginge zumindest nicht in die falsche Richtung. Im Gegenteil, es ruft in Erinnerung, daß die Platzbezeichnung 'Ansgari-Kirchhof' ihren Ursprung in dem zentralen Gebäude vor Ort hatte.

    Hier der 'Link':

    https://www.quest-investment.com/portfolio/bremer-carree/

    P.S.:
    Vielleicht ist diese Umbenennung ein Anzeichen dafür, daß unsere 'Erinnerungsarbeit' an die Kirche allererste Früchte trägt und sich die Betreiber des den geheiligten Boden der Kirche besetzt haltenden, 'baulichen Usurpators' nun schon genötigt fühlen, sich durch die Namensgebung ein Mindestmaß an Legitimität zu verschaffen.

    Ein selbstredend untauglicher Versuch !