Stadtplanung Dresden

  • Der Baubürgermeister stellt sich der zunehmenden Kritik an der Baukultur in Dresden und gibt den DNN ein Interview.

    Hier einige Auszüge:


    Ingesamt herrscht hier eine sehr schwierige Gemengelage. Sicher könnte die Stadt die Bukultur in Dresden heben, wenn sie denn zu einer härteren Haltung gegenüber allen Investoren bereit wäre und die Dresdner Baubehörden mit ausreichend Personal sowie dem Rückhalt der Politik ausstatten würde. Bis dahin ist es jedoch noch ein langer Weg.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Die GHND fordert zur Hebung der Bauqualität, teils analog zum Baubürgermeister, nun mehr Beauungspläne, Gestaltungssatzungen und eine personelle Aufstockung des Stadtplanungsamtes.

    Nachlesen kann man das in der heutigen DNN.

    „Wenn der Bauantrag eingereicht ist, lässt sich kaum noch etwas machen“, so Kulke. Dresden brauche für bestimmte Gebiete Bebauungspläne, Dresden brauche für bestimmte Stadtviertel aber auch Gestaltungssatzungen. So könnten Gebäude entstehen, die auf die Ortstypik eingehen. Mit Plänen und Satzungen würden enge Grenzen für die Architektur definiert. „Die Stadt muss ein Gegengewicht schaffen, um die Bauqualität hochzuhalten“, so der GHND-Vorsitzende.


    Damit das Stadtplanungsamt in die Lage versetzt werden könne, derart aufwendige Planungsprozesse zu steuern, müsse es personell aufgestockt werden, fordert Kulke. „Wegen der niedrigen Zinsen fließt gegenwärtig sehr viel Geld in den Bausektor. Wir brauchen mehr Personal und mehr Geld in der Verwaltung, um ein Gleichgewicht mit den aufgerüsteten Investoren herstellen zu können.“

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Nette Träume von Herrn Kulke...

    Zum einen brauchen Bebauungsplanverfahren (mindestens) 2-3 Jahre, da es ein sehr aufwändiger Verwaltungsprozeß ist. Die Begeisterung der Investoren über diese Zeiträume kann man sich lebhaft vorstellen, die sind teilweise unter Druck der Geldgeber, das Geld so schnell wie möglich zu verbauen. Ist zwar geradezu pervers, ist aber so.

    Zudem ist es rechtlich nicht möglich, "Verhinderungssatzungen" zu erlassen, also Satzungen, die nur zum Ziel haben, bestimmte Entwicklungen zu verhindern. Auch sind Gestaltungsauflagen in Bebauungsplänen gerne mal eine Sache, die Bauherren ignorieren - weil sie genau wissen, dass eine Forderung, dies nachträglich zu korrigieren, entweder gar nicht erst erfolgt, oder wenn sie erfolgt, dann in das Rechtsverfahren kommt - bei dem am Ende das Gericht (nach mehreren Jahren) oft genug feststellt, dass die Grundzüge der Planung von den Abweichungen nicht tangiert werden und es also zulässig ist. Oder die Korrektur wäre unverhältnismäßig.

    Und mehr Personal in der Stadtverwaltung - genau, das wird allseits auf helle Begeisterung stoßen...

  • Zunächst mal Realismus bei Forderungen. Rein rechtlich ist es so, dass ein Bauherr ein Recht auf eine Baugenehmigung hat, sofern dem keine Belange entgegenstehen. Eine Baugenehmigung ist kein Gnadenakt, sondern Verwirklichung eines Rechtsanspruches.

    Aus dem § 34 BauGB lassen sich gestalterische Feinheiten bei Neubauten nicht ableiten oder darauf basierend Forderungen aufmachen. Das ist ja oben auch schon reflektiert. Daraus jetzt abzuleiten, es braucht mehr Bebauungspläne, Gestaltungssatzungen etc., um Fehlentwicklungen zu verhindern, mag ja erstmal schlüssig klingen. Dafür müsste zunächst mal überhaupt festgestellt werden, was ist denn eine "Fehlentwicklung"? Wer prüft das, welche Kriterien sind hier anzulegen?

    Es ist ja nun mal beispielsweise so, dass die aktuell errichteten Häuser hohe Wärmedämmstandards erfüllen müssen, die oft mit gestalterischen Einschränkungen einhergehen. Diese Wärmedämmstandards basieren auf einer Bundesverordnung, sind also politischer Wille des Verordnungsgebers. Das kann aber dann nicht heißen, dass ein Neubau mit 20cm Wärmedämmung eine Fehlentwicklung wäre, den es zu verhindern gälte. (Mal unabhängig von Sinn und Unsinn der EnEV und den dennoch gegebenen gestalterischen Möglichkeiten). Nur mal als ein Beispiel, welche Hürden sich auftun, wenn man die Fehlentwicklung definieren will.

    Wenn man jetzt beispielsweise sagt, in Dresden wollen wir nur noch Sandsteinverblender haben, weil Sandstein ein traditionelles regionales Material ist, könnte man alle anderen Bauvorhaben, die das nicht erfüllen, als Fehlentwicklung einstufen. Wäre ja ein denkbares Szenario. Ist aber von vornherein nicht durchzuhalten, weil es massenhaft Beispiele historischer Bauten gibt, die Sandstein und Putz verbinden, teils noch mit Granit als Sockel dazu. Dann müsste ich das korrigieren und sagen, gut, Granitsockel, Sandsteinelemente, Putzfassade. Dann muss ich letztlich festlegen, in welchem Umfang diese Elemente auftauchen müssen, wahrscheinlich in irgendwelchen %-Anteilen. Damit würde ich Glasvorhangfassaden, Metallelemente, Klinker, keramische Elemente und anderes mehr faktisch verbieten, mal ganz davon abgesehen, dass ich damit die Baukosten in die Höhe treiben würde. Da hätte ich Zweifel, ob das faktische Verbot bestimmter Bauweisen rechtskonform ist. Zudem gibt es den erklärten politischen Willen, sozialen Wohnungsbau zu fördern, was nur bei niedrigen Baukosten funktioniert. Und nun? Was hat den Vorrang?
    Zudem hätte ich mit solchen Teilverboten noch keine "gute" Gestaltung garantiert (wer beurteilt wiederum das?).
    Das gleiche kann man mit geneigten Dächen durchexerzieren. Welche Neigung ist zulässig, und welche nicht? Warum? Sind 22°das Minimum (damit geht noch Schiefer ohne Probleme)? Sind 75° das Maximum?

    Es ist ja nicht so, dass die Stadtverwaltung nach Lust und Laune irgendwelche Vorgaben definieren kann. Jegliche Einschränkung der Rechte Dritter durch eine Regelung bedarf der Begründung, warum sie erforderlich ist. Pauschal zu sagen "um eine gute Gestaltung zu gewährleisten", wird da nicht reichen, zumal dann die Architektenschaft auf die Barrikaden gehen wird, wenn man ihnen pauschal Unfähigkeit zu einer guten Gestaltung unterstellt. Da muss schon jede einzelne Satzung eine Begründung haben, warum sie überhaupt erforderlich ist, und wie ihre einzelnen Vorgaben zustandekommen.

    Dann ist es ja so, dass es einem Grundstückseigentümer jederzeit freigestellt ist, für sein Grundstück einen Bauantrag einzureichen. Sofern noch kein B-Plan oder eine Satzung existiert, wird dieser Antrag nach § 34 zu beurteilen sein. Jetzt herzugehen und zu sagen, wir erlassen eine Veränderungssperre (und in der Folge einen B-Plan) bei jedem Bauvorhaben, das uns nicht passt, ist erstens vom Aufwand her nicht durchzuhalten und wäre zweitens grob rechtsmißbräuchlich. Eine Veränderungssperre ist nur dann zu rechtfertigen, wenn erkennbar ist, dass das geplante Vorhaben erstens ein Planerfordernis auslöst und zweitens übergeordneten städtebaulichen Entwicklungszielen zuwider läuft. Immerhin ist das ein massiver Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum. Wie gut das in der Praxis läuft, zeigt ja die Hafencity, bei der die Veränderungssperre sofort vor Gericht landete. Es ist aber völlig unrealistisch, das gesamte Stadtgebiet "auf Vorrat" mit Satzungen und B-Plänen zu überziehen. Das würde einen gigantischen Arbeitsaufwand erfordern und ständige Änderungen und Anpassungen nach sich ziehen. Es wird also immer Lücken in der Regulierung geben, die auch nur bedingt geschlossen werden können.

    Ich bin mir nicht sicher, ob es hier wirklich zielführend ist, auf die Stadtverwaltung zu zeigen und zu sagen, tut mal was. Viele Dinge lassen sich nur mit hohem Aufwand regulieren, wobei die Frage bleibt, ob das in jedem Fall (politisch) gewollt ist. Es ist aber auf jeden Fall nicht hilfreich, die Bauverwaltung anzukacken, wie es jüngst mehrfach geschehen ist - mit Konfrontation wird sich gar nichts erreichen lassen. Ich denke, wenn die Akteure - Bauverwaltung, Architekten, Investoren und am Baugeschehen interessierte Bürger - in einer vernünftigen Art und Weise das Gespräch miteinander suchen, und dabei durchaus auch Druck auf Investoren ausüben (wobei Druck eben nicht heißt, sie öffentlich niederzumachen oder bei Veranstaltungen anzupöbeln), läßt sich am ehesten was erreichen. Noch mehr Vorschriften sind bei Investoren eher unbeliebt, aber viele legen durchaus Wert auf die öffentliche Meinung und ihre Darstellung in den Medien, und bewegen sich dann eher.

  • Ich habe mit diesen Themengebieten in der Tat beruflich zu tun, möchte das aber nicht näher ausführen. Da bitte ich um Verständnis.

    Zum Thema selber: es ist halt nicht so einfach, wie es scheinen mag. Baurecht ist ein höchst komplexes Thema, und die Steuerungsmöglichkeiten der Stadtverwaltung und des Stadtrates haben Grenzen, die unter anderem durch Verfassungsrecht definiert sind. Da reicht es halt nicht, herzugehen und zu sagen, das gefällt uns nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Hildesheimer (18. Mai 2017 um 19:48)

  • Da reicht es halt nicht, herzugehen und zu sagen, das gefällt uns nicht.

    Das mag schon sein.
    Aber in anderen Städten klappt es doch auch, erfolgreich Instrumentarien der Steuerung zu entwicheln. Denk doch bitte mal an den Wiederaufbau Nürnbergs und Münchens nach dem Kriege oder jetzt in den letzten 20 Jahren in Berlin-Mitte durch Stimman.

    In DD fehlt einfach in Politik und SPA (bei beiden!) der Wille, so etwas zu machen. Und wenn du von hier und vom Fach bist, dann weißt du ja auch, dass sich vor der Gründung der GHND hier niemand in DD in der Politik überhaupt um diese Themen geschert hat....
    Dabei wär's doch so einfach: alter Stadtgrundriss, relative (!) Kleinteiligkeit, ein paar Materialien anden Fassden und dann natürlich: DÄCHER (die sind in DD verpönt) - und schon kanns ja gar nicht mehr so schlimm werden. Das müsste übergreifend über die zu bebauuenden Gebiete drübergelegt werden!

  • Oktavian: Das setzt aber voraus, dass dir von Dir da mal so eben aufgeführten Vorgaben mehrheitsfähig sind. Und da setzt es eben an: das kann man nicht per Ordre de Mufti festlegen, dazu ist eine politische Willensbildung notwendig. Die gelingt aber eher nicht, wenn man, wie das die GHND mitunter tut, die Leute öffentlich beschimpft. Das ist kontraproduktiv. Es geht eben auch nicht an, alle möglichen Forderungen aufzumachen, nur weil man es gerne so hätte. Der typische Investor wird darauf mit einem lakonischen "Wenn Sie es bezahlen..." antworten. Das darf man dabei ja auch nicht außer acht lassen: Die Investoren treten ja in erster Linie an, um mit ihrem Vorhaben Geld zu verdienen, nicht um es "hübsch" zu machen. Das geht mitunter so weit, dass die Investoren eben lieber Staffelgeschosse bauen, weil sich gerade Wände besser vermarkten lassen als geneigte Dachflächeninnenwände.

    Den Wiederaufbau nach dem Krieg finde ich als Vergleich schwierig, das waren völlig andere Voraussetzungen. Und Berlin - naja, den Potsdamer Platz finde ich alles andere als gelungen, aber ich kenne zu wenig von Berlin, um das sinnvoll beurteilen zu können.

  • Hm... so langsam würde mich echt mal interesieren, wer du bist.

    Du hast ja schon auch recht, aber gerade das hat die GHND nun seit 17 Jahren zu machen versucht: Den Finger in die Wunde gelegt und Mehrheiten aufzuzeigen versucht. Die Unzufriedenheit, mit dem was und wie in dieser Stadt gebaut wird, ist noch weitaus größer - lass dir das gesagt sein - , als es die GHND mit ihren "unverschämten" Forderungen und dem "unfreundlichen" Tonfall formuliert.

    Und wer wird denn v. a. immer wieder kristisiert, ob eines - gelinde gesagt - sehr wenig bürgernahen - Entscheidungsprozesses: Das SPA und die GeStaKo - ich denke nicht zu unrecht. Und nicht unbedingt die Investoren.

    Wie es mir scheint, neigt sich gerade das Zeitalter der westlichen Demokratien langsam, aber sicher - leider! - seinem Ende zu. Es muss sich jeder, der heute in wichtigen, "machtvollen" entscheidunggsrelevanten (und: notabene: meist sehr gut bezahlten) Positionen sitzt (ich nicht, bin nächstens Jahr Hartz4) fragen lassen, inwieweit er zu diesem Verfall der Demokratie beigetragen hat. Die Abgehobenheit und Arroganz unserer Eliten bez. der Bürger, die gerade allenthalben gespürt und diskutiert wird, spricht Bände.........

  • Es geht eben auch nicht an, alle möglichen Forderungen aufzumachen, nur weil man es gerne so hätte. Der typische Investor wird darauf mit einem lakonischen "Wenn Sie es bezahlen..." antworten. Das darf man dabei ja auch nicht außer acht lassen: Die Investoren treten ja in erster Linie an, um mit ihrem Vorhaben Geld zu verdienen, nicht um es "hübsch" zu machen. Das geht mitunter so weit, dass die Investoren eben lieber Staffelgeschosse bauen, weil sich gerade Wände besser vermarkten lassen als geneigte Dachflächeninnenwände.

    Du hast aber schon mitbekommen, dass in DD meistens nicht die Investoren, sondern die Gestaltungskommission Rekonstruktionen und/oder behutsam angepasste Architektur verhindern und vereiteln? Dass einige der Investoren eigentlich vorhatten, historisch zu bauen, aber von der Stadt - mit dem Erpressungshebel der Baugenehmigung - aktiv daran gehindert wurden? "Die Investoren" sind in Dresden das kleinste Problem.

  • Da es ja mal wieder sehr munter hier zugeht, gebe ich meinen Senf dann auch gerne noch dazu :D:D

    Ich würde mir wünschen, dass man das ganze Thema Städtebau mal völlig neu diskutiert und auf ganz andere Ebenen hebt. Dazu gehörte auch eine schonungslose und im Anschluss zielgerichtete Aufarbeitung und Weiterentwicklung des gesamten Komplexes im gesamten deutschsprachigen Raum.


    1. Grundlage wäre eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation in den deutschen Städten, dazu wäre es einmal sehr von Vorteil, auf Zahlen gestützte Einschätzungen der Bevölkerung zu bekommen. wie empfinden sie die aktuelle Lebensqualität in ihrer Stadt, welche Defizite werden gesehen, wie kann Urbanität wiederhergestellt werden, wie können Wohnen und Diversität in die Mitte der Städte zurückgeholt werden. Also kurzum, wie kann ein organischer und urbaner Stadtkörper wiederhergestellt werden.


    Denn letztlich baut ein Investor nicht für sich, baut eine Verwaltung nicht für sich und baut auch ein Architekt nicht für sich, sondern für die Menschen und daher sollten sie auch entscheiden, was im Zentrum ihrer Städte passiert!


    2. Es gilt das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Vergangenheit und ihrer Kultur zu ordnen. Solange man das nicht in den Griff bekommt, stärkt man nicht nur die Populisten, es wird dann auch schwierig, neben den Wunden im Kopf eben auch die Wunden in unseren Stadtbildern zu heilen. Ich bin da eigentlich langsam guter Hoffnung, weil ich spüre, dass die Generation unter 30 dort zunehmend entspannter wird und Konflikte, die Generationen darüber heute noch austragen, bei den Jüngeren sehr an Relevanz verloren haben. Aber dieser Prozess der Selbstheilung und dem, was man vielleicht unter gesundem Patriotismus versteht, ist zwingend nötig, um auch die Relevanz für die eigenen Kulturgüter, ihren Wert und ihren positiven Einfluss auf die Gesellschaft sehen zu können.


    3. Wenn diese beiden Punkte geschafft sind, geht es darum, zu fragen, welche Gebiete in welchen Städten kommen überhaupt für eine Rekonstruktion in Frage. Es ist ja bedauerlich, dass diese Areale in Wahrheit ja unglaublich klein sind, daher ist die Abwehrhaltung in vielen vermeintlich elitären Kreisen umso unverständlicher. Es hieße dann also, in den vom Krieg beeinträchtigten Städten Areale zu suchen, die dafür in Betracht kommen, ich wäre in diesem Kontext durchaus für ein staatliches Kulturprogramm zum Wiederaufbau historisch wertvollen Kulturgut, in dem jeden Stadt ein solches Projekt anmelden kann und durch den Bund und das Land gesondert gefördert wird. Ich halte z. B. auch eine Wiederbestuckungsprämie für eine nachdenkenswerte Idee.


    4. Haben die Städte Areale identifiziert, gilt es, die Bürger darüber zu informieren, verschiedene Varianten der historischen Annäherung vorzustellen und letztlich die Bürger eng mit einzubeziehen, was sie denn wollen. Nach all den Erfahrungen mit Wiederaufbauprojekten halte ich übrigens das Frankfurter Modell für das mit Abstand beste. Die Stadt baut das Gebiet selber auf, somit braucht es gar keine Kompromisse mit Investoren, nach Fertigstellung werden die Bauten verkauft oder in Erbpacht vergeben. Es liegen ja überall jetzt Erfahrungen vor. Es gilt, aus allen bisherigen Rekoprojekten zu lernen und diese Erfahrungen in der Umsetzung für zukünftige Projekte in einem Masterplan zu bündeln.


    5. Holt man dann, basierend auf dem Dom-Römer-Projekt, das jeweilige Bundesland und den Bund ins Boot - ja, auch andere Länder haben das Recht auf Unterstützung des Bundes, nicht nur das Land Berlin - dann sollten solche Altstadtquartiersrekonstruktionen für jede Stadt zu leisten sein.


    6. Es gilt auch, den Politikern noch viel stärker klar zu machen, dass Rekonstruktionen einen immensen Mehrwert bringen. Auch wenn man häufig über Touristen schimpft, aber sie bringen Geld in die Kassen. Wenn man mal bedenkt, wie viel Potential z.B. eine Stadt wie Magdeburg liegen lässt, dann kann man manchmal nur mit dem Kopf schütteln. Mit einer erhaltenen Altstadt wäre Magdeburg eines der Highlights der deutschen Städtelandschaft, hätte man dann noch den Mut, die große Bedeutung von Magdeburg in der Geschichte offensiv zu verkaufen, die Leute dort hätten deutlich weniger wirtschaftliche Probleme. Und gerade das ist eben ein weiterer Fakt, der für mich so derart unverständlich ist. Wieso nutzen Städte nicht das, was sie stark macht und wollen krampfhaft etwas sein, was sie nicht sind?


    Warum will Dresden immer irgendwie modern sein (wobei sie etwas als modern ansehen, was es eigentlich gar nicht ist)? Dresden ist eben Barock und diese Marke wird Dresden auch bleiben. Wieso man nicht dazu steht und diese Marke weiter ausbaut, ich kann es nicht begreifen. Dass heißt, es wäre fundamental wichtig, dass man den Menschen in den Verwaltungen auch klar macht, welche wirtschaftlichen Vorteile eine Rekonstruktion haben kann. Und ich finde es dann schon amüsant, wenn man jetzt aus Frankfurt hört: "Ja, die Altstadt wird fantastisch, alle lieben sie, aber jetzt muss dann auch Schluss sein". Da sage ich nur dazu:"Hä?". Das wäre ja genau so als wenn Apple das I-Phone raus bringt und dann sagt: "Ja, die Menschen lieben es, aber jetzt ist auch genug, wir bauen ab jetzt Kühlschränke".


    Da fragt man sich dann schon, warum der offensichtliche Erfolg bei den Menschen trotzdem nicht bei Politik und Verwaltung ankommt, weil man sich dadurch ja eigentlich selber schadet. All diese Punkte gilt es aus meiner Sicht zu bearbeiten, das wurde auch auf dem Stadtbild Treffen für mich nochmals deutlich. Gerade von Seiten des Vereins wäre zu überlegen, ob man einmal einen solchen Masterplan ausarbeiten sollte.

    APH - am Puls der Zeit

  • Wissen. de die Grundsatzdiskussionen sind schon lange geführt worden, in allen anderen Punkten gebe ich dir recht.

    Die GHND geht mit ihrer Kritik (aus strategischen Gründen) aber noch nicht weit genug, denn die Hauptschuldigen sitzen tatsächlich als Planer im SPA. Dort müsste angesetzt werden und bestimmte Leute ganz einfach entlassen bzw weggelobt werden. Danach müsste mit repräsentativen Bürgervertretern UND Architekten in einem paritätischen, gleichberechtigten Verfahren ein neuer Bebauungsplan für die restliche Stadt diskutiert werden. Ergebnis: Eine rechtsverbindliche Gestaltungssatzung. Das wär der Idealfall!

  • Es geht - finde ich - ein wenig durcheinander.

    1) Der § 34 kennt keinen Architekturgeschmack, das Baugesetzbuch ist geschmacklich neutral (auch wenn der letzte Halbsatz einer "Beeinträchtigung des Ortsbildes" viel zu wenig genutzt wird).

    2) Ein B-Plan dauert viel zu lange, bindet zu viele Reserven in den Ämtern und ist als Geschmacksparagraph "grob rechtsmißbrauchlich" (Hildesheimer).

    3) Es bleibt also für das angestrebte Ziel einer besonderen Architektur nur eine Gestaltungssatzung. Da kann man alles regeln, Fensterformate, Fassadenoberflächen, Dachformen, Zaungitter. Nur eine Gestaltungssatzung ist rechtssicher, im übrigen nicht nur gegen den Investor sondern auch gegen die heimlichen Modernisten im Amt. Als Beispiel einmal - hochlöblich und effizient - die Gestaltungssatzung von Neuruppin.

    Die Verantwortlichen in den Planungsämtern wird man so schnell nicht umstimmen oder auswechseln können.

  • Es gibt ja Petitionsrecht in unserem Lande:
    Land http://www.landtag.sachsen.de/de/mitgestalte…on/index.cshtml
    Bund https://epetitionen.bundestag.de/

    Stadt http://www.dresden.de/de/leben/gesel…g/epetition.php

    Man darf also, nach Möglichkeit gut ausgearbeitete und sehr konkrete, Vorschläge zur Reform des Baurechts machen.


    Alternativ kann man wie ein Lobbyist auch direkt die Abgeordneten ansprechen. Dazu sollte man sehr konkret wissen, was man genau möchte. Wichtig ist es auch, nicht die falsche Ebene anzusprechen.

    Neuruppin ist vorbildlich, unterliegt allerdings brandenburgischen Baurecht. Folglich könnte eine Stadt wie Potsdam ähnliche Gestaltungssatzungen annehmen. Für Sachsen kann man das wahrscheinlich nicht 1 zu 1 adaptieren.

    Nun kann man sagen, das bringt doch nichts, die setzen das doch eh nicht um. Nun, in jedem Fall wird man ein Vorgang und irgendwelche Beamten in Behörden müssen sich beruflich mit dem Anliegen beschäftigen und 1-2 Seiten schreiben, z.B. warum das nicht geht. Wenn also beispielsweise das Baurecht von Brandenburg flexibler ist als das in Sachsen, könnte man einen Vorschlag aus dem dortigen Recht für Sachsen adaptieren und um die Aufnahme der Bestimmung in sächsisches Recht bitten.

    Das Land Sachsen z.B. könnte die Gemeinden dazu verpflichten Gestaltungssatzungen für ihre Orts- und Stadtbilder zu erlassen.

    Der Bund könnte ein Sonderprogramm für die Rekonstruktion kriegszerstörter Bauwerke und Bauwerksteile auflegen und die Rekonstruktion von kriegszerstörten Bauwerken als Ziel im §136 BauGB verankern. Es gibt in jeder Stadt beispielsweise Turmhelme, die nicht rekonstruiert worden sind, und Gebäude, die in der Nachkriegszeit aus Mangel an Ressourcen nur provisorisch wiederaufgebaut wurden.

    Einmal editiert, zuletzt von Agon (19. Mai 2017 um 23:42)

  • Konstantindegeer, das Problem ist, dass sich in Dresden v.a. die CDU gegen eine Gestaltungssatzung sperrt, da diese in deren Augen investorenfeindlich sei. Es gilt also, Experten zu benennen, die sie vom Gegenteil überzeugen können. Weißt du da Rat?

  • Ja, aber Petitionen gibt es auf Europa, Bundes-, Landes- und Stadtebene und entsprechende Regelungen auf Europa, Bundes, Landes, und Stadt/Gemeinde Ebene. Siehe Links oben.

    Von allen Ebenen darf man etwas fordern, was in den betreffenden Zuständigkeitsbereich fällt. und als Skizze für Bund habe ich oben z.B. "Der Bund könnte ein Sonderprogramm...wiederaufgebaut wurden." skizziert. Notabene, das meiste, was bei Petitionsausschüssen anschwemmt, ist Schwachsinn, Persönlichkeitsrechte für Delphine usw. oder wie von einem Betrunkenen nach einer TV-Talkshow formulierte Ergüsse. Wenn man da hingegen einen gut formulierten und konkreten Vorschlag einreicht, stößt man was an.

    Hier das sächsische Landesgesetz, die Sächsische Bauordnung
    https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/1779-SaechsBO
    Relevant ist hier §89 (1) Die Gemeinden können durch Satzung örtliche Bauvorschriften erlassen über...

    Nun könnten wir uns die Mühe machen und das mal mit der Rechtslage in Brandenburg vergleichen, und schauen, was man in Sachsen ändern muss, damit es da auch "Neuruppin" geben kann.

  • Nun könnte man sich überlegen, was man im sächsischen Recht neu und umformulieren kann.

    Vorschlag zur Änderung der Sächsischen Bauordnung

    Zitat von Änderungsvorschlag

    § 89 Örtliche Bauvorschriften (1) Die Gemeinden können durch Satzung örtliche Bauvorschriften zur Verwirklichung baugestalterischer und städtebaulicher Absichten oder zum Schutz bestimmter Bauten, Straßen, Plätze oder Orts- und Stadtbilder von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung sowie von Baudenkmälern und Naturdenkmäler erlassen über

    1. besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen sowie von Werbeanlagen und Warenautomaten
    ....


    Zur Info (Wikipedia): Unter Bauliche Anlage versteht man die Gesamtheit von Gebäuden, anderen Baulichkeiten und Einrichtungen sowie dem Gelände als von Architektur und Gartenbau geplantes und gestaltetes Areal.

    Kritikpunkt: "Leistet die Sächsische Bauordnung das denn nicht bereits?" - Gegenargument: Die aus dem brandenburgischen Baurecht entlehnte Formulierung verdeutlicht den Gemeinden stärker ihre gestalterischen Möglichkeiten zum Schutz von Ortsbildern und fördert die fakultativen Anstrengungen auf Gemeindeebene zur Wahrnehmung ihrer gestalterischen Möglichkeiten für ein schöneres Sachsen und ortstypisches Bauen. Es herrscht derzeit in vielen Gemeinden des Landes mangelnde Rechtsklarheit, inwiefern Gemeinden auf der Grundlage des Baurechts des Bundes und Landes ihre gestalterischen Kompetenzen einbringen dürfen. Die vorgeschlagene Änderung stellt die Flexibilitäten auf Gemeindeebene klarer heraus. Beispielhaft sei auf die vorbildliche Gestaltungssatzung aus Neuruppin verwiesen, die unter brandenburgischen Baurecht verabschiedet wurde, und die Potenziale für Stadtbildgestaltung auf Gemeindeebene verdeutlicht.

    7 Mal editiert, zuletzt von Agon (20. Mai 2017 um 01:30)

  • Die sächsische Bauordnung sieht genauso wie die brandenburgische Bauordnung Gestaltungssatzungen vor, weil beide auf der Musterbauordnung des Bundes beruhen. Insofern wäre eine Gestaltungssatzung für die Dresdner Innenstadt rechtlich völlig unproblematisch, es gibt sie in vielen anderen deutschen Städten auch.

    Trotzdem benötigt man hierzu eine politische Mehrheit im Stadtrat, daraufhin weisst Manuel Re zurecht hin. Die nicht vorhandenen Mehrheit hierfür verhindert auch eine mögliche Gestaltungssatzung für Potsdam.

    Es gibt natürlich viele Argumente gegen eine Gestaltungssatzung. Da diese justiziabel sein muss (sonst kann sie keine Bindungswirkung entfalten), ist sie vergleichsweise starr und kennt auch kein Patentrezept für Schönheit. Sie kann aber großen Unsinn verhindern, wenn man ein paar grundsätzliche Dinge regelt.
    Das sind:
    1) Ein Haus besteht aus einem überhöhten Sockelbereich, einem Mittelteil und einem Dach. Die drei Teile müssen erkennbar unterschiedlich sein.
    2) Für Fassaden sind matte Naturmaterialen zu verwenden, z. B. Putz, Sandstein etc. Vollwärmeschutzfassaden (Styropor-) sind untersagt. Dächer z.B. aus Dresdner Bibern. Keine Staffelgeschosse, nur ortsübliche Gaupen.
    3) Vorgeschrieben sind stehende Fenster in einem bestimmten Längenverhälnisbereich. Fasaden dürfen nicht mehr als 40 % ihrer Fläche aus Fenstern bestehen. Es müssen idR Brüstungsfenster sein oder Balkone mit Fenstertüren.
    So kommt man relativ schnell zu einem wirkungsvollen Ziel, was Architektur betrifft. Modernistischem Städtebau, als falsch stehenden Häusern, die keine Räume bilden, ist damit jedoch nicht beizukommen. Da hilft nur ein Rahmenplan.

    Entscheidend ist die Bindungswirkung gegenüber dem Bauwilligen UND dem Planungsamt. Die Kritik der CDU, eine G-Satzung behindere die Investoren, geht ins Leere: das Umkehrte ist der Fall. Ich bin nun schon seit 25 Jahren in der Branche und die Immobilienwirtschaft schätzt vor allem eines: Berechenbarkeit. Genau diese würde eine Gestaltungssatzung schaffen, das ist besser für jeden Investor also fortwährend zwischen Gestaltungsbeiräten und Bürgerinitiativen hin und her geschoben zu werden. Investoren wollen wissen was geht und was nicht geht - das liegt an den vielen sonstigen Risiken, die das Bauen birgt. Deshalb ist jeder Investor von Beginn an bemüht, Risiken zu vermindern.