Unsere Städte in alten Farbfilmen und -bildern

  • Zitat

    Wobei ich sagen muss, dass mir die meisten historischen Gebäude, so weit sie noch stehen, in deren heutigen Zustand besser gefallen, als in dem damaligen. (...)


    Das ist genau meine Meinung. Und damit meinen wir natürlich nicht den verstümmelten Nachkriegszustand so mancher Häuser, sondern die Verfassung und Sauberkeit der Fassaden. Hier im Forum gibt es aber auch einige Leute, die auf den Verfall stehen.

    [lexicon='Das Berliner Schloss'][/lexicon] sieht in dem Film von Beitrag Nr. 137 sehr dreckig und wenig majestätisch aus. Dieses Problem wird das Humboldt-Forum 2019 dagegen nicht haben. Ich denke, daß eine gepflegte Erscheinung und "geleckte" Fassade sehr viel zum Glanz eines Bauwerkes beitragen. Das sieht man allein schon immer auf den Vergleichsbildern der Sanierungs-Threads von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] und Halle (Saale).

  • Na ja, man darf nicht vergessen, dass diese Zeit einem verlorenen Weltkrieg und einer darauffolgenden Depressionszeit folgte. Dieses Problem hatte man auch bei vielen erhaltenen Städten wie zB Bamberg, deren Zustand in den Fünfzigern geradezu verheerend und bedrohlich für die Substanz war. Viele Stimmen aus Städten wie Kassel und Hamburg zeigten sich über die Zerstörung geradezu erfreut, da diese die Stadtbild- bzw Denkmalschutzprobleme erübrigte. Ohne Zweifel hätte es ohne Kriegszerstörung furchtbare Abrisswellen gegeben, wäre das Wertempfinden für das Erhaltene noch viel schwächer ausgefallen.
    Was den Zustand des Gezeigten anbelangt, so meine ich, dass die schlechte Bildqualität ein Übriges tut. Indes kann ich diesen Gebäuden sehr wohl eine gewisse Würde abgewinnen. Dies sage ich selbst auf die Gefahr hin, unter die Leute eingeordnet zu werden, "die auf Verfall stehen". Von Verfall kann natürlich keine Rede sein. Eher von einer gewissen großartigen Düsterkeit, die durch die dem Zeitkolorit zuzuordnenden Umstände noch verstärkt werden.
    Beim Berliner und Potsdamer Schloss erübrigen sich natürlich die Vergleiche vorher/heute. Den Originalzustand über den Zustand der - noch hoffentlich so gelungenen - Reko zu stellen, wäre Stumpfsinn, dies im wahrsten Sinne des Wortes, zu welchem nur völlig abgestumpfte Gemüter, unfähig über die glatte Oberfläche hinaus zu empfinden im Stande wären. Aber ganz allgemein war es so, dass die Einbettung des Erhaltenen weit stimmiger war. Ich meine, wir würden uns, lediglich eine kurze Weile in die damalige Zeit versetzt, also nicht in Gefahr befindlich, der Errungenschaften der Jetztzeit wie Penicillin oder Zentralheizung nachhaltig verlustig zu werden, uns nicht sattsehen könnten.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Na ja, man darf nicht vergessen, dass diese Zeit einem verlorenen Weltkrieg und einer darauffolgenden Depressionszeit folgte.

    Auf den frühesten, noch vor dem 1. Weltkrieg aufgenommenen Farbphotographien deutscher Städte war allerdings auch schon eine schmutzig-grau-braune Farbe vorherrschend (siehe z.B. das Berliner Schloß oder Ravensburg in Aufnahmen von ca. 1913.) Die Holz- und vor allem die Kohleheizungen ohne moderne Filtertechnik werden sicher erheblich zur "Patina" der Gebäude beigetragen haben.

  • Weiß nicht, wie weit diese ganz frühen Farbphotos farbgetreu waren. Jedenfalls finde ich auf den Bildern nichts besodners Bemerkenswertes, wobei deine Aussage an und für sich sicherlich zutrifft. Die zuckerlrosa "Fassadenaktionen", sind jedenfalls ein Kind der (2.) Nachkriegsära.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Klar. Darauf beriefen sich die "Fassadenaktionen" idR auch. Das Ergebnis war in den allermeisten Fällen dennoch erbärmlich.
    Hingegen sind die Städte wohl nicht immer grau gewesen, wovon einige von weit früher erhaltene Beispiele doer Bilddokumente zeugen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

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    Kurzfilm zu diversen Ortschaften in Mecklenburg (u.a. Rostock, Wismar, Neubrandenburg etc.) (circa 1935)


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    1-minütiger Farbfilm von Augsburg Ende der 30er Jahre.


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    Westpreußen 1943, Farbfilm mit Ansichten u.a. von Thorn, Kulm und Danzig.

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Herrlich, dieser Farbfilm von Westpreußen. Da kamen meine Großeltern her. Die Weite des Landes, die wunderschönen mittelalterlichen Städtchen...und das zu einem Zeitpunkt, als der Krieg schon bald in die heiße Endphase ging - als das massenhafte Sterben der Deutschen Städte einsetzte..

    Wie konnte dieser Wahnsinnige bloß diesen Weltkrieg beginnen, der mit dem Verlust dieser herrlichen Landschaft, der Zerstörung praktisch aller Deutschen Städte und zig Millionen Toten endete......
    Wäre dieser Wahnsinnige doch nie geboren worden..

  • Ehrlich gesagt bedaure ich den Verlust der herrlichen Landschaft nicht wirklich, es freut mich mittlerweile sogar. Würde Westpreußen noch uns gehören stünde heute alles voll mit Windrädern und Industriegebieten, die Idylle wäre längst verloren. Und wie Danzig heute aussähe mag ich mir gar nicht vorstellen. Die Polen gehen mit den ehemals deutschen Gebieten besser um als es die Deutschen täten.

    In dubio pro reko

    5 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (2. September 2015 um 07:50)

  • Ohne Kriegszerstörungen wären sicher auch die Deutschen gänzlich anders mit ihrem Land umgegangen. Dann gäbe es aber auch dieses Forum und überhaupt das ganze derart ausgeprägte Bewusstsein für Architektur und Historie wohl nicht. Viele Altstädte wären wohl sukzessive ganz natürlich durch Überformung verschwunden, wie es eigentlich seit allen Zeiten der Fall war... Vielleicht können wir am Ende den grotesken Zerstörungen sogar irgendwie "dankbar" sein.

  • In Augsburg müssen jetzt dringend die zwei Hauptstraßen und einige Nebengassen wiederaufgebaut werden. Denn es war vor 1944 sicher eine der schönsten Städte überhaupt (würde es sogar auf jeden Fall über etwa das alte Würzburg stellen).

  • Ohne Kriegszerstörungen wären sicher auch die Deutschen gänzlich anders mit ihrem Land umgegangen. Dann gäbe es aber auch dieses Forum und überhaupt das ganze derart ausgeprägte Bewusstsein für Architektur und Historie wohl nicht. Viele Altstädte wären wohl sukzessive ganz natürlich durch Überformung verschwunden, wie es eigentlich seit allen Zeiten der Fall war... Vielleicht können wir am Ende den grotesken Zerstörungen sogar irgendwie "dankbar" sein.

    Davon habe ich bisher noch nichts bemerkt...


    Ehrlich gesagt bedaure ich den Verlust der herrlichen Landschaft nicht wirklich, es freut mich mittlerweile sogar. Würde Westpreußen noch uns gehören stünde heute alles voll mit Windrädern und Industriegebieten, die Idylle wäre längst verloren. Und wie Danzig heute aussähe mag ich mir gar nicht vorstellen. Die Polen gehen mit den ehemals deutschen Gebieten besser um als es die Deutschen täten.

    Wie schon geäußert: hinter diesen polnischen Leistungen steckt meistens aber gar kein Geschichtsbewusstsein oder etwas ähnliches, sondern immer noch die nachwirkungen der stalinistischen Zeit und des Kommunismus. Und dabei ist Polen ein Land mit nur 2-4 geschlossenen größeren (Alt-) Städten - Danzig und Breslau zählen auf jeden Fall nicht dazu... Tschechien und Österreich erscheinen mir deshalb sehr viel interessanter zu sein. Aber diese ganze Diskussion gehört eigentlich hier .

    2 Mal editiert, zuletzt von Niederländer (2. September 2015 um 13:17)

  • Zitat

    Herrlich, dieser Farbfilm von Westpreußen. Da kamen meine Großeltern her. Die Weite des Landes, die wunderschönen mittelalterlichen Städtchen...und das zu einem Zeitpunkt, als der Krieg schon bald in die heiße Endphase ging - als das massenhafte Sterben der Deutschen Städte einsetzte..

    Wenn man es streng betrachtet, kam Westpreußen von den ehemaligen Ostprovinzen des Reiches am besten weg (obwohl es bereits seit 1920 Teil Polens war). Keine andere Region gibt einen besseren Eindruck davon, wie es auch einmal in Hinterpommern und Ostpreußen städtebaulich aussah (dort gibt es meines Wissens keine gut erhaltenen Ortschaften mehr aus deutscher Zeit). Zur Veranschaulichung:

    Kulm (sehr gut erhalten):

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…rket_Square.jpg

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…uare_Market.jpg

    http://www.turystyka.torun.pl/upload/image/c…zfary161212.png

    Die allseits bekannte Hansestadt Thorn:

    http://www.ordensland.de/Thorn/a_thorn_weichselufer.jpg

    http://cdn2.spiegel.de/images/image-376659-panoV9-qrdh.jpg

    Graudenz:

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…statRetouch.jpg

    http://wtr.kujawsko-pomorskie.pl/wp-content/upl…5dz-800x545.jpg

    Auch Dirschau, Bromberg und natürlich Danzig sind erhalten bzw. gut wiederaufgebaut worden.

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Die Maximilianstraße ist nur noch am Südende komplett erhalten. Und dazu kommen dann noch die Karolinenstraße und der Hoher Weg als Teil der Nord-Süd-Achse. Das ist dann Nr. 1; mit Nr. 2 meine ich die Ost-West-Achse Ludwigstraße, Karlstraße, Leonhardsberg, und Jakoberstraße. Also nicht Hauptstraßen, sondern Hauptachsen. Und eine Totalrekonstruktion der Börse, des Moritzplatzes und der Straße Am Perlachberg wäre dabei auch sehr, sehr wichtig. :smile:

    Einmal editiert, zuletzt von Niederländer (2. September 2015 um 22:39)

  • Gestern in der FAZ: "Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten Planen" lautete die Überschrift des Artikels in dem ein Buch vorgestellt wird das "Plätze in Deutschland 1950 und heute" heißt und von Christoph Mäckler und Birgit Roth verfasst wurde.

    In dem Artikel über das Buch steht eine interessante Begründung zu der totalen Nachkriegszerstörung unserer Städte drinnen die da wortwörtlich lautet:

    Für Mäckler und Roth sind die Schuldigen an der Misere, die in den 70er und 80er Jahren angerichtet wurde, schnell ausgemacht, nämlich die Ideologen der 68er, deren Geist bis heute Planungsämter durchwehe: "Der heutige Planer steuert vor allem Prozesse und zeichnet Bebauungspläne" schreibt Mäckler und beklagt, dass die Regeln des Städtebaus im Studium nicht mehr vermittelt würden. Dazu hat man 2014 die sogenannte Kölner Erklärung abgegeben, einen Appell, der unter dem Titel "Die Stadt zuerst" eine auf historische Kenntnisse zielende Ausbildungsreform fordert. Mit Ausstellung und Katalog verbindet sich die Hoffnung, das Steuer herumreißen zu können und den trostlosen Zustand der Innenstädte zu beenden.

  • Bitte Artikel Frau Luescher und dem Dresdner Stadplanungsamt schicken! 1968...stimmt! Genau so schaut das aus, was in Berlin und Dresden von diesen Ideologen an der gebauten Umwelt verbrochen wird. Die sind in ihrer Ausbildung vor 50 Jahren stehen geblieben. Selbsterkenntnis 0.