Arnstadt (Galerie)

  • Arnstadt

    Der zweite Stop meines Thüringen-Trips von Mitte Juli war in Arnstadt, 20 km südlich von Erfurt, Verwaltungssitz des Ilm-Kreises mit 25.000 Einwohnern, somit 10.000 weniger als Mühlhausen/Thüringen. Es soll der älteste Ort Thüringens sein, was sich auf eine Urkunde aus dem Jahr 704 (Dumont Kunstreiseführer) stützt. Außerdem soll hier die Thüringer Bratwurst erfunden worden sein (Wikipedia). Ich glaube, ich habe so etwas gesagt wie „Lass uns mal am Samstag nach Arnstadt fahren, Sonntag haben die Geschäfte zu“. So waren wir am Samstag um 15:00 in Arnstadt und die Geschäfte waren trotzdem zu und die Stadt war überhaupt so etwas von tot, dass dagegen das beschauliche M/T regelrecht quirlig wirkte. Aber das ist wohl das Schicksal solcher Kleinstädte, die nah an größeren Städten liegen. Der Arnstädter, der am Samstag Nachmittag noch halbwegs etwas erleben will, fährt offensichtlich nach Erfurt.

    Auf meinem ersten Bild stehen wir auf dem Holzmarkt und schauen auf die turmlose Bachkirche, davor der Hopfenbrunnen mit einer Ritterfigur aus den 70er Jahren des 16. Jahrhunderts.

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    Hier sehen wir die Fußgängerzone in der Erfurter Straße, erfreuliche Bausubstanz, aber so gut wie menschenleer. Hier, wie auch schon in M/T, fiel mir der schöne Naturstein-Straßenbelag auf, der in Kleinstädten in meinem Umfeld (Delmenhorst o.ä. ) nicht häufig vorzufinden ist.

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    Jetzt sehen wir die Bachkirche von innen, die um 1680 Ihre heutige barocke Gestalt erhielt. Irgendwie hat mich vor allem der rundherum holzverkleidete Altarraum befremdet, ich bin hier kein Experte, aber so einen Altarraum habe ich noch nicht gesehen.

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    Über dem Eingang steht eine Orgel, die Johann Sebastian Bach bespielt hat, nicht das konkrete Original, aber ein 1:1 Nachbau mit den originalen Pfeifen.

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    Jetzt stehen wir auf dem Marktplatz mit dem Rathaus ...

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    und dem Eingangsportal des Hauses „zum Palmbaum“ aus dem späten 16. Jahrhundert.

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    Weitere Bilder von diesem schönen Platz habe ich leider nicht anzubieten, da es an dieser Stelle anfing deutlich zu regnen und wir uns nur in die nahgelegene Liebfrauenkirche flüchten konnten. So hatte ich auch das Wahrzeichen der Stadt, die Reste der Stadtbefestigung im südlichen Bereich mit dem Riedtor und dem Jacobsturm aus dem Auge verloren. Immerhin gibt es eine Aufnahme bei Wikipedia.

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    In der Mühlhauser Blasii-Kirche hatte ich ja geschrieben, der Übergang von Romanik zur Gotik wäre auf den ersten Blick nicht zu erkennen gewesen wäre, in der Arnstädter Liebfrauenkirche ist das anders, hier ist der Übergang so deutlich, ihn würde sogar Stevie Wonder sehen. Um 1200 begonnen sind die Turmunterbauten sowie das Langhaus romanisch, der Chorraum wurde gotisch fortgesetzt (und von mir mit zu wenig Licht fotografiert). Teilweise wurden im romanischen Bereich später gotische Elemente vorgeblendet.

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    Nachdem wir die Kirche im strömenden Regen verlassen hatten, setzten wir uns zunächst in das ungefähr einzige Cafe der Innenstadt, machten allerdings auf dem Weg zurück zum Wagen noch einen Schlenker zum Neidecksturm, dem Rest des 1779 zusammengestürzten Schlosses. In jedem Fall sieht es um den Turm herum aus wie auf dem Forum Romanum, allerdings werden hier einige ausgesprochen interessante Gebäude-Modelle ausgestellt, die im Rahmen einer ABM-Aktion erstellt wurden.

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    So ist diese Perspektive auf den Erfurter Dom ungewöhnlich, man kennt doch eher den Blick vom Domplatz hoch zur Kirche. Dass der Dom so deutlich zweigeteilt ist, war mir nicht bekannt. Auch dass der Turm romanisch ist, habe ich erst vor Ort in Arnstadt erfahren.

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    Jetzt sehen wir zweimal die Arnstädter Liebfrauenkirche mit Ihrer deutlich getrennten Bauweise. Interessanterweise ist auch ein Turm romanisch, der andere gotisch.

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    ...und die Bachkirche.

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    Zum Abschluss habe ich noch Wikipedia eine alte Abbildung von Arnstadt entnommen, links sehen wir das Schloss, rechts die Liebfrauenkirche, halblinks Riedtor und Jacobsturm.

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    Einmal editiert, zuletzt von Erpel (14. Februar 2013 um 07:06)

  • Solche spätromanisch-frühgotischen, polygonalen Turmkonstruktionen mit einem steinernen, undurchbrochenen Turmhelm wie an der Arnstädter Liebfrauenkirche...

    Zitat von "Erpel"

    ... oder der Blasii-Kirche in Mühlhausen...

    Zitat von "Erpel"

    ... scheinen eine eigenständige thüringische Entwicklung zu sein, die es in dieser Form nur dort zu geben scheint - oder täusche ich mich da?

    Ich könnte mir vorstellen, dass die neubehelmte Nikolaikirche in Eisenach ursprünglich ebenfalls zu dieser Baugruppe gehört hat:

    Quelle: http://www.wikipedia.de


    Diese Form des Turmhelms findet sich in ähnlicher Weise auch im thüringischen Wehrbau des Mittelalters wieder, z. B. an der Osterburg in Weida.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Arnstadt ist hier im Forum ja noch nicht überrepräsentiert. Dabei ist die Stadt ja wirklich schön.

    Arnstadt, Blick vom Neideckturm auf die Altstadt. Das Dach im Vordergrund mit den gelben Schornsteinen gehört zum Neuen Palais. Rechts im Mittelgrund der Ostgiebel der Bachkirche, dahinter die Liebfrauenkirche (Foto: SchiDD, 22. Juni 2017, CC-BY-SA-4.0)

    Der Dresdner Architekt Jörg Blobelt machte 1985 Aufnahmen von der Altbausanierung in der Zimmerstraße. Sie führt auf die Bachkirche zu, und vermutlich war das Bachjahr der Anlass für die Restaurierungsarbeiten. Auf dem Bild oben sind die Dächer der Zimmerstraße zu sehen. Es handelt sich um die Diagonale von dem Baum unten links zur Bachkirche. Gut zu sehen ist die Rückseite der Häuserzeile mit den geraden Hausnummern.

    Zimmerstraße 2 (Lotto-Toto), 4 (mit dem Briefkasten), 6 (rot) und 8 (Foto: Jörg Blobelt, 12. Juli 1985, CC-BY-SA-4.0)

    Vergleich mit dem heutigen Zustand:

    Zimmerstraße 2 (links angeschnitten) und 4 (Foto: SchiDD, 22. Juni 2017, CC-BY-SA-4.0)

    Zimmerstraße 6 (Foto: SchiDD, 22. Juni 2017, CC-BY-SA-4.0)

    Erstaunlich, wie sehr sich die Häuser verändert haben! Nun eine weitere Aufnahme von 1985 mit anschließendem Vergleich:

    Zimmerstraße 16 (mit Balkon), 14 und 12 (Foto: Jörg Blobelt, 12. Juli 1985, CC-BY-SA-4.0)

    Zimmerstraße 16 (Foto: SchiDD, 22. Juni 2017, CC-BY-SA-4.0)

    Zimmerstraße 14 (Foto: SchiDD, 22. Juni 2017, CC-BY-SA-4.0)

    Zimmerstraße 12 (Foto: SchiDD, 22. Juni 2017, CC-BY-SA-4.0)

    Abschließend der Vergleich für das Haus Zimmerstraße 19:

    Zimmerstraße 19 (Foto: Jörg Blobelt, 12. Juli 1985, CC-BY-SA-4.0)

    Zimmerstraße 19 (Foto: Tilman2007, 12. Februar 2014, CC-BY-SA-3.0)

  • Es handelt sich um das Haus Ried 2 an der Ecke zur Marktstraße. Bekannt ist sein Hauszeichen. Auf dem Foto von Freibuerger ist es durch eine Holzplatte abgedeckt. Die Thüringer Allgemeine berichtete am 21. Januar 2020 über die Sanierung des Hauses. Bis Mai 2020 sollte sie abgeschlossen sein.

    Das Haus ist inzwischen fertig. Hier zwei Fotos der Fassade:

    Foto 1 - Ried 2 nach der Sanierung

    Foto 2 - Ried 2 nach der Sanierung

    Die veränderte Fensteranordnung hat wohl mit den Höhen der Räume dahinter zu tun. Ein solch gravierender Eingriff in das Fassadenbild war lange Zeit von der Denkmalpflege abgelehnt worden. Im Haus gibt es nun drei große Wohnungen. Das Ladenlokal an der Ecke (ehemals ein Fleischer) bleibt vorerst ungenutzt. Das Hauszeichen wird später restauriert.

    Bilder des früheren Zustandes:

    Ried 2, Haus Zum schwarzen Bären (Foto: Michael Sander, 18. März 2010, CC-BY-SA-3.0)

    Ried 2, Haus Zum schwarzen Bären (Foto: Giorno2, 24. Januar 2015, CC-BY-SA-4.0)

    Ried 2, links die Seite zur Marktstraße (Foto: Tilman2007, 5. September 2014, CC-BY-SA-3.0)

    Ried 2 (Foto: Tilman2007, 5. September 2014, CC-BY-SA-3.0)

    Ried 2, Hauszeichen und Tor am Ried (Foto: Tilman2007, 5. September 2014, CC-BY-SA-3.0)

    Ried 2, Haus Zum schwarzen Bären, Hauszeichen (Foto: Tilman2007, 5. September 2014, CC-BY-SA-3.0)

  • (...) Ein solch gravierender Eingriff in das Fassadenbild war lange Zeit von der Denkmalpflege abgelehnt worden. (...)

    Die Veränderung ist wirklich drastisch. Da gefiel mir der unsanierte Zustand sogar besser. Schon allein der Farbe wegen. Der Kontrast zwischen Fensterflächen und Fassade ist dahin. Die zugemauerten Fenster machen den Gesamteindruck auch nicht gerade angenehmer.

    Trotzdem kann man wohl froh sein, daß das Haus restauriert ist und weiter genutzt wird.

  • paradoxerweise ist der Eindruck durch die unregelmäßige Fensteranordnung sogar harmonischer geworden. Es stellt sich schon die Frage, inwieweit die alte Anordnung, die wohl auch keinem "Urzustand" geschuldet erscheint, besonders schutzwürdig sein sollte. Ich kann damit jedenfalls sehr gut leben.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Dem stimme ich zu. Man hat den Eindruck, die "neue" Fassade ist das Ergebnis einer richtigen bauhistorischen Recherche . Durch die neue Anordnung nähert sich das Haus sogar dem Fassadenbild eines schlichten italienischen Palazzo. Eine eindeutige Besserung im Vergleich zum vorigen Zustand.

  • Hier ein paar aktuelle Bilder aus Arnstadt.

    Blick in die Obergasse




    Um 180° gedreht, Blick in die Hinterhofsituation der Neubebauung der Mittelgasse. Dahinter die Liebfrauenkirche.


    Die neuen Fassaden in der Mittelgasse. Bischen mehr Farbe hätte gut getan.




    Der Garten des gegenüberliegenden Klostergebäudes.

  • neue Bilder aus Arnscht :)

    gegenüber des Hauses "Zum Schwarzen Bären" beginnt die "Neue Gasse" mit Anstieg.







    man gelangt zum Pfarrhof mit der Oberkirche



    Nach sehr langer Zeit habe ich den Innenraum der Kirche wieder sehen können und war beeindruckt von der Aufbauleistung.










    Der Kreuzgang wird weiter "freigelegt". Er soll einen schönen Garten mit Springbrunnen bekommen.