Unsere Städte in alten Farbfilmen und -bildern

  • Bei mir ist die DVD auch gerade angekommen, hatte aber bislang keine Zeit, da mal reinzuschauen.

    Was ich so im Web gesehen habe, kam qualitativ nicht an die Bilder von Prokudin-Gorskii, der dieselbe Methode benutzte und zu dem ich hier auch einen Thread eröffnet hatte, heran. Aber mal sehen.

    Hohe Qualität sollte einen jedenfalls nicht überraschen, Optiken (mit fester Brennweite) waren damals schon weit genug optimiert und bei den damals üblichen Großbildformaten waren bereits ordentliche Auflösungen möglich - mit modernem Farbfilm in dieser Größe (8" bzw. über 20 cm) kommt man gescannt schon in den Gigapixelbereich. Und das, obwohl selbst ein Trommelscanner modernen Film nicht ohne Verluste erfassen kann, das geht nur mit einer Mikroskopoptik (wodurch sich übrigens die stark untertriebenen heutigen Auflösungsangaben zu Film erklären, die noch vor 10 Jahren mehrfach höher angegeben wurden - die Anzeigenkunden danken es den Magazinen). Aber das nur am Rande..

    Hier gibt es im Original hochauflösende, fürs Web verkleinerte Bilder. Zwar nur aus den USA, sie sind aber trotzdem sehr interessant: Shorpy Historical Photo Archive | Vintage Fine Art Prints

  • Wie sind die Fotos auf die CD gebrannt? Als einzelne JPEGs? Und in welcher Auflösung liegen sie vor? Der Rest klingt ja sehr vielversprechend.

    --
    Aenos

  • Danke für die Auflistung ! Ich würde ja schon ganz gerne mal hineinschauen, besonders natürlich die rheinischen Städte. Schade, das Westfalen nicht auch dabei ist. Vielleicht kaufe ich mir die CD. 8)

  • Zitat

    Sind auf der CD Aufnahmen aus Mecklenburg-Vorpommern zu finden? Wenn ja - welche?

    Definitiv: Nein. Meine Auflistung war relativ vollständig. Aus diesem Gebiet ist kein Farbbildband errschienen und somit sind zumindest über den Weller-Verlag keine Farbaufnahmen aus der Zeit für dieses gebiet erhalten.

    Ich muss noch hinzufügen, dass es sich bei der CD um Scans aus den gedruckten Farbbildbänden handelt, worunter in manchen Fällen doch die Qualität leidet, da die Drucktechnik damals noch nicht so weit entwickelt war wie heute. Man muss bedenken, dass Farbdrucke aus vier einzelnen Farben, die mit vier verschiedenen Druckwalzen aufgetragen werden, hergestellt werden. Bei der Wiedergabe von Fotos muss mann das Übereinanderdrucken in einer Genauigkeit im Mikrometerbereich gewährleisten. Soweit war die Drucktechnik damals noch nicht und ich kann mir gut vorstellen, dass es eine Menge Makkulatur = Fehldrucke beim Einstellen der Farben gegeben hat.

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Zitat von "snitch"

    der link mit den Farbfotos aus Amerika ist ja unglaublich...

    http://www.shorpy.com/4x5-large-format-kodachromes\r
    http://www.shorpy.com/4x5-large-format-kodachromes

    Das ist ja qualitativ einfach perfekt.. man bekommt hier wirklich einen 1:1 eindruck von damals.

    Wieso gibt es Bilder in so toller qualität nicht von Deutschland?

    Es liegt nahe: Kodak ist eine amerikanische Firma, da konnte Deutschland im Zweiten Weltkrieg, als Kodachrome Planfilme erstmals breit verfügbar waren, wohl kaum einkaufen. ;)

    Das einzige große Farbfotografieprojekt vor dem Zweiten Weltkrieg bleibt der "Führerbefehl Farbfotografie", der auf Basis von Agfacolor (um 1940 breit verfügbar) durchgeführt wurde, meines Wissens jedoch leider nur auf Basis von 35mm-Kleinbildfilmen. Diese erreichen natürlich lange nicht die Qualität eines 4x5"-Planfilms.

    Es gibt wohl noch einige größere Serien von Deutschland (ich habe eine von Frankfurt) auf Basis der recht frühen Autochrom-Technik, doch Farbechtheit und Schärfe dieser Technik ist nicht mit den oben genannten Filmen vergleichbar.

  • Viel naheliegender... Es wurde wahrscheinlich schon einiges in Farbe fotografiert, doch haben die Fotografen - professionelle und private - oft auch in den Großstädten gewohnt, die später zerstört wurden. In einem Buch über die Zerstörung Darmstadts beispielsweise berichtet ein Augenzeuge, dass er beim Luftangriff aus dem Keller seines brennenden Hauses geflüchtet ist und dass er sein Archiv mit mehreren hundert Farbdias der Darmstädter Altstadt zurücklassen musste, was er gerade im Angesicht der völligen Zerstörung der Altstadt als schweren persönlichen Verlust ansah.

    Hier in Hannover gab es beim Heimatbund Niedersachsen ein umfangreiches Farbdiaarchiv "des Niedersächsischen Kunst-und Kulturkreises", das (und deshalb ist das überhaupt bekannt) vom "Gauheimatwerk" beschlagnahmt wurde und schließlich auch beim Luftangriff auf Hannover im Oktober 1943 verbrannte. Überhaupt stößt man beim recherchieren in alten Akten immer wieder auf totale Lücken >1943, so wurde z. B. leider die gesamte Registratur des Bauordnungsamtes durch einen Vollteffer mit anschließendem Brand vernichtet, was nichts anderes bedeutet, dass es keine systematische Sammlung von Bauzeichnungen und somit keine Dokumentation des Baubestandes der Stadt Hannover vor 1943 mehr gibt. Der Luftkrieg hat nicht nur viele Zivilisten getötet, Stadtbilder nachhaltig zerstört sondern auch teilweise die Geschichte bzw. das Wissen darum nachhaltig getilgt...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Wobei es natürlich schon Wahnsinn ist, daß viele Archivbesitzer ihre einmaligen Quellen auch nach vielen Bombardierungen von Städten immer noch ungeschützt in Kirchtürmen oder sonstwo lagerten. In meiner Heimatstadt wurde Ende März 1945 das wichtige Pfarrarchiv zerstört, weil es nicht ausgelagert wurde, trotz hunderter Stadtzerstörungen im Reichsgebiet. :klaresnein:

  • In der Tat. Auch in Frankfurt ist im März 1944 mangels Auslagerung (!!!) der wesentliche Teil des Stadtarchivs verbrannt, darunter auch alle Bauamtsakten, in denen die Gebäude der Altstadt dokumentiert waren. Paradox geradezu mutet da an, dass man zuvor drei Jahre lang (!) zehntausende von Fotoserien zur Dokumentation der dem Untergang geweihten Altstadt geschossen und Fassadenabwicklungen angefertigt hatte.

    Darüber hinaus wurden u. a. auch alle Bedebücher (Steuerbücher) vernichtet - Frankfurt war eine der wenigen Städte, wo diese seit Anfang des 14. Jahrhundert in fast lückenloser Folge erhalten waren! Was wäre das heute ein Schatz für Geschichtsforscher. Man kann eigentlich nur noch von Dummheit sprechen.

  • Kann es vielleicht sein, dass man einen Wiederaufbau der Großstädte in alter Form schon damals gar nicht mehr wollte und es billigend in Kauf genommen hat, dass sämtliche Akten zerstört wurden? Diejenigen, die mit Herzblut und Kamera der Nachwelt wenigstens das überlassen wollten handelten vielleicht oft in Eigeninitiative. Der "Fotobefehl" betraf doch meistens wichtige Solitärbauten. Nehmen wir Dresden z.B.: von den "wichtigen" Gebäuden wie Schloss, Frauenkirche und Zwinger gibt es diese Farbbilder, von der verwinkelten Altstadt sind mir farbige Bilddokumentationen nicht bekannt, schon gar keine Innenaufnahmen einzelner "normaler" Bürgerhäuser.

  • Der Gedanke kam mir auch schon öfter. Es gibt in der Tat zahlreiche Belege für die Gleichgültigkeit der nationalsozialistischen Stadtregierungen bzw. sogar aktives Eingreifen gegen eine Auslagerung. Vermutlich in der irrwitzigen Annahme, dass das sowas wie ein Zeichen von Schwäche gewesen wäre. Dazu passt aber andererseits wieder nicht, dass man z. B. deutschlandweit den überwiegenden Teil wertvoller Kirchenglasmalereien durch rechtzeitigen Ausbau retten konnte.

  • "Diese Kerne stellen keine guten Stadtbilder im ästhetischen Sinne dar. (...) In diesem Sinne ist der englische Luftkrieg begrüßenswert, denn er hilft uns, Platz zu bekommen für großzügige Aufbauten. (...) Eine Stadt wie Regensburg paßt doch gar nicht mehr in unsere heutige Zeit. Es ist zwar ganz nett, ein paar davon als Museumsstücke zu behalten; aber in ihrer Mehrzahl würden sie doch nur unser volkswirtschaftliches Wachstum behindern." (Adolf Hitler)

    Nein, die werden gedünstet

  • @ Wissmut: Hast du dafür eine sichere Quellenangabe?
    Das wäre doch ein wunderbares Zitat, um es den Modernisten um die Ohren zu hauen! Die Nachkriegsarchitekten als "Hitlers willige Vollstrecker" ... den "inneren Reichsparteitag" (um gleich beim Thema zu bleiben :gg:) würde ich mir wirklich zu gerne mal gönnen.

  • Zitat von "RMA"

    Dazu passt aber andererseits wieder nicht, dass man z. B. deutschlandweit den überwiegenden Teil wertvoller Kirchenglasmalereien durch rechtzeitigen Ausbau retten konnte.

    Wieso nicht? Ich denke der Wert dieser war durchaus bekannt, und wie gesagt wurden ja sämtliche Solitärbauten fotografisch festgehalten.
    Nur für das altstädtische Gassengewirr hatte man keine Verwendung mehr.

  • @ Philon

    Das Zitat ist sinngemäß aus dem Spiegel-Sonderheft über den Bombenkrieg (2005) wiedergegeben; in einem Artikel, in dem die "Leistungen" von Hitlers Planungsstäben (Hillebrecht, Gutschow) angemessen gewürdigt werden.

    Nein, die werden gedünstet

  • Zitat von "Wissmut"

    "Diese Kerne stellen keine guten Stadtbilder im ästhetischen Sinne dar. (...) In diesem Sinne ist der englische Luftkrieg begrüßenswert, denn er hilft uns, Platz zu bekommen für großzügige Aufbauten. (...) Eine Stadt wie Regensburg paßt doch gar nicht mehr in unsere heutige Zeit. Es ist zwar ganz nett, ein paar davon als Museumsstücke zu behalten; aber in ihrer Mehrzahl würden sie doch nur unser volkswirtschaftliches Wachstum behindern." (Adolf Hitler)

    Wahnsinn. Dann war der Städtebau der Nachkriegszeit klar auf Hitlerlinie.

  • Zitat von "Kindvon2dresdnern"

    Kann es vielleicht sein, dass man einen Wiederaufbau der Großstädte in alter Form schon damals gar nicht mehr wollte und es billigend in Kauf genommen hat, dass sämtliche Akten zerstört wurden?

    NEIN!

    Gerade wir hier sollten uns von Aly und Co. nicht einreden lassen, Deutschland habe am Ende noch vom II.WK profitiert.

    Literaturempfehlung:

    Das deutsche Archivwesen und der Nationalsozialismus. von Robert Kretzschmar. 2007

    und wie immer

    Jörg Friedrich: Der Brand: Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945. Dort das Kapitel "Die Bücher".

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große

  • Ein, wie ich finde, nicht uninteressantes Thema. Durch Zufall bin ich auf dieses Thema gestoßen, da ich nach Farbfilmen des alten Prag suchte…(und auf den Farbfilm „Die goldene Stadt“ aus dem Jahr 1942 stieß). Über unsere unzerstörten Städte gibt es ja eine Menge S/W-Filme aus der Vorkriegszeit über Dresden, Berlin et cetera. Über unsere einstmals herrlichen Stadtbilder leider in Farbe nur sehr wenig. Das liegt natürlich auch daran, dass sich diese Technik (Agfacolor bzw. Kodak-Color) sich erst richtig nach dem Krieg durchsetzte.

    Seit geraumer Zeit recherchiere ich alte Farbfilme aus Prag, Dresden, Berlin, Potsdam, Wien et cetera. Die Farbfilme des unzerstörten Potsdam und Berlin kennt wohl sicher schon jeder von uns. Von Dresden habe ich erst einen kurzen Farbfilm-Ausschnitt von einer Hochzeit in Dresden während der Kriegszeit gesehen, der ca. eine Minute dauert und auch ein paar Gebäude zeigt, die ich leider nicht einzuordnen vermag. Weiters gibt es auch einen selbstgedrehten Farbfilm aus den frühern 40er Jahren von Vietinghoff-Riesch, in welchem er auf der Straße (ich vermute in der Nähe des Pirnaischen Platzes) mit Gerhard Hauptmann (?) spricht. Von Vietinghoff-Riesch gibt es auch unzählige selbstgedrehte Farbfilmaufnahmen aus dem Sudetenland in Farbe (lieber Ursus)!

    Mehr Farbfilme über Dresden kenne ich nicht? Ihr vielleicht?!

    Vielleicht ist es ja möglich hier einen Strang zu pflegen, in dem jeder, der einen alten Farbfilm (auch Spielfilme!) dieser oder anderer Städte kennt, hier einstellt.

    Eine ganz kleine Auswahl an Spielfilmen in Farbe, in welchem die altbekannten Stadtbilder als Hintergrund vorkommen:


    Titel: Die goldene Stadt

    Drehjahr: 1942

    Drehorte: Prag (Altstadt, Hradschin, Veitsdom, Karlsbrücke), Bautzen


    Titel: Kolberg

    Drehjahr: 1944/45

    Drehorte: Königsberg (Opr.), Breslau, Spandau, Pommern