• … aber nicht als "Gebäude des Jahres" des Vereins, denn dafür muss es im Jahr der Auszeichnung fertiggestellt worden sein. Man könnte aber über eine öffentliche Liste sonstiger auszeichnungswürdiger Gebäude nachdenken.

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    Es handelt sich ganz offensichtlich um die drei Häuser unten rechts (im Vordergrund). wo ist der Rest geblieben? (vgl das Photo von Jan #75. Schrecklich.


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    Gröperstraße in der Altstadt 1985, die Häuser wurden zur DDR-Zeit dem Verfall preisgegeben


    Bild von Hajotthu auf Wikipedia.

    Halberstadt ist eine furchtbar gebeutelte Stadt. Sie war einst eine der schönsten Deutschlands, die es mit Goslar und Quedlinburg locker aufnehmen konnte.

    Diese Sichtweise muss man auch einmal erst verkraften... Als bereits krankhafter Optimist neige ich ja eher dazu, Verluste herunter zureden. Aber sicher war Halberstadt als Kathedralstadt gegenüber Goslar im Vorteil, das seinen Dom bekanntlich ja abgerissen hatte. Die zentrale Einbettung der Stadtkrone aus Dom und Liebfrauenkirche war auch etwas ganz Besonderes. Wahrscheinlich war die Qualität der Fachwerkbebauung sogar höher als in Quedlinburg...

    Wenn man sich über die Sinnlosigkeit und das besondere Unglück des späten Datums aufregt, kann man sich das immense Glück Erfurts vor Augen führen, dem ein paar Tage zuvor durch Intervention General Pattons ein noch schlimmeres Schicksal erspart geblieben ist.

    Sonst könnte man tegula nur dahingehend verbessern, dass keine (britische) "Bombennacht" sondern ein (amerikanischer) Tag gewesen ist, was aber wirklich auch schon wurscht ist. Die hohe Zahl der erhaltenen und danach beseitigten Fachwerkhäuser stimmt einen auch nicht froher. Ganz schlimm auch der frühe Bericht Dänes in diesem Strang, der noch Zeuge des Abrisses geworden ist. Dass aus diesem traumatischen Erlebnis sein Interesse für deutsche Stadtbaukunst herrührt, ist in meinen Augen sehr bemerkenswert und so etwas wie eine dialektische Verlusterfahrung.

    Ich persönlich hab auch eine frühe Halberstadt-Erfahrung gemacht, aber diese war glücklich: Ich stand bei einer Harzwanderung auf der Burg Regen und blickte in die damals noch unverdorbene mitteldeutsche Landschaft mit Alleen und Rapsfeldern. Ganz weit hinten erblickte man ganz klein Halberstadt mit seinen Kirchtürmen und, ja, roten Dächern. Es ja wunderbar, ideal und intakt, ja ganz gesund aus, wie aus dem Bilderbuch.
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    Heute drängt sich leider nicht mehr der Vergleich mit Goslar und Quedlinburg, sondern mit Hildesheim auf, das vielleicht den allerschwersten Stadtbildverlust Europas darstellt. Nach Betrachtung des Drohnenvideos einige Beiträge vorher muss ich eingestehen, dass ich mir das schütterer und ahistorisch gewordene Stadtbild Halberstadts ungleich mehr zusagt als die sinnlose wie hässliche Dichte Hildesheims und anderer Städte des Westens. Es sei nicht in Abrede gestellt, dass in Hildesheim nicht annähernd so viel erhalten geblieben ist und dass in Halberstadt schwerste Frevel begangen wurden, dass man auch darüber hinaus einiges verabsäumt hat, indem man für das zentrale Stadtbild durch Transloziierung peripherer vereinzelter Fachwerkzeilen viel mehr hätte herausholen können.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Angesprochen werden darf auch der enorme historische Glockenreichtum von Halberstadt, der, sicher gemeinsam auch mit Stendal und Merseburg, das Potential zu einer lebenslangen Beschäftigung mit ihnen hätte. Von sehr vielen von ihnen geht eine unbändige Faszination aus. Stellvertretend für viele weitere Glocken wird man hier die Osanna, den Laurentius, die Maria Magdalena, den Stimpimp im Dom, aber auch die Feuerglocke in St. Martini nennen. Halberstadts Wahrnehmung als Orgelstadt, sieht man von dem Cage-Projekt einmal ab, müßte allerdings durch die Rekonstruktion der Beck-Orgel in St. Martini; aber auch durch den mittelfristig notwendigen Neubau im Dom (hinter dem alten Gehäuse) in der Zukunft wohl erst noch reaktiviert werden. Aber wie einschneidend die Zäsuren in den Jahren zwischen 1945 bis 1990 auch sind; der kulturelle Reichtum hat für die Zukunft sehr, sehr viel Potential.

  • Es handelt sich ganz offensichtlich um die drei Häuser unten rechts (im Vordergrund). wo ist der Rest geblieben? (vgl das Photo von Jan #75. Schrecklich.

    Ich war in den 1990ern recht häufig in Halberstadt. Die Wende kam für die Stadt gerade noch rechtzeitig. Die DDR ließ dort die Fachwerkhäuser systematisch verrotten und zusammenbrechen. Ich konnte vielfach durch die Straßenfassade bis in den verwilderten Garten durchschauen. Dazwischen meist nicht mehr viel. Noch Ende der 80er sind ganze Straßenzüge abgerissen worden. Ein Freund hat dann Anfang der 90er an archäologischen Grabungen an diesen Stellen mitgewirkt. Ich kannte ja viele DDR-Städte rund um die Wende, aber keine war so zerfallen wie Halberstadt.

    Wer heute in der Stadt ist, sieht davon nicht mehr viel. Das Rathaus ist sogar in Teilen wieder rekonstruiert. Ich werde dieses Jahr wieder nach Halberstadt kommen und wahrscheinlich gleich mehrere Artikel darüber verfassen.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Eine weitere erfreuliche Meldung aus Halberstadt: Die ehem. Farbenfabrik in der Strasse "Unter den Weiden" wird saniert. Artikel hinter Bezahlschranke.

    Ehemalige Farbenfabrik in Halberstadt wird saniert

    Ansicht des Gebäudes

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.