In Wien existieren eine Reihe von Barockpalästen, welche man einer genaueren Betrachtung unterziehen sollte. Ich werde in diesem Strang versuchen, möglichst chronologisch vorzugehen, von gewissen Ausnahmen abgesehen. Mein Ziel ist es, anhand von Bildern die Entwicklung der Palastarchitektur in Wien nachzuvollziehen, wobei das Hauptaugenmerk ganz klar auf den Stadtpalästen liegt, die weiter außerhalb liegenden Gartenpaläste unterscheiden sich architektonisch sehr stark.
In Wien mussten die Architekten oft mit sehr wenig Platz auskommen, weshalb viele Palais über mehrere Innenhöfe verfügen. In ganz seltenen Beispielen kam es nahe der Stadtmauer zu größeren Abbrüchen, wodurch Platz vorhanden war (zB beim Palais Liechtenstein). Dazu kommt, dass sich viele Adelige nahe der Hofburg ansiedeln wollten (Herrengasse). Im Laufe der Zeit hat sich ein zweites Zentrum des Wr Palais entwickelt, und zwar im Kärnterviertel, eingeleitet durch den großen Palast Prinz Eugens. Auch dort sind daher einige interessante Palais vorhanden, wenngleich die Dichte im Herrengassenviertel wesentlich höher ist.
Architektonisch kann man grob das 17. und das 18. Jhdt voneinander abgrenzen, wobei es erst ab 1683 zu vermehrter Bautätigkeit kam, weshalb die meisten Paläste im 18. Jhdt entstanden sind. Anfangs waren va die italienischen Architekten federführend, wurden ungefähr ab 1700 jedoch von Fischer v Erlach und Hildebrandt abgelöst. Daher ist in gewisser Hinsicht auch ein Bruch erkennbar, der durch die nachträgliche Änderung vieler Paläste jedoch stark abgemildert wird. Während Johann Bernhard Fischer v. Erlach va vom Kaiserhaus sehr geschätzt wurde, erhielt Johann Lukas v. Hildebrandt va Aufträge von Prinz Eugen und vielen anderen Adeligen, wobei es auch oft zum Zusammenwirken beider Architekten kam (zB am Stadtpalais von Prinz Eugen, oder auch am Palais Batthyany-Schönborn).
Beginnen werde ich mit einem frühen Palais, dem Palast Liechtenstein-Kaunitz, welcher unmittelbar am Rande der Stadt lag und auf einem größeren, freien Grundstück platziert werden konnte, wodurch das Palais eine erstaunliche Größe aufweist. Das Palais wird gerade für ein Museum der Liechtensteinschen Sammlungen adaptiert und saniert, weshalb ich keine aktuellen Bilder habe. Der Zustand entspricht somit jenem von 2008.
Auftraggeber des Palastes war ursprünglich Graf Kaunitz, der den Rohbau jedoch an Fürst Liechtenstein verkaufte. Begonnen wurde der Bau 1689 und damit kurz nach der Abwehr der Türken vor Wien, was generell als Startschuss für eine Palastbauwelle gesehen werden kann. Zunächst wurde der bayrische Hofarchitekt Enrico Zuccalli engagiert und beauftragt, einen italienischen Stadtpalast zu errichten. Er orientierte sich dabei am römischen Palast Chigi-Odescalchi Berninis. Abgelöst wurde Zuccalli vom Römer Domenico Martinelli um 1690, der sich auch weitgehend für den Stadtpalast Liechtenstein verantwortlich zeigt (wer den Alsergrund-Strang noch im Kopf hat). Ähnlichkeiten zum Stadtpalais sind durchaus vorhanden, va auf der Seite zur Bankgasse, va durch den strengen, nüchternen Aufbau der Fassade, der va durch das Portal und die Balustrade aufgelockert wird.
Hier zeigt sich die heutige städtebauliche Situation. In der Gassenflucht befindet sich das Concordiahaus, links das Palais Dietrichstein, rechts angeschnitten das Palais Starhemberg und die Minoritenkirche, nach der der Platz benannt ist.
Die abgeschnittene Fassade zum Minoritenplatz wird hier sichtbar.
Portal zum Minoritenplatz.
Nochmals das Dreigestirn Dietrichstein-Liechtenstein-Starhemberg, links die Minoritenkirche.
Das Portal zur Bankgasse samt Liechtensteinschem Wappen.
Die nüchterne Fassade ist va durch das leicht hervortretende, fünfachsige Mittelrisalit gegliedert, welches wiederum eine Pilastergliederung nach römischer Schule aufweist.
Hier die Fassade, die sich ursprünglich neben der Stadtmauer befand und sehr schlicht gehalten ist.
Ein letzter Blick in die Bankgasse, wo das Palais Starhemberg sichtbar wird.