• Das weltgrößte Gebäude in (neo)historistischem Stil steht vor seiner Vollendung. Einzelheiten unter folgenden URLs:

    http://www.faz.net/s/RubF3CE08B36…ommon~SMed.html

    http://www.home-designing.com/2009/10/abraj-…-hotel-in-mecca


    Ich für meinen Teil sehe mich ja durchaus als Freund markanter, den historischen Formenfundus erweiternder Hochhausarchitektur. Selbst in Schlagdistanz zu altehrwürdigem Kulturerbe (hier wurde nichts zerstört, was ab den Sechzigern nicht schon zubetoniert war). Insofern sollte dieses Bauwerk trotz seiner Maßstabslosigkeit (hiergegen war Speers Große Halle ein ausgewogener Wiedergänger v. renaisssancezeitlichen Zentralbauträumen) ein zumindest interessantes Beispiel eines "wuchernden" Traditionalismus abgeben, auch in Hinblick auf die Verschmelzung islamischer und europäischer Traditionen.

    Der "Kopf" des Hauptturms ist jedenfalls um einige Grade durchgearbeiteter als diverse ostasiatische Pendants; sicher auch im Verhältnis außerordentlich teuer und mit erlesenem Material ausgestattet. Vergleiche zur Moskauer Lomonossowuniversität drängen sich auf; einem der eindrucksvollsten Hochschulgebäude der Welt, ungeachtet seiner problematischen Entstehungszeit.


    Und dennoch wird mir beim Anblick dieses Golems schlecht - vllt. auch wg. der Vorstellung eines "schweizerisch-deutschen" (!!!) Gestaltungsgespanns....was meint ihr ?

    Nein, die werden gedünstet

  • Ich frage mich, ob so ein Riesenbau auf Dauer ökonomisch und logistisch beherrschbar ist?
    DIE Betriebskostenabrechnung ist bestimmt interessant.

  • Zitat von "Wissmut"

    hier wurde nichts zerstört, was ab den Sechzigern nicht schon zubetoniert war).



    2002 wurde an der Stelle eine osmanische Festung niedergerissen, die vorher auf einem Hügel über der Haram-Moschee thronte: http://en.wikipedia.org/wiki/Ajyad_Fortress

    Das Gebiet nördlich und westlich der Heiligen Moschee ist jüngst (vgl. Google Earth) gleichfalls plattgemacht worden. Da standen zwar keine großartigen Baudenkmäler, war auch stark überbaut, aber zumindest historisch gewachsen. Die Planung sieht dort nun eine Kreuzung von Dubai und Bukarest vor.

    Zitat von "Wissmut"

    Lomonossowuniversität


    Die und ihre sechs Schwestern hatten ja die amerikanischen Art-Deco-Wolkenkratzer zum Vorbild (genauso wie etwa die russischen Autoproduzenten in den 50ern auch Ami-Fabrikate nachahmten). Diese Stilrichtung hätte wohl eine Renaissance verdient, wie der Kollhoff-Tower am Potsdamer Platz beweist. Dabei sollte man aber eine klare, einheitliche Formsprache (möglichst in lokaler Tradition) wählen, und nicht so ein postmodernes Mischmasch, wo einfach das Ziffernblatt von Big Ben 3:1 nachgebaut wird.

  • Zitat von "Ohrensesselexperte"

    2002 wurde an der Stelle eine osmanische Festung niedergerissen


    Nun gut, die Osmanenherrschaft war unter den Arabern nie beliebt; da dürften neben simplen Machbarkeitswahn auch "kulturpolitische" Motive eine Rolle gespielt haben. Der Rest...nun, mag sein, daß die Straßenzüge aus alter Zeit stammen, aber das ist in Pforzheim auch der Fall, wenigstens teilweise. :)

    Zitat von "Ohrensesselexperte"

    Dabei sollte man aber eine klare, einheitliche Formsprache (möglichst in lokaler Tradition) wählen


    Völlig richtig.
    Da kommen mir z.B. die klinkerverblendeten Hochhäuser in Rotterdam oder das Hochhaus an der Rostocker Langen Straße in den Sinn, beide mit hohen Steildächern ausgestattet. Das letztere sogar mit Staffelgiebel und Dachreiter....so scheußlich die Lange Straße auch in ihrem dumpfen Rest sein mag, aber dort hat man einen guten Griff getan. Altstadttauglich. Erinnert weit mehr an Höger als an den bekannten stalinistischen Einheizstil. Den übelsten Vertreter dieser Art dürfte wohl das Akademiegebäude in Riga abgeben...jedoch mMn immer noch mit mehr Klasse als der Al Bait.

    Zitat von "Ohrensesselexperte"

    wo einfach das Ziffernblatt von Big Ben 3:1 nachgebaut wird.


    6:1.

    Nein, die werden gedünstet

  • Ein zuviel an Schriftzeichen hätte den Entwurf kaputtgemacht - außerdem sollte ein bißchen Moderne schon sein. Wobei es wirklich interessant wäre zu erfahren, was für Botschaften im nebensächlichen, dezent integrierten Rest übermittelt werden. Kann hier jemand Arabisch ? :D

    Nein, die werden gedünstet

  • Ich finde dieses Gebäude einfach nur bizarr und sonst nichts! Der Turm steht lediglich 300 Meter (!) von der Kaaba entfernt. Das ist wahrscheinlich etwa so, als würde dieses Ungetüm am Petersplatz stehen. So eine dämliche Idee. Rund um das wichtigste Heiligtum des Islam gibt es weitere gigantomanische Bauprojekte, z. B. auf diesem Foto oder hier. Da glaubt man doch, das ist nicht ernst gemeint! Unvorstellbar, was dort hingeklotzt wird.

    Nicht nur, dass das Al Bait-Gebäude unvorstellbar hässlich ist, es ging hierfür auch noch die historische Adschjad-Festung aus dem 18. Jahrhundert drauf (auf diesem Bild links oben). Wie viel Mühe sich die Architekten um eine angenehme Proportionierung und ein gutes Aussehen gemacht haben, zeigt dieses Wiki-Zitat:

    Zitat

    Anfangs sollte der Turm 485 Meter hoch werden, später wurde dies auf 591 Meter erhöht. Im Juli 2010 wurde die letztlich erreichte Endhöhe von 601 Metern bekannt gegeben.


    Zur Stadtentwicklung von Mekka ein weiteres Zitat von Wikipedia: 

    Zitat

    In den letzten Jahren war ein deutliches Wachstum Mekkas um jährlich fast 200.000 Einwohner zu beobachten, damit geht ein Stadtumbau einher, der sich z. B. um die Heiligen Stätten herum besonders bemerkbar macht. Der Großraum Mekka wird heute geprägt von den infrastrukturellen Einrichtungen, die die Pilger beherbergen, verköstigen und transportieren.[3] Ganze bisher niedrig und locker bebaute Hügelsiedlungen wurden abgetragen und die Flächen begradigt, um Platz für Großbauten, vor allem Pilgerhotels zu schaffen. Südlich der Großen Heiligen Moschee entstand bis Ende 2012 ein massiger Hotelkomplex, in dessen Mittelpunkt der höchste der Abraj Al Bait Towers mit über 600 Metern die neue Stadtkrone bilden soll.


    Nach diesen Informationen mag man sich ja gar nicht mehr über die deutschen und österreichischen Denkmalschützer und Stadtplaner aufregen...
    Wenn man die arabische Mentalität nicht versteht, kann man derartigen architektonischen Aktionen wohl rein gar nichts abgewinnen. Vielleicht sehen die Menschen aus dem Orient das anders, aber für mich ist das einfach nur grauenvoll und brutal.

  • Tobias

    Saudi-Arabien spielt auch da in eine eigene Liga - die Saudis haben eine furchtbare Denkmalschutzpolitik. Da wurde ich nicht jetzt uber die Orientalische/Arabische Kulturraum reden. Wir reden uber ein Landmasse von Marokko bis Irak. Jetzt scherst du aber alle über einen Kamm

  • Die saudische Auslegung des Islam kennt den Denkmalschutzbegriff nicht, für die ist die Würdigung eines historischen Gebäudes Götzendienst. Alles steht zum Abriss frei.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Abyssus abyssum invocat.
    Mehr ist dazu nicht zu sagen.
    Schon gar nicht für unsereins.

    http://www.lachschon.de/item/17490-AutobahnnachMekka/

    Uns kann das wirklich scheinegal sein, was diese Wüstensandbaumeister mit ihrer heiligen Stadt aufführen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Hat den Link aus dem Tagesspiegel schon jemand gebracht? - da wird alles schön zusammengefaßt. Wobei die IS-Terroristen noch einen draufsetzen, laut Spiegel beabsichtigen sie die Eroberung von Mekka, um dort die Kaaba selbst zu zerstören (ebenfalls wegen "Götzendienst").

    Zur Verteidigung setzen die Saudis u. a. auf Truppen aus Pakistan und Ägypten, schließlich hat man dort für alles "Gastarbeiter"...

  • ... die Kaaba selbst
    meinst du wohl.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.