Berlin - Hausvogteiplatz und südlicher Friedrichswerder

  • In einem anderen Forum wurde viel darüber genörgelt, aber ich empfinde den Umbau als gelungen. Horizontal gegliederte (fast schon) Frühmoderne in Backstein macht sich gut neben dem steinernen Neoklassizusmus, der auf extremer Länge monoton mit vertikal stehenden Fenstern gegliedert ist. Das ist mal ein guter Kontrast.
    Wenn man sich dann noch ansieht, wie hässlisch und ranzig die Platte, die ja komplett saniert und mit neuer Fassade erhalten werden soll, jetzt aussieht... Ein Unterschied und eine Aufwertung wie Tag und Nacht.

  • neben dem steinernen Neoklassizusmus, der auf extremer Länge monoton mit vertikal stehenden Fenstern gegliedert ist. Das ist mal ein guter Kontrast.

    Hmmm, Monotonie mit Monotonie bekämpfen, ich weiß ja nicht... Würde mir wünschen, dass Ministerien, auch wenn man Steuerressourcen vielleicht eigentlich vorbildlich sparen möchte, lieber Würde ausstrahlende Bauten errichteten. Das ist jetzt nur ein Anbau, klar, trotzdem irgendwie schade.

  • Wie man in der Architektur auf Kontraste stehen kann, werde ich wohl nie begreifen.

    Genau deswegen betonte ich den Kontrast doch, weil er in der heutigen Zeit einmal ein guter Kontrast ist!
    Außerdem gab es von jeher Kontraste im Stadtbild. Ein Fachwerkhaus aus dem 15. Jahrhundert stand neben einem Barockhaus, ein neogotisches Geschäftshaus stand nebem einem neoklassizistischen. Ein Zweigeschosser stand neben einem Viergeschosser mit Kuppel obenauf. Auch das machte das alte Berlin so schön und interessant.
    Die ehemalige Reichsbankfassade ist gut 240m lang und ist auf dieser Länge streng monoton gegliedert. Der ursprüngliche Entwurf der Erweiterung führte diese Monotonie fort, der gleiche gelbe Sandstein und eine ähnliche (aber modernistische) Gliederung auf dann insgesamt 340m. Da kriegt man doch den Koller.
    Die Überarbeitung des Entwurfs bringt einen Kontrast rein, und zwar einen guten Kontrast:
    Der Kontrast von Sandstein zu Backstein, von vertikaler Gliederung zu horizontaler Gliederung und von schwerem, steifen Neoklassizismus zu einer leichteren, dynamischeren Frühmoderne.
    Wie Erbse oben schon sagte, dass ist mit der beste Regierungsbau der letzten beiden Dekaden in Berlin.

  • Mir gefällt die bestehende DDR-Fassade da besser. Roter Stein im Erdgeschoss und heller Stein in der Obergeschossen passen besser zur Umgebung. In der Mitte gibt es diesen großen, bronzegetönten Fensterbereich, was dem Haus etwas Gliederung verschafft. Nur die Außenrolladen sind ästhetisch schlimm. Ein Plattenbau ist dies auch nicht, entweder Stahl- oder Stahlbetonskelettbau. Bemerkenswert auch, wie hier ein modernes Bauwerk der DDR-Moderne einfach so umgebaut wird, während in Potsdam das unbedeutendere Rechenzentrum plötzlich ein unverzichtbares Juwel der Architektur ist.

  • unify, der letzte Punkt ist wirklich berechtigt. Um die Architektur geht es den meisten Bewahrern der DDR-„Moderne“ ja in Wahrheit gar nicht, nur um politische Symbolik, und auch nur dann wenn diese in Frage gestellt wird.

    In dubio pro reko

  • Genau deswegen betonte ich den Kontrast doch, weil er in der heutigen Zeit einmal ein guter Kontrast ist!
    Außerdem gab es von jeher Kontraste im Stadtbild. Ein Fachwerkhaus aus dem 15. Jahrhundert stand neben einem Barockhaus, ein neogotisches Geschäftshaus stand nebem einem neoklassizistischen. Ein Zweigeschosser stand neben einem Viergeschosser mit Kuppel obenauf. Auch das machte das alte Berlin so schön und interessant.

    Ich glaube, auf derartige, historisch gewachsene Kontraste hat sich Minifutzi nicht bezogen. Falls er es so wie ich sieht, stört ihn die Überzeugung vieler heutiger Architekten, dass innerhalb eines Ensembles unbedingt künstlich Kontraste eingebaut werden sollen, am besten noch modernistischer Glas-Stahl-Kubismus zur Ergänzung/Abmilderung klassischer Architektur. ( Minifutzi, bitte korrigiere mich, wenn ich hier falsch liege!)

    Hier denke ich regelmäßig: Baut eure zierlosen Kisten doch irgendwo auf der grünen Wiese, aber hört bitte auf, bestehende Bauten vergangender Jahrhunderte besserwisserisch zu verschandeln durch euren "Kontrast"-Fetisch!

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Apropos "grüne Wiese": die empfinde ich vor dem Ministeriumsneubau als ziemlich überflüssig und ungenutzt, mitsamt dem unschönen Parkplatz. Diese Ecke bietet sich sehr für kleinteilige urbane Verdichtung an. Zu den Friedrichswerder Townhouses hin könnte ein kleiner, angenehmer Stadtplatz mit Grün entstehen.

    (Ansicht bei Google Streetview)

  • Ein Blick in die enge Gasse neben der Friedrichswerderschen Kirche

    Die ehemalige Kirche hat freien Eintritt. Die Lichtfarben sind wirklich sehr intensiv, man sollte die Kirche bei Sonnenschein besuchen.

    Der Stein glänzt wirklich im Licht, auf Hochglanz poliert.

  • Der im letzten Beitrag von unify zu sehende Neubau am Werderschen Markt hätte übrigens auch so aussehen können: Klassisch und an der Vorkriegsbebauung stärker orientiert, erkennbarer gegliedert. Wenn es nach dem Architekten Thomas von Thaden aus Berlin gegangen wäre.

    https://www.thomasvonthaden.de/architekt,5,c,…arkt-Berlin.htm


    Und um die Grünfläche an den Townhouses nochmal aufzugreifen:

    Ich denke der Gesamteindruck wird viel durch die langweilige Grünfläche bestimmt. Man hätte sich hier gut ein Beispiel an den "Squares" in London nehmen können. Vielleicht eine niedrige Hecke drumherum, ein paar mehr Zierpflanzen etc. (aber doch keine Tischtennisplatte ...).

    Das hätte der Grünfläche an den Townhouses zwar geholfen. Insgesamt denke ich mir aber, dass man hier auf diesem Stück Rasen die urbane Bebauung künftig weiter fortsetzen sollte. Es ist ja ein Erfolgsmodell.

    Meinetwegen lässt man ein, zwei kleine Abschnitte grün, mit mehr Platzgestaltung - Stichwort Pocket Parks. Aber hier ist wirklich noch Platz für mehr Stadt, an den Ecksituationen gerne auch mit Gewerbe/Lokalen zur Belebung der Gegend.

    In dieser Ansicht sehen wir auch, dass die Grundfläche des Rasens dafür auch reicht und ursprünglich ja wohl auch vorgesehen für weitere Bebauung war.


    Auch am südöstlich an das Quartier angrenzenden Südpark kann ich mir noch etwas einrahmende kleinteilige Bebauung vorstellen. Hier sind kaum Menschen, die sich dort aufhalten, ich komme dort häufiger vorbei. Auch ist die meiste Nachbarbebauung sehr großformatig und monoton - mit Hotel, Auswärtigem Amt und faden WBM-Bauten. Direkt nebendran gibt es auf der Fischerinsel auch die deutlich gefragteren Grünflächen am Wasser.

    Neubauten könnten z.B. auf den jetzigen Parkplätzen an der Kurstraße entstehen - und somit den gelungenen Blockrand der Townhouses fortführen. Einen Innenhof braucht's dann auch nicht wirklich, wenn man dafür direkt im Stadthaus am Park wohnen kann. ;)

    Aus dieser Perspektive sieht man gut, wie der Stadtraum an der Stelle plötzlich zerfasert, durch die klotzigen Großbauten und die Freifläche, die das nicht auffangen kann.

  • Das m. E. schwächste Townhaus im Caroline-von-Humboldt-Weg N°34 wird offenbar ein wenig umgestaltet.

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    Dann doch eher unambitioniert umgesetzt, die viel zu großen Fenster sind geblieben und es wurde nur ein wenig marmorne(?) Dekoverkleidung mit einem merkwürdigen Kreissymbol im obersten Geschoss angebracht.

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    Derweil weiter südlich wird der AA-Erweiterungskasten skelettiert.

    img_2385f5fg7.jpg

    img_2386skcd5.jpg

    img_2387nucjs.jpg

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Eigentlich krass, wenn man sich klarmacht, dass die ersten Häuser dieses ja gar nicht alten Quartiers bereits wieder einer äußerlichen Veränderung unterlaufen. Der Zeitgeist von vor 12 Jahren ist bereits wieder aus der Mode! Ästhetisch erinnert mich die Sanierung/Make-Over an die wiederum sehr modischen Spielereien des portugisieschen Architekturbüros „Fala“. Die haben bei Instagram über 100k (!!) und sind absolut gehypt. Die Fassade wird man dann, dieser Wegwerflogik folgend, in 15 Jahren der aktuellen Mode entsprechend auf dem Sondermüll entsorgen.

  • Die Fassade wird man dann, dieser Wegwerflogik folgend, in 15 Jahren der aktuellen Mode entsprechend auf dem Sondermüll entsorgen.

    Tja, sowas ist schon Realität. Bei Schüco gibt's die "Systemfassaden" teils mit einer Art Wartungsvertrag, bei dem man sich alle 15-20 Jahre die Fassade auswechseln lassen kann, passend zur aktuellen Mode. %-)

  • Wie schön, dass der Bau im Skelett und damit in seiner überkommenen Qualität dem Stadtbild weitgehend erhalten bleibt.

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    img_3263ciffz.jpg

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    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)