Unsere Städte in alten Farbfilmen und -bildern

  • Oh mein Gott ist meine Heimatstadt einmal schön gewesen. Das erste Bild von Nr. 184, mit dem Dom St. Bartholomäi im Hintergrund.

    In den letzten 30 Jahren hasste ich meine Heimatstadt und war fast nie zu Besuch da. Vielleicht liebe ich ja Frankfurt in Wirklichkeit.....

    es müssen mehr Fachwerkhäuser her!

    Die Zeichen der Zeit stehen gut.

    PS - hast du das erste auch selber coloriert, Clint?

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Ja, hab’s selber coloriert (ist ein kleines Hobby von mir :) )

    Und ja, Frankfurt war einst ein Traum von einer Stadt- ich würde sogar sagen weltweit ein einmaliges Juwel, vor allem auch in dieser Größenordnung... Neben Dresden der schlimmste Verlust in meinen Augen.

  • Ja deswegen zog ich dort auch weg vor 30 Jahren. Konnte die Ignoranz der Bevölkerung gegenüber Historischem einfach nicht mehr ertragen.

    Aber viel hat sich in der Zwischenzeit geändert. Habe die "neue" Altstadt noch nicht gesehen. Will diesen Sommer unbedingt hin.

    Aus der Stadt kann man noch was machen. Noch ist Hopfen und Malz nicht verloren!
    ;)

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Man kann, ob man will ist leider die andere Frage. Hätte man unmittelbar nach dem Krieg die jetzige Wirtschaftskraft gehabt, wäre vermutlich einiges anders gekommen. Aber die jetzigen ‚Machthaber‘ sind mental dermaßen weit vom alten Frankfurt entfernt und ohne den geringsten Bezugspunkt, dass sich kaum was ändern lässt. Nun steht die neue Altstadt und sie sagen sich „bitte sehr, da hab ihr‘s- nun lasst uns damit in Ruhe!“. Noch nicht einmal das Salzhaus am Römer haben sie rekonstruiert- obwohl die Fassadenteile erhalten sind. Das Schopenhauerhaus wurde ebenfalls nicht rekonstruiert (m.E. ein MUSS!). Aber klar, die Hoffnung soll man nicht aufgeben und vielleicht findet durch den Generationenwechsel bald ein Umdenken statt.

  • Ein großes Lob für deine Arbeit, East. Diese colorierten Bilder sind beeindruckend, in Farbe wirken die Gebäude noch schöner als ohnehin. Sowas muss man wirklich können.

    In dubio pro reko

  • Mich würde interessieren, welche Software oder App für das Kolorieren eingesetzt wurde und wie die Software die ursprünglichen Farben "erahnt". Oder sind die Farben reine Fantasie? Bei heute noch stehenden Gebäuden oder Elementen wie Himmel oder Wasser mögen die Farben ja noch eindeutig bestimmbar sein, aber wie sieht es mit Kleidung oder Fahrzeugen aus?

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Hallo Tegula, tatsächlich entspringen die Farben der Fantasie oder -bei Gebäuden, die noch stehen- orientiere ich mich an der jetzigen Farbgebung. Worauf ich achte ist, dass die Farben den Helligkeiten und dem Material entsprechen. Ziel ist eigentlich in erster Linie ein stimmiger Gesamteindruck, also wie es hätte sein können. Ich benutze dafür Photoshop.

  • Aber die jetzigen ‚Machthaber‘ sind mental dermaßen weit vom alten Frankfurt entfernt und ohne den geringsten Bezugspunkt, dass sich kaum was ändern lässt.

    Worin begründet sich diese These?

    Ich bin recht oft in Frankfurt, kenne dort eine Vielzahl von Menschen, auch solche die durchaus "macht haben". Allen ist durchaus das historischen Frankfurt bewusst. Dass dies so ist, zeigen ja auch die seit den 80iger Jahren des letzten Jahrhunderts vorgenommen Veränderungen im Bereich der Frankfurter Altstadt, mit ihren vielfachen Rekonstruktionen und sonstigen kleinen Verbesserungen des Stadtbildes. Es bleibt sicher noch viel zu tun, aber das sich gar nichts ändert (gegenüber dem in der Tat grausamen Wiederaufbau der 50iger bis 70iger Jahre mit all den unnötigen abrissen von historischer Bausubstanz) kann man wirklich nicht sagen.

    Ich denke auch, dass die anfangs zitierte These einfach ohne Kenntnis der tatsächlichen Frankfurter Gegebenheiten mal so in den Raum geworfen wurde, so nach dem Motto: Früher war alles besser, die heutigen "Machthaber" sind schlecht. Zumindest in Frankfurt ist dies aber anders herum.

    P.S. Das Salzhaus ist aus meiner Sicht ein, der Versuch im der Nachkriegszeit mit modernem Bauen an historischem anzuschließen und daher unbedingt zu erhaltender Bau. Da gibt es eine Vielzahl von anderen weitaus schlechterem, was durch Rekonstruktionen oder altstadtentsprechenden Bauten ersetzt gehört.

  • Ich benutze dafür Photoshop.

    Ach, du kolorierst manuell mit den zur Verfügung stehenden Werkzeugen in Photoshop? ich hätte jetzt wirklich gedacht, es gäbe ein App, die so etwas speziell unterstützt.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Ach, du kolorierst manuell mit den zur Verfügung stehenden Werkzeugen in Photoshop? ich hätte jetzt wirklich gedacht, es gäbe ein App, die so etwas speziell unterstützt.

    Ich habe mir dafür eine App heruntergeladen.
    Sie heißt ReColor.
    Die Ergebnisse sind auf der einen Seite gut,aber auch schlecht da sie es automatisch macht.

  • Ich wollte damit nur sagen, dass der Bezug nicht mehr in dem Maße vorhanden ist, wie bei jenen Menchen, die die Stadt noch in ihrer alten Form kannten und tatsächlich ein reales „Heimweh“ entwickelten. 1983, bei Errichtung der Ostzeile, lebte ein Großteil dieser Generation noch. Meine These war lediglich, dass mit der heutigen Wirtschaftskraft Deutschlands der Widerstand gegen modernistisches Bauen unmittelbar nach dem Krieg ungleich größer gewesen wäre und die Denkmalschützer wesentlich stärkeren Druck auf die Politik ausgeübt hätten. Und es ist Fakt, dass es ungleich schwieriger ist, in Deutschland eine Rekonstruktion in die Wege zu leiten, als in Polen oder auch England, ich stelle größere Berührungsängste bzgl des eigenen baukulturellen Erbes fest. Und wegen ‚Machthaber‘: die Baudirektion sagte meines Wissens neulich, dass -trotz der zahlreichen Befürworter, die du zurecht erwähntest (natürlich gibt es eine Sehnsucht, gerade bei den Jüngeren)- keine Rekonstruktion des Schauspielhauses in Frage käme, man also modern bauen möchte. Auch die Altstadt war ein Kompromiss, der Löwenanteil der Gebäude ist modern. Kurz: die Widerstände sind enorm. Und wegen dem Salzhaus: da werden wir uns wohl nicht einig :) Aber das war nur ein (prominentes) Beispiel, ich persönlich würde eine Rekonstruktion sehr begrüßen, einfach weil die geschnitzte Fassade ein Meisterwerk darstellt, der Neubau, nun ja, eher nicht..

  • dass der Bezug nicht mehr in dem Maße vorhanden ist, wie bei jenen Menchen, die die Stadt noch in ihrer alten Form kannten und tatsächlich ein reales „Heimweh“ entwickelten. 1983, bei Errichtung der Ostzeile, lebte ein Großteil dieser Generation noch.


    Das mag wohl sein. ich denke aber, dass auch derjenige, der die Altstadt vor dem Krieg nicht gekannt hat, mental nah am alten Frankfurt sein kann. das sind ja zumindest die vielen, die sich für die Rekonstruktion des Grundrisses der Altstadt und deinige von deren bedeutenden Bauten eingesetzt haben.

    Meine These war lediglich, dass mit der heutigen Wirtschaftskraft Deutschlands der Widerstand gegen modernistisches Bauen unmittelbar nach dem Krieg ungleich größer gewesen wäre und die Denkmalschützer wesentlich stärkeren Druck auf die Politik ausgeübt hätten.

    Dieser These muss ich (leider) widersprechen. Es erschient mir vielmehr eher so, dass gerade die mit dem Wirtschaftswunder einhergehende Stärkung er Wirtschaftskraft dazu beigetragen hat, dass in der Altstadt die noch vorhandenen Reste eben nicht wieder aufgebaut, sondern beseitigt wurden. Stichwort: Autogerechte Stadt. Wären das Geld (für Autos und) unmaßstäbliche Neubauten nicht vorhanden gewesen, wären wahrscheinlich mehrere nur leicht beschädigte oder als Ruinen stehen gebliebenen Gebäude (zB. Nürnberger Hof, Arnsbrgerhof, Salzhaus im Hirschgraben) nicht abgerissen, sondern zunächst notdürftig und dann später vollständig wiederhergestellt worden.

    Und wegen dem Salzhaus: da werden wir uns wohl nicht einig Aber das war nur ein (prominentes) Beispiel, ich persönlich würde eine Rekonstruktion sehr begrüßen, einfach weil die geschnitzte Fassade ein Meisterwerk darstellt, der Neubau, nun ja, eher nicht..

    da werden wir uns nicht einig. Hier kann ich aber auch die meiner entgegengesetzten Auffassung gut verstehen. Hier würde ich einen translozierten Aufbau des historischen Salzhauses (ausnahmsweise) in Erwägung ziehen.

  • Ich wollte damit nur sagen, dass der Bezug nicht mehr in dem Maße vorhanden ist, wie bei jenen Menchen, die die Stadt noch in ihrer alten Form kannten und tatsächlich ein reales „Heimweh“ entwickelten.

    Widerspruch! ;)

    Ich bin Frankfurter, aber lange nach dem Krieg geboren und kannte die Altstadt nicht. Und habe Heimweh nach ihr, seit ich die ersten Fotos sah! Weil ich da erst erkannte, um was ich betrogen wurde. Und was zu uns gehört...!

    Als ich 12 Jahre alt war, fuhr ich mit einem Freund immer mit der Ubahn zur Hautpwache, zum Römer und so weiter (wir wohnten am Stadtrand, die Innenstadt war immer "abenteuer" für uns). Wenn wir zum Main hinunterliefen im Sommer, zum Eisernen Steg, liefen wir am HAUS WERTHEIM Vorbei, dort gab es bei einer netten Dame an der Theke Kuchen und Eiskrem (ich weiss noch dass die Theke links war wenn man hineinging, obwohl dies 40 Jahre her ist und wir nicht so oft dort waren) und wir holten uns dort Brezeln und Cola oder ähnliches.

    Und ich hatte mich als Kind immer gewundert: Wie kommt dieses alte einsame Fachwerkhaus (es ist das einzige das Krieg und Modernismus überlebte) in die Innenstadt?

    Erst Jahre später, als ich mit ca. 14 J. Fotos von der echten Altstadt sah (es war der Beginn der Debatte ob man die ersten Fachwerkhäuser wieder aufbauen soll ca. 1977), wurde mir klar: Meine Frage war falsch. Sie hätte andersherum gestellt werden müssen: Nicht wie kommt das schöne Haus in die hässliche Innenstadt - sondern wie kommen umgekehrt diese hässlichen modernen Häuser dorthin wo eigentlich die schöne Altstadt stehen müsste?!
    Ich fühlte mich um "meine Stadt" betrogen. Und heute noch.

    Das Heimweh kann gar vielerley Form annehmen. Ich fühle sogar Heimweh nach dem Wiederaufbau Dresdens - obwohl ich gar kein Dresdner bin.

    Es ist tatsächlich möglich, dass es so etwas wie ein kollektives Unbewusstes der Deutschen gibt - jedenfalls gibt es eines der Menschen, laut C. G. Jung (Psychoanalytiker). Von daher, ist ein Heimweh nach unseren Wurzeln auch von dejenigen wie uns, die diese Wurzeln gar nicht erlebt haben, keineswegs unlogisch.
    :harfe::blumen:
    PS - deine colorierten Fotos sind wirklich Spitze! Hut ab.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Das kollektive Unbewusste ist mir bekannt, auch die sich über Jahrhunderte einschleifenden Archetypen, die Jung im menschlichen Unterbewusstsein ausmacht, sind interessant. Dennoch befinden wir uns hier auf einem sehr spekulativen Gebiet. Aber ich gebe dir recht- die Vererbungslehre sollte man nicht auf rein äußerliche Merkmale reduzieren, das sollte sich auch auf die Psyche übertragen lassen, gerade im Bereich der Traumata (was wir auch heute sehen: die Folgen des Kriegs übertragen sich auch auf die Jüngsten). Was sicherlich bei dem von dir Genannten eine Rolle spielt, ist eine gewisse Trauer um den Verlust von Heimat, den viele Menschen angesichts der Beliebigkeit (besser: ortsuntypische Hässlichkeit) deutscher Nachkriegsstädte verspüren. Das ging mir bei Dresden auch so, ich malte mir mit 15 im Kopf eine barocke Pracht aus und war erschüttert, als ich es vor Ort sah. Wie du sagtest: ich fühlte mich auch betrogen. Wobei hier sicherlich auch ein natürliches Ästhetikempfinden mitspielt, das wir alle haben. Angesichts des Hässlichen suchen wir eine Antithese und finden sie leider nur in der Vergangenheit.

    Und danke! :)