Nürnberg - Innere Laufer Gasse 24, Sebald-Kontore

  • Im Prospekt Baustelle Zukunft des Wirtschaftsreferats findet sich auf Seite 3 ganz rechts unten ein Projekt namens "Sebald-Kontore" in der Inneren Laufer Gasse, dem Foto zufolge eindeutig im Zwickel zwischen Innerer Laufer Gasse und Judengasse beim Laufer Schlagturm. Das sich im Moment noch dort befindliche Gebäude ist zwar alles andere als eine Offenbarung, aber eine Verbesserung erwarte ich mir von diesem Neubau dennoch nicht. Bemerkenswert ist auch, daß das jetzige Gebäude nicht aus der ersten Wiederaufbauphase, sondern meiner Meinung nach aus den Siebzigern oder evtl. sogar aus den Achtzigern stammen dürfte.

    Außer einer Pressemitteilung der Stadt Nürnberg zur Ankündigung einer Baukunstbeirats-Sitzung im letzten Sommer habe ich aber nichts über dieses Projekt gefunden. Bisher war es mir auch völlig unbekannt.

    Irgendwie erinnert mich dieser Entwurf an ein Gebäude der Sebalder Höfe, aber auch beim Staab-Entwurf zum Augustinerhof und ansatzweise beim Kquadrat sehe ich eine ähnliche Tendenz, wenngleich bei letzterem stark abgeschwächt. Seht Ihr hier auch Ähnlichkeiten oder liege ich in meiner Einschätzung völlig daneben?

  • Ja und ob ich Ähnlichkeiten sehe! Außer der Sandstein an den Mauern ist einfach alles völlig unpassend in der Nürnberger Altstadt: Fenstergröße, Dachmaterial, usw.
    Eine Verschlechterung an der Inn. Laufer Gasse ist zu befürchten. So auch auf dem "Augustinerhofgelände".
    Qkwadrat oder so was ist in der Tat etwas moderater und altstadtgerechter. Wenn der Un-Ecke mit den Schaufenstern nicht wäre sogar erträglich. Dazu mit richtigem Dach.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Und wieder ein Stück Fläche im Bereich der ehemaligen Nürnberg Kernaltstadt für Rekonstruktionsprojekte verloren - wie in den letzten fünf Jahren in Nürnberg ständig geschehen.

  • Dieser eigenartige Stil scheint wohl der der neue Trend zu werden?

    Einige der Bauwerke die unter "Baustelle Zukunft" angedroht werden, wirken genauso deformiert wie ihre teilweise absolut dümmlichen Bezeichnungen.

    Jeder Schüler würde sich für so ein Kauderwelsch wie NürnbergMesse, FrankenCampus, CitiRing Hotel oder "EasyCredit Stadion" eine glatte Sechs einhandeln. Für die Nicht-Übersetzung des Wortes "Airport" aus dem Englischen gäbe es ebenfalls völlig verdienten Punkteabzug. Aber einige Leute müssen offenbar unbedingt beweisen, daß nicht nur Fremdsprachen für sie ein unüberwindbares Hindernis darstellen, sondern sie auch ihre Muttersprache nicht richtig beherrschen. Fehlt eigentlich nur noch, daß von "NürnbergerInnen" gesprochen wird (sog. "Binnen-I")...

    Eine gute Seite haben Bauwerke wie das K-Quadrat oder Sebalder Kontor allerdings: ihre Lebensdauer ist beschränkt, da ihre bauliche Qualität ebenso schlecht ausfallen dürfte wie bei zahlreichen Bauten der 50er bis 80er Jahre, die irgendwann in den kommenden Jahren ein Rendevouz mit der Abrißbirne haben dürften. So etwas ist nichts weiter als Einweg-Architktur oder Wegwerf-Architektur. Vor allem die langfristige Haltbarkeit dieses eigentümlichen Sandstein-Daches zweifle ich sehr stark an.

  • Oh mann, oh mann, oh mann....In was für einer Zeit leben wir eigentlich? Wirklich erschreckend, diese Architektur. Das einzige Gebäude, was mir persönlich noch in höhrem Maße zusagt, ist das K-Quadrat. Aber was ich einfach nur fürchterlich finde, ist die Namensgebung und das ganze Englisch in dem Prospekt. Ist Nürnberg jetzt eine englische Kolonie, oder geht das Ding in internationale Hände? Meine Güte, dieses "Denglisch" nervt... Aber hauptsache Nürnberg ist eine globale und weltoffene Stadt! :boese:

    Diese Leute sollten sich echt schämen!

  • Zitat

    Fassade und Dach bilden eine glatte Einheit: Es springen weder Fensterbretter noch Dachrinnen vor. Es gibt auch keine Rücksprünge bei den Fenstern. Selbst die Schneefanggitter sind nicht zu sehen, denn sie sind aus Glas.


    Quelle: NZ

    Spielchen, die uns nichts weiter bringen.

    Nicht das Fassadenmaterial ist das Problem, sondern das Dachmaterial! Wieder so ein blödes Steindach- diese Würzburger Mode scheint hier jetzt auch Fuß zu fassen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Besonders schlimm ist übrigens die Tatsache, dass der Beirat ausgerechnet die Farbe des Sandsteins als unpassend bezeichnet. Das war doch das einzige Nürnberg-typische!

    http://nuernberg.de/imperia/md/baureferat/dokumente/bkb/protokoll_2010_06_24.pdf\r
    nuernberg.de/imperia/md/baurefer ... _06_24.pdf

    Jetzt kommt wahrscheinlich Muschelkalk oder ähnliches...

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Der Altbau war wirklich nicht schön. Ich würde nicht von einer Verschlechterung sprechen, wenn der Neubau Nürnberg-typischen Sandstein bekommt. Eher Stagnation, was freilich auch ärgerlich ist.

    Im Hintergrund sehen wir vernünftige Bauten, die dringend neue Fenster brauchen. Habt Ihr übrigens gesehen, dass es jetzt google streetview in der Alstadt gibt? Die "Steppe" sieht dort ziemlich schäbig aus... es gibt aber für mich auch einige bessere Abschnitte: Südseite der Martin-Treu-Strasse und Schildgasse (dort kann man übrigens erkennen, dass Sprossenfenster einen riesen Unterschied machen).

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Ein neues abschreckendes Beispiel für nicht altstadtgerechtes Bauen in Nürnberg sind die "Sebaldkontore" in der Sebalder Altstadt:

    http://www.sebaldkontore.de/

    Das für Nürnberg unpassende Steinplattendach erinnert irgendwie an ägyptische Pyramiden. Interessant ist dabei, daß sich gewisse Kreise in Nürnberg vehement gegen eine (dringend benötigte!) Straßenbahnlinie durch die Sebalder Altstadt sträuben, weil die Oberleitungen die Altstadt verschandeln könnten. Auch in Würzburg steht so eine Kiste mitten in der Stadt herum. Und im Gegensatz zur Straßenbahn, die dort ganz selbstverständlich durch die Altstadt fährt und diese belebt, verschandelt diese Gruselkiste die angrenzende historischen Gebäude wirklich.

    Ob die Genehmigung solcher Neubauten in der Altstadt etwas mit dem fragwürdigen Nürnberger Geschichtsbewußtsein zu tun hat? In Nürnberg konzentriert die Geschichtsbetrachtung ja gegenwärtig auf gewisse zwölf Jahre in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die vielen Jahrhunderte Stadtgeschichte davor scheinen dagegen wie "weggeblasen" zu sein. Und damit auch das Gespür für angepaßtes Bauen in den historisch sensiblen Bereichen. Dabei ist die Altstadt der historisch gesehen wichtigste Bereich Nürnbergs. Stadtmauer und Burg sind es, die eigentlich einen Weltkulturerbetitel verdient hätten, wenn es in Nürnberg dafür überhaupt Kandidaten gibt. Oder eben ein vollständig wiederhergestelltes Pellerhaus.

    Wenn, wie im Fall des Pellerhauses, noch ein Teil an historischer Substanz erhalten ist, und das Originalbauwerk dann auch noch exakt dokumentiert ist, hätte man anderswo längst mit dem Rekonstruieren begonnen. Selbst wenn man nicht rekonstruieren möchte, wären ja anstelle der Sebaldkontore immer noch in ihrer Dimension und Formensprache an die Ursprungsbebauung angelehnte Neubauten denkbar gewesen. Aber statt dessen ging es offenbar darum, wieder einmal einen "spannenden Kontrast" zu setzen.

    Einmal editiert, zuletzt von Altbaufreund (29. November 2013 um 09:42)

  • In Nürnberg könnte man ja gemeinerweise sagen, daß die Altstadt selber nicht altstadtgerecht ist. Wie schon gesagt, wurde sie "weggeblasen". :wink:

    Zitat

    (...) Durch die fassadenbündige Verglasungselemente ohne sichtbaren Rahmen,
    schräg verlaufenden Traufen die dem Geländeverlauf folgen, sowie einer
    Dacheindeckung in Naturstein werden anspruchsvolle Akzente gesetzt.

    Na, da kann sich doch niemand aufregen. Der Bau ist ein anspruchsvoller Akzent im langweiligen und anspruchslosen Nürnberg.

    Zitatquelle

  • Die Kritik an den Kontoren in allen Ehren, aber um das mal ins rechte Licht zu rücken bitte ich, den tatsächlich anspruchsvollen Neubau, der mit seiner Dachform sicherlich einmalig sein dürfte, in Beziehung zu sehen mit anderen Nachkriegsgebäuden in der Nürnberger Altstadt, wie z.B. den

    1. Neubau Scharrer Gymnasium: http://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Joh…C3%BCrnberg.jpg
    2. Baujahr 2013 - Unter dem Stichwort Altbausanierung durch die Stadtverwaltung durchgeführt: Die Stadtbibliothek im Luitpoldhaus aus dem 19. Jahrhundert: Früher: http://www.presse.nhg-nuernberg.de/seiten/beitrag…uitpoldhaus.jpg
    Nach dem Krieg und vor dem Umbau: http://www.presse.nhg-nuernberg.de/seiten/beitrag…poldhausneu.jpg
    Heute: http://www.bayerische-staatszeitung.de/staatszeitung/…gebuendelt.html
    3. und natürlich das Bankgebäude am Hans-Sachs-Platz / Plobenhofstraße, in direkter Nähe zum Hauptmarkt.

    Und bitte jetzt nochmal konstruktive Kritik an den Sebalder Kontoren.

  • (...) Und bitte jetzt nochmal konstruktive Kritik an den Sebalder Kontoren.

    Nur weil ein banaler Bau mit noch schlechteren Gebäuden verglichen wird, ändere ich doch nicht meine Meinung. Zudem finde ich die Bezeichnung "Neubau", für ein 1974 errichtetes Schulgebäude schon ziemlich daneben. Der einzige Pluspunkt der Kontore ist das Fassadenmaterial. Ein paar schräge Linien und rahmenlose Fenster sind mir einfach nicht genug, um ein Bauwerk "anspruchsvoll" zu nennen. - Das Haus ist einfach keine Besonderheit. Nein, tatsächlich bin ich mittlerweile einfach nur noch genervt, gelangweilt und ernüchtert von solchen Neubauten. Klar geht es auch noch schlechter. Es geht aber auch noch viel viel besser. Nach einem Blick zu so manchem Neubau in Berlin, kotzt mich solch ein "Sebaldkontor" einfach nur an. :kotz:

  • Okay, dann hier mal was Konstruktives:

    - Weniger Arroganz. Es spricht für sich, wenn ein Haus bereits solchen Ruhm für sich beansprucht, dass sein Name stets in dauerhafter Großschrift formuliert wird. Exemplarischer:
    "TRIERREKOS95 findet, dass diese Art von Selbstbezug peinlich ist. TRIERREKOS95 ist in dieser Hinsicht zwar vielleicht ab und an selbst ein wenig unangemessen im Auftreten, aber immerhin ist TRIERREKOS95 auch kein Bauprojekt in der weltbekannten Nürnberger Altstadt."
    Na, sieht doch etwas merkwürdig aus, oder? Konstruktiv: Wenn ihr einen Bau nur durch Marketing aufwerten könnt, brecht eure Architektenlaufbahn ab und arbeitet dementsprechend in der Werbebranche weiter.

    - Die Bezeichnung als "Skulptural". Das Skulpturale Bauen hat noch nie etwas Gutes verhießen. Es ist falsch anzunehmen, ein Bau werte sich durch seinen Status als "Skulptur" auf. Eine Skulptur steht im künstlerichen Aspekt für sich. Ein Bau hat kontextuell zu sein. Zudem verachtet der Begriff der "Skulptur" schon an und für sich die reine Funktionalität. Das ist angesichts der eindeutig avantgardistischen Bautendenz absurd. Ferner hat ein Haus ein Haus zu sein, ein Kunstwerk ein Kunstwerk. Das eine darf/soll das andere beinhalten, eine Vermischung dagegen ist schlicht und einfach ein Widerspruch. Konstruktiv: Ihr seid Architekten, keine Bildhauer. Baut also, was ihr gelernt habt: Häuser. Und lasst euch dabei von einem Bilhauer beraten.

    - Und wo wir schon beim Widerspruch sind: Dass die Vermarktung vorgibt, das Haus sei sogar in gewisser Weise traditions- und ortsbezogen, ist natürlich die letzte Farce.

    Zitat

    In der skulptural wirkenden Form des Gebäudes, werden drei Hauptattribute der Nürnberger Altstadt wieder gespiegelt: die Dachform und Lochfassade sowie die Natursteinoberfläche.

    Zur Dachform: Welches Nürnberger Bürgerhaus hat bzw. hatte ein um 30° nach links gedrehtes Natursteinkrüppelwalmdach ohne Traufe? Derlei spezifische Dachformen existierten meines Wissens nur sekundenweise im Zeitraum zwischen 1944 und 1945.
    Zur Natursteinoberfläche: Gut, da lässt sich nichts sagen. Abgesehen vielleicht davon, dass ein Dach üblicherweise keine Fassade ist. Aber man kann sich ja mal irren.
    Zur Lochfassade: Jaja, die typische Nürnberger Lochfassade. Sichtbar in so großartigen Altbauten wie ..., oder aber ..., sowie ..., des weiteren ..., schließlich... und zu guter letzt ... eine Liste, die sich beliebig fortsetzen lässt, denn zu Lochfassaden eher unbefähigte Fachwerkhäuser sind für uns Architekten keine Häuser, sondern Brennholz. Nicht zu vergessen seien dabei die Lochfassaden des Peller- oder Toplerhauses und natürlich des Nürnberger Rathauses. Selbstverständlich war in der gesamten Architekturgeschichte nur die Lochfassade das erklärte Ziel, nicht die dekorative, raumwirkende Ausgestaltung der Wandflächen zwischen den Fenstern. Pfui deibel!
    Konstruktiv: mWaH!!! HAHAHAHA!!! MADE! MY! DAY! Selten so einen Schwachsinn gelesen! ablachen:) Tut mir echt leid, aber da gibt es einfach nichts Konstruktives mehr zu sagen! Oder vielleicht doch: "Wenn ihr, ihr werten Architekten da draußen, ankündigt, etwas gut zu machen, dann macht es auch gut! Wenn ihr sagt, ihr nähmet Bezug auf Tradition, dann ist es sinnlos, wenn ihr offenbar keinen blassen Schimmer habt, was diese Tradition denn ist!"

    So, und bevor es hier heißt, ich sei dann doch zu destruktiv und würde die Qualität der Diskussion in den Dreck ziehen, eine klitzekleine Liste mit Verbesserungsvorschlägen:
    - Ein vernünftiges Dach aus braunen Tonziegeln, das nicht aussieht, als wäre der Grafiker beim modellieren eingepennt und hätte dabei die Maus verrutscht. Diese groteske Form ist ungefähr so "kreativ" und "anspruchsvoll" wie das, was bei mir innerhalb von einer Minute in einer langweiligen Biostunde entsteht. Nettes Gedankenspiel für ein Neubauviertel, mehr nicht. Empfehlenswert wäre ein Giebel zur Ecke hin, obligatorisch dagegen leicht überhängende Traufen ohne Überschneidungen mit den Fenstern.
    - Schmalere, insgesamt kleinere, vertikal ausgerichtete Fenser, die tiefer in der Fassade liegen.
    - Das gigantische Fenster zur Ecke hin muss unbedingt durch mehrere kleinere ersetzt werden. Liebe Architekten: Ihr seid nicht George Orwell und wir haben nicht 1984.
    - Selbiges gilt für alle Übereckfenster.
    - Abgrenzung des Sockelgeschosses. Ist nicht nur typisch Nürnbergerisch, sondern auch typisch Europäisch. Warum unsere Architektengeneration sogar diesen elementaren Grundsatz verlernt hat, ist mir ein Rätsel.
    - Generell: Gliederung. Gesimse, Vorsprünge, was auch immer, aber so wie die Fassade ist, ist sie nur eins: monoton und langweilig. In etwa so anspruchsvoll wie eine Aubergine.
    - Dachgauben. Die umfangreiche Ausgestaltung des Dachgeschosses ist doch nun wirklich typisch für Nürnberg. Man denke e.g. an die gestaffelten, turmbekrönten Gauben des Toplerhauses. Und mit ein klein wenig gestalterischem Geschick kommt auch mehr Licht rein - das ist es doch, was den heutigen Immobilienmaklern so wichtig ist?
    - Oder ganz kurz und knapp: einfach den Bestandsbau stehen lassen. Der sieht mit Naturstein- (positiv) und Tendenz zur Lochfassade (nicht ganz so positiv) zwar ähnlich aus, hat aber ein vernünftiges Dach und tiefliegende, wohlproportionierte Fenster, erzeugt eine mittelalterlich-verwinkelte Ecksituation zur Judengasse mit malerisch zugewachsener Grünfläche und nimmt mit einem Eckbrunnen und Giebeln neben der erwähnten Steinfassade wenigstens tieferen Bezug zur Altstadt. Es ist doch schon peinlich, wenn man sieht, welch abartige Ausgeburten talentloser Nachkriegsarchitekten (die nothor uns ja gerade erst in aller Deutlichkeit gezeigt hat) in der Nürnberger Altstadt so rumstehen, und dann ausgerechnet ein besseres Beispiel der Perversion unserer Tage weichen muss.

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

    Einmal editiert, zuletzt von TrierRekos95 (30. November 2013 um 14:30)

  • Danke, das ist doch schonmal etwas, ein bisschen mehr als verbalisiertes Gehwegspucken. Das Gebäude spaltet, das merke ich jedesmal wenn ich davor stehe und die Reaktionen der Passanten beobachten kann. Es ist Geschmackssache.
    Und natürlich, hier hat man alles andere als eine Rekonstruktion eines historischen Gebäudes hingestellt, und man hat absichtlich auch nichts kopieren wollen, keine Stile, die es bereits in der Altstadt gibt. Jetzt könnte jemand kommen und sagen, kann man gerne machen, aber doch nicht dort! Mei, da mag er oder sie Recht haben, aber es stand nun einmal die Neubebauung dieses Grundstücks an. Die Nürnberger Altstadt hat nun wirklich ganz andere schlimme Ecken, und ich würde mir sehr die Rekonstruktion des einen oder anderen historischen Gebäudes wünschen. Aber das können wir wohl getrost vergessen. Und wenn man dann eingeschnappt ablehnt und sich aus der Diskussion verabschiedet, wird eben ohne einen weiter diskutiert. Man muss also mit den Vorstellungen unserer Mitmenschen, die als Investoren und Architekten irgend etwas umsetzen wollen, umgehen können. Hier wurde im Vergleich zum Erstentwurf, einem Glaskasten mit Runder Ecke zur Judengasse, wirklich nachgelegt, und deutlich getoppt, was vorherige Generationen an genannten Orten zustande brachten. Ich denke man wird schon unter dem Zwang der ENEV heute kaum noch Investoren und Architekten finden, die so einen Aufwand betreiben wollen um ein Ergebnis zu erzielen, dass so aussieht wie ein Bau der 50'er. Das ist Wunschdenken. Daher gefällt mir dieser zweifellos moderne Bau gut, er ist mutig und setzt sich deutlich ab von dem was einem heutzutage andernorts in Nürnberg geboten wird.... (Citypoint, Infozentrum am Königstor). Wartet mal ab was wohl kommt wenn die Diskussion um den Augustinerhof wieder losgeht.

  • Inwiefern stand denn eine Neubebauung an? War der Bestandsbau etwa baufällig? Ich verlange ja keine Rekonstruktion, genauso wenig, wie ich von jedem Architekten in jedem Bau eine Anbiederung an historische Bauformen verlange. Aber du sagst es ja: Es gibt schlimmere Ecken. Und verglichen mit dem Vorgängerbau, der ja nun wirklich exemplarisch aufzeigte, wie man den Zeitgeist (hier wohl 50er/60er/70er) mit tradierten Formen kombinieren kann, ohne die eigentliche Modernität und den Schaffensanteil des Architekten zu verleugnen, ist dieses kippend-zwittrige Etwas doch nun wirklich alles andere als eine Verbesserung.
    Auch, dass man nicht einfach nur stupide kopieren sollte, was schon steht oder mal stand, damit das eigene Schaffen nicht untergeht, ist in dieser Hinsicht ein höchst zweifelhaftes Argument. Wo liegt denn die Grundlage der Nürnberger Renaissance? Ist sie nicht letzten Endes eine Synthese aus Gotik und Antike - also in ihrer Zeit vergangenen Stilen? Und kann man wirklich gelten lassen, dass alles Revolutionäre anfangs verachtet wurde? Ich jedenfalls kann mir nicht vorstellen, dass ein Franzose des Hochmittelalters sich beim Anblick der Notre Dame de Chartres die Dunkelheit der romanischen Kirchen zurückwünschte, wohingegen ein moderner Bau in unserer Zeit doch nur allzu oft öffentlichen Unmut erregt. Wenn ich mich irre, klärt mich auf! Es ist doch absurd, dass die Moderne den Historismus verachtet, aber aus seinen offensichtlichen Fehlern nichts gelernt zu haben scheint.
    Aber zurück zu den Sebaldtkontoren: Sicherlich soll man selbst seinen Beitrag leisten zur Evolution der Architekturgeschichte. Aber das hier ist keine Evolution mehr, es ist eine [lexicon='Zäsur'][/lexicon], ein Einschnitt, der einzig und allein zur Selbstinszenierung genutzt wird. Man hätte ja beispielsweise ein "echtes" Tonziegeldach durch geschwungene Gauben auflockern können oder Fenster als anarchisch-spielerische Reminiszenz an die Nürnberger Holzerker aus der Fassade "herauswachsen" lassen. Aber nein, es musste ein unförmiges Irgendwas ohne korrekten historischen Bezug sein.
    Und was die Kosten durch Gesetzesvorlagen etc. angeht: Sicherlich wird dieser Faktor zusehends an Bedeutung gewinnen. Aber jetzt mal ernsthaft - kann man wirklich davon ausgehen, dass ein Investor, der über die Mittel für Natursteinverkleidung, hochwertige (wenn auch trotzdem lächerlich aussehende) und speziell zugeschnittene Übereckfenster, den Namen des Baus in die Fassade gemeißelt und generell ein Grundstück in so herausragender Lage verfügt, kein Geld für Gesimse, Gauben und ein ordentliches Dach aufbringen kann?

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)