• Moderationshinweis: Satz zu themenfremder Diskussion entfernt.

    Generell wirft sich die Frage auf, ob bzw inwieweit dieser zweifelsohne gelungene Stil nachahmenswert sein soll. Ist immerhin auch schon 100 Jahre alt. Warum nicht gleich echte Hanseatik nachmachen?

    Wie ich immer sagte: die Zerstörungen bzw der Wiederaufbau fiel in die denkbar unglücklichste Zeitspanne. 2o Jahre früher hat man noch so gebaut...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Moderationshinweis: Absatz zu themenfremder Diskussion entfernt.

    Aber jetzt bitte zurück zu Anklam, das übrigens auch mal schwedisch war.

    Die Häuser, die johan v2 gezeigt hat, gefallen mir sehr gut. Sie sind das Gegenteil von dem, was im Anklamer Hansequartier geplant ist. Sie passen stilistisch nach Stockholm, haben gute Proportionen. Von dieser Architektur sollte sich Anklam inspirieren lassen. Es sind ja recht schlichte Häuser, die man auch heute noch in Deutschland bauen könnte (bevor eine dämliche Bemerkung kommt: mit anderen Türen natürlich).

    Zur Verteidigung der Anklamer Planungen wurde was von Sommerfrische und Ferienstimmung geschrieben. Hier ist aber kein Ferienresort geplant, sondern ein Stadtquartier und es gibt in Vorpommern auch Winter. Deshalb passen die Planungen meines Erachtens nicht dorthin.

  • Es wäre allerdings ein Retro-Retro-Stil, eine Vereinfachung von Vereinfachung. Zugegeben, die schwedische Vereinfachung war äußerst stilvoll, aber könnte man das von einem Aufgriff mit 100 jähriger Verspätung auch sagen?

    Letztlich ist es nichts anderes als eine lokale Ausformung des seinerzeitigen sozialen Städtebaus, die deutlich konservativer als zu Berlin oder gar Wien ausfiel (während man die Wiener Gemeindebauten auch ob ihrer "Rückständigkeit" gescholten hat. Aber man stelle sich vor: solche Füllbauten in Hamburg, Bremen oder Lübeck... was für ein Traum...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • @ U.C.

    Klar, diese Häuser sind retro und vereinfacht aber als Fullbauten wäre sie besser als viele Neuinterpretationen.

    Aber so ein Gebäude wurde auch nicht schaden?

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  • Moderationshinweis: Absatz zu themenfremder Diskussion entfernt.

    Ich ging vorgestern durch das Viertel und dachte spontan dass diese Häuser zeigt wie man mit einfache Mitteln, schlichte Fassaden und richtige Proportionen und Materialwahl wahrscheinlich in Anklam alles noch besser machen kann.

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    Riegel, Frank1204 et al hat aber im Prinzip recht. Diese Pläne in Anklam fehlt halt die Proportionen und zeigt eigentlich wie weit wir von klassische bauen sind. Wir sind halt dankbar wenn es nicht wie eine schwarze Kiste aussieht. Setzen wir die Anspruche zu niedrig?

    Die schwedische Bilder zeigt das less is more. Besser etwas einfaches gut zu machen als etwas schweres schlecht zu machen

  • Die Teufel sitzt im Details wie oft Zeitlos schreibst. Es sitzt im Fenster, Turen, Farbe und Wertigkeit die Ausfuhrung. Ich bin immer mehr und mehr dieser Ansicht. Ein paar Beispiele von jetzt zeigt diese Tugenden.

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    Uberlagt mal - es war fur derzeitige Arbeiterklasse

  • In Deutschland gibt es mit dem "Heimatstil" der 00er bis 50er Jahren eine historische Entsprechung zu den Beispielen von Johan.

    Der Heimatstil (oder Heimatschutzstil, Heimatschutzarchitektur) orientierte sich an lokalen Bautraditionen und bildete mit seinen - verglichen mit dem Jugendstil - schlichten Formen einen gemäßigten Kontrapunkt zu Frühmoderne.

    Im Gegensatz zu dem hier diskutierten Entwürfen für Anklam entstanden in der Regel architektonisch anspruchsvolle Bauten, die keineswegs kitschig wirkten.

    Wikipedia

    Bildbeispiel aus Flensburg:

    Heimatschutzarchitektur

  • Hier gibt andere Beispiele von 1920 -1930 in Stockholm

    Seafront

    IMG_20191227_131434

    IMG_20191227_131440 IMG_20191227_131536 IMG_20191227_140808

    Gibt es auch Giebelhäuser in Heimatstil immer noch?

  • Die Fassade Königstraße 57 in Lübeck ist von 1906 - die Jahreszahl ist übrigens auch bei maximaler Vergrößerung auf dem Wikipedia-Bild zu erkennen.

    Der Fassadenwettbewerb war allerdings schon 1901.

    Ich möchte nicht unhöflich sein, aber ist das jetzt hier eigentlich ein Strang über Heimatschutz geworden oder können wir bitte langsam mal wieder zum eigentlichen Thema Anklam zurückkommen?

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Die Fassade Königstraße 57 in Lübeck ist von 1906 - die Jahreszahl ist übrigens auch bei maximaler Vergrößerung auf dem Wikipedia-Bild zu erkennen.

    Der Fassadenwettbewerb war allerdings schon 1901.

    Ich möchte nicht unhöflich sein, aber ist das jetzt hier eigentlich ein Strang über Heimatschutz geworden oder können wir bitte langsam mal wieder zum eigentlichen Thema Anklam zurückkommen?

    Die Sinn mit meine Bilder war nur zu zeigen dass Altstadtgerecht nicht aufwendig sein muss. Meine gezeigte Bilder war damalige Sozialwohnungen. Die Argument war dass die Armut Anklam bessere Ergebnise verhindern muss.

  • Ich habe nochmal ein Beispiel für gutes Bauen in Anklam hervorgekramt, das Lupi hier vor einem Jahr präsentiert hat:

    Der Neubau Heilig-Geist-Str. ist mittlerweile fertiggestellt

    Die abgerissenen Altbauten waren heruntergekommen und kein wirklicher Verlust

    Wiki Commons, Benutzer Elisauer

    Wiki Commons, Benutzer Elisauer

    Ich finde es zwar schade um die beiden alten Häuser und sie standen ja auch unter Denkmalschutz (deshalb hatte Elisauer sie fotografiert), aber der Neubau ist sehr angenehm geworden und zeigt uns, dass schlicht und gut auch in Anklam möglich ist.

    Beschreibung der Lage des Neubaus in der Heiligen-Geist-Straße auf dem Luftbild: Da, wo unten die große Straße in Richtung Brücke einschwenkt, kann man nach oben (also nach Osten) eine Altstadtstraße verfolgen. Dies ist die Heilige-Geist-Straße. Auf der linken Straßenseite ist hinter einer Grünfläche der rosafarbene barocke Turm der Heiligen-Geist-Kirche auszumachen. Er taucht auch auf den Fotos von Lupi auf. Im Straßenabschnitt davor sieht man rechts einen Baukran. Das ist die Baustelle des von Lupi gezeigten Neubaus. Der Ort befindet sich also in der Nähe des Hafens.

    Die Heilige-Geist-Kirche wurde 1738-1740 für die neue preußische Garnison errichtet. 1854 wurde sie profaniert und nach einem Entwurf Stülers zu Wohnzwecken umgebaut. Sie ist ein tolles Beispiel für die Umnutzung einer Kirche.

    Anklam, ehemalige Heilige-Geist-Kirche (Garnisonkirche) in der Heiligen-Geist-Straße (Foto: Erell, 16. Dezember 2012, CC-BY-SA-3.0)

    Nach links (Burgstraße) sind es von hier nur wenige Schritte bis zum Areal des künftigen Hansequartiers. Die Straße heißt übrigens wirklich Heilige-Geist-Straße (nach der ehemaligen Kirche), wie das blaue Schild mit dem Straßennamen an der Kirche auf dem Foto oben beweist (bei maximaler Vergrößerung über den Bildlink kann man es lesen).

    Anklam, ehemalige Heilige-Geist-Kirche in der Heiligen-Geist-Straße (Foto: Erell, Oktober 2007, CC-BY-SA-3.0)

    Einfach nur wunderschön! Wie gut, dass die Kirche und die beiden östlich angrenzenden Häuser erhalten blieben! (Kriegsschäden an der Kirche waren bis 1955 beseitigt worden.) Dahinter folgt dann quergestellte Wohnbebauung aus der Wiederaufbauphase vor 1970 (auf dem Luftbild gut zu sehen). Es handelt sich um Typenbauten, die massenhaft in kriegszerstörten Provinzstädten der DDR zu finden sind. Bautechnisch handelt es sich um eine Vorform der Plattenbauten. Mit ihren angenehmen Proportionen und schönen Satteldächern fügen sie sich gut ein.

  • Ich glaube, der grundsätzliche Streit, der hier entstanden ist, resultiert aus Folgendem:

    Normalerweise wird bei heutigen Neubauprojekten restlos auf historische Architekturelemente verzichtet. Treppengiebel, Arkaden, Zinnen oder Quergiebel kommen einfach gar nicht zum Einsatz, stattdessen gibt es dann die uns bekannten Klötze mit Glas- oder Rasterfassade.

    Die Kritik daran ist einfach und da sind wir uns auch alle einig, nur besonders viel zu diskutieren gibt es dann auch nicht.

    Bei diesem Projekt hier in Anklam setzt man nun sehr wohl auf historische Architekturelemente, beziehungsweise, der Wille, sie zu verwenden, ist da.

    Das Problem ist nur, dass diese Elemente laut Meinung einiger (und ich würde dem zustimmen) scheinbar wahllos zusammengewürfelt wurden und das Verständnis, was diese Elemente für eine Fassade bedeuten und bewirken, bei den Planern offenbar nicht ganz vorhanden ist.

    Das ganze wird dann auch noch mit heutigen Investorenwünschen (ganz viele Balkone oder Balkonlöcher in der Fassade) gemischt und die historischen Architekturelemente drumherum "drangepappt".

    Ich fand das Beispiel von Riegel bezüglich des Treppengiebels ganz einleuchtend: Die ganze Fassade würde nur halten, weil sie vor einem Stahlbeton-Skelett hinge. Währe es eine aufgemauerte Fassade aus früheren Zeiten, würde die ganz obere Konstruktion mit dem riesigen Balkonloch, dem großen Fenster und dadrüber die schmalen Mauerabschnitte des Giebels in keinster Weise halten und wäre so niemals gebaut worden. Dass da "etwas nicht stimmt", erahnt man beim ersten Blick.

    Die andere Fraktion hier begrüßt es nun aber grundsätzlich, dass man überhaupt auf diese historische Formensprache zurückgreift. Ganz nach dem Motto: Es ist vielleicht nicht perfekt, aber immerhin wurde es versucht, allein das muss doch schon honoriert werden. Allein der Schritt, eben nicht auf moderne Klötze zu setzen, ist so wertvoll, dass überzogene Kritik die Verantwortlichen am Ende verschrecken könnte und sie doch wieder auf Klötze setzen. (Nach dem Motto, die werden wenigstens von den Modernisten geschätzt, während die aktuellen Planungen sowohl Modernisten als auch Traditionalisten ablehnen.)

    Am Ende bleibt also die Frage: Reicht der Versuch aus, um zufrieden zu sein? Soll jedes Projekt, wo hier ein Treppengiebel, dort ein Eckturm und ein paar Fensterläden auftauchen von uns goutiert werden?

    Ich sage, wer A sagt, muss auch B sagen. Wenn man den ersten Schritt geht, historische Architekturelemente zu verwenden, dann bitte auch richtig. Es darf nicht beim Halbherzigen "Dranpappen" solcher Elemente an Gebäuden bleiben, die ansonsten auf volle Flächennutzung setzen (mit allen "Features" wie Balkonen an der ganzen Fassade). Wenn, dann muss man auf die straßenseitigen Balkone, auf dachbreite Gauben und das Staffelgeschoss eben auch verzichten. Dann muss man auf regionaltypische Merkmale setzen und nicht wahllos untypische Fensterläden oder Türme mit Kugeldach planen. Ansonsten wirkt es halbherzig und wie ein fauler Kompromiss.

    Was mich jetzt interessieren würde, da ich mich mit Kleinstädten an der Ostsee so gar nicht auskenne, wie sähe denn ein ortstypische Bebauung aus? Hat jemand historische Bilder von Anklam oder vergleichbaren Städten, wo ein Gebäudeblock an einer ähnlich repräsentativen Stelle am Wasser liegt?

  • In Schweden gibt es im Tat viele halbgare postmoderne Treppengiebel - fur mich ist die Ausfuhrung ein Witz.

    Die Fenster sind grausam - alles sieht billig aus. Reicht die historische Zitate die Mängeln aufzuwerten? Sind die Anklamer Model weiter als diese Beispiel?

    Postmoderne Treppengiebel in Trelleborg in 1990iger

    Screenshot_20200622_170335

    Treppengiebel in 1930iger

    IMG_20200620_203727

  • Was mich jetzt interessieren würde, da ich mich mit Kleinstädten an der Ostsee so gar nicht auskenne, wie sähe denn ein ortstypische Bebauung aus?

    Das ist natürlich ein Problem - eher durchschnittlich, wenn nicht gar mickrig. Eine schöne Giebel als Glanzlichter und sonst sehr kleinstädtische Gründerzeit ohne Glanz:

    https://www.nikolaikircheanklam.de/Abbildungen/vo…zerstoerung.htm

    (runterscrollen zu den Straßenansichten)

    https://de.nailizakon.com/a/08-mv/anklam/markt.html

    eventuell auch noch sehr einfaches brandenburgisches Fachwerk.

    mE ist die Aufgabe befriedigend nicht lösbar ohne Rekos der vereinzelten Prachtexemplare.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ja, es waren größtenteils relativ einfache traufständige Häuser, zwei- bis dreigeschossig plus Satteldach. Darin eingestreut einige (wenige), aber dafür umso hochkarätigere Giebelhäuser der Gotik, teilweise später überformt. Lupi möge mich korrigieren, wenn ich falschliege.

    Deswegen wirken auf mich auf dem weiter oben verlinkten Luftbild die Nachkriegs-Wohnblöcke nördlich der Nikolaikirche mit ihren roten Satteldächern zumindest aus dieser Ansicht passender im Stadtbild als der von Lupi vorgestellte Neubauentwurf. Ursus hat da vollkommen recht - die wenigen herausragenden Giebelhäuser - zum Beispiel am Markt - hätten rekonstruiert werden müssen, dann wäre man beim Rest mit einfachen Traufhäusern besser gefahren als mit dem jetzigen Sammelsurium aller möglichen Bauformen mit denen man offenbar irgendetwas zu kompensieren versucht, was dann gar nicht nötig wäre.

    Ich möchte aber auch nicht falsch verstanden werden: Auch ich finde, vor die Wahl gestellt, so etwas immer noch besser als irgendwelche Flachdach-Rasterblöcke.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Bevor ich zu den Reko-Kandidaten in Anklam komme, ein kurzer Blick nach Wollin, wo gerade ein (wohl weitesgehend) Reko-Viertel aus dem Boden gestampft wird: So kann es natürlich auch gehen.

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